Matthias Rosemann, Michael Konrad (Hrsg.): Handbuch betreutes Wohnen
Rezensiert von Prof. Dr. habil. Rudolf Schmitt, 17.11.2011
Matthias Rosemann, Michael Konrad (Hrsg.): Handbuch betreutes Wohnen. Von der Heimversorgung zur ambulanten Unterstützung. Psychiatrie Verlag GmbH (Bonn) 2011. 351 Seiten. ISBN 978-3-88414-595-1. 39,95 EUR. CH: 56,90 sFr.
Thema
Das „Handbuch Betreutes Wohnen“ will ein „Buch über Betreutes Wohnen, gleichzeitig aber auch ein Buch gegen das Betreute Wohnen in seiner bestehenden Begrifflichkeit“ (S. 10) sein. In 28 Aufsätzen wird auf 351 Seiten über einen heterogenen Bereich der Praxis berichtet. Es stellt sich der Frage: Wie kann von einer bevormundenden Heimunterbringung über die sehr unterschiedlich aufgebauten ambulanten Betreuungsformen in Richtung einer mobilen Unterstützung gedacht werden?
Herausgeber
Matthias Rosemann ist Geschäftsführer eines großen Trägers in Berlin, der Menschen mit Sucht- und psychischen Erkrankungen betreut, daneben ist er als Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft gemeindepsychiatrischer Verbünde und im Vorstand der Aktion Psychisch Kranke tätig. Dr. Michael Konrad ist Leiter eines Wohn- und Pflegeheimes, engagierte sich in der Wiedereinführung der psychiatrischen Familienpflege und ist Sprecher eines gemeindepsychiatrischen Verbundes.
Entstehungshintergrund
Die Herausgeber gehen davon aus, dass der Begriff des Betreuten Wohnens ein Auslaufmodell ist (S. 9). Sie sind in ihrer eigenen Praxis wie ihrem fachpolitischen Engagement damit konfrontiert, dass dieser Begriff die unterschiedlichsten Formen und Finanzierungsmodelle vereinigt und auch als sprachliche Kosmetik beim Fortbestehen klassischer Heime missbraucht wird. Die Herausgeber, von denen sechs zum Teil umfangreichere Texte stammen, nehmen die Situation als Anlass, rechtliche, finanzielle, alltagspraktische und organisationsbezogene Aspekte des Betreuten Wohnens von Fachkolleginnen und -kollegen zusammentragen zu lassen und zukünftige Aufgaben zu skizzieren (insbesondere im Hinblick auf die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen).
Aufbau
Das Buch ist in sechs Abschnitte aufgeteilt:
Der erste Abschnitt „Grundsätzliches“ führt in die Thematik ein, unter „Praktisches und Alltägliches“ finden sich im zweiten Abschnitt die Darstellung unterschiedlichster Wohn- und Betreuungsformen, Teilhabeplanung und Persönliches Budget. Der dritte Teil skizziert „Besondere Herausforderungen“ (u.a. Betreutes Wohnen und Alkoholabhängigkeit, Bewährungs- und Führungsaufsicht, Transkulturalität), bevor anschließend „Die Rolle der Mitarbeitenden im Wandel“ erörtert wird (Unterstützung, Qualifizierung). Mit „Gemeinde als Wohnort“ ist der fünfte Abschnitt überschrieben, bevor das letzte Segment „Rechtsprechung, Gesetzesentwicklung und internationale Normen“ vorstellt.
Grundsätzliches
Im ersten Abschnitt des Buches skizziert Sibylle Priens zunächst ein Gruppengespräch mit Psychiatrie-Betroffenen zum Thema Betreuung, das die subjektive Seite des Betreutwerdens erhellt. Michael Konrad und Matthias Rosemann schildern in einem dichten Aufsatz den Weg vom Wohnheim zur mobilen Unterstützung – mit Exkursen zur Finanzierung, der Frage nach der Wirksamkeit betreuten Wohnens, der langen Geschichte der praktischen Institutionalisierung, der Institutionalisierung als fatal wirksames Denkmuster, den Erfahrungen mit der Enthospitalisierung und ihrer problematischen Erforschung (S. 23–49).
