Eva Kochem: [...] Projektmanagement in [...] der stationären Altenpflege
Rezensiert von Dr. phil. Dipl.-Psychol. Sven Lind, 08.04.2013
Eva Kochem: Möglichkeiten und Grenzen von Projektmanagement in Einrichtungen der stationären Altenpflege. Am Beispiel des Ernährungs-Projektes des MDK in Rheinland-Pfalz. Iatros Verlag (Potsdam) 2011. 71 Seiten. ISBN 978-3-86963-284-1. 12,00 EUR.
Thema
Die Altenpflegeheime bilden in der Öffentlichkeit und auch in den Fachkreisen seit Jahrzehnten ein ständiges Reizthema. Keiner möchte freiwillig ins Heim, doch immer mehr Pflegebedürftige belegen die Plätze in den ständig neu errichteten Einrichtungen. In den Medien werden fast schon in regelmäßigen Abständen negative Berichte aufgrund konkreter Vorkommnisse veröffentlicht. Engagierte Mitarbeiter in den Heimen, die unhaltbare Missstände anprangern, werden fristlos entlassen, ohne dass die Arbeitsgerichte diesem Treiben Einhalt gebieten. Auf dem so genannten „Pflegemarkt“ herrscht ein gnadenloser Konkurrenzkampf und damit auch Verdrängungswettbewerb, der überwiegend über den Preis in Gestalt der Pflegekosten geführt wird. Diese radikale Ökonomisierung des Sozialbereiches wird staatlicherseits u. a. durch die Pflegeversicherung und die überörtlichen Kostenträger aufgrund der Deckelung der Kosten massiv vorangetrieben. Was vor Jahrzehnten sozialpolitisch durch Nachtragshaushalte der Länder und Finanzierung des Abmangels in den Einrichtungen zum Wohle der Betroffenen noch reguliert und abgemildert wurde, ist jetzt einem unerbittlichen Kostenreduktions- und Renditestreben gewichen. Die Globalisierung oder der Kapitalismus in Reinkultur hat nun auch die Hilfe- und Pflegebedürftigen und die in den Heimen Beschäftigten erreicht. Diese Rahmenbedingungen bestimmen den Alltag in den Heimen.
Autorin und Entstehungshintergrund
Eva Kochem ist Krankenschwester, Diplom-Pflegepädagogin (FH), TQM-Assessorin MDK und Master of Arts in Gesundheits- und Sozialeinrichtungen. Sie ist Mitarbeiterin des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen des Landes Rheinland-Pfalz. Die vorliegende Arbeit ist ein überarbeitete und gekürzte Version ihrer Masterarbeit im Rahmen des Fernstudienganges „Management von Gesundheits- und Sozialeinrichtungen“ der Technischen Universität Kaiserslautern und der privaten Universität Witten-Herdecke aus dem Jahre 2008.
Aufbau und Inhalt
Die Abhandlung ist in sechs Kapiteln untergliedert.
Kapitel 1 – Stationäre Altenpflegeeinrichtungen als offene und dynamische Systeme (Seite 12-22) – enthält einen Strukturierungsansatz nach den Kriterien Makro- und Mikroebene.
Kapitel 2 – Projektmanagement (Seite 23-29) – befasst sich mit den Kernelementen des Projektmanagements: u. a. die zwischenmenschliche Ebene der Kommunikation, die Anforderungen an die Projektleitung und die entscheidenden Faktoren für den Erfolg eines Projektes.
Kapitel 3 – Projektbeschreibung (Seite 30-33) – enthält die wesentliche Punkte des Projektes: Projektziel (Sicherstellung einer bedarfsgerechten Ernährung und Flüssigkeitsversorgung), Projektträger (rheinland-pfälzische Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen in Zusammenarbeit mit dem MDK des Landes Rheinland-Pfalz) und Projektteilnehmer (acht vollstationäre Pflegeeinrichtungen), Projektorganisation (Projektteam, Arbeits- und Steuerkreise u. a.), Datenerhebung, Interventionen (Ernährungskonzept und Umsetzungsplanung mitsamt den Assessmentverfahren und den Messdimensionen) und Projektverlauf (Projektdauer 09-2005 bis 12-2007).
Kapitel 4 – Fragestellung und methodisches Vorgehen (Seite 34-37 – befasst sich u. a. mit dem Stand der Forschung, dem methodischen Vorgehen und dem Vorgehen bei der Datenauswertung und der Datenbeschreibung.
Kapitel 5 – Ergebnisse und Diskussion (Seite 38-62) – beinhaltet allgemeine Ausführungen zum Projektmanagement wie Projektziele, Planung und Steuerung, Partizipation, Kommunikation, involvierte Akteure und Zusammenfassung der aktuellen Umsetzungsaspekte. Des Weiteren werden recht allgemein die Möglichkeiten und Grenzen des Projektmanagements aufgezeigt: interne und externe Einflussfaktoren, die Grenzen des Vorgehens in stationären Pflegeeinrichtungen und die Grenzen der Methode Projektmanagement.
Kapitel 6 – Fazit – Empfehlungen - Ausblick (Seite 63-66) – fasst auf wenigen Seiten die wesentlichen Einschätzungen der Autorin zusammen. Recht allgemein schreibt sie: „Die Situation der stationären Altenpflege kann derzeit als ein Druckkessel bezeichnet werden mit hohen Veränderungsbedarf aufgrund externer und interner Bedingungsfaktoren.“ (Seite 63). Es sind „Kundenorientierung und Prozessdenken … gefragt“ und es bedarf einer „Kultur des permanenten Lernens“ in den Einrichtungen (ebenda). In Zukunft seien „Zivilcourage und Autonomie“ von Nöten, „mehr Agieren als Reagieren“, damit die „dynamischen Prozesse der Weiterentwicklung und Neukonstruktion“ zur Geltung kommen können (Seite 66). Hierzu wird eine „Projektinfrastruktur und -kultur in den Einrichtungen“ zwingend nötig sein (ebenda).
Diskussion und Fazit
Die Ausführungen der Autorin verbleiben auf der allgemeinen Ebene des Fachjargons bezüglich eines Projektmanagements ohne jedweden Bezug zur Ebene der konkreten Pflege und Betreuung in den Pflegeheimen. So erfährt man nichts Konkretes über die Problemlagen in den Projekteinrichtungen. Der Autorin gelingt keine angemessene Darstellung des Gegenstandsbereichs Ernährung und Flüssigkeitszufuhr mit einer konkreten Problembeschreibung hinsichtlich der „Ist- und Soll-Dimensionen“. Das bloße Verhaften in der Explikation des Instrumentellen in Gestalt der mannigfachen Vorgehensweisen („Projektemanagement“) lässt somit keine theoretische und zugleich praxisorientierte Durchdringung der Realbezüge zu. Aufgrund der unzureichenden Gegenstandserfassung und -analyse kann keine Empfehlung zur Lektüre der Publikation gegeben werden.
Rezension von
Dr. phil. Dipl.-Psychol. Sven Lind
Gerontologische Beratung Haan
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Zitiervorschlag
Sven Lind. Rezension vom 08.04.2013 zu:
Eva Kochem: Möglichkeiten und Grenzen von Projektmanagement in Einrichtungen der stationären Altenpflege. Am Beispiel des Ernährungs-Projektes des MDK in Rheinland-Pfalz. Iatros Verlag
(Potsdam) 2011.
ISBN 978-3-86963-284-1.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/12208.php, Datum des Zugriffs 18.01.2025.
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