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Claudia Huboi: forschen, tüfteln, bauen. Das Umwelt-Mitmachbuch für Kinder

Rezensiert von Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer, 28.09.2012

Cover Claudia Huboi: forschen, tüfteln, bauen. Das Umwelt-Mitmachbuch für Kinder ISBN 978-3-258-60059-8

Claudia Huboi: forschen, tüfteln, bauen. Das Umwelt-Mitmachbuch für Kinder. Haupt Verlag (Bern Stuttgart Wien) 2012. 240 Seiten. ISBN 978-3-258-60059-8. D: 24,90 EUR, A: 25,60 EUR, CH: 32,90 sFr.

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„Der Mensch gehört zur Erde“

Die vielfältigen, tradierten und forcierten Missverständnisse, dass der Mensch seinen Lebensraum ge- und sogar verbrauchen kann, haben dazu geführt, dass die Menschheit heute vor einem ungeheuren Umweltproblem steht. Als die Abgesandten der weißen Siedler vor rund 150 Jahren den Suquamish-Indianern Land abkaufen wollten, da wies ihr Häuptling Sealth sie zurück mit den Worten: „Die Erde gehört nicht dem Menschen, der Mensch gehört zur Erde“ (MAB, Der Mensch und die Biosphäre. Internationale Zusammenarbeit in der Umweltforschung, Paris 1988 / Bonn 1990, S. 10). Zahlreiche Mahnungen, Aufforderungen – von den Prognosen des Club of Rome bis zu den Berichten des World Watch Institutes (vgl. dazu: www.socialnet.de/rezensionen/13867.php) – machen unmissverständlich deutlich, dass die Menschheit eines Perspektivenwechsels bedarf, wie dies die Weltkommission „Kultur und Entwicklung“ 1995 formuliert hat: „Die Menschheit steht vor der Herausforderung umzudenken, sich umzuorientieren und gesellschaftlich umzuorganisieren, kurz: neue Lebensformen zu finden“ (Deutsche UNESCO-Kommission, Unsere kreative Vielfalt, 2. erweit. Ausgabe, Bonn 1997, S. 18). Dass dieser Paradigmenwandel sich nicht automatisch vollzieht, sondern nur aktiv bewältigt werden kann, dürfte mittlerweile in das Bewusstsein der Menschen eingegangen sein. Freilich klaffen bei der Frage nach dem „Wie“ erhebliche Lücken. Sie werden bestimmt von einem völlig unverantwortlichen business as usual, einem zögerlichen „Es-wird-schon-nicht-so-schlimm-kommen“, bis hin zu dem ohnmächtigen und blockierenden „Was-kann-ich-denn-schon-machen“ und dem egoistischen „Hauptsache-ich-bin-aus-dem-Schneider“ – Denken und Verhalten. Das Streben der Menschen nach einem „guten Leben“ (Aristoteles) jedoch sollte immer bestimmt sein von der Erkenntnis, dass diese Hoffnung gründen muss auf der Überzeugung, dass „jeder einzelne von uns tagtäglich die Verantwortung für die Zukunft der gesamten Menschheit trägt“, und dass jedes Individuum darauf angewiesen ist, mit anderen Menschen friedlich, sozial und gerecht zusammen zu leben.

Entstehungshintergrund und Autorin

Ein auf den Prinzipien der Nachhaltigkeit beruhendes Umweltbewusstsein (vgl. dazu auch: Ulrich Grober, Die Entdeckung der Nachhaltigkeit. Kulturgeschichte eines Begriffs, München 2010, www.socialnet.de/rezensionen/9284.php) kann und muss gelernt werden, und zwar beginnend in der Familie, dem Kindergarten, der Schule und sich als lebenslange Verhaltensänderung etablieren. Die problematische Entwicklung hin zum homo oeconomicus, der im Immer-Mehr-Denken und -Konsumieren ein erstrebenswertes Dasein und eine Haben-Mentalität (Erich Fromm) entwickelt, bedarf eines Umdenkens in der Theorie und Praxis menschlichen Wollens und Verhaltens. „Was mehr wird, wenn wir teilen“ (Elinor Ostrom, Was mehr wird, wenn wir teilen. Vom gesellschaftlichen Wert der Gemeingüter, 2011, www.socialnet.de/rezensionen/11224.php) ist eine zielführende Perspektive zur Verhaltensänderung; und das „Ich bin common“ eine trendige Herausforderung (Silke Helfrich / Heinrich-Böll-Stiftung, Hrsg., Commons. Für eine neue Politik jenseits von Markt und Staat, 2012, www.socialnet.de/rezensionen/13482.php). Wenn es um die Frage geht, wie die Menschheit ihre Zukunft gestaltet (Matthias Horx, Das Buch des Wandels. Wie Menschen Zukunft gestalten, 2009, www.socialnet.de/rezensionen/9735.php), bedarf es in der sich immer interdependenter, entgrenzender und globalisierter entwickelnden (Einen?) Welt eines neuen Menschen- und Weltbildes, das sich vom Homo oeconomicus hin zum Homo empathicus (Jeremy Rifkin, Die empathische Zivilisation. Wege zu einem globalen Bewusstsein, 2010, www.socialnet.de/rezensionen/9048.php) und zum Homo oecologicus (Harald Heinrichs / Katina Kuhn, u.a., Hrsg., Nachhaltige Gesellschaft? Welche Rolle für Partizipation und Kooperation?, 2011, www.socialnet.de/rezensionen/11955.php) entwickeln muss.

