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Paul Watzlawick (Hrsg.): Man kann nicht nicht kommunizieren

Rezensiert von Dr. rer. soc. Wolfgang Widulle, 12.03.2012

Cover Paul Watzlawick (Hrsg.): Man kann nicht nicht kommunizieren ISBN 978-3-456-85029-0

Paul Watzlawick (Hrsg.): Man kann nicht nicht kommunizieren. Das Lesebuch. Verlag Hans Huber (Bern, Göttingen, Toronto, Seattle) 2011. 374 Seiten. ISBN 978-3-456-85029-0. 19,95 EUR.

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Autor

Paul Watzlawick, geb. 1921 – 2007, Philosoph, Kommunikationsforscher, Philosoph und Psychotherapeut war einer der Pioniere der systemischen Familientherapie und Psychiatrie und ein Vordenker des radikalen Konstruktivismus. Er forschte und lehrte in El Salvador, am Mental Research Institute in Palo Alto und in Stanford.

Herausgeberin

Trude Trunk hat Theaterwissenschaften, Soziologie und neuere deutsche Literaturgeschichte studiert; sie arbeitet als freie Publizistin und Dokumentarfilmerin.

Thema und Entstehungshintergrund

Menschliche Kommunikation steht im Fokus der Auswahl dieses Lesebuchs zu Paul Watzlawicks Werk. Menschliche Kommunikation ist auch der Titel seines wohl bekanntesten Buchs. Watzlawick, der Analytiker der Komplexität, der Paradoxien und Konstruktionen menschlicher Kommunikation und Beziehungen revolutionierte mit seinen Werken unsere Art, über menschliche Kommunikation zu nachzudenken. Mit seinen für das Nichtfachpublikum geschriebenen Büchern („Anleitung zum Unglücklichsein“, „Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“) erreichte er große Bekanntheit auch über ein psychologisches Fachpublikum hinaus. Im Jahr 2011 wäre er 90 Jahre geworden, was den Verlag Hans Huber dazu veranlasste, seiner in einem Buch zu gedenken. Er benutzt dazu die Form des Lesebuchs, das eine Auswahl von Texten Watzlawicks zusammenstellt, ergänzt durch eine kurze Einleitung, ein Interview mit und eine Erinnerung an Paul Watzlawick.

Aufbau und Inhalt

Im Vorwort beschreibt die Herausgeberin die Auswahl der Texte und führt kurz in das Buch ein.

Die Kapitel 2 bis 5 sind dem Buch „Menschliche Kommunikation“ entnommen und geben Watzlawicks Beschreibungen zu den bekannten 5 pragmatischen Axiomen der Kommunikation wieder, weiter zur menschlichen Interaktion als System (erläutert am Theaterstück „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“), schließlich zu Störfällen und Paradoxien der menschlichen Kommunikation. In diesen 120 Seiten des Lesebuchs ist etwa ein Drittel des Originaltitels enthalten.

Kapitel 6 bis 10, weitere 80 Seiten, sind aus dem Buch „Die Möglichkeit des Andersseins“ entnommen. Watzlawick beschäftigt sich hier mit der Sprache und schafft Bezüge zum Wissen aus den frühen Neurowissenschaften, vor allem zur der rechten und linken Hirnhemisphäre und digitalen und analogen Aspekten der Sprache.

Kapitel 11 ist aus „Lösungen“ entnommen, dem zweiten Hauptwerk Watzlawicks. Dieser führt hier das Konzept der Umdeutung („Reframing“) und die Bedeutung der Bezugsebenen für das Verständnis von Kommunikation ein und macht einige Ausführungen zu paradoxen Interventionen.

Kapitel 12 und 13 „Sondervorstellung“ und „Spiel ohne Ende“ beschäftigen sich mit Wirklichkeitskonstruktionen und Selbstreferentialität in der menschlichen Kommunikation; sie stammen aus dem Aufsatzband „Münchhausens Zopf oder Psychotherapie und ‚Wirklichkeit?“ und zeigen Watzlawicks frühen radikalen Konstruktivismus und seine erkenntnistheoretische Position.

