Uta Fenske: Ambivalente Männlichkeit(en)
Rezensiert von Dr. Miriam Damrow, 30.08.2013

Uta Fenske: Ambivalente Männlichkeit(en). Maskulinitätsdiskurse aus interdisziplinärer Perspektive. Verlag Barbara Budrich GmbH (Opladen, Berlin, Toronto) 2012. 280 Seiten. ISBN 978-3-86649-429-9. D: 29,90 EUR, A: 30,80 EUR, CH: 41,90 sFr.
Aufbau
Der Sammelband „Ambivalente Männlichkeit(en)“ behandelt aus interdisziplinärer Perspektive das Thema Männlichkeit auf insgesamt 250 Seiten und gliedert sich in vier thematische Abschnitte: so wird im ersten Abschnitt der Aspekt Männlichkeiten und Theoriebildung in drei Artikeln diskutiert, im zweiten Abschnitt wird der Aspekt von Männlichkeiten und Sozialisation in zwei Artikeln beleuchtet. Der dritte Abschnitt widmet sich dem Thema von Männlichkeiten zwischen Hegemonie und Unterordnung, das in fünf Artikeln erörtert wird. Im letzten, dem vierten Abschnitt, wird Männlichkeiten in den Künsten in ebenfalls fünf Artikeln dargestellt. Im Folgenden wird der erste Abschnitt komplett, aus den folgenden Abschnitten wird jeweils ein ausgewählter Artikel rezensiert.
Inhalt
Der erste Abschnitt des Sammelbandes widmet sich Männlichkeiten und Theoriebildung.
Uta Fenske eröffnet ihn mit ihrem Beitrag zu „Männlichkeiten im Fokus der Geschlechterforschung. Ein Überblick“ (S. 11-26). Dabei beginnt sie mit einem Überblick zur Entwicklung von Gender Studies, in deren Verlauf auch das Thema Männlichkeit in den Blick genommen wurde. Kern ihrer Ausführungen ist eine Zusammenschau der konzeptionellen und theoretischen Kontroversen. Dabei wird mit der kursorischen Übersicht zur Rollentheorie (insbesondere zu Gender Roles) begonnen, in deren Verlauf sie vier Kritikpunkte benennt:
- die Unterscheidung von Individuum und Gesellschaft
- Charakterisierung dieser Unterscheidung als funktionalistisch (und damit von Normativität ausgehend)
- Biologistische Sichtweise von Geschlecht
- Keine Möglichkeit der Analyse von Machtverhältnissen.
Auf die beiden letzten Punkte geht Christine Zunke in ihrem Beitrag noch einmal genauer ein. Kritisch ist dieser Übersicht hinzuzufügen, dass interaktionale Herstellung von Geschlecht (abstrakter: die konstruktivistische Sichtweise von Gender Roles) hier nicht betont wurde. Fenske führt ihren Beitrag mit einem Abriss der Patriarchatsanalyse fort, in der sie vor allem auf Jeff Hearn rekurriert, der Wirtschafts- und Sozialordnungen zu- und miteinander in Beziehung setzt, genauer: in dem „… Kapitalismus und Patriarchat zwei miteinander verschränkte Systeme von Gewalt (darstellen)“ (S. 14). Fenske zeigt im Weiteren zwei Kritikpunkte an diesem Modell auf, zum einen die deterministische Sichtweise und dem Unvermögen der differenzierten Erfassung machtstrukturierter Beziehungen zwischen Männern. Im Abschnitt zur hegemonialen Männlichkeit, der insbesondere Robert Connell referenziert, wird also auf Praxen des Doing gender verwiesen, wobei auch kritisch anzumerken ist, dass generationale Ordnungen unerwähnt (und damit im wesentlichen intersektionale Ansätze) außen vor bleiben. Nach einer Reihe von Kritikpunkten stellt sie die Neuformulierung des Ansatzes mit einer stärkeren Binnendifferenzierung dar. Sie geht anschließend zum Topos der männlichen Herrschaft über, den Pierre Bourdieu als symbolische Herrschaft auffasst. In ihrer Einordnung betont sie die soziale Einschätzung physiologischer Gegebenheiten, betont aber auch, dass männliche Dominanz nur vor dem Hintergrund weiblicher Zustimmung hergestellt / aufrechterhalten wird: „Aber gleichzeitig ist der männliche Habitus auch der Maßstab, der an das männliche Handeln von der Gesellschaft herangetragen wird. Und somit kann auch die männliche Gewalt nur durch die Komplizenschaft der Frauen funktionieren“ (S. 19). Inwieweit Frauen sich dieser Dominanz, dem männlichen Habitus entziehen können, wird nicht erwähnt.