Das Anliegen der Berliner Autorin, Lektorin und Stilistin Claudia Huboi (www.kreisrund-redaktion.de) ist es, Kindern komplizierte Fragestellungen nicht simpel und allzu vereinfachend nahe zu bringen, sondern sie dafür zu interessieren, dass auch schwierige Zusammenhänge des Lebensvollzugs durch eigenes Tun und Engagement erschließbar sind. Der Titel ihres Umwelt-Mitmachbuches „forschen – tüfteln – bauen“ gibt das Motto vor: Begreifen durch Begriffe verstehen und sie be-greifen durch „testen, schützen, fragen, kapieren, machen, spielen, bauen, pflanzen, buddeln, finden, verbessern“.

Aufbau und Inhalt

Die Autorin gliedert ihr reich, anschaulich und für Kinder etwa im Alter von 7 bis 12 Jahren motivierend illustriertes Buch in vier Kapitel: „Unsere Umwelt“ zeigt konkrete Zusammenhänge auf, wie verschiedene Umweltfaktoren, wie Klima und Energie, das Alltagsleben bestimmen und beeinflussen. Dabei werden sogar so komplizierte Begriffe, wie Treibhauseffekt“ oder „Emissionshandel“ be-greiflich! Und die Lösungsmöglichkeiten für dich und mich durch einfache Experimente zum Aha-Erlebnis: Stromsparen kann man lernen!

Das zweite Kapitel „Alles Müll?“ ist mit einem Fragezeichen versehen; denn es geht nicht um Ex und Hopp, sondern darum, Abfall als einen Wertstoff zu verstehen und Recycling als Kreativität zu erfahren; etwa, aus einer Getränkedose, einem Karton, einer Folie, Kronkorken, Kunststoffbehältern, Flaschenverschlüssen, Draht, Stoffresten, usw. ein eigenes Gebrauchsgut, Geschenk, Spielzeug und allerlei Sinnvolles und Nützliches selbst herzustellen und dadurch den Wert einer Wegwerfware zu begreifen. Es geht weiter um die Frage danach, was Konsum ist und wie wir mit dem, was wir brauchen, vielleicht oder gar nicht benötigen, umgehen. Führt die Mentalität – „Ich hole mir…“ – nicht in die Irre einer Habenmentalität und zum Verlust unseres Seinsmodus (Erich Fromm)?

Im dritten Kapitel wird „Sonne, Wind, Wasser“ thematisiert, als Energie- und Lebensquellen. Interessante Bastelanleitungen, um einfache Sonnenkollektoren selbst herzustellen, Windräder und Wasserboote und Propeller-Flösse, sogar eine Kläranlage. Da werden Sensibilitäten entwickelt, wie wir mit den Gütern der Erde umgehen, wie wir Verschwendung vermeiden und Solidarität mit den Menschen einüben können, die über diese Ressourcen nicht in gleichem Maße wie wir verfügen.

Mit dem Kapitel „Draußen“ wird diskutiert, was in unserer Landschaft wächst, wie wir Wachstum erzeugen, befördern und bewahren können; wie es auch im kleinsten Raum gelingen kann, essbare Kräuter zu ziehen; was „Bio“ ist; wie wir Kräuterbonbons herstellen können; wie wir kritisch mit Bezeichnungen umgehen sollten; was „Green-Washing“ ist; wie Bäume und Pflanzen und Insekten bestimmt werden können; bis hin zu der Frage, was wir mit dem Regenwald und seinem „Verbrauch“ zu tun haben.

Schließlich wird die Phantasie der Kinder mit der Frage angeregt: „Wie soll deine Welt in 20 Jahren aussehen?“. Die Frage, wie viel Berufe für die Zukunft unserer Umwelt wichtig sind, leitet über in ein Nachdenken und eine Auseinandersetzung für eigene spätere berufliche Tätigkeiten und Engagement. Eine Liste mit wichtigen Adressen und Quellenangaben schließt das Mitmachbuch ab.

Fazit

Eine intakte Umwelt ist Voraussetzung für ein intaktes, aktives und nachhaltiges (gutes) Leben der Menschen auf der Erde. Das Bewusstsein fällt nicht vom Himmel; es darf auch nicht als ein Diktat von Interessen vorgegeben werden. Es geht vielmehr darum, Umweltbewusstsein zu lernen; etwa durch forschen, tüfteln und bauen. Das Umwelt-Mitmachbuch eignet sich für Kinder als Geburtstagsgeschenk, es sollte in den Bücherregalen der Kitas und Grundschulen, wie auch in den Büchereien der Sekundarstufe I bereit stehen; denn es vermag eines der Grundgeheimnisse und Einsichten zu vermitteln, dass nämlich jede Handlung des alltäglichen und gesellschaftlichen Lebens unsere Umwelt beeinflusst, lokal und global!

Rezension von
Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer
Ehemaliger Lehrbeauftragter an der Universität Hildesheim
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Es gibt 1671 Rezensionen von Jos Schnurer.

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Zitiervorschlag
Jos Schnurer. Rezension vom 28.09.2012 zu: Claudia Huboi: forschen, tüfteln, bauen. Das Umwelt-Mitmachbuch für Kinder. Haupt Verlag (Bern Stuttgart Wien) 2012. ISBN 978-3-258-60059-8. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/13496.php, Datum des Zugriffs 03.11.2024.


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