Matthias Brauchle: Potenzielle Erfolgsfaktoren von Altenpflegeeinrichtungen
Rezensiert von Susann Tracht, 15.01.2013

Matthias Brauchle: Potenzielle Erfolgsfaktoren von Altenpflegeeinrichtungen. Eine Untersuchung im Spannungsfeld von Qualität und Wirtschaftlichkeit. Apollon University Press (Bremen) 2012. 172 Seiten. ISBN 978-3-943001-03-7. 24,90 EUR.
Thema
„Fachkräftemangel, zunehmender Preis- und Konkurrenzdruck, sowie steigende Qualitätsanforderungen sind die aktuellen Schlagworte, die das Spannungsfeld von Qualität und Wirtschaftlichkeit in Einrichtungen der Altenpflege dominieren.“ heißt es im Klappentext des Buches. Insbesondere KMU müssen sich aufgrund von „eingeschränkten Ressourcen“ (14) „auf wenige, aber effektive Erfolgsfaktoren“ (14) konzentrieren.
Der Autor verfolgt das Ziel „wichtiger, spezifischer Erfolgsfaktoren im Spannungsfeld von Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsansprüchen“ für KME der Altenpflege zu identifizieren. Daher lautet die Frage: Mit welchen Erfolgsfaktoren gelingt es KME sowohl Qualitäts- als auch Wirtschaftlichkeitsziele mit welchem Zielerreichungsgrad zu erreichen?
Autor
Matthias Brauchle arbeitet bisher als externer Berater und Geschäftsführer für Pflegeeinrichtungen. Er hat nach Abitur auf dem zweiten Bildungsweg und dem Zivildienst in einer Behinderteneinrichtung sein Studium des Diplom-Sozialpädagogen begonnen. Daran an schloss sich Weiterqualifizierung im Bereich der Betriebswirtschaftslehre für Non-Profit-Einrichtungen sowie Master of Health Economics.
Zielgruppe
Das Buch ist eine Abschlussarbeit des Studienganges Master of Health Economics der Apollon Hochschule. Zielgruppe dieser Arbeit "mit engem Praxisbezug" (15) sind KMU der vollstationären Altenpflege.
Aufbau
Das Buch gliedert sich neben Vorwort, Literaturverzeichnis und Anhang in 21 Kapitel unterschiedlicher Länge.
1 Eingrenzung, Zielsetzung und Vorgehensweise
- 1.1 Eingrenzung des Themas auf kleine und mittlere Einrichtungen (KME)
- 1.2 Regionale Eingrenzung des Untersuchungsgebiets auf Baden- Württemberg
- 1.3 Zielsetzung
- 1.4 Vorgehensweise
2 Die Besonderheiten der kleinen und mittleren Einrichtungen
3 Qualitätsziele in Pflegeheimen
- 3.1 Dimensionen der Qualität – das Qualitätsmodell von Donabedian
- 3.2 Qualitätsziele aufgrund von Qualitätsvorgaben durch das Pflegeversicherungsrecht
- 3.3 Qualitätsziele aufgrund von Qualitätsvorgaben durch das Heimgesetz 31
- 3.4 Strukturierung der gesetzlichen Qualitätsvorgaben und der Qualitätsziele
- 3.5 Qualitätsziele aus Sicht der Bewohner sowie deren Angehörigen
- 3.6 Zusammenfassung der Qualitätsziele in Pflegeheimen 43
4 Potenzielle Erfolgsfaktoren im Bereich Qualität
- 4.1 Erfolgsfaktoren für die Strukturqualität
- 4.2 Erfolgsfaktoren für die Prozessqualität
- 4.3 Erfolgsfaktoren für die Ergebnisqualität
- 4.4 Erfolgsfaktoren für die Qualitätsziele aus Sicht der Bewohner sowie deren Angehörigen
5 Wirtschaftlichkeitsziele in Pflegeeinrichtungen
- 5.1 Der regionale Pflegemarkt in Baden-Württemberg
- 5.2 Das ökonomische Prinzip als Ausgangspunkt der Betrachtungen
- 5.3 Wirtschaftlichkeitsziele zur Erlösoptimierung
- 5.4 Wirtschaftlichkeitsziele zur Kostenoptimierung
- 5.4.1 Personalkostenoptimierung
- 5.4.2 Sachkostenoptimierung
- 5.5 Wirtschaftlichkeitsziele zur Rentabilitätsoptimierung
- 5.6 Zusammenfassung der Wirtschaftlichkeitsziele in Pflegeheimen
