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Klaus Fröhlich-Gildhoff, Simone Beuter et al. (Hrsg.): Förderung der seelischen Gesundheit

Rezensiert von Krystyna Reiter, 04.01.2012

Cover Klaus Fröhlich-Gildhoff, Simone Beuter et al. (Hrsg.): Förderung der seelischen Gesundheit ISBN 978-3-932650-42-0

Klaus Fröhlich-Gildhoff, Simone Beuter, Sibylle Fischer, Julia Lindenberg, Maike Rönnau-Böse (Hrsg.): Förderung der seelischen Gesundheit in Kitas für Kinder und Familien mit sozialen Benachteiligungen. FEL Verlag Forschung Entwicklung Lehre (Freiburg) 2011. 216 Seiten. ISBN 978-3-932650-42-0.

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Thema

Die Publikation präsentiert ein multidimensionales Praxisforschungsprojekt zur quartierorientierten Förderung der seelischen Gesundheit von Kindern in besonderen Lebenslagen. Primär konzentriert sie sich jedoch auf die Förderung der Resilienz in Kindertageseinrichtungen und bietet ebenfalls diverse sowie erprobte Umsetzungsbeispiele für eine diesbezügliche sozial(raum)pädagogische Praxis.

Herausgeber

Das interdisziplinäre Herausgeberteam um Klaus Fröhlich-Gildhoff, Professor für Klinische Psychologie und Entwicklungspsychologie, lehrt an der Evangelischen Fachhochschule Freiburg im Breisgau und forscht unter seiner Leitung im Zentrum für Kinder- und Jugendforschung (ZfKJ).

Entstehungshintergrund und Zielsetzung

Die Reihe „Materialien zur Frühpädagogik“ reagiert auf das Fehlen einer einschlägigen wissenschaftlichen Fachzeitschrift für den Bereich der frühkindlichen Bildung, Erziehung und Betreuung. Das vorliegende Buch kann, darin verankert, als der sechste Sammelband dieser Reihe verstanden werden. Sein Inhalt bezieht sich auf ein seitens des Herausgeberteams realisierte, gemeinsam mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) geplante und letztlich durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Präventionsprojekt zum Zwecke der Verhinderung von Exklusion. Ein erfolgreiches Vorläuferprojekt des ZfKJ mit dem Titel „Kinder stärken!“ stellt seinen Hauptbestandteil dar. Eine tragende Säule für dieses Projekt offerieren die primärpräventive Forschungsergebnisse „zur besonderen Wirksamkeit von Maßnahmen im Setting-Ansatz“ (S. 9), die beispielsweise die Kitas als niedrigschwellige, sozialraumvernetzte sowie die gesellschaftliche Teilhabe steigernde Sozialisationseinstanzen deklarieren. Erklärtes Ziel des Bandes ist es, ein auf Nachhaltigkeit und multiple Zielgruppenorientierung ausgerichtetes Konzept zur Verbesserung gleicher Gesundheits- und Bildungschancen der Kinder zu erproben. Der ressourcenstärkende Zugriff auf die Kinder erfolgt direkt sowie indirekt, d.h. über kindliche Alltagspartner wie Eltern, Erzieher und nota bene durch die frühkindlichen Bildungseinrichtungen.

Aufbau und Inhalt

Grob strukturiert werden zunächst die theoretischen Grundlagen des Projekts dargelegt, aus welchen sich seine faktische Konzeption ergibt. Als Bezugspunkte dienen hier die Erkenntnisse aus dem Bereich der Wirkungsforschung hinsichtlich sozialer Benachteiligung von Kindern sowie aus der Präventions- und Resilienzforschung. Diese werden passagenweise durch die Resultate des hauseigenen Vorläuferprojekts aus dem Jahre 2008 ergänzt. Darauf folgen die methodischen Darlegungen, wie z. B. die Informationen zu eingesetzten Evaluationsinstrumente, und anschließend, etwas detaillierter, die Ergebnisdarstellungen im Kontext des diesem Projekt zugrunde liegenden Mehr-Ebenen-Ansatzes. Die zusammenfassende Diskussion und einzelne perspektivische Folgerungen schließen den Sammelband.

Demgemäß eingerahmt durch die einführende Einleitung, die zusammenfassende Diskussion samt Endperspektiven und mehrere systematische Verzeichnisse entfaltet sich in seiner feinen Struktur der eigentliche Kern der Publikation. Im Kapitel zwei (S. 13-30) werden grundlegende Themenbereiche des anvisierten Förderprojektes theoretisch eingebettet, indem vorrangig die heutige Kita als zentrale Sozialisationsstelle sowie als bedeutender Lern- und Lebensort für Kinder und deren Eltern hervorgehoben wird. Des Weiteren stehen hier im Fokus die negativen Auswirkungen von multiplen Benachteiligungen auf Kinder und ihnen genüber die ermunternden Ergebnisse salutogenetischer Forschungsrichtungen, die belegen, dass mit frühzeitiger, kontinuierlicher, kultursensibler und wissenschaftlich evaluierter ’Stärkungsprogrammatik’ (hier: Durchführung von gezielten, präventiven Förderungsprogrammen für Kinder und ihr Umfeld) die nachhaltigsten resilienzorientierten Resultate zu erwarten seien. Das paradigmatisch geleitete Konzept der Resilienz wird anschließend in Theorie und Praxis präzisiert, mit Förderbeispielen veranschaulicht und diskutiert.

