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Michael Linden, Bernhard Strauß (Hrsg.): Risiken und Nebenwirkungen von Psychotherapie

Rezensiert von Dipl.-Psych. Gerhard Wolfrum, 04.03.2013

Cover Michael Linden, Bernhard Strauß (Hrsg.): Risiken und Nebenwirkungen von Psychotherapie ISBN 978-3-941468-64-1

Michael Linden, Bernhard Strauß (Hrsg.): Risiken und Nebenwirkungen von Psychotherapie. Erfassung, Bewältigung, Risikovermeidung. MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft (Berlin) 2012. 180 Seiten. ISBN 978-3-941468-64-1. D: 34,95 EUR, A: 36,00 EUR, CH: 60,40 sFr.

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Thema

„Keine Therapie ohne Risiken, Nebenwirkungen oder gar Komplikationen. Das gilt auch für die Psychotherapie. Nicht nur die Wirkung der Therapie selbst, sondern ebenso die Interaktion zwischen Therapeut und Patient, das Verhalten des Therapeuten oder das Setting bergen Risiken für beide Seiten. Ausgehend von einer grundlegenden Definition, Klassifikation und den empirischen Befunden zu Psychotherapienebenwirkungen werden die wesentlichen Risiken verschiedener Psychotherapieverfahren und -formen dargestellt. Das Thema wird aus der Perspektive des Therapeuten wie auch des Patienten abgehandelt, die beide Nebenwirkungen erleiden können. Es werden konkrete Strategien zur Vorbeugung und Reduktion von Risiken und Nebenwirkungen gegeben. Das Buch wendet sich an Wissenschaftler sowie Praktiker und will zu einer offenen und sachlichen Diskussion des Themas beitragen“ (Klappentext des Verlags).
Anliegen des Buches ist es, Haupt- und Nebenwirkungen, Psychotherapieschäden und unerwünschte Ereignisse sicher unterscheiden zu können, spezifische Nebenwirkungen verschiedener Psychotherapieverfahren zu erkennen, um Risiken vermeiden und mehr Behandlungsqualität durch konkrete Strategien und Konzepte anbieten zu können.

Herausgeber

Michael Linden, Prof. Dr. med., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie Psychologischer Psychotherapeut, Leiter der Forschungsgruppe Psychosomatische Rehabilitation an der Charité Universitätsmedizin Berlin und Abteilung Verhaltenstherapie und Psychosomatik am Reha-Zentrum Seehof der Deutschen Rentenversicherung Bund, Teltow/Berlin.

Bernhard Strauß, Prof. Dr. phil. habil., Dipl.-Psych., Psychoanalytiker, Psychologischer Psychotherapeut. Seit 1996 Direktor des Instituts für Medizinische Psychologie am Klinikum der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Weitere Autoren

Harald J. Freyberger, Marie-Luise Haupt, Rainer Hellweg, Micha Hilgers, Veronika Hillebrand, Bernhard Jakl, Horst Kächele, Sophie Kaczmarek, Maria Kensche, Michael Linden, Michael Märtens, Dankwart Mattke, Yvonne Nestoriuc, Winfried Rief, Andrea Schleu, Wolfgang Schneider, Carsten Spitzer, Bernhard Strauß, Serge K. D. Sulz.

Entstehungshintergrund

Michael Linden wurde auch als Erstbeschreiber der postraumatischen Verbitterungsstörung bekannt und entwickelte die sog. Weisheitstherapie. Bernhard Strauß begann in der Sexualforschung, forscht nun überwiegend im Bereich medizinische Psychologie und hat sich schwerpunktmäßig mit Fragen der Gruppentherapie beschäftigt, beide Hauptautoren haben wiederholt zu Fragen der „Passung“ zwischen Patient und Therapeut und klassifikatorischen Fragen in der Psychotherapie veröffentlicht.

