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Hans-Peter Blossfeld, Hans-Günther Roßbach et al. (Hrsg.): Education as a lifelong process

Rezensiert von Prof. Dr. Jochen Schmerfeld, 13.01.2012

Cover Hans-Peter Blossfeld, Hans-Günther Roßbach et al. (Hrsg.): Education as a lifelong process ISBN 978-3-531-17785-4

Hans-Peter Blossfeld, Hans-Günther Roßbach, Jutta von Maurice (Hrsg.): Education as a lifelong process. The German National Educational Panel Study (NEPS). VS Verlag für Sozialwissenschaften (Wiesbaden) 2011. 330 Seiten. ISBN 978-3-531-17785-4. 39,95 EUR.
Reihe: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, Sonderheft - 14.

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Thema

Das Nationale Bildungspanel (National Educational Panel Study, NEPS) ist eine breit angelegte und ehrgeizige Forschungsarbeit der empirischen Bildungsforschung, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird.
Mit ihm sollen Längsschnittdaten in formalen, nicht-formalen und informellen Kontexten über die Lebensspanne erhoben werden. Auf diese Weise verspricht man sich Wissen über Bildungskarrieren zu gewinnen. Dieses Buch gibt in 20 Kapiteln einen Überblick über das NEPS. Bei dem vorliegenden Buch handelt es sich um ein Sonderheft der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft (14.Jg., Sonderheft 14).

Herausgeber und Herausgeberin

Hans-Peter Blossfeld ist seit August 2008 Geschäftsführender Direktor des Instituts für bildungswissenschaftliche Längsschnittforschung (INBIL) in der Universität Bamberg und Leiter des Nationalen Bildungspanels (NEPS).

Hans-Günther Roßbach ist Inhaber des Lehrstuhls für Elementar- und Familienpädagogik an der Otto-Friedrich Universität Bamberg. Im Nationalen Bildungspanel leitet er die Säule 2 – Lernumwelten sowie die Etappe 1 - Geburtskohorte und Etappe 2 – Kindergarten.

Jutta von Maurice ist seit 2008 Mitglied in der zentralen Koordinationsabteilung des Nationalen Bildungspanels. Als wissenschaftlich-administrative Geschäftsführerin des NEPS koordiniert sie seit Januar 2009 die Arbeiten der Nationalen Bildungspanelstudie.

Aufbau und Inhalt

Die zwanzig Einzelbeiträge geben einen Überblick über das Gesamtprojekt, die ersten vier Beiträge behandeln grundsätzliche Themen:

  1. eine Beschreibung des Projektsaufbaus und -designs (H.-P. Blossfeld et.al.: The National Educational Panel Study): Forschungsperspektive und -ziele, Methoden, Forschungsdesign, Projektbeteiligte, Förderung, sowie des theoretischen Rahmens von fünf Säulen und acht Etappen im Lebenslauf (siehe Grafik Nationales Bildungspanel – Kurzportrait - www.uni-bamberg.de/fileadmin/inbil/Abbildungen/, 30.10.11, im Buch in der englischen Version: S.12)
  2. seine theoretischen Grundannahmen (H.-P. Blossfeld, J.von Maurice: Education as a lifelong process): Fokussierung auf langfristige Bildungsprozesse über die individuelle Lebensspanne, die Betrachtung dieser Prozesse in ihrer institutionellen und sozialen Einbettung, das Konstrukt des aktiv handelnden und selbstbestimmten Akteurs mit seinen bildungsrelevanten Entscheidungen, die Analyse von Übergängen in ihren Konsequenzen für spätere Bildungsverläufe und -chancen, die Unterscheidung von Alters-, Kohorten- und Periodeneffekten;
  3. das Erhebungsdesign der Studie (H.-P. Blossfeld, T. Schneider: Data on educational processes: national and international comparisons): das Multi-Kohorten-Sequenzdesign, das aus Effizienzgründen bevorzugt werde;
  4. eine Beschreibung der sechs Hauptstichproben (C. Aßmann et. al.: Sampling designs of The National Educational Panel Study): Zufallsstichproben aus den Kohorten der Neugeborenen, der Kindergartenkinder, der Sekundarstufenschüler an allgemeinbildenden Schulen, der Erstsemesterstudierenden und der Erwachsenen;

Die folgenden Beiträge befassen sich mit den „fünf Säulen“ des Projekts:

  1. die Konzeptualisierung der Kompetenzmessung (S. Weinert et. al.: Development of competencies across the life span): die Rekonstruktion domänenspezifischer Kompetenzentwicklungen sowie eine Analyse der Voraussetzungen, Bedingungen und Verläufe ihres Erwerbs (Säule 1 des Projekts);
  2. die Konzeptualisierung und Operationalisierung von Lerngelegenheiten (T. Bäumer et. al.: Education processes in life-course-specific learning environments): hier wird mit einem Angebot-Nutzen-Modell gearbeitet (Säule 2);
  3. die Erfassung der relevanten Faktoren zur Erklärung von Bildungsentscheidungen und Ungleichheit von Bildungschancen (V. Stocke et. al.: Social inequality and educational decisions in the life course): durch die Analyse längsschnittlicher Daten sollen Erklärungen für Bildungsentscheidungen und die Ungleichheit von Bildungschancen gefunden werden (Säule 3);
  4. die Untersuchung von Prozessen des Bildungserwerbs von Migranten und ihren Nachkommen (C. Kristen et. al.: The education of migrants and their children across the life course): Mit Hilfe des Ressourcenansatzes soll untersucht werden, ob die in der jeweiligen Herkunftsgruppe vorhandenen Ressourcen zum Bildungserfolg beitragen (Säule 4);
  5. die zentralen theoretischen Konstrukte zur Analyse von Bildungsrenditen (C. Gross et. al.: Educational returns over the life course): es geht sowohl um ökonomische wie nicht-ökonomische Bildungsrenditen (wie Gesundheit, subjektives Wohlbefinden u.a.)(Säule 5);

die nächsten beiden Beiträge beschäftigen sich mit für das Vorgehen grundlegenden Konstrukten:

