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Peter Sommerfeld, Lea Hollenstein et al.: Integration und Lebensführung

Rezensiert von Dr. phil. Gernot Hahn, 18.01.2012

Cover Peter Sommerfeld, Lea Hollenstein et al.: Integration und Lebensführung ISBN 978-3-531-17806-6

Peter Sommerfeld, Lea Hollenstein, Raphael Calzaferri: Integration und Lebensführung. Ein forschungsgestützter Beitrag zur Theoriebildung der Sozialen Arbeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften (Wiesbaden) 2011. 240 Seiten. ISBN 978-3-531-17806-6. 29,95 EUR.

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Thema

Die Autoren legen mit „Integration und Lebensführung“ dreierlei vor: einmal einen Forschungsbericht eines abgeschlossenen Projekts zur Frage der (Re)integration zuvor institutionell untergebrachter Klienten Sozialer Arbeit, weiter einen auf dieser Forschung basierenden Beitrag zur Theoriebildung der Sozialen Arbeit und schließlich ein Beispiel für die gelungene Verknüpfung sozialarbeitswissenschaftlicher Forschung und Praxis, mit hoher Relevanz für die Ausbildung. Mittels eines innovativen Methodenmix, der biografische und klinische Interviews mit einem quantitativen Monitoring-Verfahren kombiniert, wurden 16 zuvor in einer psychiatrischen Klinik, dem Strafvollzug und einem Frauenhaus untergebrachte Klienten über einen Zeitraum von bis zu einem Jahr nach der Entlassung begleitet. Die Forschungsergebnisse erlauben einen tiefen Einblick in die systembezogene und psycho-soziale Dynamik menschlicher Lebensführung und Daseinsbewältigung unter dem Aspekt der Inklusion.

Autoren

Die Autoren arbeiten als Hochschullehrer (Sommerfeld) an der Fachhochschule Nordwestschweiz, bzw. wissenschaftliche Mitarbeiter (Hollenstein und Calzaferri) am dortigen Institut für „Professionsforschung und kooperative Wissensbildung“.

Aufbau und Inhalt

Der vorliegende Band ist in fünf Kapitel untergliedert.

Im Einleitungsabschnitt werden zunächst das dem Buch zugrunde liegenden Forschungsprojekt, dessen Zielsetzungen und Fragestellungen vorgestellt, um dann die Einbettung des Forschungsthemas und dessen Relevanz für die Soziale Arbeit zu erörtern. Das Forschungsthema „Integration und Lebensführung“ wird schließlich in der Theorie der Sozialen Arbeit verortet. Kapitel zwei leistet die Zusammenschau der theoretischen Grundlagen des Projekts, u. a. wird hier auf das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft mit Bezug auf unterschiedliche soziologische, systemtheoretische und entwicklungspsychologische Konzepte eingegangen und der Begriff des Lebensführungssystems vorgestellt. Im dritten Kapitel werden das Forschungsdesign, die verwendeten Methoden und die zugrunde liegende Methodologie des Forschungsprojekts erörtert. Mit der Darstellung der empirischen Rekonstruktion der Lebensführungssysteme werden in Kapitel vier fallbezogene Forschungsergebnisse zusammengefasst, bevor daraus in Kapitel fünf die „Skizze einer Theorie der Sozialen Arbeit“ abgeleitet wird.

Soziale Arbeit zielt auf die Verbesserung der Lebensbedingungen und eine bessere soziale Integration von Menschen. In der Einleitung werden, ausgehend von diesem Paradigma die Beweggründe für das vorliegende Forschungsprojekt, nämlich die Frage wie „Integration“ als Begriff, Lebensrealität und Handlungsziel (Sozialer Arbeit) konzeptionalisiert werden können, bzw. müssen, formuliert. Der Forschergruppe geht es also um eine „Schärfung des Integrationsbegriffs … indem wir uns mit den Mitteln der Forschung Integrationsprozesse näher anschauen wollen“ (22). Ausgangsbasis ist, neben theoretischen Bezügen sozialarbeitswissenschaftlicher Beiträge (u. a. von Böhnisch, Merten und Scherr) die fallbezogene Betrachtung dessen, wie sich das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft in Integrations- und Ausschlussprozessen konkret formt, bzw. in welchen Prozessen die Vergesellschaftung von Individuen geschieht, oder -wie die Autoren formulieren- „hergestellt wird“. Diesem Prozess liegt ein dynamisches Grundverständnis des komplexen Bedingungsgefüges von Integration und Ausschluss zugrunde. Dabei geht es auch um die „Aneignung“ des Begriffs der „Integration“ für die Soziale Arbeit, da dieser inhaltlich immer (auch) in die Nähe von Anpassung gerückt ist, wodurch „die Soziale Arbeit aber einen möglichen Zugang zur Beschreibung ihrer Funktion und spezifischen Gestalt“ (30) verliert.

