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Thomas Olk, Birger Hartnuß (Hrsg.): Handbuch bürgerschaftliches Engagement

Rezensiert von Dr. phil. Hubert Kolling, 04.11.2011

Cover Thomas Olk, Birger  Hartnuß (Hrsg.): Handbuch bürgerschaftliches Engagement ISBN 978-3-7799-0795-4

Thomas Olk, Birger Hartnuß (Hrsg.): Handbuch bürgerschaftliches Engagement. Juventa Verlag (Weinheim ) 2011. 843 Seiten. ISBN 978-3-7799-0795-4. 78,00 EUR.

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Thema

Bürgerschaftliches Engagement hat in den letzten Jahren in Öffentlichkeit, Politik und Wissenschaft eine wachsende Aufmerksamkeit erfahren. Trotz bestehender Kontroversen und Widersprüchlichkeiten kann dabei nicht geleugnet werden, dass dem bürgerschaftlichen Engagement in unserer Gesellschaft ein zentraler Stellenwert zukommt. Während es eine kaum noch überschaubare Menge von Veröffentlichungen zu einzelnen Aspekten des Themas gibt, mangelte es bislang an einer Systematisierung dessen, was in Deutschland unter bürgerschaftlichem Engagement verstanden wird, welche Bereiche und Akteure betroffen sind und wie das freiwillige Engagement der BürgerInnen wirksam gefördert werden kann. Das vorliegende „Handbuch Bürgerschaftliches Engagement“ möchte diese Lücke schließen.

Herausgeber und AutorInnen

Das „Handbuch Bürgerschaftliches Engagement“, an dem 67 namhafte AutorInnen aus Praxis, Wissenschaft und Politik mitgewirkt haben, die die Entwicklungen im Feld des bürgerschaftlichen Engagements, der Engagementförderung und Engagementpolitik der vergangenen Jahre entscheidend mitgeprägt haben, wird von Prof. Dr. Thomas Olk und Birger Hartnuß herausgegeben.

Thomas Olk (Jg 1951) ist seit April 1993 Inhaber des Lehrstuhls für Sozialpädagogik und Sozialpolitik am Fachbereich Erziehungswissenschaften der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte umfassen die Professionalisierung helfender Berufe, Dritte-Sektor- und Wohlfahrtsverbändeforschung, Kindheits- und Jugendforschung, Armutsforschung, Jugendhilfeforschung, Sozialpolitikforschung und Engagementforschung. Neben Autor einer Vielzahl von Publikationen ist er Herausgeber der Buchreihen „Soziologie und Sozialpolitik“ und „Grundlagen der Sozialen Arbeit“ sowie Mitglied im Beirat verschiedener Fachzeitschriften.

Birger Hartnuß (Jg. 1968) arbeitete mehrere Jahre in Forschungsprojekten zur Kooperation von Jugendhilfe und Schule an den Universitäten Halle (Saale) und Greifswald. Er war Referent im Sekretariat der Enquête-Kommission »Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements« des 14. Deutschen Bundestages und von 2002 bis 2007 wissenschaftlicher Referent und stellvertretender Geschäftsführer des Bundesnetzwerkes Bürgerschaftliches Engagement (BBE). Seit 2007 leitet Birger Hartnuß das Referat Bürger-Gesellschaft und Ehrenamt in der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören dabei vor allem der Ausbau von Engagementförderung und Bürgerbeteiligung in Rheinland-Pfalz. Unter seinen Veröffentlichungen kommt dem gemeinsam mit Prof. Dr. Stephan Maykus herausgegebene „Handbuch Kooperation von Jugendhilfe und Schule“ (Gelsenkirchen 2004) besondere Bedeutung zu.