6 Potenzielle Erfolgsfaktoren im Bereich Wirtschaftlichkeit
- 6.1 Erfolgsfaktoren für die Erlösoptimierung
- 6.2 Erfolgsfaktoren für die Kostenoptimierung
- 6.3 Erfolgsfaktoren für die Rentabilitätsoptimierung
7 Korrelation von Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitszielen
8 Entwicklung des empirischen Untersuchungsdesigns
- 8.1 Bezugsrahmen und Zielsetzung der Untersuchung
- 8.2 Entwicklung des Instruments zur Datenerhebung
- 8.3 Qualitätskriterien der empirischen Daten
- 8.4 Vorbereitung und Durchführung der Befragung
9 Aufbereitung und Auswertung der empirischen Ergebnisse
- 9.1 Vorgehensweise bei der Auswertung der Daten
- 9.2 Auswertung zur Anwendung der potenziellen Erfolgsfaktoren
- 9.3 Auswertung zur Beurteilung der Wichtigkeit und Eignung der potenziellen Erfolgsfaktoren
- 9.4 Zusammenhang zwischen Anwendungsgrad und Eignungsgrad
- 9.5 Auswertung zum Zielerreichungsgrad in Bezug auf Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsziele
- 9.6 Zusammenhang zwischen Erfolgsfaktorenindex und Zielerreichungsgrad
10 Zusammenfassung und Ausblick
- 10.1 Zusammenfassende Bewertung der Untersuchungsergebnisse
- 10.2 Praxisrelevanz der Untersuchungsergebnisse
- 10.3 Ausblick auf weitergehende Untersuchungsmöglichkeiten
Inhalt
Nach einer kurzen Darstellung der Herausforderungen zwischen Preisdruck und Qualitätsansprüchen arbeitet Brauchle seinen Untersuchungsfokus: KME im Bereich der vollstationären Altenpflege in Baden- Württemberg kurz und nachvollziehbar anhand verschiedener Studien heraus. Innerhalb der Zielspezifizierung wird auf die "möglichen operativen Erfolgsfaktoren" (14), die sich auf die Dienstleistungsqualität und/ oder auf die Wirtschaftlichkeit der Pflegeeinrichtungen direkt auswirken“ zugespitzt. Der Fokus liegt nicht auf den strategischen, da „Dies der Situation und Perspektive der KME am nächsten kommt.“ (14).
Innerhalb der Darstellung der Vorgehensweise verweist der Autor indirekt auf das Kausalitätsproblem zwischen Zielerreichung und Erfolgsfaktor. Im Weiteren leitet er aus gesetzlichen und einrichtungsspezifischen Vorgaben für die Bereiche Qualität und Wirtschaftlichkeit Ziele ab anhand derer potenzielle Erfolgsfaktoren abgeleitet werden. Dann werden diese potenziellen Erfolgsfaktoren in der Praxis geprüft und noch zusätzliche abgefragt. Zudem wird durch subjektive Bewertungen hinsichtlich des Grades der Zielerreichung ein Zusammenhang zu Einsatz und Nutzung hergestellt, um anschließend den Zusammenhang von Effizienz und Qualität herauszuarbeiten.
Besonderheiten der KME werden in Kapitel 2 dargestellt. Es werden "allgemeingültige"( 18) Stärken und Schwächen aus der Literatur abgeleitet und daraufhin überprüft, ob sie auf die Untersuchungs- KME übertragbar sind.
Das Kapitel 3 setzt sich mit dem Thema Qualität auseinander. Der Autor definiert Qualität in Anlehnung an die Definition im Pflegeversicherungsrecht, anschließend entwickelt er aus gesetzlichen Qualitätsvorgaben 15 Qualitätsziele. Der Fokus liegt auf Qualitätsmerkmalen denen „in der alltäglichen Dienstleistungserbringung eine hohe Bedeutung zukommt“ (44). Er unterscheidet in Anlehnung an das Qualitätsmodell nach Donabedian in Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität. Zudem berücksichtigt der Autor zusätzlich zu den gesetzlich definierten Standards die Bewohner- und Angehörigenperspektive.