In Kapitel 14 erinnert sich Friedemann Schulz von Thun an seine Begegnungen mit Paul Watzlawick. Dieser warnte ihn vor dem, was Schulz von Thun zum Nutzen seiner Leser erfolgreich praktizierte – einen integrativen, personzentrierte, lerntheoretische, psychoanalytische und systemtheoretische Konzepte umgreifenden kommunikationspsychologischen Ansatz, den Watzlawick in seiner systemtheoretischen Radikalität („Macht kein Gulasch“) vermutlich eher nicht goutiert hätte.

Kapitel 15 gibt ein Interview mit Paul Watzlawick durch Bernhard Pörksen, einen Tübinger Kommunikations- und Medienwissenschaftler, wieder.

Diskussion

Das Lesebuch gibt bedeutsame und gleichzeitig sehr umfangreiche Teile des Werks von Paul Watzlawick wieder. Wie jede Auswahl (und das wäre vermutlich auch die Auffassung von Watzlawick) gibt sie den Blick der Beobachterin auf den Beobachteten wieder. In der Auswahl der Texte ist dieser Standpunkt der Herausgeberin als Filmerin und Publizistin (und eben nicht Psychologin oder Psychotherapeutin) deutlich wahrnehmbar. Der Fokus der Auswahl auf Sprache, literarische und künstlerische Aspekte und Textpassagen zur Kommunikation in Literatur und Kultur wird im Buch deutlich. Einige wesentliche Teile des Werks von Watzlawick bleiben so außen vor: Seine Untersuchungen zur Schizophrenie mit Gregory Bateson, zur systemischen Therapie und Familientherapie und zur therapeutischen Kommunikation. Leider bleiben auch einige wichtige und sehr bekannt gewordene Werke unbeleuchtet: Die „Anleitung zum Unglücklichsein“ hat im deutschsprachigen Raum als Buch eine so große Wirkung entfaltet, dass Teile davon eine Aufnahme wert gewesen wären. Auch vermisste der Autor eine ausführlichere Biographie, die Paul Watzlawick mehr als nur in kurzen Stichworten und der Erinnerung von Friedemann Schulz von Thun als Menschen, als Therapeuten und Forscher hätte sichtbar werden lassen. Dies erscheint dem Rezensenten als eine verpasste Chance eines solchen Sammelbandes.

Was der Rezensent weiter vermisste, ist eine kommentierende Einordnung von Watzlawicks Werk und dessen Bedeutung in der Psychologie, der Psychotherapie und den Kommunikationswissenschaften, um weniger vertrauten Lesern eine Verortung seiner bahnbrechenden Arbeiten zu ermöglichen sowie eine komplette Bibliographie von Watzlawicks Arbeiten für interessierte Weiter- und Tiefer-Leser.

Fazit

Das Buch ist keine Lektüre für Neulinge oder Laien – die Texte sind lohnend für alle, die sich mit Watzlawicks wesentlichen Theoremen auf dem Niveau seiner wissenschaftlichen (und nicht seiner populären, für ein breites Publikum erschienenen) Arbeiten auseinandersetzen wollen, die nötigen philosophisch-psychologischen Vorkenntnisse dazu mitbringen, dem hohen Niveau der Ausführungen zu folgen, aber die Originalliteratur nicht komplett erwerben wollen.

Rezension von
Dr. rer. soc. Wolfgang Widulle
Hochschule für Soziale Arbeit FHNW, Olten/Schweiz
Institut Beratung, Coaching und Sozialmanagement
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Es gibt 38 Rezensionen von Wolfgang Widulle.

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Zitiervorschlag
Wolfgang Widulle. Rezension vom 12.03.2012 zu: Paul Watzlawick (Hrsg.): Man kann nicht nicht kommunizieren. Das Lesebuch. Verlag Hans Huber (Bern, Göttingen, Toronto, Seattle) 2011. ISBN 978-3-456-85029-0. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/12449.php, Datum des Zugriffs 03.11.2024.


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