Entstehungshintergrund

Die Herausgeber des Handbuchs haben in verschiedenen Rollen – unter anderem in der Enquête-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ des Deutschen Bundestages sowie im Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement – eng kooperiert und konnten ihre langjährige wissenschaftliche und engagementpolitische Expertise in die Entwicklung ihres Handbuches einbringen. Im Rahmen der Systematik des Bandes gaben sie den AutorInnen, wie es im Vorwort heißt, „ein klar umrissenes Thema“ vor, das diese „auf der Basis ihrer eigenen Expertise und persönlichen Erfahrungen, getragen von jeweils eigenen Positionierungen erschließen sollten, ohne dabei ein starres und vereinheitlichendes Schema vorzugeben“.

Aufbau

In sieben Haupt- und einige Nebenkapitel untergliedert enthält das „Handbuch Bürgerschaftliches Engagement“ die folgenden 61 Beiträge:

1. Historische Zugänge und zentrale Begriffe

  • Christoph Sachße: Traditionslinien bürgerschaftlichen Engagements in Deutschland (S. 17-27)
  • Ansgar Klein: Zivilgesellschaft / Bürgergesellschaft (S. 29-40)
  • Jörg Bogumil und Lars Holtkamp: Bürgerkommune (S. 41-51)
  • Sebastian Braun: Sozialkapital (S. 53-64)
  • Gertrud M. Backes: Geschlechterdifferenz im Engagement (S. 65-75)
  • Roland Roth: Partizipation (S. 77-88)

2. Rechtliche Rahmenbedingungen

  • Karin Stiehr: Versicherungsschutz (S. 91-102)
  • Monika Jachmann: Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht (S. 103-115)
  • Wolfgang Waldner: Vereinsrecht (S. 117-128)
  • Ulrich Brömmling: Stiftungsrecht (S. 129-142)

3. Formen und Felder bürgerschaftlichen Engagements

3.1 Formen bürgerschaftlichen Engagements

  • Thomas Olk und Birger Hartnuß: Bürgerschaftliches Engagement (S. 145-161)
  • Michael Stricker: Ehrenamt (S. 163-171)
  • Dieter Grunow: Selbsthilfe (S. 173-183)
  • Gisela Jakob: Freiwilligendienste (S. 185-201)
  • Hans-Liudger Dienel: Bürgerbeteiligung (S. 203-214)
  • Holger Backhaus-Maul und Peter Friedrich: Gesellschaftliches Engagement von Unternehmen (S. 215-229)

3.2 Felder und Bereiche bürgerschaftlichen Engagements

  • Volker Rittner: Sport (S. 233-243)
  • Bernd Wagner: Kunst und Kultur (S. 245-256)
  • Cornelia Coenen-Marx: Kirche (S. 257-265)
  • Martina Löw: Natur- und Umweltschutz (S. 267-276)
  • Wolf R. Dombrowsky: Hilfs- und Rettungsdienste (S. 277-290)
  • Marion Reiser: Kommunalpolitisches Ehrenamt (S. 291-303)
  • Josef Schmid und Daniel Buhr: Politik und Interessenvertretung (S. 305-315)
  • Franz Hamburger: Soziale Arbeit (S. 317-328)
  • Wiebken Düx, Thomas Rauschenbach und Ivo Züchner: Jugendarbeit (S. 329-341)
  • Georg Theunissen: Arbeit mit behinderten Menschen (S. 343-352)
  • Birger Hartnuß und Thomas Olk: Schule (S. 353-364)
  • Karin Jurczyk: Familie (S. 365-375)
  • Jürgen Matzat: Gesundheitswesen (S.377-389)
  • Thomas Klie: Altenhilfe und Altenpflege (S. 391-406)
  • Hasso Lieber: Justiz (S. 407-426)
  • Hartmut Häussermann: Stadt- und Dorfentwicklung (S. 427-437)
  • Susanne Huth: Migration und Integration (S. 439-449)