Aufbau

Das Buch ist in dreizehn Hauptabschnitte gegliedert:

  1. Definition und Klassifikation von Psychotherapie-Nebenwirkungen
  2. Empirische Befunde zum Spektrum und zur Häufigkeit von unerwünschten Wirkungen, Nebenwirkungen und Risiken von Psychotherapie
  3. Zum dialektischen Verhältnis von Haupt- und Nebenwirkungen in der Psychotherapie: „Wo gehobelt wird, da fallen auch Späne“
  4. Spezifische Nebenwirkungen von psychodynamischer Psychotherapie
  5. Risiken und Nebenwirkungen von Verhaltenstherapie
  6. Nebenwirkungen und unerwünschte Wirkungen von Gruppentherapien
  7. Patientenbeschwerden über psychotherapeutische Behandlungen
  8. Negativfolgen von Psychotherapie in der sozialmedizinischen Begutachtung
  9. Die rechtlichen Nebenwirkungen von Psychotherapie
  10. Nebenwirkungen von Psychotherapie bei Psychotherapeuten
  11. Erfassung von Nebenwirkungen in der Psychotherapie
  12. Der Therapeut als Ansatzpunkt für die Vermeidung von Psychotherapienebenwirkungen
  13. Die Ausbildung, Weiterbildung und Supervision von Psychotherapeuten unter der Risikovermeidungsperspektive

Inhalt

Anliegen der Autoren ist es, die Aufmerksamkeit auf „die dunkle Seite der Psychotherapie“, wie Spiegelonline im November 2012 schrieb, zu lenken. Sie tun dies vielleicht gerade deshalb, weil Psychotherapeuten und Wissenschaftler zunächst bemüht sind, die Indikationen für psychotherapeutische Behandlungen und die Wirksamkeitsnachweise herauszuarbeiten. Dies gilt umso mehr, als seit der Verabschiedung des Psychotherapeutengesetzes nur solche Psychotherapieverfahren zur Anwendung kommen sollen und von den Krankenkassen bezahlt werden, für die der wissenschaftliche Wirksamkeitsnachweis geführt werden kann. Dementsprechend fanden bislang Nebenwirkungen und potenzielle Schäden durch Psychotherapie und Psychotherapeuten vergleichsweise wenig Beachtung.

In Kooperation mit einer großen Gruppe kompetenter Autorinnen und Autoren wird diese Schattenseite der Psychotherapie mehr beleuchtet. Das Buch beginnt mit einer Definition und Klassifikation (Haupt, Linden und Strauß) von Psychotherapienebenwirkungen und betont die Bedeutung der Unterscheidung zwischen Nebenwirkungen als unvermeidliche Begleiterscheinungen jeder Psychotherapie einerseits und Psychotherapieschäden und Kunstfehlern andererseits. Zwar habe wie in der Pharmakotherapie auch in der Psychotherapie alles, was wirkt, auch Nebenwirkungen, dementsprechend lasse sich „nil nocere“ in der Psychotherapie nicht durchgängig durchhalten, wenn man darunter Nebenwirkungen versteht, die dem Patienten und / oder seiner Umgebung auch Schwierigkeiten machen können, meinen die Autoren. Deutlich davon abzugrenzen sind Kunstfehler durch Nichtbeachtung von Grundregeln in Dialog und Beziehungsgestaltung, ungeeignete Methodik und Techniken, schlechte Ausbildung und erst Recht Grenzüberschreitungen in der Psychotherapie.

Die empirischen Befunde zum Spektrum und zur Häufigkeit unerwünschter Wirkungen, Nebenwirkungen und Risiken von Psychotherapie (Kaczmarek und Strauß) machen erschreckend deutlich, dass es um ein häufiges Problem geht, das angemessene Beachtung verlangt. Dabei zeigt sich, dass ein starkes Ungleichgewicht in der Literatur zwischen den extremen Phänomenen, wie etwa dem sexuellen Missbrauch in der Psychotherapie und eher „alltäglichen“ Nebenwirkungen und unerwünschten Wirkungen von Psychotherapie besteht – was nicht auf ein spezielles Psychotherapieverfahren begrenzt ist. Beachtung finden auch die frühen Bemühungen von Hans Strupp (1981) ein Instrument zur Erfassung von negativen Indikatoren in der Psychotherapie zu entwickeln, um Patientengruppen identifizieren zu können, die von Verschlechterung betroffen sein könnten oder generell Risikofaktoren für eine Behandlung zu benennen.

