Daniela Kobelt Neuhaus: Im Dialog mit den Eltern 0 - 3-Jähriger
Rezensiert von Prof. Dr. Ines Kadler-Neuhausen, 27.04.2012

Daniela Kobelt Neuhaus: Im Dialog mit den Eltern 0 - 3-Jähriger. Wie Erziehungspartnerschaft gelingen kann.
Cornelsen Verlag GmbH
(Berlin) 2011.
140 Seiten.
ISBN 978-3-589-24744-8.
16,95 EUR.
Reihe: Frühe Kindheit - Kinder von 0 bis 3 - Basiswissen.
Thema
Dieses Buch greift Anlässe und Ansätze einer partnerschaftlichen Kooperation zwischen Eltern und Fachkräften der frühpädagogischen Erziehungs- und Bildungsarbeit auf. Anliegen ist es zu zeigen, unter welchen Voraussetzungen Null- bis Dreijährige und deren Familien von früher Tagesbetreuung profitieren. Anschaulich wird gezeigt, dass eine auf Partnerschaft zwischen den Beteiligten angelegte Grundhaltung pädagogischer Fachkräfte ein Klima für professionelle, institutionelle Erziehung schafft, das Eltern und deren Bedürfnisse nach Unterstützung in der Bewältigung ihres Familienalltags ernst nimmt. Vorgestellt werden sowohl konzeptionelle Überlegungen für eine gelingende Erziehungs-, Bildungs- und Kompetenzpartnerschaft zwischen pädagogischen Fachkräften und Eltern als auch bedeutsame Kindersituationen, die Erwachsene in ihren Bemühungen um die ihnen anvertrauten Kinder herausfordern. Beschrieben werden zudem Handlungsfelder für die Gestaltung partnerschaftlicher Zusammenarbeit, wie z.B. gelingende Formen der Elternbeteiligung, Angebote zur Elternbildung, die Alltäglichkeit und Normalität gelingender Interaktion und die Schaffung geeigneter organisationsstruktureller Voraussetzungen. Viele Vorschläge, Reflexionsfragen und Praxisbeispiele sollen den Leserinnen und Lesern helfen, die Chancen und Potentiale gelebter Erziehungspartnerschaft zu erkennen.
Vermittlungskontext
Daniela Kobelt Neuhaus will ihre Ausführungen in der Vermittlung zwischen Theorie und Praxis verstanden wissen. Je ausgehend von einem oder auch mehreren Praxisbeispielen werden in den einzelnen Kapiteln theoretische Fragen aufgeworfen, gute Vorgehensweisen erläutert und Begründungen geliefert für die beschriebenen Perspektiven und Herangehensweisen. Im Mittelpunkt stehen immer wieder die unterschiedlichen Perspektiven von Erziehungsberechtigten, Pädagoginnen und auch Bildungsinstitutionen, um die Wechselwirkungen zwischen Systemen und Personen auch unter Einbezug von Erkenntnissen aus Neurowissenschaften, Soziologie und Psychologie nachvollziehbar darzustellen. Die Leserinnen und Leser sollen dadurch zum einen bestärkt werden in ihrem Selbstverständnis, dass sie intuitiv schon vieles richtig machen und zum Anderen anregen, in kleinen Schritten das bewusste Zusammenwirken von Eltern und Fachkräften immer wieder neu zu erproben.
Aufbau
Gegliedert ist der Beitrag in sieben thematische Kapitel, die aufeinander aufbauen. Es geht um nachfolgende Themenbereiche:
- Was jüngste Kinder von Erwachsenen erwarten. Kinder und deren Entwicklung stehen zunächst im Mittelpunkt. Fragen und Herausforderungen, mit denen Eltern und Tageseinrichtungen bei der Betreuung jüngster Kinder konfrontiert sind, werden beschrieben.
- Erziehungs-, Bildungs- und Kompetenzpartnerschaft. Das Grundverständnis für partnerschaftliche Arbeit zwischen Pädagoginnen und Eltern wird anhand vieler Beispiele hergeleitet. Argumentiert wird für eine bewusste Verantwortungsübernahme in diesem pädagogischen Handlungsfeld auf Seiten der Pädagoginnen und Pädagogen.
- Bedeutsame Kindersituationen fordern Erwachsene heraus. Die Entwicklungsaufgaben der Kinder im Alter zwischen 0 und 3 Jahren bieten eine guten Rahmen Erziehungs- und Bildungspartnerschaft ganz praktisch zu gestalten.
