Wolfgang Beudels, Ralf Haderlein et al. (Hrsg.): Handbuch Beobachtungsverfahren in Kindertageseinrichtungen
Rezensiert von Dr. Dipl.-Psych. Lothar Unzner, 20.04.2012

Wolfgang Beudels, Ralf Haderlein, Sylvia Herzog (Hrsg.): Handbuch Beobachtungsverfahren in Kindertageseinrichtungen. Verlag modernes lernen Borgmann GmbH & Co. KG. (Dortmund) 2012. 176 Seiten. ISBN 978-3-938187-62-3. 19,95 EUR. CH: 32,30 sFr.
Herausgeber
Alle drei Herausgeber sind an der Fachhochschule Koblenz tätig. Prof. Dr. Wolfgang Beudels leitet den Studiengang „Pädagogik der frühen Kindheit“; Sylvia Herzog, B.A., Dipl. Sozialpädagogin, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in diesem Studiengang; Prof Dr. Ralf Haderlein leitet den Studiengang „Bildungs- und Sozialmanagement mit Schwerpunkt frühe Kindheit“.
Die einzelnen Verfahren werden meist von erfahrenen pädagogischen Fachkräften vorgestellt, die zum Zeitpunkt der Entstehung des Buches einen der obigen beiden Studiengänge besuchten.
Thema
Die systematische und regelmäßige Beobachtung der Kinder in den Tagesstätten stellt ein Qualitätsmerkmal der Einrichtung dar und wird als zentrale Aufgabe der Fachkräfte gesehen. Beobachten und Dokumentieren ist Arbeit mit und für die Kinder.
Es stellt sich die Frage, welche Beobachtungs- und Dokumentationsverfahren angeboten werden, wie sie zu beurteilen sind und wie sie sich in die Praxis einbetten lassen.
Aufbau und Inhalt
Das Buch hat zwei Teile, einen theoretisch orientierten Teil und einen Praxisteil.
Im ersten Teil werden die Grundlagen von Beobachtung und Dokumentation herausgearbeitet. So werden u.a. die Formen der Beobachtung, Beobachtungsfehler sowie Organisation und Formen der Dokumentation, aber auch ethische und rechtliche Aspekte besprochen. Anschließend werden die Umsetzung und die Implementierung im Alltag der Kindertagesstätte, dessen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen dargestellt.
Im zweiten Teil werden ausgewählte Beobachtungsverfahren vorgestellt:
- 13 Verfahren mit den Schwerpunkten Entwicklung und Bildung allgemein,
- 6 Verfahren mit den Schwerpunkten Sprache und Literacy,
- 3 Verfahren mit den Schwerpunkten Motorik und Wahrnehmung,
- 1 Verfahren mit den Schwerpunkten Sozial-emotionale Entwicklung und Engagiertheit.
Jeweils in einem Kasten sind Hinweise zu Zielgruppe/Altersbereich und Dauer/Setting angegeben. Die weitere Darstellung umfasst die Punkte Grundlagen, Fallbeispiel und kritische Stellungnahme. Das Fallbeispiel wird von den Autorinnen unterschiedlich genutzt, meistens ist es zwar ein konkretes Kind, mit dem das Verfahren erläutert wird, manchmal sind die Aussagen auch allgemeiner (allgemeine Hinweise oder Durchführungsmerkmale) gehalten.
Die Seiten sind aufgelockert durch viele Bilder von Kindern, die zeigen was sie können und wie gerne sie dies tun. Ein einfühlsames, kritisches Nachwort regt nochmal zum Nachdenken an.
Diskussion
Die Einführung in die Beobachtungsmethoden ist leicht verständlich geschrieben, aber fundiert.
Die Besprechung der einzelnen Verfahren ist gut nachvollziehbar. Interessant ist die Vielfalt der Instrumente, sie reichen von der Dokumentation von Alltagsbeobachtungen über die Beobachtung in vorbereiteten, gelenkten Situationen bis zu standardisierten Testverfahren (BISC, M-ABC 2, MOT 4-6), die eher für die Durchführung in Fachstellen oder Praxen geeignet sind. Die Verfahren können zum Teil in der Gruppe, zum Teil nur mit jedem Kind einzeln durchgeführt werden. Sie erfordern unterschiedliche Ausstattung (von Papier und Bleistift über Fotoapparat bis zur Videokamera). Sie erfassen eher die Stärken oder eher die Defizite, können helfen, Lösungsstrategien für die nächsten Entwicklungsschritte zu entwickeln oder Elterngespräche vorzubereiten. Die Verfahren sind u.a. an Universitäten entstanden oder im Auftrag von Ministerien und in den Bildungsplänen unterschiedlicher Bundesländer verankert. Es ist im Einzelfall nicht immer einfach herauszufinden, wo das entsprechende Verfahren bezogen werden kann; so ist z.B. der Testverlag, der den M-ABC 2 vertreibt, nicht angegeben, oder die Website (Quality Pack) ist erst im Aufbau begriffen.
Interessant ist die jeweilige Sichtweise der Person, die das Verfahren vorstellt; so werden Verfahren als zu defizitorientiert kritisiert, die konkrete Hinweise auf einen Förderbedarf geben, bei anderen aber gerade der fehlende Hinweis auf einen Förderbedarf bemängelt. Die Anwenderin sollte sich also vor der Implementierung klar sein, zu welchem Zweck das Instrument verwendet werden soll.
Das Buch soll kein umfassendes Lehrbuch sein, sondern die Auseinandersetzung mit dem Thema begünstigen und eine Implementierungshilfe bieten; dies ist gut gelungen.
Zielgruppen
Pädagogische Fachkräfte in Kindertagesstätten, Auszubildende und Studierende in diesem Bereich
Fazit
Das Buch führt kompetent in die Thematik „Beobachtung und Dokumentation“ ein und bietet einen praxisorientierten Überblick über vorhandene Verfahren.
Rezension von
Dr. Dipl.-Psych. Lothar Unzner
ehem. Leiter der Interdisziplinären Frühförderstellen in Dorfen, Erding und Markt Schwaben im Einrichtungsverbund Steinhöring
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