Werner Schönig: Duale Rahmentheorie Sozialer Arbeit
Rezensiert von Prof. Dr. Eleonore Oja Ploil, 07.09.2012

Werner Schönig: Duale Rahmentheorie Sozialer Arbeit. Luhmanns Systemtheorie und Deweys Pragmatismus im Kontext situativer Interventionen. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2012. 291 Seiten. ISBN 978-3-7799-2256-8. D: 29,95 EUR, A: 30,80 EUR.
Autor
Der Autor ist Professor an der Katholischen Fachhochschule Nordrhein-Westfalen, Abteilung Köln für Sozialökonomik und Konzepte der Sozialen Arbeit mit den Schwerpunkten Soziale Dienste, Armut, Sozialraum und sozialökonomische Fragestellungen.
Thema
Vor dem Hintergrund der intensiven Debatte der Sozialarbeitswissenschaft, Sozialer Arbeit als Profession und der Theoriebildung in der Sozialen Arbeit wird hier ein interessanter Diskussionsbeitrag geleistet. Die Interventionstheorie wird gesellschafts- und modernisierungstheoretisch begründet. Im Anschluss wird, bezugnehmend auf John Dewey und Niklas Luhmann, eine duale Theorieperspektive für die Soziale Arbeit entworfen.
Aufbau und Inhalt
Das Buch ist in fünf Kapitel unterteilt. Jedes Kapitel wird mit einem Zwischenergebnis abgeschlossen.
1. Einleitung
2. Grundlagen einer Interventionstheorie Sozialer Arbeit
- Gesellschaftstheoretische Grundlagen
- Soziale Arbeit als integrierende Intervention
3. Duale Rahmentheorie Sozialer Arbeit
- Rahmentheorie im Kontext der Wissenschaft Sozialer Arbeit
- Vergleich von Luhmanns Systemtheorie und Deweys Pragmatismus
4. Teilaspekte der Situation
- Soziale Diagnose
- Integrierende Unterstützung zur Selbsthilfe
- Multiperspektivisches Mandat
5. Zusammenfassung
Nach einer kurzen Einleitung werden im zweiten Kapitel die
Grundlagen einer Interventionstheorie Sozialer Arbeit dargelegt.
Dabei wird der dialektische Modernisierungsprozess als gegeben
aufgefasst. Die Differenzierung der Gesellschaft in Teilsysteme und
damit verbundenen spezifischen Integrationen wird als widersprüchlich
beschrieben. Die Spannung Differenzierung und Integration wird
plastisch mittels des Kräfteparallelograms erläutert.
Soziale
Arbeit wird verortet als gesellschaftlich-integrierende Intervention
und als Handlungsmodus der praktischen Sozialpolitik. Damit wird auch
eine Gegenstandsbeschreibung durchgeführt. In diesem Teilabschnitt
wird die breite Debatte zu Gesellschaft, Modernisierung,
Sozialpolitik und Gegenstandsbestimmung Sozialer Arbeit
zusammengefasst und die eigene Position in Bezug dazu gestellt.
Der folgende dritte Abschnitt führt in die Systemtheorie und den Pragmatismus ein. Grundzüge und Hauptdebatten werden konzentriert referiert.
Das Kapitel vier über Teilaspekte der Situation werden die Begriffe der Sozialen Diagnose, der integrierenden Intervention zur Selbsthilfe und des multiperspektivischen Mandats intensiv und differenziert diskutiert. Dieser Gedankenstrang mündet in einer Reflexion der Anforderungen an Professionelle der Sozialen Arbeit.
Zielgruppe
Das Buch eignet sich für alle, die an der Theoriebildung und dem Theoriediskurs Sozialer Arbeit interessiert sind.
Fazit
Hier wird ein Bogen gespannt von gesellschafts- und sozialpolitischen Diskursen, über die Vorschlag für eine Dualen Rahmentheorie Sozialer Arbeit bis hin zu konkreten Anforderungen an Soziale Arbeit. Das Buch ist sehr komplex angeregt und es werden viele aktuelle Diskussionen aufgegriffen. Eigenen Überlegungen werden in Bezug zur aktuellen fachlichen Literatur gestellt. Die Auseinandersetzung mit der Luhmannschen Systemtheorie mündet in der Aussage, dass diese keine ausreichende Grundlage böte um die Zielrichtung einer Intervention und deren Legitimation zu begründen. Diese "Leerstelle" versucht der Autor durch den Rückgriff auf den Deweyschen Pragmatismus zu füllen. Dies bedürfte einer ausführlicheren Begründung.
Diese beiden Theorien werden in der dualen Rahmentheorie auf der Basis der gemeinsamen konstruktivistischen und fortschrittsoptimistischen Grundhaltung sowie durch den Situationsbegriff verbunden. Obwohl der Konstruktivismus eine wesentliche Klammer darstellt, fehlt aber die Rezeption des radikalen Konstruktivismus. Dies ist nicht nachvollziehbar.
Bedauerlich ist, dass der Autor zwar auf den PIE (Person in Environment) Ansatz und dessen Grenzen für Gemeinwesen- und Sozialraumorientierte Soziale Arbeit eingeht, letztendlich aber seine Überlegungen in keinen konkreten Erweiterungsvorschlägen münden. Somit bleibt sein Theoriediskurs in Bezug auf die wichtige Soziale Diagnose offen.
Dennoch regt dieses Buch an zu diskutieren, weiterzudenken und die Theorieentwicklung voranzutreiben.
Rezension von
Prof. Dr. Eleonore Oja Ploil
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