Praktisches und Alltägliches
Der zweite Abschnitt verbirgt mit dieser Überschrift fast, dass hier in sieben Aufsätzen immer noch zentrale Themen diskutiert werden: In den einführenden Bemerkungen zu „Betreuen und Wohnen“ skizzieren Matthias Rosemann und Michael Konrad den Wechsel von institutionszentrierten zur personenzentrierten Hilfen im Hinblick auf Betreuung und Wohnen, das sinnvollerweise getrennt diskutiert wird. Im bisherigen Denkmodell von der „therapeutischen Kette“, vom Wohnheim zum selbstständigen Wohnen, waren Betreuung und Wohnen als feste, nicht bedarfsorientierte Pakete miteinander verbunden. Dies überforderte manche Betroffene schon zu Beginn der Kette, da die enger betreuten Wohnformen bisher erzwangen, in Gruppen und relativ fremdbestimmt leben zu müssen. Rüdiger Klein stelltunterschiedlichste Wohnformen in Fallvignetten vor. Jo Becker schildert die Entwicklung eines Trägers, der dichte Betreuungsformen aus dem stationären Bereich für den ambulanten Bereich weiter entwickelte. Petra Gromann entfaltet die Teilhabeplanung des Betreuten Wohnens als komplexe koordinierende Prozessbegleitung. Der Aufsatz von Ilse Eichenbrenner nimmt die Problematik auf, dass Betreuungen auch immer wieder beendet werden müssen, weil Menschen selbstständiger werden und die begrenzten Budgets denen zur Verfügung stehen sollten, die sie am nötigsten brauchen. Abschied und Begrenzung haben sich daher zu einem komplexen Aushandlungsspiel der Helferkonferenzen entwickelt. Jörg Michael Kastl und Thomas Meyer rekonstruieren anhand einer größeren Studie Möglichkeiten und Grenzen des therapeutischen Nutzens des Persönlichen Budgets. Ihr Fallbeispiel zeigt, dass Gelingen und Misslingen dicht zusammenliegen und dass das Persönliche Budget nicht immer die Lösung aller Probleme bedeutet. Dem Rezensenten sind die schmerzlichen Implikationen des folgenden Aufsatzes „Klinik und Betreutes Wohnen – eine schwierige Beziehung“ von Joachim Jaeger, Michael Konrad und Matthias Rosemann noch in (nicht so) guter Erinnerung. Sachlich werden die Binnenlogiken beider Welten und ihre Kommunikationsblockaden geschildert.
Besondere Herausforderungen
Der Abschnitt ist mit seinem Kernproblem schon in der Überschrift des ersten Aufsatzes von Klaus Obert gefasst: der „ständige Seiltanz“ zwischen Selbst- und Fremdbestimmung. Wie damit umgehen, wenn ein Betroffener durch heftigen Lärm schon drei Zwangsumzüge verursacht hat oder eine Frau in ihrer Wohnung verwahrlost – und dies als ihr Recht sieht? Oder, wie Martin Reker diskutiert: Kann und darf Betreutes Wohnen auch betreutes Trinken sein? Gedanken zur Methodenkompetenz transkultureller Gemeindepsychiatrie notiert Martin Vedder. Mechthild Böker-Scharnhölz skizziert für das Problemfeld psychisch kranker und gleichzeitig wohnungsloser Menschen die Landschaft zwischen institutioneller Wohnungslosenhilfe und dem psychiatrischen Hilfesystem, deren unterschiedliche Logik Kooperationen erschwert wie nötig macht. Ein engagiertes Plädoyer dafür, dass für Menschen, die nach § 1906 BGB untergebracht sind, auch geschlossene Heime möglich sein sollten, hält Doris Ayena, und beschreibt zugleich einige Anforderungen, wie solche Heime zu gestalten sind, um eine Hoffnung auf einen Auszug aus ihnen zu ermöglichen. Umfangreich geht Udo Frank auf die Frage ein, wie forensische Patienten, die im Rahmen juristischer Erleichterung bei fortbestehender rechtlicher Unterbringung nach § 63 StGB in ambulanten Wohnformen leben, unterstützt und auch kontrolliert werden können, um Bewährungswiderrufe zu verhindern. Welche umfangreiche Rolle die psychiatrische Krankenpflege einnehmen kann, schildern in einem sehr ausführlichen Fallbeispiel Sibylle Gronmaier und Margit Cornils.