4. Organisationen und Strukturen des bürgerschaftlichen Engagements

4.1. Organisatorische Rahmungen des bürgerschaftlichen Engagements

  • Annette Zimmer: Vereine (S. 453-463)
  • Rolf G. Heinze: Verbände (S. 465-473)
  • Rupert Graf Strachwitz: Stiftungswesen (S. 475-485)
  • Karl-Werner Brand: Soziale Bewegungen (S. 487-497)
  • Burghard Flieger: Genossenschaften (S. 499-512)
  • Martin Rüttgers: Netzwerke (S. 513-524)

4.2. Infrastruktureinrichtungen der Engagementförderung

  • Wolfgang Thiel: Selbsthilfe und Selbsthilfekontaktstellen (S. 527-540)
  • Gabriella Hinn: Seniorenbüros (S. 541-551)
  • Olaf Ebert und Karsten Speck: Freiwilligenagenturen (S. 553-566)
  • Annemarie Gerzer-Sass: Mehrgenerationenhäuser (S. 567-575)
  • Irmgard Teske: Formen lokaler Infrastruktureinrichtungen. Nachbarschaftshäuser, Mütterzentren / Familientreffs, Bürgerbüros, lokale Anlaufstellen für Bürgerengagement (S. 577-591)

5. Methoden und Strategien der Engagementförderung

  • Thomas Kegel: Freiwilligenmanagement (S. 595-609)
  • Thomas Röbke: Netzwerkmanagement (S. 611-622)
  • Birger Hartnuß und Thomas Kegel: Qualifizierung (S. 623-633)
  • Hannes Wezel: Anerkennungskultur (S. 635-645)
  • Rainer Sprengel: Organisationsentwicklung (S. 647-659)
  • Jörg Deppe: Internet (661-672)
  • Carola Schaaf-Derichs: Öffentlichkeitsarbeit (S. 673-687)

6. Forschung zum bürgerschaftlichen Engagement

  • Thomas Gensicke: Freiwilligensurvey (S. 691-704)
  • Thomas Olk: Qualitative Forschung (S. 705-718)
  • Mareike Alscher und Eckhard Priller: Organisationsbezogene Daten (S. 719-731)
  • Marcel Erlinghagen und Karsten Hank: Engagement im internationalen Vergleich (S. 733-745)
  • Chantal Munsch: Engagement und soziale Ungleichheit (S. 747-757)

7. Engagementpolitik

  • Birger Hartnuß, Thomas Olk und Ansgar Klein: Engagementpolitik (S. 761-776)
  • Konrad Hummmel: Kommune (S. 777-795)
  • Frank W. Heuberger: Bundesländer (S. 797-810)
  • Susanne Lang und Serge Embacher: Bundespolitik (S. 811-821)
  • Markus Held: Engagementpolitik in Europa (S. 823-835).

Erschlossen wird der Band durch ein ausführliches „Sachregister“ (S. 837-840).

Inhalt

Das Handbuch bietet zunächst eine Klärung zentraler historischer und begrifflicher Grundlagen (1. Kapitel). Beschrieben werden sodann die rechtlichen Rahmenbedingungen (2. Kapitel), Formen und Felder (3. Kapitel) sowie Organisationen und Strukturen (4. Kapitel) des bürgerschaftlichen Engagements. Nach einem Überblick über Methoden und Strategien der Engagementförderung (5. Kapitel) werden Forschungsansätze und empirische Daten zum freiwilligen Engagement (Kapitel 6) präsentiert. Die Analyse von Erfahrungen und Anforderungen der Förderung bürgerschaftlichen Engagements durch Politik und öffentliche Verwaltung bietet schließlich die Grundlage für die Beschreibung eines sich derzeit konstituierenden Politikfeldes „Engagementpolitik“ (Kapitel 7).

Die einzelnen Kapitel enthalten jeweils mehrere Einzelbeiträge, an deren Ende es jeweils – für ein vertiefende Auseinandersetzung mit dem Thema – Hinweise auf weiterführende Literatur gibt. Anders als in einem Wörterbuch sind diese nach verschiedenen Themenkomplexen geordnet, was den raschen Zugriff auf jeweils interessierende Fragestellungen erlaubt. Die Gliederung des Handbuchs selbst bietet eine Systematisierung des Themenfeldes, die für die Auseinandersetzung mit Fragen der Praxis sowie der Engagementforschung, -förderung und -politik sehr hilfreich ist.

