Svenja Möller (Hrsg.): Die Bildung der Erwachsenen
Rezensiert von Mag.(FH) DSA MSc Doris Lang-Lepschy, 14.02.2012

Svenja Möller (Hrsg.): Die Bildung der Erwachsenen. Perspektiven und Utopien.
Juventa Verlag
(Weinheim) 2011.
224 Seiten.
ISBN 978-3-7799-2371-8.
24,95 EUR.
CH: 37,90 sFr.
Reihe: Zukünfte.
Autoren und Autorinnen
Aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten die Autoren und Autorinnen aus Wissenschaft und Praxis die Weiterentwicklung der Bildung Erwachsener. Den Artikeln liegen Beiträge von Peter Faulstich zu Grunde. Die Autoren und Autorinnen sind:
PD Dr. Martin Allespach, Prof. Dr. Rolf Arnold, Prof. Dr. Helmut Bremer, Dr. h.c. Adolf Brock, Prof. Dr. Karin Büchter , Prof. Dr. Hannelore Faulstich- Wielan, Dr. des.Marion Fleige, Prof. Dr. Wiltrud Gieseke, Prof. Dr. Dieter Gnahs, Prof. Dr. Petra Grell , Prof. Dr. Anke Grotlüschen, Dr. Erik Haberzeth. Prof. Dr., em. Martin Kipp ,Dipl. Päd. Claudia Kulmus, Dr. Svenja Möller, Dr. Jutta Reich-Claassen, Dr. Wibke Riekmann, Prof. Dr. Steffi Robak, Prof. Dr. Sabine Schmidt-Lauff, Prof. em. Dr. Horst Siebert, Prof. Dr. Rudolf Tippelt, Dipl- Päd. Jana Trumann, Dipl. Päd. Susanne Umbach, Prof. em. Karl Weber, Prof. Dr. Christine Zeuner
Thema und Entstehungsgrund
Die Beiträge dieses Buches wurden als Festschrift zum 65. Geburtstag von Peter Faulstich zusammengefasst.
Faulstich studierte Stadt-und Regionalplanung, Bildungsökonomie, Pädagogik und Soziologie an der TU Berlin (Promotion 1975). 1977 folgte die Habilitation in Erziehungswissenschaft. Seit 1995 ist er Professor für Erwachsenenbildung/Weiterbildung an der Universität Hamburg, Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft , und Vorsitzender in der Kommission Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (1995-1999) und der Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung (2002-2008).
Aufbau und Inhalt
Einleitung Bildung als Zukunft: Perspektiven und Utopien der Erwachsenenbildung. Peter Faulstich zum 65. Geburtstag (Svenja Möller/Christine Zeuner/Anke Grotlüschen). Die Autorinnen beschreiben in der Einleitung einerseits den Grund für die Entstehung dieser Festschrift, andererseits nutzen sie die Gelegenheit für einen Überblick über die Entwicklung des Erwachsenenbildungsbereiches in den letzten 30 Jahren. Das „Primat des ökonomischen Standortvorteils und des Erhalts der Wettbewerbsfähigkeit“ (S. 7) wird ebenso diskutiert wie „Humankapital“ (ebd.), „employability“ (ebd.) und „Effizienz und Effektivität der Angebote“ (ebd.). Das Wirken von Peter Faulstich wird gewürdigt. Einige seiner Schriften bilden die Grundlage für die Artikel, auf die ein Ausblick formuliert wird.
Kapitel 1 Bildergespräche- Frida Kahlo (Hannelore Faulstich- Wielan) Dieser Artikel betrifft einen Schwerpunkt der Arbeiten von Peter Faulstich: Die Verbindung von Kunst und Erwachsenenbildung. Anhand des Werkes von Frida Kahlo werden Bezüge zwischen Kunstaneignung und Erwachsenenbildung folgend dargestellt: Als Vermittlung von Kunst durch ästhetische Andragogik, durch die Themen der Kunst als Aspekte von Erwachsenenbildung und schließlich die Aneignung von Kunst als ein Aspekt von Bildung (vgl. S. 14 zitiert nach Faulstich 2003, S.103). Durch die konkrete Beschäftigung mit der Künstlerin und ihrem Werk werden die Zusammenhänge für die Leserschaft klar und kurzweilig dargestellt.
Kapitel 2 Am Anfang war das Wort und mit ihm die Entschiedenheit. Perspektivenverschränkung zur Kritik am Konstruktivismus. (Rolf Arnold, Horst Siebert) Die Kritik von Peter Faulstich an der Erkenntnistheorie, insbesondere dem Radikalen Konstruktivismus, liegt diesem Artikel zugrunde. Die Autoren stellen Bezüge zu anderen Wissenschaftlern her und verdichten somit die Aussagen von Faulstich.