Fenske führt ihren Beitrag mit einem Abriss zur Perfomativität fort. Dazu werden einzelne Themen herausgegriffen und einzeln dargestellt, wie die Abschnitte zu Maskerade und zu gender-orientierten Narratologie zeigen. In ihrer Einschätzung zur letzteren meint Fenske, dass solch narratologischer Ansatz für kulturwissenschaftliche Analysen produktiv sei. Zu fragen bleibt, ob der Ansatz nicht darüber hinaus in der sozialwissenschaftlichen Gender-Forschung produktiv zur Geltung kommen könnte. Sie beendet ihren Artikel mit einer Übersicht zu heteronormativitätskritischen Perspektiven, die betonen, dass Geschlecht keine ontologische Kategorie, sondern Produkt (und vielleicht müsste hier eher von der Mehrzahl, von Produkten, gesprochen werden) kultureller, also sozialer Praxen ist. In diesem Ansatz kommen queere Hinterfragungen zum Zuge, die Männlichkeit nicht automatisch nur Männern zuschreiben. So lässt sich, zusammenfassend, eher von Pluralisierungen des Genderbegriffs sprechen als von der dichotomischen Auffassung von Geschlecht.
Sabina Doyé geht in ihrem Beitrag „Im Fokus funktionaler Analyse: der systemtheoretische Begriff der Moderne und die Codierung der Geschlechterdifferenz“ (S. 27-41) auf die Kritik Kucklicks zu den Gender Studies ein, der unberücksichtigte Historisierung und fehlende Theoriebildung bemängelt. Nach ihrer Einschätzung ist diese Kritik unberechtigt, da zum einen auf ein differentes Komplexitätsverständnis fokussiert wird, ein differentes Verständnis von Moderne zu konstatieren ist und entscheidende Dimensionen feministischer Geschlechtertheorie nicht berücksichtigt werden. So verortet Kucklick nach Auffassung Doyés die Geschlechterdifferenz in der Differenz von Gesellschaft und Interaktion: „War die Sphäre der Gesellschaft als die leerer Selbstreferenz mit den … sozialpsychologischen Begleiterscheinungen angesetzt, so ist Interaktion als diejenige Sphäre bestimmt, in der die Unterbrechng der zirkulären Selbstreferenz, die Bestimmung des Unbestimmten gelingt: Entscheidendes Medium der Bestimmung ist die Frau samt der ihr assoziierten Elemente Ehe und Kinder … Weiblichkeit wird als Gegenprojekt der Moderne … semantisch verortet, sie ragt als Inbegriff gelungener Sozialität aus der Vormoderne in die funktionale differenzierte Gesellschaft“ (S. 39). Damit sind Frauen nach Kucklick a-geschichtliche, also geschichtslose Wesen ohne Subjektwert. Doyé kommt zu dem Schluss, dass der Frauenbewegung (und damit feministischen Theorien) der politische Ort zugewiesen wird, an der Kritik nur aus objektiver Sicht artikuliert wird, da ihr ja die Subjekte abgesprochen werden.