Der Beitrag zum dialektischen Verhältnis von Haupt- und Nebenwirkungen in der Psychotherapie (Freyberger und Spitzer) zeigt, wie schwierig es ist, überhaupt zu bestimmen, was negative und positive Wirkungen einer Psychotherapie sind. Als Beispiel führen die Autoren den Einsatz von Expositions- und Konfrontationstechniken bei Patienten mit Posttraumatischen Belastungsstörungen an und weisen – auch angesichts der unseligen Neuner-Debatte - auf die Gefahren einer Verschlechterung bei unsachgemäßem Vorgehen hin. Zur Diskrepanz von Selbst- und Fremdeinschätzung wäre der Hinweis auf Strupps „Drei-Parteien-Modell“ hilfreich gewesen. „Schädlich“ sei das Verhalten des Therapeuten, wenn er zu Beginn einer Behandlung den Patienten nicht hinreichend über die Wirkungen und Nebenwirkungen aufkläre, insbesondere bei initialer Symptomschwere. Inwiefern Haupt- und Nebenwirkungen nicht trennbar und dialektisch aufeinander bezogen sind, hat sich dem Rezensenten nicht wirklich erschlossen.

Des Weiteren werden Nebenwirkungen diskutiert, die bevorzugt in unterschiedlichen Psychotherapieverfahren und -formen vorkommen, z.B. der psychodynamischen Psychotherapie (Kächele und Hilgers), wobei sich die Autoren mit direkten Schädigungen durch therapeutische Kunstfehler und unpassenden Interventionen auseinandersetzen und als Beispiel die gescheiterte Behandlung von Marilyn Monroe mit Setting- und Abstinenzverletzungen anführen.

Die Auseinandersetzung mit den Nebenwirkungen der Verhaltenstherapie (Nestoriuc und Rief) führt erneut als Beispiel die Expositionstechniken an und verweist auf unprofessionelles und unethisches Therapeutenverhalten inclusive sexueller und körperlicher Übergriffe sowie dem Bruch der Schweigepflicht. Interessant fand der Rezensent den Hinweis auf den emprischen Befund, dass Verhaltentherapeuten leichter Verzerrungs-Tendenzen bezüglich der eigenen Wirksamkeitsrate im Hinblick auf Erfolg oder Misserfolg der Therapie unterliegen als andere Behandler. Hier hätte man sich einen Hinweis auf die attributionstheoretische Studie von König-Fuchs (1991) mit der generellen Aussage gewünscht, dass Therapeuten den Erfolg einer Psychotherapie in der Regel internal attribuieren, den Misserfolg jedoch external: „Der Misserfolg findet statt, aber ohne den Therapeuten“.

Nebenwirkungen der Gruppentherapie (Strauß und Mattke) zeigen sich in der Regel deutlicher und bei einem höheren Prozentsatz von Patienten, auch in deutlich höheren Abbruchraten. Für die Autoren ist dies angesichts des Potenzierungseffektes von Gruppen hin zum Guten, aber auch zum Schlechten nicht weiter verwunderlich. Angesichts dieses „Verstärker-Effektes“ von Gruppen sollten also Aufnahmekriterien und Indikation genauer geprüft werden, denn „Gruppe“ ist kein Allheilmittel – wie leider in stationären Settings häufig praktiziert.

Von Bedeutung zeigt sich auch die Perspektive der Patienten auf Nebenwirkungen (Schleu, Hillebrand, Kaczmarek und Strauß), denn als Betroffene haben sie zu entscheiden, was positiv oder negativ sein kann. Bereits 1988 schlug R. Tausch die Einrichtung einer Beschwerdeinstanz für Psychotherapie vor, aber erst in jüngster Zeit gibt es zögerliche Versuche, wenigstens eine „Beschwerdekultur“ einzuführen. Umso verdienstvoller ist hier die Gründung des Vereins „Ethik in der Psychotherapie e.V.“ im Jahr 2004, welcher erschreckende Details der Schattenseite der Psychotherapie berichten kann. Dabei zeigt die Erfahrung, dass bei Grenzverletzungen selten eine einzige, sondern meistens eine Kombination von sich oft unmerklich steigernden Unregelmäßigkeiten vorliegt – entsprechend dem Frosch, der zwar aus heißem Wasser herausspringen kann, aber in langsam erhitztem umkommt. Eine Vielzahl von Beschwerdekategorien werden aufgelistet, die Auswirkungen und die Psychodynamik von Grenzverletzungen, einschließlich der rechtlichen Folgen dargestellt.