Die Rolle der Mitarbeitenden im Wandel
Ein wichtiger Abschnitt zur Rolle der Mitarbeitenden von Matthias Rosemann und Michael Konrad benennt die Umstellungen des Arbeitens von institutionszentrierten zu personenzenentrierten Hilfen. Statt versorgender Dauerpräsenz sind zeitlich begrenzte Treffen im Alltag der Klientinnen und Klienten auf die vereinbarten Themen zu konzentrieren. Statt Kontrolle im Heim muss eine Balance zwischen dem Recht auf Selbstbestimmung und einer verantwortlichen Fürsorge, die Selbstbeschädigung zumindest minimiert, verhandelt werden. Dies bringt einen Verlust an Handlungssicherheit. Organisationen brauchen daher Regeln des Umgangs und aktives Führungshandeln der Leitungsebene. Andreas Knuf schildert aus der Perspektive der Supervision die neuen Ansprüche an die Mitarbeitenden. Rechtliche Betreuung und fachliche sozialpsychiatrische Unterstützung haben unterschiedliche Aufgaben und überschneiden sich de facto doch – Wolf Crefeld und Marion Locher schildern die oft problematische Qualifikation der rechtlich Betreuenden und die Konflikte beider Gruppen, das fortschrittliche Betreuungsgesetz und seine dahinter zurückbleibende Praxis. Jürgen Armbruster und Sylvia Fahr-Armbruster überlegen, welche Qualifizierung für personenzentriertes Handeln sinnvoll sein könnte – allein kognitive Wissensbestände oder das neue Methoden seien es nicht, es ginge um eine veränderte Haltung zur eigenen Professionalität, die sie in systemischen Ansätzen am ehesten verwirklicht sehen. Nils Greve überlegt in Anlehnung an die fünf Wirkfaktoren von Psychotherapie, wie sie Grawe entwickelt hat, wie eine psychotherapeutische Grundhaltung im Alltag fort- und weitergebildet werden kann, die alle Maßnahmen auch dahingehend reflektiert, ob sie der psychischen Weiterentwicklung der Betroffenen dienen.
Gemeinde als Wohnort
Die Begriffe der Lebenswelt, der Sozialraumorientierung und des Empowerment prägen die kurze Einleitung von Michael Konrad und Matthias Rosemann unter dem kennzeichnenden Titel „Vom gemeindepsychiatrischen Getto zur Inklusion“. Der erste Aufsatz von Jo Becker schildert das betreute Wohnen in Familien als sehr alte und neue Form der Betreuung und Inklusion. Eine seiner Erfahrungen lautet, dass es kaum ungeeignete Bewohner oder Familien gibt, aber viel Arbeit, die jeweils zueinander passenden Menschen zu finden. Eva Wonneberger und Peter Pratsch stellen zwei unterschiedliche Projekte dar, in denen ehrenamtliche Bürgerhelfer Aufgaben bei den Hilfen zur Integration übernehmen. Rainer Höflacher berichtet von einem spannenden Projekt: Der von ihm beschriebene Träger bietet WGs und Kontaktmöglichkeiten an und ermöglicht, dass Psychiatrie-Erfahrene als professionell Helfende im sozialpsychiatrischen Bereich arbeiten können; ein dazu hilfreiches Fortbildungssystem („EX-IN“) wird dargestellt.
