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Bernd Dewe, Martin P. Schwarz: Beraten als professionelle Handlung und [...]

Rezensiert von Dipl. Soz.-Päd. Gerd Schweers, 06.07.2011

Cover Bernd Dewe, Martin P.  Schwarz: Beraten als professionelle Handlung und [...] ISBN 978-3-8300-5475-7

Bernd Dewe, Martin P. Schwarz: Beraten als professionelle Handlung und pädagogisches Phänomen. Verlag Dr. Kovač GmbH (Hamburg) 2011. 272 Seiten. ISBN 978-3-8300-5475-7. 38,00 EUR.
Reihe: Wandlungsprozesse in Industrie- und Dienstleistungsberufen und moderne Lernwelten - Band 5.

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Thema

Die Verfasser verfolgen die Ziele, sich der Beratung als Handlungsfeld unter pädagogischen Vorzeichen zu nähern, wie auch die Beratung als Kommunikationsformat zu analysieren.

Autoren

Dr. Bernd Dewe ist Professor und Lehrstuhlinhaber für berufliche und betriebliche Weiterbildung/Erwachsenenbildung an der Martin Luther Universität - Wittenberg, Supervisor, Berater und Aufsichtsrat

Dr. Martin P. Schwarz ist akademischer Rat für Betriebspädagogik/Personalentwicklung am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Koblenz / Landau, Berater und Supervisor

Entstehungshintergrund

Das Buch versteht sich als sozial- und erziehungswissenschaftlicher Beitrag zur Beratungsforschung. Im Mittelpunkt steht dabei das Verhältnis von „implizitem“, unbewusstem Beraten einerseits und expliziter Beratung andererseits. Die Autoren gehen davon aus, dass „professionelle Praxis stets ein Element beratenden Handelns gleichsam unbewusst realisiert, hingegen explizit als Berater agierende Akteure in der Regel der Professionalisierung ihres beratenden Tuns noch dringend bedürfen, da sie ihr Handeln im Sinne von 'Wissensexperten' oder aber von 'Beziehungstechnikern' missverstehen“ (vgl. Klappentext).

Aufbau und Inhalt

Kapitel 1 (Beraten-Annäherung an ein schillerndes, opakes Kommunikationsformat) kann als erweiterte Definition verstanden werden, die zwangsläufig nicht eindeutig ist, sondern neue Fragen aufwirft. Das Kapitel befasst sich mit den grundsätzlichen Qualitäten von Beratung und ihrem Dienstleistungscharakter. Hier werden außerdem professionstheoretische und pädagogische Quellen zum Verständnis der Beratungskommunikation vorgestellt. Die oben bereits angesprochene Annahme von „unbewusst realisierten Beratungsanteilen“ im professionellen Handeln wird angesprochen (S.26ff).

In Kapitel 2 (Plädoyer für eine empirische Beratungsforschung) verknüpft die vorliegende Arbeit Zielsetzungen und Gegenstandsbeschreibungen der Beratungsforschung im Allgemeinen und speziell der Beratungsforschung im Kontext pädagogischen Handelns.

Die Kapitel 3 und 4 (Beraten als professionelle Handlung/Beraten als pädagogisches Phänomen) skizzieren den derzeitigen Stand pädagogisch beziehungsweise sozialwissenschaftlich fundierter Beratungstheorie, wobei auf die Begrenztheit der Darstellung deutlich eingegangen wird. Die Schwerpunkte der Darstellung sind die Gemeinsamkeiten mit und und Grenzen zu verwandten Kommunikationsformaten (Therapie, Weiterbildung), bzw. inhaltliche Parallelen zur pädagogischen Kategorie des Lernens. Beratung wird dabei als „Kompetenzentwickelndes Lernen“ verstanden (S.58ff).

Kapitel 5 (Beraten in Feldern organisierter Praxis) wendet diese grundlegenden Überlegungen auf ausgewählte Praxisfelder an. Die Praxisfelder selber sind dabei überwiegend pädagogischen Arbeitsbereichen zuzuordnen. Die inhaltliche Organisation dieser Auswahl, wie auch konkrete Aussagen werden dabei, wie in allen Kapiteln des Buches durch Tabellen und Grafiken visualisiert bzw.vorgestellt.