Auch die sozialmedizinische (Hellweg und Kensche) sowie die juristische Ebene (Jackl) wurden nicht vergessen. Erstere bezieht sich vor allem auf die Unterscheidung von akuten und chronischen Erkrankungen und die Abklärung von Minderung der Erwerbsfähigkeit, Arbeitsunfähigkeit und Grad der Behinderung sowie die Tücken, gegen die der Gutachter gefeit sein muß. Letztere stellt die zivilrechtlichen und strafrechtlichen Folgen von Behandlungsfehlern dar, angefangen von der vertraglichen Ebene zwischen Patient und Therapeut, über Aufklärungspflichten, Aktenführung und Akteneinsicht, Vertraulichkeit und Abstinenzgebot bis zu Schadensersatzansprüchen, Beweislastumkehr, Abrechnungsbetrug und schließlich Körperverletzung und sexuellem Missbrauch.

Auch der Psychotherapeut kann Betroffener werden und selbst Nebenwirkungen (Schneider) ausgesetzt sein, was in den letzten Jahren unter Burn-out, Compassion-Fatigue oder sekundärer Traumatisierung zunehmend häufiger beschrieben wurde – gerade nachdem Therapeuten mehr mit traumatisierten Patienten zu tun haben. Interessant fand der Rezensent die Charakteristika des Therapeutenberufes und die persönlichkeitstypischen Merkmale von Psychotherapeuten, wo erneut deutlich wird, dass der Therapeut umso mehr zur Gefahr für den Patienten werden kann, je weniger er sich selbst kennt und je seltener er gezwungen war, sich in seiner Ausbildung einer therapeutischen Selbsterfahrung zu unterziehen. Wie häufiger in den letzten Jahren zu finden, weisen die Autoren auch auf die Gefahren für die Gesundheit und Lebensqualität des Therapeuten hin.

Zum Abschluss der Problemdarstellung wird ein methodischer Ansatz zur Erkennung und Klassifikation von Nebenwirkungen in Abgrenzung zu unerwünschten Ereignissen oder Therapieschäden (Linden und Haupt) als Voraussetzung für systematische Forschung vorgestellt mit der Erkenntnis, dass gute Therapeuten solche sind, die die Nebenwirkungen ihrer Arbeit antizipieren und erkennen können.

Die beiden abschließenden Kapitel widmen sich der Vorbeugung von Psychotherapienebenwirkungen: Es werden Ansatzpunkte beim Psychotherapeuten (Märtens) beschrieben, der nicht nur qualifiziert, sondern auch nebenwirkungssensibel und nebenwirkungsoffen sein sollte. Kernaussage ist sowohl die Feststellung, dass es schlechterdings keine schlechten oder ungeeigneten Patienten gibt, sondern nur ungeeignete Therapeuten und falsche Methoden, sondern auch der ernüchternde Hinweis, dass das größte Potenzial zur Verbesserung der Therapie in Therapien liegt, die nicht gemacht werden: „Wenn unfruchtbare Therapien schneller erkannt oder überhaupt nicht begonnen werden, würde sich hieraus eine wesentlich effektivere Verbesserung der therapeutischen Versorgung ergeben als durch die Suche nach immer effektiveren Methoden“ (S. 168).

Das letzte Kapitel beschreibt Empfehlungen für Ausbildung, Weiterbildung und Supervision (Sulz), um frühzeitig die Perspektive auf Risikovermeidung zu lenken. Nach Meinung des Autors ist es wichtig, dieses Thema zu enttabuisieren und nicht mit Kunstfehlern zu verwechseln, um eine offene Diskussion zu ermöglichen und letztendlich den Patienten besser zu schützen. Er plädiert bereits in der Ausbildung für die Entwicklung eines „Nebenwirkungs-Bewußtseins“ und auch später für die regelmäßige Inanspruchnahme von Qualitätszirkeln, Intervisions-, interaktionellen Fallarbeits- (IFA) und Balintgruppen, um eine kontinuierliche Qualitätssicherung mit Riskovermeidung durch Wissen und Können zu gewährleisten. Hier stellt der Autor an die Ausbildungs-Institutionen erfrischend direkt sowohl die Forderung nach mehr empirischer Forschung als auch nach einer fehlerfreundlicheren Ausbildungs-Kultur, denn bekanntlich kann man oft aus Behandlungsfehlern mehr lernen als aus einer „stromlinienförmigen“ Therapie.