  • die verwendeten motivations- und persönlichkeitstheoretischen Konstrukte (F. Wohlkinger et. al.: Motivational concepts and personality aspects across the life course): bei der Auswahl habe die Anwendbarkeit über die gesamte Lebensspanne im Vordergrund gestanden, gemessen werde in den Dimensionen: Leistungsmotivation, Selbstregulation, Persönlichkeitsaspekte und Aspekte des Sozialverhaltens;
  • die Beschreibung der in der Studie verwendeten Kompetenzdiagnostik mit computerisierten Kompetenztests (U. Kröhne and T. Martens: Computer-based competence tests in the national educational panel study), diese versprächen u.a. eine erhöhte Testsicherheit, unmittelbares Feedback, eine erhöhte Standardisierung;

die folgenden Beiträge beschreiben die Ansätze zur Untersuchung der „acht Etappen“:

  • die Erhebung bildungsrelevanter Daten von Geburt an (C: Schlesiger et. al.: From birth to early child care) (Etappe 1)
  • die Kompetenzerfassung im Kindergarten und im Übergang in die Grundschule sowie in der Grundschule und im Übergang zur Sekundarstufe (K. Berendes et. al.: Kindergarten and elementary school) (Etappe 2)
  • die Kompetenzerfassung in der Sekundarstufe I bis zu den Übergängen in den allgemeinbildenden und beruflichen Sekundarschulbereich II bzw. in den Arbeitsmarkt (S. Frahm et. al.: Transition and developmant from lower secondary to upper secondary school)( Etappe 4)
  • die Kompetenzerfassung in der gymnasialen Oberstufe und in den darauf folgenden Übergängen (W. Wagner et. al.: Upper secondary education in academic school tracks and the transition from school to postsecondary education and the job market)( Etappe 5)
  • die Untersuchung der beruflichen Bildung und der Übergänge in den Arbeitsmarkt (W. Ludwig-Mayerhofer et. al.: Vocational education and training and transitions into the labor market)(Etappe 5)
  • die Kompetenzmessung und Lernumwelterfassung von Studierenden von der Einschreibung bis in den Arbeitsmarkt (F. Aschinger et. al.: Higher education and the transition to work)( Etappe 6 und 7)
  • die Untersuchung der Kompetenzentwicklung und Weiterbildung von Erwachsenen (J. Allmendinger et. al.: Adult education and lifelong learning)( Etappe 8)

Die beiden letzten Beiträge behandeln wiederum grundsätzliche Fragen:

  1. zum Datenschutz im nationalen Bildungspanel (S. Meixner et. al.: Data protection issues in the National Educational Panel Study)
  2. zur Forschungsdateninfrastruktur der Studie (I. Barkow et. al.: 20 RemoteNEPS: data dissemination in an collaborative workspace)

Zielgruppen

Das Buch gibt einen Überblick über das Gesamtprojekt und einzelne Teilprojekte und ist vor allem von Interesse für Fachkolleginnen, auch die, die selbst nicht in die empirische Bildungsforschung involviert oder an ihr interessiert sind. Es ist aber auch lesenswert für alle diejenigen, die sich für diese spezifische Konzeptualisierung des Konstrukts ‚lebenslanges Lernen‘ interessieren.

Diskussion

Die Darstellung eines so ambitionierten Projekts der empirischen Bildungsforschung liest sich insofern spannend, als man die Ansprüche und Zielvorstellungen dieses Forschungsansatzes exemplarisch nachvollziehen kann. Man darf gespannt sein auf die Ergebnisse des Projekts. Allerdings kann man sich auch darüber verwundern, wie unkritisch das von der Politik lancierte Konzept des lebenslangen Lernens in diesem Projekt in Forschung übersetzt wird – als hätte es die Diskussionen der 70er Jahre und etwa die Kritik der Frankfurter Schule an einer unkritisch deskriptiven Wissenschaft nicht gegeben. Überdies sind Zweifel angebracht, ob die anspruchsvollen Ziele des Projekts: Bildungsprozesse und Kompetenzentwicklung von früher Kindheit an bis ins hohe Erwachsenenalter im Längsschnittzu untersuchen-erreicht werden können, jedenfalls sofern man aussagekräftige Ergebnisse erwartet. Die wären wohl nötig, wenn – wie intendiert – eine evidenzbasierte Politikberatung durch die Projektergebnisse möglich werden soll.

Fazit

Ein lesenswertes Buch, auch wenn eine kritische Haltung dazu nötig ist. Man erfährt einiges über den derzeitigen Mainstream der Bildungsforschung und leider wenig über die politischen und ökonomischen Interessen, denen er seine Förderung verdankt.

Rezension von
Prof. Dr. Jochen Schmerfeld
Professor für Pädagogik an der Katholischen Hochschule Freiburg

Es gibt 21 Rezensionen von Jochen Schmerfeld.

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ISSN 2190-9245