Diskussion

Die Zahl der Publikationen und wissenschaftlichen Studien zum Thema Bürgerschaftliches Engagement hat in den letzten Jahren ständig zugenommen, so dass es immer schwieriger wurde, sich einen Überblick zu verschaffen. Hierzu halten die Herausgeber in ihrem Vorwort treffend fest: „Die Zugänge zum Thema sind unterschiedlich, die Begrifflichkeiten und theoretischen Rahmenkonzepte sind vielfältig und trotz der quantitativen Zunahme von Beiträgen ist ein kumulativer Erkenntnisfortschritt angesichts des fehlenden Konsenses über Terminologien, theoretische Grundlagen und empirische Vorgehensweisen allenfalls in ersten Ansätzen zu erkennen. Bislang mangelt es an einer Systematisierung der unübersichtlichen Debatte und des kaum mehr überschaubaren Erkenntnisstandes“ (S. 6).

Mit dem „Handbuch Bürgerschaftliches Engagement“ wurde diese Lücke nun auf hervorragende Art geschlossen. Dabei handelt es sich zugleich um die erste Veröffentlichung dieser Art im deutschsprachigen Raum, die das Spektrum bürgerschaftlichen Engagements in einer systematischen Analyse aufbereitet. So erlaubt das übersichtlich gegliederte Handbuch seiner Leserschaft rasch einen Überblick über die politische und wissenschaftliche Debatte zum bürgerschaftlichen Engagement, ebenso wie Einblicke in einzelne Felder, ihre Grundlagen und Rahmenbedingungen, in Strukturen und Methoden der Engagementförderung. Ein solches Nachschlagewerk hat man bislang vergeblich gesucht. Ein Kompliment verdienen die Herausgeber allein schon dafür, dass es ihnen gelungen ist, eine so große Zahl von AutorInnen für ihr Projekt zu gewinnen.

Als umfassendes Kompendium richtet sich das Handbuch an ein breites Spektrum von LeserInnen. Zu denken ist hierbei zunächst einmal an die unmittelbar engagierten BürgerInnen, an die für dieses Thema Verantwortlichen in Politik, öffentlicher Verwaltung, Initiativen, Vereinen, Verbänden, Netzwerken und Wirtschaftsunternehmen sowie an einschlägig arbeitende WissenschaftlerInnen. Zugleich hat der umfangreiche Band auch für die Lehrenden und Studierenden unterschiedlicher Disziplinen, insbesondere Politikwissenschaften, Volkswirtschaftslehre, Soziologie, Erziehungswissenschaften und Soziale Arbeit, eine große praktische Bedeutung.

Insgesamt betrachtet bietet das Handbuch eine schnelle Orientierungsmöglichkeit in einem unübersichtlichen Feld, Strukturierungsvorschläge für sich überschneidende und kontroverse Diskurse sowie eine Vielzahl praktischer Informationen und Anregungen.

Fazit

Bei dem „Handbuch Bürgerschaftliches Engagement“ handelt es sich um ein umfassendes Nachschlagewerk, dessen Beiträge das weite Feld des Bürgerschaftlichen Engagements aus unterschiedlichen Perspektiven und wissenschaftlichen Disziplinen heraus erschließt und sehr übersichtlich darstellt.

Rezension von
Dr. phil. Hubert Kolling
Krankenpfleger, Diplom-Pädagoge und Diplom-Politologe
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Zitiervorschlag
Hubert Kolling. Rezension vom 04.11.2011 zu: Thomas Olk, Birger Hartnuß (Hrsg.): Handbuch bürgerschaftliches Engagement. Juventa Verlag (Weinheim ) 2011. ISBN 978-3-7799-0795-4. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/12440.php, Datum des Zugriffs 29.03.2023.


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