Suche nach Titel, AutorIn, RezensentIn, Verlag, ISBN/EAN, Schlagwort
socialnet Logo

Michael Waadt, Jens Acker: Burnout. Mit Akzeptanz und Achtsamkeit [...]

Rezensiert von Dipl.-Kfm. Tatjana van de Kamp, 06.02.2013

Cover Michael Waadt, Jens Acker: Burnout. Mit Akzeptanz und Achtsamkeit [...] ISBN 978-3-456-85082-5

Michael Waadt, Jens Acker: Burnout. Mit Akzeptanz und Achtsamkeit den Teufelskreis durchbrechen. Verlag Hans Huber (Bern, Göttingen, Toronto, Seattle) 2012. 220 Seiten. ISBN 978-3-456-85082-5. 29,95 EUR. CH: 40,90 sFr.

Weitere Informationen bei DNB KVK GVK.

Kaufen beim socialnet Buchversand

Thema

Burnout ist ein präsentes und viel besprochenes Problem unserer modernen Gesellschaft. Michael Waadt und Jens Acker vertreten, dass nur der einzelne Betroffene eine Veränderung in Gang setzen kann und stellen hierfür eine Methode vor, die Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT), mit der Betroffene ihre Situation verbessern und/oder drohendem Burnout vorbeugen können. ACT ist eher eine Haltung sich selbst und der Welt gegenüber als eine Therapie, mit dem Ziel, kraftvoll das selbst gewählte Leben zu führen.

Autoren

Michael Waadt hat Philosophie, Psychologie und Mathematik studiert und ist Leiter des Münchner Instituts für Arbeit und seelische Gesundheit. Er ist vom Gesundheitsamt München zugelassen zur Durchführung von Psychotherapien und hat Erfahrung als Coach und Psychotherapeut (HPG) in eigener Praxis. Dr. med Jens Acker ist Spezialist für Diagnose, Therapie und Prävention stressbezogener Erkrankungen und Oberarzt in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Klinikum Nürnberg.

Aufbau und Inhalt

Nach einem Vorwort des Begründers der Akzeptanz- und Commitment Therapie (ACT), Stephen Hayes, und einer kurzen Einleitung der Autoren beginnt das Buch mit drei theoretischen Kapiteln zu Burnout und der ACT, an die sich sieben Kapitel mit praktischen Übungen der ACT und ein Kapitel zur körperlichen Fitness anschließen. Durch das Buch hinweg werden in gelben Kästen Theorien kurz erklärt und in grünen Kästen die Übungen zur Selbsthilfe dargestellt. Am Schluss des Buches finden wir ein Verzeichnis aller Kästen im Text, ein Literaturverzeichnis und eine zusammenfassende Aufstellung der im Text erwähnten weiterführenden Links.

Kapitel 1 erklärt den medizinischen Hintergrund von Burnout als Stresserkrankung und leitet über zu den vier Ebenen des Stressmodells nach Richard Lazarus, den Kernsymptomen nach Christina Maslach und einer Checkliste zum Erkennen eines (drohenden) Burnouts. Das Lazarus Stressmodell ist eine theoretische Grundlage des ACT. Auf die vier Ebenen wird in weiteren Kapiteln und Methoden immer wieder Bezug genommen.

Kapitel 2 erklärt, wie Burnout entsteht und welche Rolle dabei Umwelt, Gedanken und Regeln sowie Vermeidungsstrategien spielen können. Alle Faktoren werden durch fiktive Fallbeispiele Beispiele illustriert. Die Autoren ordnen dann die Entstehungsfaktoren in das 4-Ebenen Modell von Richard Lazarus ein und erklären, wie es zu einer sich selbst verstärkenden Burnoutspirale kommen kann.

Kapitel 3 stellt die Akzeptanz und Commitment Therapie (ACT) als kognitive Verhaltenstherapie vor, die „nicht falsche Gedanken durch richtige ersetzt, sondern verhindert, dass wir uns mit unseren Gedanken zu stark identifizieren“. Die ACT beruht auf sechs Kernprozessen, zu denen eine erste Kurzbeschreibung, Bezugnahmen auf das Lazarus-Modell und kleine Reflexionsübungen folgen.

Akzeptanz meint, die Dinge so nehmen, wie sie sind, nicht resignieren, aber auch nicht wollen oder gefallen. Achtsamkeit ist die bewusste Wahrnehmung im Hier und Jetzt. Defusion hilft uns, den Klammergriff unserer Gedanken zu lösen und uns von ihnen zu distanzieren. „Selbst als Kontext“ ist ein „Beobachter-Ich“, das mit Distanz der Frage „wer bin ich?“ nachgeht. Unsere zentralen Werte geben unserem Leben eine Bedeutung und eine Richtung. Commitment schließlich hilft uns engagiert zu handeln und dabeizubleiben, wenn es mühsam wird.

