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Isabelle Stadelmann-Steffen, Richard Traunmüller et al.: Freiwilligen-Monitor Schweiz 2010

Rezensiert von Prof. Dr. Peter Zängl, 17.10.2012

Cover Isabelle Stadelmann-Steffen, Richard Traunmüller et al.: Freiwilligen-Monitor Schweiz 2010 ISBN 978-3-03777-101-3

Isabelle Stadelmann-Steffen, Richard Traunmüller, Birte Gundelach, Markus Freitag: Freiwilligen-Monitor Schweiz 2010. Seismo-Verlag Sozialwissenschaften und Gesellschaftsfragen AG (Zürich) 2010. 199 Seiten. ISBN 978-3-03777-101-3. 26,00 EUR. CH: 38,00 sFr.
Reihe: Freiwilligkeit.

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Thema

Mit dem Freiwilligen-Monitor werden Informationen und Befunde zur Situation der Freiwilligkeit in der Schweiz aufbereitet und interpretiert.

Autorenteam

Die Autorinnen und Autoren der Studie sind im Forschungsfeld der Freiwilligentätigkeit erfahrene Politikwissenschaftlerinnen und Politikwissenschaftler an der Universität Konstanz.

Entstehungshintergrund

Die Studie wird finanziell getragen von der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) – einer nichtstaatlichen Organisation der Zivilgesellschaft. Ziel der SGG ist die kontinuierliche Beobachtung der Freiwilligkeit in der Schweiz. Ihr Erkenntnisinteresse bezieht sich insbesondere auf die Entwicklung verschiedener Ausdrucksformen der Freiwilligentätigkeiten und den Veränderungen der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für das Engagement. Der Freiwilligen-Monitor Schweiz 2010 ist bereits nach 2007 die zweite Untersuchung dieser Art, so dass auch Aussagen über den Wandel von Freiwilligentätigkeiten getroffen werden können.

Aufbau

Im Anschluss an ein kurzes Vorwort des Geschäftsleiters der SGG und einer schlaglichtartigen Zusammenfassung von Ergebnissen der Studie gliedert sich das Werk in vier Teile.

  1. Zunächst wird nach einer knappen Darstellung von Begriffen und Formen der Freiwilligentätigkeit das methodische Design der Untersuchung dargelegt.
  2. Im zweiten Teil werden die Ergebnisse der Studie unterschieden nach formeller und informeller Freiwilligenarbeit, deren Motive und zum Ausmaß der Spendentätigkeit beschrieben.
  3. Darauf aufbauend erfolgen Analysen speziell zu den Unterschieden je nach Schweizer Sprachregion, zum Engagement von Ausländerinnen und Ausländern und zur Freiwilligentätigkeit in Schweizer Vereinen.
  4. Schlussbetrachtungen und der Versuch einer Typologie der Freiwilligen in der Schweiz runden das Werk ab.

Inhalt

Im ersten Teil werden kurz die konzeptionellen Grundlagen zum Thema Freiwilligkeit dargestellt. Zunächst werden die wichtigsten Begriffe definiert, die dem Schweizer Freiwilligen-Monitor zu Grunde liegen. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Darstellung unterschiedlicher Formen der Freiwilligkeit gerichtet (Kapitel 1). So wird im Rahmen der Studie unterschieden in Geld-, Naturalien- und Prestigespenden sowie in Freiwillige Arbeit. Je nach Formalisierungsgrad des geleisteten Engagements erfolgt von den Autorinnen des Monitors die Zuordnung in formelle und informelle Freiwilligentätigkeit. Anschließend erfolgt in Kapitel zwei eine knappe Beschreibung der gesellschaftlichen Bedeutung der Freiwilligenarbeit. In diesem Kontext werden unterschiedliche Positionen in Bezug auf die Freiwilligentätigkeit folgender Debatten skizziert:

  • Krise und Zukunft des Sozialstaates
  • Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt
  • Funktions- und Legitimationsprobleme moderner Demokratien

Zum Ende des ersten Teils wird das methodischen Design des Freiwilligen-Monitors Schweiz 2010 und der darin vorgenommenen Messung von Freiwilligkeit beschrieben (Kapitel drei). Beim vorliegenden Monitor handelt es sich um eine Replikation und eine Fortführung der ersten repräsentativen Erhebung 2006. Durch die nunmehr zum zweiten Mal durchgeführte Erhebung mit zum Teil identischen Erhebungsinstrumentarium werden nicht nur neue Resultate erzielt sondern es sind auch Aussagen über Veränderungen im Zeitablauf möglich. Neuerungen im Freiwilligen-Monitor 2010 gegenüber 2006 beziehen sich insbesondere auf die Erfassung

  • der formellen Freiwilligentätigkeit in Vereinen und Organisationen
  • von Ehrenämtern mit einer geringen Tätigkeitsfrequenz und
  • von Motiven für die Freiwilligkeit.