Rechtsprechung, Gesetzesentwicklung und internationale Normen
Der letzte Abschnitt des Buches beginnt mit einem gründlichen Überblick (S. 300–324) zum Betreuten Wohnen in der Sozialgesetzgebung von Peter Mrocynski zu den unterschiedlichsten Aspekten des Leistungsrechts bei den so verschiedenen Wohnformen, von der Finanzierung der häuslichen Krankenpflege bis zum Persönlichen Budget wird knapp, klar und differenziert die heterogene Finanzierung referiert. Peter Seidel stellt die ICF als Alternative zur ICD 10 als alternatives Klassifikationssystem vor, das von einem modernen Inklusionsbegriff ausgeht, um die Folgen einer Erkrankung für den Alltag abbilden zu können und Rehabilitationspläne zu initiieren. Im letzten Aufsatz des Buches gibt Jörg Holke eine Aussicht auf derzeit diskutierte Gesetzesänderungen. So wird überlegt, die derzeitige Charakterisierung von Leistungen der Eingliederungshilfe in ambulante, teilstationäre und stationäre Maßnahmen aufzugeben unter dem Primat personenzentrierter Hilfen. Auch sind bedeutende Änderungen der Heimgesetzgebung oder die Entkoppelung von Hilfen zum Lebensunterhalt und zur Eingliederung zu erwarten.
Diskussion
Das Handbuch enthält viele wichtige und einführende Aufsätze und befriedigt die Erwartungen an ein Handbuch: die ein- und überleitenden Abhandlungen der Herausgeber, alle sieben mit praktischen Handlungsoptionen angereicherten Artikel des Abschnitts „Praktisches und Alltägliches“ und viele unter „Besondere Herausforderungen“ (unter anderem gerade die Aufsätze zu den Problembereichen von Ayena und Frank). Bei dem Abschnitt zur Rolle der Mitarbeitenden ist der Aufsatz von Crefeld und Locher hervorzuheben, der kenntnisreich das Feld der rechtlichen Betreuung diskutiert. Im Abschnitt „Gemeinde als Wohnort“ sind alle vier Artikel auf einem hohen fachlichen Niveau, ebenso im letzten Absatz zu den rechtlichen Aspekten, unter denen das sehr gründliche Referat zum Betreuten Wohnen in der Sozialgesetzgebung von Mrocynski noch einmal hervorsticht. Durchweg verlässliche Literaturverzeichnisse mit zentralen Texten, oft auch jüngeren empirischen Studien, kennzeichnen diese Texte.
Unbefriedigend bleiben wenige Texte zur Rolle der Mitarbeitenden und ihren Kompetenzen, ihrer Ausbildung und Unterstützung. Der Aufsatz von Knufs zur Fort- und Weiterbildung bleibt bis auf die Idee der teambezogenen Fortbildung im Allgemeinen. Sätze, dass Teams einen Konsens und Selbstreflexion brauchen, haben einen sehr begrenzten Neuigkeitswert, und Vorschläge, dass Teams „gemeinsam eine empowermentorientierte Sprache erlernen“ sollten (S. 225), klingen nach einer sprachlichen Gleichschaltung in einem spezifischen Jargon, nicht nach der Auseinandersetzung mit einem theoretischen Ansatz und seinen Grenzen. Dass dieser Aufsatz zur Fort- und Weiterbildung, noch dazu in einem Handbuch, als einer der wenigen kein Literaturverzeichnis hat, ist dann symptomatisch. Letzteres trifft auch auf Vedders Aufsatz zur Methodenkompetenz transkultureller Gemeindepsychiatrie zu, der über die üblichen pädagogischen Allgemeinplätze „Hilfe anbieten und Kontakt herstellen“, „mit der Sprachhürde umgehen“, „Aufträge klären“ etc. nicht hinauskommt. Von Wulff über Devereux bis zur neueren Diskussion um die Begriffe diversity, Transkulturalität bzw. Transnationaliät fehlt alles – gerade letztere nehmen ernst, dass Menschen zwischen Kulturen stehen und kulturelle Eigenschaftszuschreibungen ein Problem sind (Schröer, Schweppe 2011). Ärgerlich ist auch das Räsonieren von Armbruster und Fahr-Armbruster über Hochschulausbildungen, in denen angeblich selbstreflexive und selbstorganisierte Lern- und Erfahrungsprozesse fehlen würden. Hier werden Klischees über Bachelor und Master weitergetragen. Dagegen lässt sich halten, dass anders als in der Vergangenheit einer wissenschaftsfernen Sozialpädagogik heute an vielen Orten eine gründlichen Ausbildung in qualitativer Forschung etabliert ist, in der wesentliche Aspekte generell förderlichen Handelns geübt werden, wie das Absehen von eigenen Deutungsmustern, oder eine Methodik zum Rekonstruieren fremden Erlebens erworben wird (Schmitt 2007).