Kapitel 4 leitet mit der Aufforderung, ein persönliches Tagebuch aller unangenehmen Ereignisse zu führen, den praktischen Teil des Buches ein. Das Tagebuch hilft uns, die Ereignisse, unsere Gedanken dazu und unsere typischen Handlungsstrategien zu analysieren. Alle Tabellen in diesem und den folgenden Kapiteln werden für eine fiktive Sandra D. beispielhaft ausgefüllt.

In den Kapiteln 5-9 werden Übungen zu den sechs Kernprozessen der ACT vorgestellt und erklärt, allerdings in anderer Reihenfolge als in Kapitel 3 beschrieben.

In Kapitel 5 geht darum, mit Defusionsstrategien die Tyrannei unserer Gedanken zu besiegen. Die Autoren präsentieren hierzu Übungen zu Wiederholung, Verfremdung, Verdinglichung oder Zerstückelung der Gedanken. Auch Gebote und Verbote werden analysiert, um ihren tatsächlichen Nutzen zu hinterfragen, ebenso wie Ursachen und Wirkungen. Dabei werden vermeintlich unausweichliche Wirkungen in konstruktive und selbst gewählte umformuliert.

Kapitel 6 beschäftigt sich mit Achtsamkeitsübungen („Mindfulness“). Hier finden wir den Body Scan, der auf Edmund Jacobsons Progressive Muskelrelaxation zurückgeht, verschiedene Meditationsübungen sowie das bewusstes Hören, zum Beispiel von klassischer Musik, Hintergrundgeräuschen oder Stimmen. Die Autoren empfehlen, jeden Tag eine formale Achtsamkeitsübung durchzuführen.

In Kapitel 7 über Akzeptanz lernen wir, dass Vermeidung und Wegschieben unangenehmer Situationen und Gefühle oft nur kurzfristig hilfreich sind, langfristig aber selbst zum Problem werden können. Die Autoren schlagen vor, die Vermeidungsstrategie durch eine Akzeptanzstrategie zu ersetzen, z.B. statt eine Aufgabe vor sich herzuschieben diese entweder abzuarbeiten oder abzulehnen.

In Kapitel 8, „Selbst als Kontext“, laden uns weitere Übungen dazu ein, unser Selbstbild im Beobachter-Modus zu hinterfragen. Die Autoren erklären, dass eine zu starke Identifikation mit einem negativen ebenso wie einem positiven Selbstbild („ich muss als Fachmann auftreten“) unser Verhalten unflexibel macht.

Kapitel 9 schickt uns auf Erkundung der Werte, die uns unsere Gesamtrichtung vorgeben. Hier finden wir Übungen um Grabrede, Grabstein und den Wertekompass nach Shalom Schwartz.

In Kapitel 10 geht es schließlich um unser Commitment, nach unseren Werten zu handeln. Dies muss regelmäßig in einem Werte-Check (=Übereinstimmung von Wert und Handlung) überprüft werden. Hierbei können Barrieren auftreten, die aus dem Weg geräumt oder bewusst mitgenommen werden können. An dieser Stelle ist es hilfreich, sich konkrete und überschaubare Ziele zu setzen, um die eigene Autonomie zu sichern. Bei Ärger mit dem Aufschieben empfehlen die Autoren die konsequente Führung eines Aufgabenplanes und/oder die Suche nach Barrieren, die mithilfe einer der ACT-Strategien Achtsamkeit, Akzeptanz oder Defusion abgebaut werden können. Der Ressourcen-Check fragt nach Menschen, Eigenschaften, Erfolgen und äußeren Faktoren wie Ausbildung, Geld oder Ansehen, die uns helfen können. Die Werte-Affirmation kann uns wieder in Einklang mit unserer Werten bringen. Mitgefühl mit uns selbst und anderen gibt uns Energie und unterstützt die Selbstheilung. Das Kapitel endet mit einer Zusammenfassung derjenigen Übungen, die regelmäßig weiter betrieben werden sollten.

Kapitel 11 unterstreicht, dass Körperlich fit bleiben die ACT sinnvoll unterstützt, erläutert die Grundregeln der Ernährung, Bewegung und Ruhe und warnt vor der Einnahme von Aufputsch-und Suchtmitteln. Die ACT-Matrix fasst die Kerngedanken des Konzeptes anhand der Dimensionen „Vermeidung des Unangenehmen“ versus „Annäherung an Werte“ sowie „unmittelbares“ (Achtsamkeit) versus „mentales“ (Gedanken, Bewertungen, Regeln) Erleben zusammen. Während wir im Burnout zwischen Vermeidung und mentalem Erleben gefangen sind, sollte es unser Ziel sein, uns in Richtung Annäherung und unmittelbares Erleben zu bewegen.

