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Matthias Hammer, Irmgard Plößl: Irre Verständlich

Rezensiert von Prof. Dr. Carsten Rensinghoff, 20.06.2012

Cover Matthias Hammer, Irmgard Plößl: Irre Verständlich ISBN 978-3-88414-533-3

Matthias Hammer, Irmgard Plößl: Irre Verständlich. Menschen mit psychischer Erkrankung wirksam unterstützen. Psychiatrie Verlag GmbH (Köln) 2012. 200 Seiten. ISBN 978-3-88414-533-3. D: 29,95 EUR, A: 30,80 EUR.
Reihe: Fachwissen.

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Thema

Es geht in der zu besprechenden Publikationen um den Umgang mit schwierigen Alltagssituationen. Es geht um Fragen, wie: „Was mache ich, wenn jemand ausgeprägte Zwänge hat? Wie gehe ich damit um, wenn sich jemand für den Geschäftsführer von Apple hält? Was muss ich tun bei Selbstverletzungen? Wie bringe ich jemanden dazu, morgens aufzustehen? Woher weiß ich, ob jemand krank oder einfach nur unmotiviert ist?“ (S. 9).

Autor und Autorin

Matthias Hammer ist promovierter Psychologe und Psychotherapeut. Am Rudolf-Sophien-Stift in Stuttgart leitet er die Rehabilitationsabteilung für psychisch kranke Menschen (RPK).

Irmgard Pößl ist promovierte Psychologin und Psychotherapeutin. Am Stuttgarter Rudolf-Sophien-Stift leitet sie die Abteilung für Berufliche Teilhabe und Rehabilitation.

Entstehungshintergrund

Die o. g. Fragen sind Fragen, die in der üblichen psychologischen Fachliteratur nicht beantwortet werden. Derartige Alltagssituationen kommen darin gar nicht vor. Mit der Zeit stellten die Autoren fest, dass derartige Alltagssituationen aber eine hohe Relevanz besitzen. „Im Rahmen von Fortbildungen tauchten immer wieder Fragen von Fachkräften auf, die sich auf den Umgang mit schwierigen Alltagssituationen bezogen“ (S. 9).

Aufbau

Teil 1

  • Warum werden Menschen psychisch krank?
  • Wie können Selbsthilfe und Gesundung gefördert werden?
  • Wie findet man Lösungen in komplexen beruflichen Alltagssituationen?

Teil 2

  • Psychosen
  • Depressionen
  • Bipolare Erkrankungen
  • Persönlichkeitsstörungen
  • Borderline-Persönlichkeitsstörung
  • Angststörungen
  • Zwangsstörungen
  • Traumasensibilität
  • Umgang mit suizidalen Krisen
  • Mit zwei Augen sieht man besser.

Auf der Verlagsseite zu dieser Publikation sind folgende passwortgestützte Zusatzmaterialien (als pdf-Datei) zu finden:

  • Frühwarnzeichen
  • Persönlicher Krisenplan
  • Liste positver Aktivitäten
  • Entspannungsübung: Der Ort der Ruhe und Geborgenheit
  • Leitfaden für Gespräche mit suizidgefährdeten Menschen.

Inhalt

Der erste Teil der zu besprechenden Publikation liefert „störungsübergreifende Strategien und Hintergrundinformationen, die im Alltag immer hilfreich sind“ (/S. 10).

Warum Menschen psychisch krank werden verdeutlichen Hammer/Pößl am Verletzlichkeits- bzw. Vulnerabilitäts-Stress-Modell. Hierin wird unter anderem aufgezeigt, dass die meisten psychischen Erkrankungen nicht nur in einer Ursache begründet sind. Das Zusammenwirken von Stressfaktoren (kritische Lebensereignisse,biologische, psychologische oder soziale Stressoren) führt zur Überschreitung einer kritischen Grenze. So wird aus der Verletzlichkeit eine psychische Erkrankung. Die Summe aller den Menschen belastenden Faktoren bezeichnet man als Stressbelastung. Die Rolle der Stressbelastung zeigen die Autoren an dem von Matthias Hammer entwickelten WEG-Modell auf. Bevor es allerdings zu einer psychischen Erkrankung kommt machen sich Warnzeichen, sogenannte Frühwarnzeichen, bemerkbar. Es wird der Zusammenhang zwischen Vulnerabilität, Stressbelastung und Frühwarnzeichen dargetellt und der Verlauf einer psychischen Erkrankung beschrieben.

Wie Selbsthilfe und Gesundung gefördert werden können erläutern die Autoren über die Verwendung der Termini Empowerment und Recovery. „Übersetzt bedeutet Empowerment Stärkung der Eigenmacht, Selbstbefähigung oder Selbstermächtigung. Recovery bedeutet Gesundung, Genesung oder Wiedererlangung der Gesundheit“ (S. 26).

Die Lösungen in komplexen beruflichen Alltagssituationen sind am Modell des Klärungskarussels zu finden. Dieses Klärungskarussell beschäftigt sich mit:

  • Selbstklärung und Beziehungsklärung;
  • Rollenklärung;
  • Auftragsklärung;
  • Kontextklärung.

Zum Klärungskarussell liefern die Verfasser Anwendungsbeispiele und eine Erklärung für wirkungsbewusstes Handeln mithilfe des Klärungskarussells.

Im zweiten Teil der Publikation haben Hammer/Pößl „störungsspezifisches Wissen für verschiedene Erkrankungen dargestellt, sodass daraus Strategien für einen verstehenden, störungsspezifischen Umgang und hilfreiche Unterstützungsmöglichkeiten abgeleitet werden können“ (S. 10).

Diskussion

Positiv hervorzuheben ist an dieser Publikation die übersichtliche Darstellung der einzelnen Abschnitte – mit Randanmerkungen – und die Darstellung der psychischen Erkrankungen mithilfe von Beispielen.

Sehr gut ist auch das im Internet verfügbare passwortgestützte Zusatzmaterial. Es bietet dem Behandler einen guten „Schlüssel“ zum Klienten.

Fazit

Aufgrund der positiv hervorgehobenen Erscheinung des Buches und der sehr guten Verständlichkeit ist die Lektüre empfehlenswert. Das eingeschlagene Ziel der Autoren kann als erreicht angesehen werden: „Unser Ziel ist es, dass die Berufsgruppen, für die dieses Buch geschrieben worden ist, mehr Klarheit in ihren jeweiligen beruflichen Rollen und in ihrem beruflichen Handeln erhalten“ (S. 10). Es richtet sich an alle Fachkräfte, die psychisch kranke Menschen beruflich in Alltagssituationen begleiten. Es richtet sich u. a. an:

  • Sozialpädagogen;
  • Heilerziehungspfleger;
  • Ergotherapeuten;
  • Pflegende;
  • Gruppenleiter aus Werkstätten für behinderte Menschen;
  • ehrenamtlich Tätige.

Rezension von
Prof. Dr. Carsten Rensinghoff
Hochschullehrer für Heilpädagogik und Inklusive Pädagogik an der DIPLOMA Hochschule
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Es gibt 186 Rezensionen von Carsten Rensinghoff.

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ISSN 2190-9245