Christina Zunke erörtert in ihrem Beitrag „Die realexistierende Differenz. Was der Unterschied zwischen Männern und Frauen uns über die Biologie lehren kann“ (S. 43-59) vorrangig den Zusammenhang von Biologie und Sexismus. Ausgehend von einem dichotomen Verständnis von Geschlecht wird der Soziobiologie ein ideologischer Gehalt zugesprochen, aus dem sich und von dem sich Sexismus erhält. Ihr Beitrag fokussiert auf das Dreieck von Biologie, Politik und Gesellschaft: „Die Frage nach der Rolle der Geschlechter darf nicht lauten, ob alle Menschen von Natur aus gleich oder verschieden sind. Sie muss sich als politische Frage vielmehr von dem Gedanken lösen, Menschen seien von Natur aus“ (S. 49). Die Durchmischung (und die Frage muss erlaubt sein, ob es nicht nur um eine Durchmischung, sondern vielmehr um eine Gleichsetzung handelt) von Natur und Gesellschaft ist bereits bei Darwins evolutionstheoretischer Begründung der Arbeitsteilung zu finden. Sie kritisiert, dass sich damit für jedes gesellschaftliche Phänomen (in Bezug auf Männlichkeit / Weiblichkeit) eine verhaltesbiologisch hergeleitete Ursache finden lässt, damit menschliches Verhalten und/oder gesellschaftliche Strukturen zum Gegenstand biologischer Erklärungen machen. Zunke kritisiert insbesondere den Beitrag der Soziobiologie zur Politik, indem durch die empirische Beschreibung eines bestehenden gesellschaftlichen Zustandes zugleich dieser Zustand als naturgegeben zementiert wird: der Mutterinstinkt mache Frauen zur Lohntätigkeit in niedrig bezahlten Sozialberufen (Pflege, Erziehung) tauglich. Dieser biologistisch begründete Sexismus wird von Zunke kritisiert, da sie der Biologie das Recht abspricht, gesellschaftliche Tatbestände (Männlichkeit und Weiblichkeit) wissenschaftlich zu untersuchen.
Im zweiten Abschnitt des Bandes wird das Verhältnis von Männlichkeiten und Sozialisation erörtert. Cornelia Helfferich widmet sich dem Thema Männlichkeit und Herstellung von Überlegenheit bei 13-15jährigen Hauptschülern (S. 61-81), während Thomas Pieper Jungs im Rampenlicht – männliche Sozialisation und theaterpädagogische Praxis, so der Titel seines Beitrags (S. 83-100) untersucht. Rezensiert wird hier der Beitrag von C. Helfferich.
Cornelia Helfferich widmet sich in ihrem Beitrag den Zusammenhängen hegemonialer Männlichkeit und Bildung unter generationaler Perspektive. Ausgehend von der theoretischen Verortung des boy turn und der in Dtl. damit verbundenen Debatte skandalisierter zukünftiger Männlichkeit („Jungen als Bildungsverlierer“) skizziert sie den theoretischen Hintergrund des referierten Forschungsprojekts („Bildungschancen und Geschlechterverständigung von Mädchen und Jungen mit eingeschränktem Bildungshintergrund“). Die aufgefundenen Distinktionslogiken sprechen, nach Helfferichs Einschätzung, in Bezug auf Macht und Männlichkeit zum einen für eine lokale und körperliche Überlegenheit der Marginalisierten gegenüber der Macht und Männlichkeit der (als unmännlich empfundenen) bildungsaffinen Mittelschicht, also eine interaktional produzierte Männlichkeit zwischen Männern. Dagegen werden in (unter Umständen nur angenommenen) heterosexuellen Kontexten andere Männlichkeitsvorstellungen wirksam: „Bestimmte Männlichkeitsinszenierungen – und mögen sie unter Männern noch so anerkannt und wichtig sein – können gegenüber Mädchen und bezogen auf das Ziel, sexuelle Erfahrungen zu machen, kontraproduktiv sein“ (S. 72, Hervorh. durch Autorin). Damit wird Männlichkeit als Überlegenheit vielleicht nur inszeniert, um die Nicht-Überlegenheit (z.B. was den „Zugang“ zu heterosexuellen Kontakten betrifft) zu verwischen. Helfferich fordert schlussfolgernd eine differenziertere Betrachtung:
- Männlichkeitskonzepte von Hauptschülern sind eher mehrdimensional und damit situativ und kontextabhängig inszeniert.
- Männlichkeitskonzepte können sich über die Lebensspanne verändern, der Transformation der Männlichkeit ist daher stärker Rechnung zu tragen.