In Kapitel 4 werden Maßnahmen und Prozesse identifiziert die in besonderem Maße die Qualität als auch Wirtschaftlichkeit fördern. Im Fokus stehen also Erfolgsfaktoren, „mit denen es gelingen soll, […] Qualitätsziele effizient zu erreichen“ (45).
Kapitel 5 beschäftigt sich mit Wirtschaftlichkeitszielen in Pflegeeinrichtungen. Nach einer Betrachtung des Pflegemarktes Baden- Württemberg begründet Brauchle seine Definition nicht aus dem Pflegeversicherungsrecht, sondern dem ökonomischen Prinzip. Er fokussiert auf die quantitativen Ziele: Erlöse, Kosten, Rentabilität. Die aus dem Pflegeversicherungsrecht abgeleiteten Ziele werden in einem nächsten Schritt in Sach- und Personalkosten unterscheiden. Insgesamt ergeben sich 12 Wirtschaftlichkeitsziele.
Kapitel 6: Aus den zuvor entwickelten Wirtschaftlichkeitszielen wird wie auch bei den Qualitätszielen in Kapitel 4 Erfolgsfaktoren abgeleitet.
In Kapitel 7 werden Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsziele auf ihre Zielbeziehung hin untersucht. Daraus entwickelt der Autor ein Modell der dynamischen Balance von Qualität und Wirtschaftlichkeit.
Im 8. Kapitel entwickelt der Autor das Design der empirischen Untersuchung. Er benennt die zentralen Untersuchungsfragen zur Hypothesenprüfung und begründet die Entscheidung für eine Fragebogenerhebung als Vorgehen der Datengewinnung.
Kapitel 9 dient der Aufbereitung und Auswertung der Daten. Es wurden 12 von 16 Frageböden verwertet. Die Frageauswertung wurde mittels Statistikprogramm und eigener Tools betrieben. Die Ergebnisdarstellung zu Anwendung, Eignung, deren Verhältnis zueinander und der Zielerreichungsgrad erfolgt nachvollziehbar und visuell hilfreich unterstützt.
Das abschließende Kapitel dient der kritischen Würdigung und der Ableitung von Handlungsempfehlungen unterteilt in die Sphären Praxis und Wissenschaft.
Diskussion
Das Buch ist verständlich und nachvollziehbar aufgebaut. Schon das Inhaltsverzeichnis führt den Leser, trotz der vielen Gliederungsebenen, klar, strukturiert und fundiert an die Eingrenzungen des Autors heran. Aktuelle Entwicklungen werden dargestellt. Sehr hilfreich erscheint die visuelle Verdeutlichung an zahlreichen Stellen.
Der Autor verzichtet bewusst auf eine „theoriegeleitet Definition von Erfolgsfaktoren“ (15). Jedoch wäre ein kurzer Abriss der Theorie zu Erfolgsfaktoren verständnisfördernd, zudem der Autor des Öfteren darauf verweist, dass strategische Erfolgsfaktoren "nicht weniger wichtig" (14) sind. Auch stellt sich die Frage, ob die Trennung in operative und strategische Erfolgsfaktoren bei der Untersuchungsgröße der kleineren KMU (Anzahl der Plätze 100 und weniger) plausibel ist, da operativ und strategische Ebene z.T. dicht beieinander liegen.
Fazit
Es ist eine wichtige Arbeit zum Sensibilisieren der Praxis für den Zusammenhang von Qualität und Wirtschaftlichkeit. Dabei kommt insbesondere dem von M. Brauchle herausgearbeiteten und innerhalb der Arbeit gut platzierten Einfluss der Stakeholder Bedeutung zu. Größte Beachtung findet die differenzierte Auseinandersetzung und Gewichtung von gesetzlichen Vorgaben in Bezug zur Qualität und Wirtschaftlichkeit, die die praktische Arbeit von KME erleichtern könnte. Ebenfalls sehr praxisnah ist die visuelle Verdeutlichung an zahlreichen Stellen.
Rezension von
Susann Tracht
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Zitiervorschlag
Susann Tracht. Rezension vom 15.01.2013 zu:
Matthias Brauchle: Potenzielle Erfolgsfaktoren von Altenpflegeeinrichtungen. Eine Untersuchung im Spannungsfeld von Qualität und Wirtschaftlichkeit. Apollon University Press
(Bremen) 2012.
ISBN 978-3-943001-03-7.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/13610.php, Datum des Zugriffs 07.02.2023.
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