Die theoretischen Grundlagen der Konzepte „Integration“ und Lebensführung“ werden in Kapitel zwei zusammen geführt. Die Erläuterungen hier dienen der Einführung erkenntnisleitender Begriffe und Konzepte, die zur Operationalisierung der Forschungsfragestellungen genutzt wurden. Integration wird dabei als Leistung des Individuums beschrieben, dessen „Einschluss“ in die moderne Gesellschaft nicht mehr naturwüchsig gegeben ist, sondern vom Einzelnen interaktiv selbst hergestellt werden muss. Als soziologische, systemtheoretische und entwicklungspsycholgogische Bezugsquellen werden u. a. Bourdieu (individuelle Konstruktion sozialer Realität, sozialer Raum), Luhmann (Gesellschaftstheorie), Marx (Arbeit und Kapital), Ulrich Beck (reflexive Modernisierung, Individualisierung, Enttraditionalisierung), Piaget (Assimilation und Akkomodation), sowie unterschiedliche systemtheoretische Aspekte und Figuren, jeweils in ihren Kernaussagen bezüglich des Verhältnisses von Individuum und Gesellschaft, genannt und vorgestellt.

Kapitel drei gibt einen Einblick in das dem Forschungsprojekt zugrunde liegende Forschungsdesign. Die Autoren begründen darin ihre Forschungsstrategien, welche vom Forschungsgegenstand abgeleitet werden. Als Betrachtungsebene dient dabei die „konkrete Handlungsebene … wo die Vergesellschaftungsprozesse mit der individuellen Lebensführung zusammenfallen“ (65). Gestützt auf das Konzept der Grounded Theory (Glaser & Strauss), jedoch variiert um den Ansatz der Synergetik werden die Instrumente der Datenerhebung, sowie die Methoden der Datenanalyse vorgestellt. Um die Komplexität des Untersuchungsgegenstands erfassen zu können, hat sich die Forschergruppe um Peter Sommerfeld für einen Methodenmix entschieden, der biografische und klinische Interviews, Ressourcenassessment und Netzwerkdokumentation, sowie ein Real-Time-Monitoring kombiniert. Ausgangspunkt der Überlegungen zur Forschungsstrategie war die These, dass die Prozesse der Re-Integration nur dann verstanden werden können, „wenn wir … die Hintergründe der Straftat, der psychischen Erkrankung oder Gewalterfahrung kennen“ (67). Das Forschungsinteresse richtete sich also auf den Zeitraum vor Eintritt der institutionellen Unterbringung, die Institutionsphase und die Phase des Re-Integrationsprozesses. Die Forschungsstrategie zielte auf die qualitative Erfassung der Prozessdynamik (z. B. durch biografische Interviews) und die quantitative Messung des Integrationsprozesses (wofür u. a. die Technik des Real-Time-Monitoring benutzt wurde, eine auf standardisiertem Fragebogen basierende, PC-gestützte Erfassung von Prozess-Faktoren durch die betroffenen Probanden selbst). Abschließend finden sich hier Hinweise zur Form der Ergebnisdarstellung, z. B. der Darstellung der gefundenen Kategorien welche sich aus dem fallübergreifenden Vergleich ergeben, anhand eines konkreten Fallbeispiels.