Im dritten Abschnitt werden Männlichkeiten zwischen Hegemonie und Unterwerfung fokussiert. Bärbel Kuhn (S. 101-119) interpretiert das „Junggesellenleben im 19. Jahrhundert: der Ingenieur und Schriftsteller Max Eyth (1836-1906)“. Martin Lücke untersucht in seinem Beitrag „‚Hatte mit innerer Neigung nichts zu tun‘. Männlichkeit und Sexualität bei männlichen Prostituierten in der Weimarer Republik“ (S. 121-136) das Verhältnis von Männlichkeit und Sexualität, während Sabine Hering sich auf „Ambivalente Männer an der Seite ‚gradliniger Frauen‘“ (S. 137-146) konzentriert. Michael Meuser konzediert „Männlichkeiten in Bewegung. Zur Aktualität des Konzepts der hegemonialen Männlichkeit angesichts des Wandels von Erwerbsarbeit“ (S. 147-163). Uta Klein widmet sich dem Thema von „Männlichkeit und Wehrbereitschaft: Die Wehrpflicht als Geschlechterpolitik“ (S. 165-180).
Im Folgenden wird der Beitrag von Sabine Hering rezensiert. Ihr Beitrag beschäftigt sich in drei historischen Beispielen mit den Ehegatten berühmter Frauen: Friedrich Zundel, Ehemann von Clara Zetkin, Heinrich Kirchhoff, Ehemann von Auguste Kirchhoff und Arthur von Suttner, Ehemann von Bertha von Suttner. Hering charakterisiert die „ambivalenten Männer“ wie folgt: „… sensible Schwärmer, ehrenwerte Senatoren, glückliche Bonvivants, aber ganz nebenbei und ganz im Hintergrund auch: Stützen der Frauenbewegung“ (S. 145). Die Ambivalenz verortet Hering dabei eher in der hierarchalen Zuschreibung von Männer- und Frauenrollen, mithin in gesellschaftlich, sozial, kulturell (re)produzierten Zuständen denn in individuellen Gegebenheiten und Gelegenheiten. Alle Beispiele wurden ausgewählt, um ihre These zu illustrieren, dass die bestehenden Normen nicht nur durchbrochen, sondern grundsätzlich in Frage gestellt werden.
Im vierten Abschnitt wird auf Männlichkeiten in den Künsten rekurriert. Christine von Tschilschke erörtert in ihrem Beitrag „Quer zu Queer: Transgressionen der Geschlechter im spanischen Theater des 18. Jahrhunderts“ (S. 181-198) die Instrumentalisierung homosexueller Klischees zur Sanktionierung normwidrigen Sozialverhaltens. Klaus Vondung beschäftigt sich in seinem Beitrag mit „‚Wilhelmine Meister‘. Männliche Identität als psychologisches, gesellschaftliches und ästhetisches Problem im Bildungsprozess“ (S. 199-212) aus literaturhistorischer Sicht mit den Phänomen des Bildungsromans zur Vorstellung von Männlichkeit im 18. Jahrhundert. Im dritten Beitrag weist Gregor Schuhen auf „Bedrohte oder veredelte Männlichkeit? Phantasmagorien des Pathologischen bei Thomas Mann und André Gide“ (S. 213-232) hin. Marijana Erstic konstatiert „‚Jeder Mann ist ein Geschöpf seiner Uniform‘. Die Inszenierung des Soldaten im Spielfiln NO MAN´S LAND von Denis Tanovic“ (S. 233-245) in ihrem Beitrag. Den Band beschließt Monika Pietrzak-Franger mit „Körpergrenzen: Maskulinitätskonstrukte in der britischen Kunst der 1990er Jahre“ (S. 247-261).
Im Folgenden wird der Beitrag von Pietrzak-Franger rezensiert. Monika Pietrzak-Franger rekonstruiert in ihrem Beitrag Maskulinitätsparadigmen in Großbritannien anhand verschiedener Kunstwerke männlicher Künstler. Sie beginnt mit Robbie Williams´s Video „ROCK DJ“, in dessen Verlauf sie eine durchgreifende, von den Medien hervorgehobene Maskulinitätskrise diagnostiziert.
Im Fokus ihrer Arbeit stehen dabei drei sich verändernde Beziehungen zum männlichen Körper. So wird dem Video von Williams die Dekonstruktion der Körperlichkeit attestiert, während Muecks Arbeiten als Notwendigkeiten von Körpergrenzen interpretiert werden.