Der zweite Teil der Studie bildet die Beschreibung der empirischen Ergebnissen zum Ausmaß und den Motiven der Freiwilligkeit im aktuellen Untersuchungsjahr. Bezüge zu der Erhebung aus dem Jahr 2006 werden entsprechend dargestellt. In den Kapiteln vier und fünf werden die Ergebnisse zu den Formen und zum Ausmaß jeweils der formellen und der informellen Freiwilligenarbeit ausgewiesen. Als Hauptunterscheidungsmerkmal wird der Bezug des Engagements zu einer Organisation (innerhalb und außerhalb von Organisationsstrukturen) gewählt. Im anschließenden Kapitel sechs beschreiben die Autorinnen und Autoren die Ergebnisse der Erhebung zu den Motiven der formellen und informellen Freiwilligenarbeit. Unter der Überschrift „Maßnahmen und Instrumente zur Mobilisierung von Freiwilligen“ stellen sie neben verschiedenen Mobilisierungsmaßnahmen auch Entschädigungsformen für das formelle Engagement vor. Hier schlussfolgern sie, dass finanzielle Anreize für die Ausübung freiwilliger Tätigkeiten von eher untergeordneter Bedeutung seien. Viel wichtiger für die Motivation ein Engagement auszuüben scheint die Anerkennung der geleisteten Arbeit seitens der Organisation zu sein. Eine spezielle Analyse von „Anerkennungskultur“ erfolgt an dieser Stelle leider nicht. Im abschließenden Kapitel sieben des zweiten Teils werden die Untersuchungsergebnisse zu Geldspenden und Spenden von Naturalien als weitere Erscheinungsform der Freiwilligkeit präsentiert.

Der dritten Teil des vorliegenden Berichts widmet sich weiterführenden und vertiefenden Analysen zu den drei thematischen Schwerpunkten:

  • freiwilliges Engagement in den Schweizer Sprachregionen,
  • freiwilliges Engagement von Ausländerinnen und Ausländern und
  • Freiwillige in den Vereinen.

Die Autorinnen und Autoren kommen zu dem Schluss, dass auffällige sprachregionale und kantonale Unterschiede in der Freiwilligenarbeit zu erkennen sind. Bei der Interpretation dieser Ergebnisse bleiben sie aber vage und bieten höchstens tautologische Erklärungsansätze an (z.B. Erklärung der Unterschiede in den Sprachregionen aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Sprachgruppe (S. 137)). Dementsprechend endet dieser Teil mit einer Reihe unbeantworteter Fragestellungen, die von den Autorinnen und Autoren als weiterführenden Forschungsbedarf skizziert werden.

Bei der Analyse des freiwilligen Engagements von Ausländerinnen und Ausländern verweisen die Autorinnen und Autoren auf die nicht repräsentative Migrantenstichprobe und relativieren ihre Ergebnisse („wertvolle Einblicke“ S. 161). Sie kommen zu dem Schluss, dass der größte Unterschied zwischen Schweizer Staatsangehörigen und anderen Nationalitäten in den Bereichen der formellen Freiwilligkeit und der Spendentätigkeit besteht.

Im letzten Teil der Analyse zum Engagement in Schweizer Vereinen wird insbesondere das „sozialintegrative Potential“ der Schweizer Vereine untersucht.

Im vierten und kürzesten Teil des Berichts werden zentrale Befunde zur Freiwilligkeit in der Schweiz in einer Schlussbemerkung zusammengefasst und der Versuch einer Typologisierung der Freiwilligen vorgenommen.

Diskussion

Der vorliegende Freiwilligen-Monitor Schweiz 2010 ist in seiner Art und im Vergleich mit anderen Länderstudien herausragend. Nicht nur das Ansinnen einer breiten Erfassung möglichst vieler Aspekte der Freiwilligenarbeit ist zu betonen, auch die Entstehung, Finanzierung und Durchführung der Studie quasi als Public-Private-Partnership von Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft ist besonders. Das Bereitstellen der Daten inklusive des Erhebungsinstrumentariums ist im Sinne einer transparenten und intersubjektiv nachvollziehbaren empirischen Sozialforschung ebenfalls für Forschungs- und Lehrzwecke hervorragend nutzbar. Insgesamt bewegt sich der Forschungsansatz zwischen „State of the Art“ und „Old School“ zivilgesellschaftlicher Analysen.

Generell hätte ich mir an einigen Stellen präzisere Definitionen gewünscht. Einige Begriffe – z.B. soziale Integrität, Anerkennung – werden sehr unscharf verwendet, was der Aussagekraft der Studie Abbruch tut. Die inhaltliche Schwerpunktsetzung ist zwar nachvollziehbar, jedoch ist gerade die sog. vertiefende Analyse in Bezug auf das freiwillige Engagement von Ausländerinnen und Ausländern eher oberflächlich. Hier fehlen völlig z.B. Analysen von Engagementformen dieser Zielgruppe in und für ihre Heimatländer.

Fazit

Trotz der genannten Einschränkungen kann der Freiwilligen-Monitor Schweiz 2010 denjenigen zur Lektüre und Studium empfohlen werden, die sich vertieft mit der Freiwilligenarbeit in der Schweiz auseinandersetzen möchten. Er bietet einen guten Überblick über zivilgesellschaftliche Befunde und regt an zu einer kritischen Auseinandersetzung mit diesem Themenfeld. Der Bericht bildet einen guten Ausgangspunkt für eigene Analysen und die Bearbeitung weiterführender Fragestellungen. Die Bereitstellung von Erhebungsinstrumenten, Daten und Auswertungen ist vorbildlich.

Rezension von
Prof. Dr. Peter Zängl
Fachhochschule Nordwestschweiz Hochschule für Soziale Arbeit Institut Beratung, Coaching und Sozialmanagement
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Es gibt 1 Rezension von Peter Zängl.

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ISSN 2190-9245