Im vierten Kapitel präsentieren die Autoren Forschungsergebnisse anhand einiger ausgiebig vorgestellter Fallgeschichten auf Basis der Rekonstruktion der Lebensführungssysteme der betroffenen Menschen, welche dann zu theoretischen Konzepten und Kategorien verdichtet werden. Diese Konzepte werden zunächst anhand eines Falles exemplarisch eingeführt und im Rahmen weiterer Fallvignietten verdichtet. Konkret wird hier zunächst eine Fallgeschichte vorgestellt anhand der die Ebenen „Problemdynamik und Systemmodellierung“, konkrete Handlungssysteme und weitere Aspekte des „Lebensführungssystems“, die „Problemgenese in der frühen Sozialisation“, der Zusammenhang „Soziale Integration und psychische Musterbildung“ sowie „Phasen der Re-Integration“ beschrieben werden. Durch die Lektüre der ersten Fallgeschichte werden die im Forschungsmaterial gefundenen Kategorien und Konzepte im Zusammenhang von Lebensführung und Integration sichtbar, anhand des konkreten Forschungsmaterials, z. B. in Form von Interviewpassagen nachvollziehbar gemacht und in Bezug auf die in Kapitel zwei eingeführten Theoriekonzepte gesetzt. Dadurch gelingt dann auch die Bestätigung der dem Forschungsprojekt zugrunde liegenden These des Zusammenhangs von Lebensführung und Integration: “ Jedes Individuum realisiert … sein persönliches Integrationsmanagement, das in der Summe und aus der Perspektive des Akteurs betrachtet sein persönliches ‚Lebensführungssystem‘ darstellt, das einerseits über seine gesellschaftliche Position in der vertikalen Differenzierung der Gesellschaft entscheidet und andererseits den zugänglichen sozialen Raum definiert, der einem Akteur zur Verfügung steht“ (146). Anhand weiterer vier Fallbeispiele wird in der Folge demonstriert, wie die Forschergruppe den Zusammenhang sozialer und psychischer Prozesse hinsichtlich Genese und Verlaufsdynamik rekonstruiert haben. Diese Fallgeschichten belegen dann auch, dass das Konzept des „Lebensführungssystems“ Fall übergreifend, unabhängig vom sozialen institutionellen Umfeld (Psychiatrie, Frauenhaus, JVA) und unabhängig vom biografischen Hintergrund (gelungene oder weniger gelungene Sozialisationsabschnitte, früher oder später Störungsbeginn etc.) anwendbar ist und als Betrachtungs- und Reflektions-Hintergrundfolie Anwendung finden kann. Die Forschungsergebnisse werden in den einzelnen Kapiteln Fall bezogen in einem Überblicksschema grafisch erfasst, jeweils bezogen auf die Problemdynamik (Genese und System des jeweiligen Störungsphänomens) und die Problemlösungsdynamik (Verlauf der Bewältigung und Re-Integration sowie der beteiligten sozialen Systeme).