- Elternbeteiligung. Bewährte Formen der Begegnung von Fachkräften und Eltern, wie etwa in der Phase der Eingewöhnung, beim Elternabend oder Frühlingsfest werden auf den Prüfstand partnerschaftlichen Miteinanders gestellt. Darüber hinaus werden weitere Instrumente wie etwa die Elternbefragung bzw. die Organisation von Serviceleistungen in den Kontexten Beteiligung und Teilhabe beleuchtet.
- Elternbildung. Angebote zur Elternbildung lassen sich für oder auch mit Eltern gemeinsam gestalten. Wie Bildungsangebote ganz sukzessive zum normalen Regelangebot und Service werden können, wird in diesem Kapitel beschrieben.
- Erziehungspartnerschaft als Ko-Konstruktionsleistung. Das sechste Kapitel ist ein zusammenführendes Kapitel, das noch einmal dem konzeptionellen Grundgedanken partnerschaftlichen erzieherischen Handelns Rechnung tragen will.
- Organisationsformen der Erziehungs- und Kompetenzpartnerschaft. Vorgestellt werden organisationsstrukturelle Entwicklungen, bei denen sich Tageseinrichtungen mehr und mehr als Dienstleister für Familien verstehen. Außerdem wird auf die Bedeutung interdisziplinärer Netzwerke eingegangen.
Inhaltliche Bearbeitung des Themas
Daniela Kobelt Neuhaus beschreibt in den einzelnen Kapiteln viele kleine Begebenheiten, die allen denjenigen vertraut vorkommen, die als Fachkräfte in einer Krippe bzw. Tagesstätte für 0- bis 3-Jährige arbeiten oder ihre Kinder täglich in die Obhut ebendieser Fachkräfte geben. Sie beschreibt die denkbaren Perspektiven oder situativen Wünsche von Eltern und die Möglichkeiten der Pädagoginnen und Pädagogen, auf die je beschriebene Situation einzugehen und zwar konsequent partnerschaftlich. Leserinnen und Lesern wird schnell deutlich, dass Erziehungspartnerschaft eine große Herausforderung ist, die zwar in den Beispielen mit ganz einfachen Mitteln und routinierten Herangehensweisen durchaus gelingen kann. Sie ist jedoch gelebte Einstellung zum eigenen professionellen Handlungsfeld. Das Gespräch steht im Mittelpunkt. Wie können Fachkräfte immer wieder verantwortungsvoll auf Eltern zugehen, ihnen Vertrauen und Akzeptanz entgegenbringen. In welchen Situationen sind Ratschläge überhaupt sinnvoll und wann können Eltern zeigen, dass sie ihr Kind sehr gut kennen. Auf der Suche nach Kommunikationsanlässen, wird immer wieder hervorgehoben, dass Erziehungspartnerschaft eine bewusste Beziehungsgestaltung ist, deren Ermöglichung vor allem in den Händen der Fachkräfte liegt. Diese Partnerschaft wird fruchtbar, wenn Sie nahe an den Entwicklungsaufgaben der Kinder gestaltet wird. Nicht umsonst beschreibt Kobelt Neuhaus alle Situationen entlang der häufig auch in der öffentlichen Diskussion benannten pädagogischen Herausforderungen, wie etwa dem Bildungsauftrag der Tageseinrichtungen und den daraus erwachsenden Aufgaben. Alle Beziehungsgestaltung dient dazu, Kindern ein möglichst chancengleiches Heranwachsen in unserer Gesellschaft zu ermöglichen.
Zusammengefasst beschreibt Kobelt Neuhaus ein immerwährend pädagogisches Vorgehen von Fachkräften auch im Umgang mit Eltern, bei dem durchaus die Gefahr bestehen könnte, dass Eltern die Taktik durchschauen und sich trotz aller Bemühungen des pädagogischen Personals dann doch nicht ernst genommen fühlen.
Fazit
Daniela Kobelt Neuhaus hat ein Buch aus der Praxis für die Praxis veröffentlicht, das Leserinnen und Lesern theoretische Voraussetzungen und praktisches Vorgehen bei der Gestaltung von Erziehungspartnerschaften zwischen Eltern und pädagogischem Fachpersonalanhand vieler beispielhafter Situationen nahe bringt. Es regt zum Nachdenken an über eigene erlebte Situationen und ermutigt, vertraute Kommunikationsmuster aus dem eigenen Alltag einmal anders zu betrachten und Kommunikation neu zu gestalten.
Rezension von
Prof. Dr. Ines Kadler-Neuhausen
Erziehungswissenschaftlerin, Hochschule Fulda, FB Sozialwesen
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