Dass ausgerechnet die drei Aufsätze (von 28) zu Kompetenzen, Fort- und Weiterbildung aus dem für ein Handbuch notwendigen Niveau herausfallen, hängt auch mit einem theoretischen Defizit zusammen. Welche Theorien und Methoden sind für das Betreute Wohnen als mobiler Unterstützung sinnvoll? Was sollte an den Hochschulen gelehrt werden? Reker entfaltet den Ansatz des „motivational interviewings“ nach Miller und Rollnick als Arbeitshilfe. Greve orientiert sich für eine psychotherapeutische Haltung im Alltag an zentralen Wirkdimensionen, wie sie Grawe und Mitarbeiter rekonstruiert haben. Rosemann und Konrad überlegen, welche begrifflichen Kontexte adäquat zum Verständnis des personenzenentrierten Ansatzes wären. Kurz wird der Begriff der „Lebenswelt“ aufgenommen: Hier wäre zu überlegen, die Weiterentwicklung, die Thiersch dem Begriff aus der Phänomenologie von Schütz für die Jugendhilfe gegeben hat, übernommen werden oder zumindest anregend sein kann (Grunwald, Thiersch 2011). Der Begriff der „Sozialraumorientierung“ darf damit nicht verwechselt werden, fußt auf anderen Prämissen (kommunale Reorganisation von Sozialarbeit und ältere Traditionen der Gemeinwesenarbeit (vgl. Kessl, Reutlinger 2011) und hat jüngst eine Aufwertung erfahren (siehe die online-Zeitschrift www.sozialraum.de/). „Empowerment“ wird ebenso oft genannt, ohne genauer hinzuschauen, dass das Konzept Probleme beinhaltet, z.B. oft individualistisch verkürzt wird (Seckinger 2011). Von verschiedenen Autorinnen und Autoren wird wiederholt erwähnt, dass die Biographie der Betreuten den Schlüssel zu einer passenden Hilfe bietet. Biographische Methoden in der Betreuung werden aber nicht thematisiert, so z.B. das im sozialpsychiatrischen Kontext entstandene Konzept der Biographiearbeit von Lazarus, Bosshard (2005). Im Gegensatz dazu stehen die oft genannten systemischen Ansätze, welche die Biographie zugunsten der Reflexion der gegenwärtigen Funktionalität des Verhaltens gering(er) schätzen. Wie sollten die gegensätzlichen Ansätze aufeinander bezogen werden? Beim Bezug auf konkrete Ausbildungen fehlen in den entsprechenden Aufsätzen zur Ausbildung der Hinweis auf die inzwischen etablierten Master-Studiengänge in Klinischer Sozialarbeit, zu deren Handlungs- wie Forschungsauftrag die Arbeit mit der „hard to reach“-Klientel gehört (Überblick: www.eccsw.eu/).
Die Länge dieser Überlegungen zur Kritik soll nicht täuschen – vor allem die oben zunächst genannten Aufsätze in ihren praktischen Bezügen machen das Buch unverzichtbar, zumal es auch kein vergleichbares Handbuch für diesen Bereich gibt. Sehr zu begrüßen ist, dass auf der Verlagsseite zum Buch unter www.psychiatrie-verlag.de/buecher/​detail weitere Materialen zum Thema zu finden sind: z.B. ein aktueller Budgetbericht über die Eingliederungshilfe in Berlin, Qualitätsstandards eines gemeindepsychiatrischen Verbunds, die Seite eines Landesverbandes sozialpsychiatrischer Einrichtungen mit Standards und einer Checkliste für die ambulante Betreuung von Menschen mit psychischen Erkrankungen sowie zu vielen Aufsätzen ergänzendes Material. Ein Gesamtstichwortverzeichnis wäre schön gewesen, allerdings sind die Aufsatztitel prägnant genug, um passendes zu finden.