Kapitel 3 Erwachsenenbildung und Politische Bildung. (Adolf Brock/ Christine Zeuner) Fragen der Bedeutung von Bildung, “kritische Analysen aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen in Verbindung mit einer Auseinandersetzung über Anforderungen, aber auch Zumutungen des Bildungs- und Ausbildungssystems“ (S. 50) in Faulstichs Werk sind Ausgangspunkt für diesen Artikel. Der Autor und die Autorin spannen einen Bogen von der Arbeiterbildung bis zur Wissenschaft, befassen sich mit Trägern und Einrichtungen der Erwachsenenbildung und der politischen Bildung.
Kapitel 4 Das Gemeinsame und das Trennende der Kompetenzbegriffe (Wibke Riekmann/ Anke Grotlüschen) Die Beschäftigung mit dem auch von Faulstich beforschten Kompetenzbegriffen steht im Mittelpunkt dieses Artikels. Identitätskompetenz, Selbstkompetenz, Sozialkompetenz, Technologische Kompetenz, Gerechtigkeitskompetenz, Ökologische Kompetenz, Historische Kompetenz und Ökonomische Kompetenz sind einige Beispiele mit denen gearbeitet wird.
Kapitel 5 Arbeit – Bildung – Demokratie (Martin Allespach) Ökonomische Bedingungen, „Neoliberalismus und die berufliche Weiterbildung sowie der kritisch-emanzipatorische Bildungsbegriff als Grundlage für einen Kurswechsel in der Aus- und Weiterbildung sowie die daraus folgenden Konsequenzen und Perspektiven“ (vgl. S.74ff) beschäftigen den Autor in diesem Kapitel.
Kapitel 6 Zum Spannungsverhältnis von Arbeit, Beruf und Bildung als Konstitutionsbedingung für Erwachsenenbildung und gesellschaftliche Wirklichkeit (Steffi Robak) „Die Rolle der Erwachsenenbildung in ihrer Funktion für gesellschaftliche Gestaltung“ (S. 81) wird in den Schriften von Faulstichimmer wieder durch die „Beschreibung des Verhältnisses von Arbeit, Beruf und Bildung“ betont (S. 81). Der Autor diskutiert in diesem Artikel „Entwicklungen im Verhältnis von Arbeit und Lernen, (Berufliche) Weiterbildungssystementwicklungen und Umbrüche am Beispiel der neuen Bundesländer“ (S.81) und „Beobachtungen globalisierter Produktionsmodelle und Konsequenzen für die Weiterbildung.“ (ebd.)
Kapitel 7 Berufliche und politische Bildung: Nicht die Integration ist begründungsbedürftig, sondern die Desintegration! (Helmut Brenner) Dieser Artikel beschäftigt sich mit der u.a. 2004 veröffentlichten These von Faulstich, dass die Desintegration von beruflicher und allgemeiner Bildung „immer schon ideologisch und problematisch gewesen und heute nicht mehr haltbar.“ (S. 89 nach Faulstich 2004, S.87).
Kapitel 8 Utopie und politische Partizipation – ‚Eigener Anfang‘ statt Repräsentation (Jana Trumann) Faulstichs Überlegungen zu “Utopischen Transformationspotentialen, die Möglichkeit utopischen Denkens in Partizipationsprozessen außerhalb etablierter politischer Aktionen? (S.98) veranlassen die Autorin zur Weiterentwicklung des Gedankens, wobei sie einen Bogen bis in die Gegenwart am Beispiel Stuttgart 21 spannt.
Kapitel 9 Weiterbildung der Hochschulen: Erwartungen und Praktiken (Karl Weber) Der Autor nimmt Bezug auf Forschungsergebnisse im hochschulpolitischen Diskurs von Faulstich, wobei er Weiterbildung nach Hochschultyp und Fach, aber auch nach Fachhochschulen und Universitäten unterscheidet.
Kapitel 10 Öffentlichkeit und Wissenschaft im Museum. Perspektiven einer dialogisch-experimentellen Vermittlungsstrategie (Erik Haberzeth/ Claudia Kulmus) Die „hartnäckige Suche von Peter Faulstich nach Vermittlungsmöglichkeiten der grundlegenden Strukturen und Methoden von Wissenschaft“ (vgl. S.116) führt den Autor zur intensiven Beschäftigung mit der Arbeit in Museen.
Kapitel 11 Systematische Überlegungen für eine Theorie von Institutionenentwicklung für „Lebenslanges Lernen“ (Wiltrud Gieseke) Die Wichtigkeit der Beschäftigung mit „institutionellen und organisatorischen Bedingungen eines politisch und ökonomischen Prozesses“ (S.124) bei der Beschäftigung mit einer gesellschafts- und arbeitsweltbezogenen Theorie der Erwachsenenbildung/Weiterbildung nach Faulstich ist die Grundlage für diesen Artikel.