Muecks Arbeiten zu Körpern (und damit zu Körperbildern, Körpergrenzen) wird dabei von Seiten Pietrzak-Frangers eine Art Körperpanzer attestiert, der auf die Undurchlässigkeit der Haut die Blicke der Betrachtenden lenkt. Eine kritische Auseinandersetzung mit der repressiven hegemonialen Männlichkeit wird in den Werken Antony Gormleys aufgefunden, die als Abschaffung von Körpergrenzen aufgefasst werden. In diese Reihe werden auch die Arbeiten von Douglas Gordon gestellt.
Die Durchdringung von Körpergrenzen wird als dritte Beziehung zum männlichen Körper interpretiert. Künstlerisch zählt Pietrzak-Franger die Arbeiten von Franko B. und Marc Qinn dazu, die versuchen„… teils mit brutalen Durchdringen der Körpergrenzen zu zeigen, dass auch bei einer Destabilisierung äußerer Grenzen eine Identität möglich ist“ (S. 255).
Monika Pietrzak-Franger konstatiert, dass all diesen Künstlern bei differenten Erfolgen die gemeinsame Absicht zu eigen ist/war, komplexe, instabile und vieldeutige Maskulinität aufzuzeigen. In der Gegenwartskultur wird hingegen die Wendung zu neuen reaktionären Männlichkeitstypen diagnostiziert.
Diskussion
Während alle Beiträge im Band von der Pluralform der Männlichkeit ausgehen und /oder sie voraussetzen, wird im Titel die Pluralform durch Klammern angedeutete. Möglich, dass die Klammern bereits Ambivalenzen andeuten.
Zunkes Beitrag sollte in mehreren Punkten nachdenklich stimmen: so werden Tiere nur als instinktgesteuert dargestellt (ein Befund, über den sich trefflich streiten ließe), Menschen dagegen als vernunftgesteuert: „Ein Tier verhält sich aufgrund seiner Instinkte in bestimmter Weise, die nur eine Dressur in gewissem Rahmen verändern kann. Ein Wesen mit Vernunft dagegen – und damit meine ich hier Frauen und Männer – hat prinzipiell die Möglichkeit, seine Handlungen zu überdenken und in eine bestimmte Richtung zu ändern. Hierbei folgt der Mensch nicht Trieben, die die Natur ihm vorschreibt, sondern Gründen, die sein Verstand einsieht“ (S. 48, Hervorh. durch Autorin). Zudem wird ein eher statisches Verständnis von Geschlecht deutlich, das situationale Einflüsse über die Lebensspanne außer acht lässt.
Helfferichs Beitrag lässt unerwähnt, inwieweit es um ein Verständnis der Männlichkeit geht, ob mehrere Dimensionen von Männlichkeit bei den Subjekten des Projekts, den Haupt- und Förderschülern, überhaupt denkbar sind.
Sabine Herings Beitrag hingegen ist auf historische Beispiele konzentriert. Dennoch hätten Gegenwartsbeispiele nahegelegen: auch gegenwärtige erfolgreiche Frauen haben Ehemänner, die, gewollt oder ungewollt, eher im Schatten verbleiben. Zu denken wäre da an Ehefrauen wie Angela Merkel oder Christine Lagarde.
Pietrzak-Frangers Kunstbeispiele zielen insgesamt eher auf die Dekonstruktion des maskulinen Körpers. Sie vermutet in der zu besichtigenden Gegenwartskunst eine Hinwendung zur Reduzierung vielfältiger Maskulinitätsentwürfe, denen sie in der Gesamtheit eher reaktionäre Tendenzen unterstellt. Gleichwohl ließe sich der Befund wohl auch different interpretieren: als eine Rekonstruktion des sexuellen männlichen Körpers. Spannend (und nahegelegen) hätte wohl auch, so vorhanden, eine Analyse weiblicher Kunstentwürfe des männlichen Körper.
Insgesamt hätte eine ergänzende Perspektive um Sexualität (sexuelle Identität in Abgrenzung und Ergänzung zur geschlechtlichen Identität) den Band interessant ergänzt.
Fazit
Im Sammelband „Ambivalente Männlichkeit(en)“ kommen Autorinnen und Autoren unterschiedlicher Professionen zu Wort, die sich aus heterogenen Perspektiven dem Thema Männlichkeit nähern. Als einführende Literatur ins Thema sehr zu empfehlen.
Rezension von
Dr. Miriam Damrow
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