Diskussion

Das Besondere an diesem Buch von Linden und Strauß ist, dass es sich eines eher unbeliebten und im „Schattenreich“ der Psychotherapie liegenden, aber gerade deshalb vielleicht umso wichtigeren Themas annimmt. Es ergänzt die bislang eher dürftige Literatur zur Frage des Misserfolgs in der Therapie, die bestenfalls von Strupp, Hardley und Gommes-Schwartz (1977), König-Fuchs (1991), Fäh, Märtens und Petzold (2002) sowie Fischer (2002) näher beleuchtet wurde. Insofern sollte diese Aufsatz-Sammlung zur Pflichtlektüre in allen Ausbildungs-Institutionen gemacht werden. Neben dem Dank, sich dieses Themas anzunehmen, kommt den Autoren das Verdienst zu, das Thema sehr systematisch und unter verschiedensten Aspekten beleuchtet zu haben. Dazu zählen auch die erschreckenden Erfahrungen des Ethik-Vereins aus der täglichen Praxis und die Bereitschaft, hier eine Plattform zur Verfügung zu stellen. Kritisch anzumerken blieben die gelegentlichen Überschneidungen, besonders natürlich beim unerfreulichen Thema des sexuellen Übergriffs und das Fehlen einer Meta-Ebene, die sich generell den Mechanismen und Dynamiken des Ge- oder Misslingens von Psychotherapien widmet, wie dies zum Beispiel Gottfried Fischer in seinem Beitrag „Von der Logik des Misslingens zur Logik des Erfolgs in der Psychotherapie – Lernen aus Forschungsergebnissen und klinischer Erfahrung“ (2002) getan hat. Er konzentriert sich nicht nur auf einzelne Risikofaktoren und Prädiktorvariablen für den Misserfolg, sondern auch auf die therapeutische Beziehung in ihrer sich entwickelnden Verlaufsgestalt und auf typische Verlaufsmuster, die er anhand einer „Skriptanalyse“ erarbeitet. Damit hätte das vorliegende, empfehlenswerte Buch eine gewisse Abrundung auf Meta-Ebene erhalten und wäre über den eher aufzählenden Charakter und die vorwiegende systematische Darstellung hinaus gekommen.

Fazit

Das Besondere an diesem Buch ist, dass es verdienstvollerweise einen ungeliebten dunklen Nischenbereich beleuchtet und eine Fülle von Beiträgen verschiedener Autoren zum Thema aus verschiedenen Blickwinkeln zusammenstellt. Verdienstvoll ist diese Arbeit besonders deshalb, weil Psychotherapieausbildung tendenziell immer mehr Theorie, Methodik und Techniken zur Verfügung stellt und die Person des Psychotherapeuten selbst immer weniger geschult, hinterfragt oder zur Selbsterfahrung gezwungen wird. Insofern kann mit Fug und Recht behauptet werden, dass die Risiken und Nebenwirkungen von Psychotherapie unter einer Psychotherapeuten-Generation zunehmen werden, die sich selbst nicht kennt und selten oder nie die eigenen „Macken“ und dunklen Seiten auszuleuchten gezwungen war. Vielleicht gelingt bald die Veröffentlichung eines Buches mit dem Titel „Risiken und Nebenwirkungen von Psychotherapeuten“ – dann wären Patienten vielleicht besser geschützt.

Rezension von
Dipl.-Psych. Gerhard Wolfrum
Psychologischer Psychotherapeut, Psychoanalytiker, Fach-Psychotherapeut für Traumatherapie, München
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Es gibt 4 Rezensionen von Gerhard Wolfrum.

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Zitiervorschlag
Gerhard Wolfrum. Rezension vom 04.03.2013 zu: Michael Linden, Bernhard Strauß (Hrsg.): Risiken und Nebenwirkungen von Psychotherapie. Erfassung, Bewältigung, Risikovermeidung. MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft (Berlin) 2012. ISBN 978-3-941468-64-1. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/13568.php, Datum des Zugriffs 02.11.2024.


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