Kapitel 12 Transformation und Institutionalisierung. Reflexive Prozessbetrachtungen zu Transformationsprozessen im Institutionsspektrum der Erwachsenenbildung (Marion Fleige/ Sabine Schmidt-Lauff) „Gesellschaftsdiagnostische Reflexionen zur Metapher des wandels und zu neuen Realitäten“ (S.138), Struktur- und tempraltheoretische Perspektiven (organisationalen) Wandels und Auswirkungen auf das Lernen Erwachsener“ (S.140), „Auswirkungen der Transformation im Institutionenspektrum der Erwachsenenbildung“( S.142) führen die Autorinnen zu „Institionen der Erwachsenenbildung als Akteure der Transformation“ ( S. 144) bis zur „Ausdifferenzierung der Institutionalsformen im Spiegel von Angebot, nachfrage und Selbst- Gestaltung“. (S.146)
Kapitel 13 Wandel von Institutionenforschung und Institutionenspektrum 1990 – 2010. Institutionalisierung lebenslangen Lernens (Jutta Reich Classen/ Rudolf Tippelt) Transformations- und Wandlungsprozesse des Institutionsspektrums und der Weiterbildungslandschaft, die Faulstich seit Ende der 1980er Jahre vorantreibt, werden in diesem Artikel beschrieben und unter Berücksichtigung einer langen Zeitachse analysiert.
Kapitel 14 Qualitätsentwicklung am Scheidewege (Dieter Gnahs) Qualitätskriterien und Qualitätswege der Weiterbildung sind seit ca. zwei Jahrzehnten im Wandel. Qualitätsdiskussionen, Qualitätsmanagement und Evaluierung werden vom Autor analysiert und kritisch betrachtet.
Kapitel 15 Lernen- Anmerkungen zur Debatte (Petra Grell) Unter Einbeziehung verschiedener wissenschaftlicher Theorien und Erkenntnisse bearbeitet die Autorin das weite Feld des „Lernens“.
Kapitel 16 Lernen- wer, wo , wann und mit welchem Effekt? Mit Donna Haraway in der Lernschleife (Susanne Umbach) Faulstichuntersuchte Lernverhältnisse „aus seiner kritisch- pragmatischen Perspektive für die Erwachsenenbildung (S.181). Die Autorin stellt durchaus überraschende Bezüge zu Donna Haraway und ihrem Buch „The Comanion Species Manifesto- Dogs, People, and Significant Otherness“ her und entwickelt daraus entstehende Erkenntnisse weiter.
Kapitel 17 Wiedergelesen: Bildungspolitik im Interessenkonflikt (Karin Büchter) Peter Faulstich - Bildungspolitik im Interessenskonflikt. Auseinandersetzungen um die Zielbestimmung staatlicher Bildungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland, die 1975 erschienen Dissertation wird hier mit dem bildungstheoretischen Hintergrund der Arbeit besprochen.
Kapitel 18 Unstete Konsolidierung. Die gewerbliche Berufsschule Schramberg in der Konsolidierungsphase (1920 – 1970) (Martin Kipp) Das Thema der Berufsbildung wird anhand eines konkreten Beispiels intensiv aufgearbeitet.
Kapitel 19 Qualitätsentwicklung in der Erwachsenenbildungswissenschaft durch Literaturkritik (Svenja Möller) Die Autorin beschäftigt sich als Abschluss der Festschrift mit den Rezensionen, die Faulstich im Rahmen seiner langjährigen Tätigkeit verfasst hat.
Fazit
Das Buch als Festschrift zum 65.Geburtstag von Peter Faulstich ist ausgesprochen gelungen. Die Vielzahl der Artikel bieten der Leserschaft die Möglichkeit einen Überblick über das Schaffen des Jubilars zu erlangen. Die verschiedenen Ebenen, die dabei besprochen werden, erscheinen im ersten Moment verwirrend, bei näherer Beschäftigung mit dem Buch bilden sich allerdings schlüssige Themenkomplexe heraus.
Die Vielzahl der Autorenschaft führt trotz Inhaltsschwere zu abwechslungsreichem Lesevergnügen. Besonders der Rückgriff auf ältere Schriften des Jubilars und die Zusammenführung mit aktuellen Themen und Erkenntnissen ist eine ungewöhnliche aber durchaus interessante Vorgehensweise. Das wissenschaftliche Schaffen von Peter Faulstich wird durch diese Festschrift eindrucksvoll dargestellt.
Rezension von
Mag.(FH) DSA MSc Doris Lang-Lepschy
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