Gitta Jacob, Hannie van Genderen u.a.: Andere Wege gehen
Rezensiert von Pfarrer Michael Lehmann-Pape, 13.03.2012

Gitta Jacob, Hannie van Genderen, Laura Seebauer: Andere Wege gehen. Lebensmuster verstehen und verändern - ein schematherapeutisches Selbsthilfebuch. Beltz Verlag (Weinheim, Basel) 2011. 182 Seiten. ISBN 978-3-621-27820-1. D: 24,95 EUR, A: 25,60 EUR, CH: 35,90 sFr.
Seit Erstellung der Rezension ist eine neuere Auflage mit der ISBN 978-3-621-28415-8 erschienen, auf die sich unsere Bestellmöglichkeiten beziehen.
Thema
Im Rahmen der ausführlichen Darstellung der Schematherapie als Ergänzung und Entwicklung aus der kognitiven Verhaltenstherapie heraus („Schematherapie in der Praxis“, Beltz Verlag) hat Gitte Jacob, hier nun mit anderen Autoren gemeinsam, die vielfachen praktischen Erkenntnisse und theoretischen Grundlagen der Schematherapie der Möglichkeit des Selbstlernens zugeführt.
Autorinnen
Dr. Gitta Jacob, Psychologische Psychotherapeutin und Supervisorin für Verhaltenstherapie und Schematherapie, Klinische Psychologie und Psychotherapie an Universität Freiburg hat ausführlich die Schemtherpaie in Theorie und Praxis vor Kurzem in einem umfassenden Werk dargestellt. Hannie van Genderen ist Psychotherapeutin und Supervisorin, Dipl.-Psych. Laura Seebauer, Psychologische Psychotherapeutin, arbeitet an der Universitätsklinik Freiburg.
Entstehungshintergrund
In Ergänzung zur theoretischen Darstellung des aktuellen Standes der Schematherapie (ebenfalls von Gitte Jacob im Beltz Verlag erschienen), öffnen die Autoren nun ihre grundlegenden Darstellungen hin zu einem „Selbstlern- und Selbsthilfekurs“, mit Hilfe dessen der Leser in die Lage versetzt werden soll, grundlegende Erkenntnisse und Interventionsmöglichkeiten der Schematherapie im Eigenstudium auch konkret praktisch umzusetzen.
Aufbau
Ziel dieses Buches zum eigenen Lernen ist es, sich selbst und seine Gefühle besser zu verstehen. Vor allem da, wo innewohnende Muster der eigenen Persönlichkeit (immer wieder) dem entgegenstehen, was an „eigentlich erreichen will“.
Verständlich und logisch ist es hierzu, die „alten Wege“ der eigenen Person zunächst genau zu verstehen, um dann „andere Wege“ gehen zu können. Auf der Basis des „Schema-Modus“ Ansatzes stellen die Autoren sehr verständlich und für die eigene Reflektion bestens geeignet zunächst die grundlegenden „Modi“ der Persönlichkeit dar (Kindmodi, Dysfunktionale Elternmodi und Bewältigungsmodi), bevor im zweiten Teil des Buches sodann in gelungener Form vorgelegt wird, in welcher Weise und mit welchen Instrumenten die eigene Arbeit aufgenommen werden kann, um eigene, eingefahrene und „störende“ Verhaltens- und Persönlichkeitsmuster zu verändern.
Inhalt
Im konkreten Vorgehen erläutern die Autoren zunächst Möglichkeiten der „Kontaktaufnahme“ mit „alten Mustern“, die durch Verletzungen in der Kindheit, unterdrückter Wut, aber auch solchen Prägungen, die wie durch „innere Stimmen“ beständigen destruktiven Druck innerhalb der Persönlichkeit ausüben und anderen Erscheinungsformen sich bemerkbar machen. Im zweiten Schritt geht es dann um eine möglichst weitreichende „Reduktion“ dieser ursprünglichen Muster und deren Auslöser.
All dies legen die Autoren immer wieder anhand von Fallbeispielen verständlich vor und verweisen ebenso beständig auf die Notwendigkeit von Feed-Backs der Umgebung, um die eigenen hinderlichen Modi konkret einordnen zu können. Klare Hinweise, farblich abgesetzte Fallbeispiele und ebenso farblich abgesetzte Schemata zur Eigenarbeit erleichtern die Orientierung und die Arbeit mit dem Buch ebenso, wie die durchaus verständliche Sprache.
Diskussion
Bei aller Verständlichkeit in der Form bleibt allerdings festzuhalten, dass das Buch durchaus einen hohen Anspruch an sich trägt, sehr kognitiv ausgelegt ist und damit in Teilen eine erhöhte intellektuelle Reflexionsfähigkeit voraussetzt. Dies in Verbindung mit einer generellen Vorsicht gegenüber „Selbstheilungsprogrammen“ führt im Positiven durchaus zu einer gesunden Distanz und hindert zu Recht das Verständnis des Buches als eines „Allheilmittels“ (so auch nicht von den Autoren verstanden oder vorgestellt).
Auch nach der Lektüre bleibt festzuhalten, dass eine professionelle (und gute) Begleitung sicherlich durch das Buch nicht ersetzt werden kann.
Wohl aber erleichtern die Darlegungen eine Einordnung des eigenen Verhaltens, zeigen Möglichkeiten der eigenen Intervention auf und bieten so eine fundierte Grundlage zur Entwicklung hin, „andere“ (und das heißt letztlich auch wirklich die eigenen) Wege gehen zu können, statt immer wieder an alten, inneren Mustern und beständig sich wiederholenden, destruktiven Verhaltensweisen darin zu scheitern.
Fazit
Verständlich, hoch aktuell und Schritt für Schritt eine Reflexion der eigenen Person anleitend bietet das Buch durchaus sachlich, nüchtern und kognitiv eine ganze Reihen von Impulsen für die eigene Reflexion und eigene, erste Maßnahmen für den „eigenen Weg“ in Bearbeitung alt eingefahrener Muster (Modi) der eigenen Persönlichkeit. Ebenso versäumen es die Autoren nicht, „funktionale Modi“ eindeutig und verständlich zu beschreiben. Dennoch ersetzt das Buch eine professionelle Begleitung nicht. Als „Begleit-Lektüre“ zu einer Therapie oder Beratung, wie es auch die Autoren durchaus explizit anregen, ist das Buch jedoch uneingeschränkt empfehlen ebenso wie für eine erste Arbeit an sich selbst.
Rezension von
Pfarrer Michael Lehmann-Pape
Es gibt 23 Rezensionen von Michael Lehmann-Pape.
Zitiervorschlag
Michael Lehmann-Pape. Rezension vom 13.03.2012 zu:
Gitta Jacob, Hannie van Genderen, Laura Seebauer: Andere Wege gehen. Lebensmuster verstehen und verändern - ein schematherapeutisches Selbsthilfebuch. Beltz Verlag
(Weinheim, Basel) 2011.
ISBN 978-3-621-27820-1.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/12632.php, Datum des Zugriffs 24.03.2023.
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