Kapitel 6 (Zur reflexiven Professionalität von beratenden Pädagogen) intensiviert die Diskussion anhand zentraler Begriffe wie Professionalität und Professionalisierbarkeit. Dies geschieht im Fall der Professionalisierung in Form von Exkursen, die zentrale Diskussionspunkte aufgreifen und vorstellen. Beim Begriff der Professionalität konzentriert sich die Diskussion auf die Entwicklung der reflexiven Professionalität und ihrer Bedeutung für das Handeln im Beratungsbereich. Dieser Begriff ist ja von B.Dewe maßgeblich entwickelt worden. Im letzten Teil des Kapitels werden relevante Bestandteile einer derartigen reflexiven Professionalität vorgestellt und kurz auf strukturelle Besonderheiten der Ausbildungsinstitutionen eingegangen.

Im Anhang (Teil II) werden Materialien vorgestellt, die sowohl für die Kontextanalyse der Beratungssituation, wie für die Erfolgsmessung, wie auch für die Beratung selber nützlich sind. Diese Materialien sind zu beträchtlichen Teilen (u.a.: Metaprogramm - Fragen aus dem Neurolinguistischen Programmieren - S.212, Fragearten - S.210ff) anderen, vor allem systemisch fundierten Theorieansätzen entlehnt.

Diskussion

Die Autoren stellen durchaus realistisch fest, das „die Pädagogik als Wissenschaft ... die Entwicklungen des Terminus Beratung samt dem Beratungsbereich theoretisch noch nicht verarbeitet (hat)“ (S.119). Dies ist grundsätzlich bedauerlich, da das Buch die möglichen Leistungen einer Erziehungswissenschaftlichen Beratungstheorie durchaus skizziert. Dabei werden, zum Beispiel im Zusammenhang mit neueren Kompetenztheorien auch die Schwachstellen einer psychotherapeutisch fundierten Beratung deutlich, die ja allzu oft „Ausdruck eines ... defizitorientierten Verständnisses von Beratung als quasi therapeutische Methode, als 'kleine Therapie'“ (S.45) ist.

Die der pädagogisch verstanden Beratung innewohnenden Probleme, u.a. der Verzicht auf die Defizithypothese der Pädagogik (S.131) werden dabei nicht verschwiegen, allerdings auch keine direkt wirksamen Lösungen präsentiert.

Zum Teil sind die Tabellen und Grafiken eine gute Unterstützung des Textes, zum Teil wirken sie wie zentrale Aussagen auf Power-Point-Folien zu einem Vortrag, die ja erst im Rahmen eines entsprechenden Vortrages ihre Wirkung entfalten können

Die Bedeutung des Buches sollte m.E. auch vor dem Hintergrund von Veränderungen auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt verstanden werden. Universitäre erziehungswissenschaftliche Studiengänge stehen auf dem Arbeitsmarkt konkurrierenden anderen Studiengängen gegenüber. Speziell für die neuen erziehungswissenschaftlichen Bachelorstudiengänge wird die Nutzbarkeit auf dem Arbeitsmarkt bei gleichzeitiger Profilierung gegenüber konkurrierenden Fachhochschulstudiengängen noch zu beweisen sein. Diese Veröffentlichung kann einen Beitrag dazu leisten.

Die vielfältigen Materialien im Anhang wirken dabei in ihrem Bezug auf andere Beratungsansätze relativ beliebig, dabei fallweise durchaus brauchbar.

Fazit

Ein Buch für Leser, die sich kundig machen wollen über den derzeitigen Stand der pädagogischen Beratungstheorie. Bezeichnenderweise wird angesichts des Theoriestandes gar nicht durchgängig von pädagogischer Beratung gesprochen, sondern immer wieder von Beratung als pädagogischem Phänomen.

Als Grundlage zum Erwerb praktischer Handlungskompetenz ist es nicht geeignet; dieser Anspruch wird auch nicht erhoben, wohl zur Diskussion von Aspekten, die in anderen - psychologisch fundierten - Beratungsansätzen eher zu kurz kommen.

Rezension von
Dipl. Soz.-Päd. Gerd Schweers
Systemischer Familientherapeut, Ausbilder der GwG (GF, SV), Supervisor DGSv
Lehrer für besondere Aufgaben (Theorien und Methoden der Sozialarbeit) i.R.
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Es gibt 21 Rezensionen von Gerd Schweers.

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ISSN 2190-9245