Kapitel fünf führt die in Kapitel vier dargestellten, fallbezogenen Forschungsergebnisse im Sinn einer Theorieskizze Sozialer Arbeit zusammen. Basierend auf den theoretischen Bezugspunkten des zweiten und den empirischen Befunden des vierten Kapitels werden hier Konzeptbausteine formuliert, die einmal die Bedeutung des sozialen Raums eines konkreten Individuums für die Genese, den Verlauf und die Bewältigung psycho-sozialer Problemlagen, den Zusammenhang psychischer und sozialer Strukturen als auch die Dynamik der Lebensführungssysteme erfassen können. Die Ableitungen aus dem empirischen Material werden zudem um Befunde aus der modernen Hirnforschung (Stichwort: „Das Gehirn als soziales Organ“) ergänzt. Es geht hier also in einem diagnostischen Sinne um die Wahrnehmung und Bewertung sozialer, psychischer und biologischer Prozesse, deren gegenseitige Beeinflussung und Dynamik und damit um die theoretische Fassung und Konzeptualisierung des sozio-psycho-somatischen Paradigmas Sozialer Arbeit. Zur Darstellung dieser komplexen Konstellationen (die Autoren sprechen von „komplexen, verschachtelten Interdependenzen“ (292f) bietet die Forschergruppe um Sommerfeld ein mehrstufiges Modell zur Erfassung von Lebensführungssystemen und Integrationsprozessen an. Letztlich geht es in diesem Theoriemodell um die Erfassung und Bewertung des Zusammenhangs der Aneignung, Weiterentwicklung, Bewahrung und Anwendung verschiedener Kompetenzbereiche und Ressourcen (psychische, soziale, habituelle, kognitive, ökonomische Ressourcen) und den darauf aufbauenden möglichen individuellen Reaktionsformen bei Konfrontation mit Entwicklungsaufgaben, Risiken und sozialen Dynamiken im Lebensverlauf. Durch diese Konzeptfigur erfolgt schließlich die theoretische Fundierung des Ansatzes der Ressourcenorientierung Sozialer Arbeit. Der Wert eines solchen Theorieansatzes für die Soziale Arbeit liegt darin, dass sich Soziale Arbeit als Funktionseinheit moderner Gesellschaftsformen mit ihren impliziten Integrationsproblemen vergewissern, ausrichten und schließlich ausdifferenzieren kann. Die Ausrichtung Sozialer Arbeit ist demnach „dass es sich dabei um eine Profession handelt, die Krisen von problematisch gewordenen Dynamiken in Lebensführungssystemen jeglicher Form bearbeitet“ (307) unabhängig davon, ob die individuelle Problemlage von „der Gesellschaft“ als „bearbeitungswürdig“ (da störend) eingeschätzt wird oder nicht. Gegenstand Sozialer Arbeit wären nach dieser theoretischen Fundierung also nicht „soziale Probleme“, sondern „Probleme in Lebensführungssystemen“. Für die Praxisebene Sozialer Arbeit schlagen die Autoren schließlich (am Beispiel des Re-Integrationsprozesses von straffälligen Menschen) ein entsprechend mehrstufiges Interventionsschema vor, das die relevanten Systemebenen (biografischer Hintergrund, Phase der Institutionalisierung, Re-Integrationsphase) und verschiedene Interventionsbereiche (Stabilisierung, Ressourcenaktivierung, Entwicklung, Reflexion und Veränderung von kognitiven, emotionalen und Verhaltensmustern, Adaption, dauerhafte Stabilisierung) umfasst. Konkret für das Arbeitsgebiet des Strafvollzugs formuliert hieße das „dass die Soziale Arbeit in der Justiz und … Bewährungshilfe auf der Basis von z. B. Biografiearbeit das Lebensführungssystem des Häftlings kennen lernt, dass auf dieser Grundlage möglichst rasch … und dort wo es möglich ist, eine bedeutsame und realisierbare Zukunftsvision entwickelt würde, und dass dieser Zukunftsentwurf des Häftlings den Hilfeplan strukturieren würde, aus dem die Maßnahmen abgeleitet würden, die für die Realisierung … sinnvoll sind. Das kann dann wieder Therapie … Deliktaufarbeitung etc. sein, aber die Aktivitäten des Häftlings und der Professionellen sind aufeinander abgestimmt und dienen der Verwirklichung des Ziels der Resozialisierung, nämlich der Veränderung des Lebensführungssystems, also einer gelingenden Re-Integration“ (341f).

Abschließend formulieren Sommerfeld, Hollenstein und Calzaferri in einem Ausblick die Entwicklungsmöglichkeiten, aber auch -notwendigkeiten Sozialer Arbeit. Durch die im vorliegenden Werk vorgestellte Verbindung von Lebenswelt-, Lebensführung- und Problembewältigungsforschung erfolgt letztlich eine „Evidence-based-Practice“, also die empirisch begründete Fundierung der Handlungswissenschaft Soziale Arbeit. Die auf empirischen Forschungsbefunden beruhenden Wissensbestände und Handlungsmaximen bedürfen darüber hinaus, so die Autoren, der Verbindung mit einem „soliden Wissenskorpus“ (350) der sich auf die Ebenen transdisziplinärer, integrativer Theorien, auf phänomen- und disziplinbezogenes Wissen, auf Forschungsmethodologie und auf die Erfahrungen und Befunde aus der Anwendung von Theorien Sozialer Arbeit bezieht.

Zielgruppe

Lehrende und fortgeschrittene Praktiker der Sozialen Arbeit, Studierende in Weiterbildungsstudiengängen. Aufgrund der umfangreichen theoretischen Bezüge (die z. T. vorausgesetzt werden) ist fachliches Vorwissen, z. B. die Kenntnis der systemischen Perspektive in der Arbeit von Staub-Bernasconi oder Obrecht notwendig, oder zumindest von Vorteil. Der Band eignet sich von daher nicht für die Anwendung in grundständigen Ausbildungsgängen allerdings hervorragend in (forschungsorientierten) Weiterbildungsprogrammen und Masterstudiengängen. Die Lektüre erweist sich schließlich als zwingend für alle an der Theoriebildung Sozialer Arbeit Interessierte und Beteiligte.