Fazit
Zu diesem Handbuch über Betreutes Wohnen im sozialpsychiatrischen Kontext gibt es keine Alternative. Es sollte als Standardwerk in jeder Bibliothek der Sozialen Arbeit stehen. Für Ausbildungszwecke sind viele Aufsätze direkt zu brauchen, als Einführung bei Fortbildungen der in diesem Bereich handelnden Träger und zur Vorbereitung auf eine Bewerbung. Praktikerinnen und Praktiker können sich mit dem Buch von der Enge der jeweiligen Arbeitsstelle lösen, um zu sehen, dass es weiter entwickelte Ansätze gibt. Der Rezensent wünscht dem Handbuch bald eine zweite Auflage und eine Fortschreibung, in welcher der Ausbildungsbereich weiter entwickelt wird.
Danksagung
Ich danke den Studierenden der Seminare „Soziale Arbeit mit psychisch kranken Menschen“ und „Krankheitsbilder“ des Studiengangs „Soziale Arbeit“ der HS Zittau/Görlitz und Silke Gahleitner für Korrekturen und Ergänzungen!
Literatur
- Grunwald, Klaus; Thiersch, Hans (2011). Lebensweltorientierung. In: Hans-Uwe Otto & Hans Thiersch (Hrsg), Handbuch Soziale Arbeit. Grundlagen der Sozialarbeit und Sozialpädagogik (4., völlig neu bearbeitete Auflage; S. 854–863). München: Reinhardt.
- Kessl, Fabian; Reutlinger, Christian (2011). Sozialraum. In: Hans-Uwe Otto & Hans Thiersch (Hrsg), Handbuch Soziale Arbeit. Grundlagen der Sozialarbeit und Sozialpädagogik (4., völlig neu bearbeitete Auflage; S. 1508–1516). München: Reinhardt.
- Lazarus, Horst; Bosshard, Marianne (2005). Bildung als Chance. Ressourcenorientierte Biografiearbeit mit chronisch psychisch kranken und drogenabhängigen Menschen. Bonn: Psychiatrie Verlag.
- Schmitt, Rudolf (2007). Die Lehre qualitativer Forschung im Studium der Sozialen Arbeit: Ein Erfahrungsbericht von Nebenschauplätzen. Diskussionsbeitrag zur FQS-Debatte „Lehren und Lernen der Methoden qualitativer Sozialforschung“. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research [On-line Journal], 8(1). Verfügbar über: http://nbn-resolving.de [Zugriff: 04.11.2007].
- Schröer, Wolfgang; Schweppe, Cornelia (2011). Transnationalität und Soziale Arbeit. In: Hans-Uwe Otto & Hans Thiersch (Hrsg), Handbuch Soziale Arbeit. Grundlagen der Sozialarbeit und Sozialpädagogik (4., völlig neu bearbeitete Auflage; S. 1686–1694). München: Reinhardt.
- Seckinger, Mike (2011). Empowerment. In: Hans-Uwe Otto & Hans Thiersch (Hrsg), Handbuch Soziale Arbeit. Grundlagen der Sozialarbeit und Sozialpädagogik (4., völlig neu bearbeitete Auflage; S. 313–319). München: Reinhardt.
Rezension von
Prof. Dr. habil. Rudolf Schmitt
Sozialwissenschaftler
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Zitiervorschlag
Rudolf Schmitt. Rezension vom 17.11.2011 zu:
Matthias Rosemann, Michael Konrad (Hrsg.): Handbuch betreutes Wohnen. Von der Heimversorgung zur ambulanten Unterstützung. Psychiatrie Verlag GmbH
(Bonn) 2011.
ISBN 978-3-88414-595-1.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/12100.php, Datum des Zugriffs 09.10.2024.
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