Diskussion

Dieser Band ist eine Selbsthilfebuch zu Burnout, auf dessen Grenzen die Autoren selbst in der Einleitung hinweisen: wer damit nicht zurechtkommt oder an einer Stelle nicht weiter kommt, sollte sich professionelle Hilfe suchen. Dafür bieten die Autoren eine Linkliste am Ende des Buches, unter anderem auch mit Listen von ACT- und anderen spezialisierten Therapeuten.

Die Durcharbeitung des Buches wird durch seine Übersichtlichkeit erleichtert: ein kurzer theoretischer Hintergrund und – optisch abgesetzt – Übungen, Erklärungen, weiterführende Links und Literatur, ein Downloadbereich für Werkzeuge, Tabellen, Audiofiles der Meditationen. Auch die Anweisungen zu den Übungen sind klar und ausführlich, und die Beispiele von Sandra D. zeigen, wie sich die Autoren die Bearbeitung der Übungen vorgestellt haben.

Dem Burnout geplagten Leser bleibt die Aufgabe, sich durch eine Vielzahl an Übungen zu arbeiten, die einige Selbst-und Lernkompetenzen voraussetzen: Fähigkeit zur kritischen Selbstreflexion, strukturiertes Aufschreiben von Gedanken und Verhalten, Überlegen von alternativen Gedanken oder Handlungen, Fähigkeit und Willen zur Meditation und nicht zuletzt den ganz starken Willen, sich trotz Dauerstress viel Zeit zu nehmen und das Durchhaltevermögen zu haben, sich auf das Buch und die Übungsangebote einzulassen. Wie die Autoren einleitend schreiben, ist der Erfolg vieler Übungen nicht unmittelbar, sondern längerfristig, und viele Übungen erscheinen zunächst nicht intuitiv sinnvoll.

Psychologische Berater und Coaches arbeiten mit einer Supervision, um ihre eigene Beratungsarbeit regelmäßig zu reflektieren. Dies kann ein Buch so nicht leisten, so dass ein Gesprächspartner und/oder Zuhörer beim Durcharbeiten von großem Wert sein kann.

Hilfreich ist das Buch aber auch für Coaches, professionelle und andere potentielle Helfer, die andere bei der Burnoutprävention unterstützen möchten. Diese finden hier ein strukturiertes, theoretisch begründetes und in der Praxis der Autoren bereits erprobtes Werkzeug.

Fazit

Burnout von Michael Waadt und Jens Acker ist ein gut strukturiertes und übersichtliches Selbsthilfebuch zu Stress und Burnout, das zahlreiche und teils recht anspruchsvolle Übungen aus der kognitiven Verhaltenstherapie enthält.

Rezension von
Dipl.-Kfm. Tatjana van de Kamp
Dipl. Kauffr.; MA (Arbeits- und Organisationspsychologie)
Mailformular

Es gibt 69 Rezensionen von Tatjana van de Kamp.

Besprochenes Werk kaufen
Sie fördern den Rezensionsdienst, wenn Sie diesen Titel – in Deutschland versandkostenfrei – über den socialnet Buchversand bestellen.


Zitiervorschlag
Tatjana van de Kamp. Rezension vom 06.02.2013 zu: Michael Waadt, Jens Acker: Burnout. Mit Akzeptanz und Achtsamkeit den Teufelskreis durchbrechen. Verlag Hans Huber (Bern, Göttingen, Toronto, Seattle) 2012. ISBN 978-3-456-85082-5. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/13045.php, Datum des Zugriffs 02.12.2023.


Urheberrecht
Diese Rezension ist, wie alle anderen Inhalte bei socialnet, urheberrechtlich geschützt. Falls Sie Interesse an einer Nutzung haben, treffen Sie bitte vorher eine Vereinbarung mit uns. Gerne steht Ihnen die Redaktion der Rezensionen für weitere Fragen und Absprachen zur Verfügung.


socialnet Rezensionen durch Spenden unterstützen
Sie finden diese und andere Rezensionen für Ihre Arbeit hilfreich? Dann helfen Sie uns bitte mit einer Spende, die socialnet Rezensionen weiter auszubauen: Spenden Sie steuerlich absetzbar an unseren Partner Förderverein Fachinformation Sozialwesen e.V. mit dem Stichwort Rezensionen!

Zur Rezensionsübersicht