Diskussion

Das Buch ist ein Beispiel dafür, wie spannend Sozialarbeitsforschung und wie kurzweilig und anregend die Lektüre von Forschungsberichten sein kann. Der Ertrag ist zweierlei: einmal die empirisch begründete Theoriebildung in der/für die Soziale Arbeit (z. B. die aus empirischer Forschung abgeleitete, in einer Theorieskizze zusammengefasste Konzeptualisierung grundlegender Gestaltungsaspekte Sozialer Arbeit, z. B. für den Bereich Strafvollzug und Resozialisierung), andererseits das persönliche Wachsen des eigenen Forschungsverständnisses, was durch den Aufbau des exemplarischen Forschungsberichts, von der Forschungsfrage zur Verarbeitung der relevanten Theorie, der Entwicklung der Forschungsmethodik und die Darstellung der -ergebnisse und deren inhaltliche Relevanz nachvollzogen werden kann. Der Forschungsfortschritt und die spezifische Art der Darstellung der Forschungsergebnisse stellen für den Leser eine gewisse Herausforderung dar, da die verwendeten Begriffe „Integration“ und „Lebensführung“ in ihren theoretischen Bezügen wiederholt aufgegriffen und für die Konzeptualisierung theoretischer Strukturen Sozialer Arbeit „abgearbeitet“ werden. Die Autoren sprechen hier selbst von einer zirkulären Form der Ergebnisdarstellung, wodurch einmal der Erkenntnisprozess des Forschungsprojekts -in Ansätzen- nachvollziehbar wird, dadurch andererseits die gewünschte Dichte und Vielgestaltigkeit der Komplexität und Dynamik individueller Lebensführung dargestellt und nachvollzogen werden kann, aber eben auch nachvollzogen werden muss. Insgesamt ist der Nachweis des Zusammenhangs von Lebensführung und Integration mehr als gelungen: anhand der ausführlichen Falldarstellungen -entlang des Forschungsmaterials- aber auch in der überzeugenden Verdichtung dieser Forschungsergebnisse hin zu einem theoretischen Konstrukt Sozialer Arbeit. Dann ist der vorliegende Titel auch ein politisches Buch, da es den steten Bezugsrahmen Sozialer Arbeit, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für die Genese psycho-sozialer Störungen und für gelingende Integration, also die politischen Rahmungen in Bezug zu sozialarbeiterischen Interventionen setzt. Dadurch wird auch „das Politische“ der Sozialen Arbeit aufgegriffen, etwa dort, wo das Ziel der „Integration“ an konkrete gesellschaftliche Erwartungen und Vorgaben, z. B. der Aktivität („Fordern und Fördern“) gekoppelt ist. Die Autoren schlagen vor und belegen, dass der Begriff der Integration für die Soziale Arbeit eine ähnliche große Bedeutung hat wie der, der Bildung, da damit eine zentrale Zielsetzung Sozialer Arbeit theoretisch gefasst und benannt werden kann. Ein Vorschlag der im vorliegenden Band umfangreich empirisch begründet ist.

Fazit

Ein hervorragendes Beispiel für sozialarbeitswissenschaftliche Forschung und die dadurch ermöglichte, dringend gebotene Theoriebildung Sozialer Arbeit. Der über 370 Seiten starke Band verdient es vollständig gelesen zu werden, da sich der theoretische Output des zugrunde liegenden Forschungsprojekts vor allem durch die unterschiedlichen Stufen der Rückbeziehung auf zuvor eingeführte Theorien, Denkfiguren und Fallanalysen ergibt. Die Lektüre erweist sich als zwingend für alle an der Theoriebildung Sozialer Arbeit Interessierte und Beteiligte und wird sich als Pflichtlektüre in den Forschungswerkstätten der einschlägigen Hochschul-Masterprogramme etablieren.

Rezension von
Dr. phil. Gernot Hahn
Diplom Sozialpädagoge (Univ.), Diplom Sozialtherapeut
Leiter der Forensischen Ambulanz der Klinik für Forensische Psychiatrie Erlangen
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ISSN 2190-9245