Das dritte Kapitel (S. 31-43) stellt ausführlich die Konzeption und Abfolge des Projektes vor. An der Stelle erfolgt die Darlegung der Projektdimensionen, -teilnehmer und -durchführung. Vor dem Hintergrund des heutigen ambivalenten Aufwachsens wird es, identisch mit dem Vorgänger-Projekt, per Setting-Ansatz mehrdimensional agiert, indem Kinder, Eltern, Fachkräfte und Netzwerke (S. 32) in die Förderungsprozesse einbezogen werden. Der Zugang erfolgt, so die Projektbeschreibung, über mehrere frühkindliche Einrichtungen, während sich die projektbezogene Förderungsarbeit in drei Phasen gliedert und za. zwei Jahre beansprucht.

Im Kapitel vier (S. 45-80) wird erörtert, wie die wissenschaftlichen Erkenntnisse in ein Praxisprojekt transferiert werden. Als Eckpfeiler dieser aufwändigen Vorgehensweise werden die Qualifizierung pädagogischer Fachkräfte (z. B. qua professionalisierungsbezogene Fortbildungen), die Durchführung der anleitenden und informierenden Elternkurse, die Förderarbeit mit Kindergruppen (z. B. per Spiel und Übung) sowie die Vernetzung der Einrichtung im Sozialraum (z. B. mit Beratungsstellen oder Sozialen Diensten) genannt. Eine weitere hier thematisierte Komponente stellt die Öffentlichkeitsarbeit dar.

Das fünfte Kapitel (S. 81-93) klärt eingehend und tabellarisch-illustrativ das Design und die Realisierung des Evaluationsprojektes.

Im sechsten Kapitel (S. 95-187), das hinsichtlich des Gesamtvolumens des Bandes beinahe exakt die Hälfte ausmacht, werden die Ergebnisse des Projektes abgebildet. Sie finden ihre darstellende Diskussion, vorwiegend mittels mehrerer Interviewauszüge, jeweils auf den Ebenen aller Zielgruppen und sie werden zusätzlich durch die Erträge prozessbegleitender externer Evaluation ergänzt. Das Thema Resilienz gilt dabei fortwährend als eine zentrale pädagogische Orientierung (S. 187).

Diskussion

Das im Buch dargelegte Projekt weist sowohl konzeptionell, als auch methodisch einen ausnehmend reflektierten Charakter auf. Insbesondere durch seinen Mehr-Ebenen-Ansatz, d.h. Zugriff auf die zu stärkenden Kinder über deren Eltern und die von Kindern besuchten Bildungsinstitutionen samt dortigem Fachpersonal, wird die resilienzbezogene Perspektive praktisch und theoretisch angegangen. Es zeigt sich, dass beispielsweise die Förderung der seelischen Gesundheit der Kinder mit gesteigerter Arbeitszufriedenheit der pädagogischen Fachkräfte und nicht zuletzt größerer Austauschbereitschaft der Eltern mit kindlichen Einrichtungen korreliert (S. 187). Diese positiven Wirkungen, gepaart mit institutioneller Verstärkung der sozialräumlichen Vernetzungsstrukturen zum Wohl der Kinder, belegt ebenso die externe Evaluation des Projektes. Das Projekt an sich lässt sich daher vor dem Hintergrund seiner Zielgerichtetheit als gelungen erachten. Desgleichen wurde laut projekteigenen Auswertungen das gesundheitsorientierte Selbstkonzept der Kinder positiviert (S. 190), die elterliche Erziehungskompetenz gesteigert (S. 191), die Haltung des Fachpersonals mit Blick auf ressourcenerschließende Pädagogik gestärkt (ebd.) und last, but not least die Vernetzung der Institutionen miteinander gekräftigt (ebd.). Letztlich wird es deutlich, dass sich durch den Setting- Ansatz die seelische Gesundheit der Kinder fördern lässt.

Offen bleibt jedoch die tatsächliche Nachhaltigkeit solcher Maßnahmen; die jedoch im Vergleich zu isolierten, punktuellen Trainings als eine bessere Alternative gelten dürften. Allerdings plädiert die gegenwärtige Resilienzforschung mehrheitlich für einen strukturell-strategischen Umgang mit Resilienz, der zwar jenseits der gezielten und begrenzten Trainings problematisiert wird, sich dennoch z. B. der (beziehungsbetonenden) institutionellen Potenziale bedienen lassen könnte. Da sich hier keine endgültigen Formeln aufstellen lassen, sei an der Stelle nur vor einem allzu funktional und dichotomisch begriffenen sowie pauschal gelingenden Resilienzkonzept gewarnt. Insgesamt basiert das demonstrierte Projekt auf seinem nahtlos adaptierten, gar eingespeisten, Vorläufer, der allen an der Resilienzpraxis interessierten Lesern aus etlichen früheren Publikationen bekannt sein dürfte, und daher nicht mehr als neu betrachtet werden kann.

Fazit

Die profunde Publikation demonstriert gekonnt ´Resilienz in action´ und bietet auf dem Wege wertvolle Anregung für interessiertes und „praktizierendes Fachpublikum“, vorrangig aus dem Bereich der Kinder- und Familienpädagogik. Sie erweist sich als ein durchaus empfehlenswertes Werk, dessen Lektüre durch viele klärende Einblicke in die Projektpraxis sowie formal-konsequente wie sachliche Stringenz der Darbietung erheblich erleichtert wird. Zu wünschen wäre, dass dieses Werk nicht übersehen bleibt.

Rezension von
Krystyna Reiter
M.A., Wissenschaftliche Angestellte
PH Karlsruhe
Fakultät A/Institut für Schul- und Unterrichtsentwicklung
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Es gibt 8 Rezensionen von Krystyna Reiter.

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ISSN 2190-9245