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Kurt Gritsch: Inszenierung eines gerechten Krieges?

Rezensiert von Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer, 24.07.2012

Cover Kurt Gritsch: Inszenierung eines gerechten Krieges? ISBN 978-3-487-14355-2

Kurt Gritsch: Inszenierung eines gerechten Krieges? Intellektuelle, Medien und der "Kosovo-Krieg" 1999. Georg Olms-Verlag (Hildesheim) 2010. 533 Seiten. ISBN 978-3-487-14355-2. 58,00 EUR.
Reihe: Historische Europa-Studien - Band 3.

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Thema

Die uralte, im Laufe der Menschheitsgeschichte immer wieder postulierte, relativierte und ad absurdum geführte Frage, ob der Mensch des Menschen Wolf oder Engel sei, hat Albert Einstein in seinem Brief an Sigmund Freud am 30. Juli 1953 beantwortet mit: „Im Menschen lebt ein Bedürfnis zu hassen und zu vernichten“ (UNESCO-Kurier 5/1985, S. 5). Die biblische Antwort – „Liebet eure Feinde“ – lässt ja durchaus auch die Auffassung vermuten, dass der „Mensch des Menschen Feind sei“ und Kriege deshalb gerechtfertigt seien; natürlich nur dann, wenn sie im Namen Gottes geführt werden, wie dies Augustinus feststellt: „Niemand darf jemals die Berechtigung eines Krieges bezweifeln, der in Gottes Namen befohlen wird, denn selbst das, was aus menschlicher Gier entsteht, kann weder den unkorrumpierbaren Gott noch seinen Heiligen etwas anhaben. Gott befiehlt Krieg, um den Stolz der Sterblichen auszutreiben, zu zerschmettern und zu unterwerfen“ ( de.wikipedia.org/wiki/Gerechter_Krieg).

Da sind wir schnell bei der Frage, ob kriegerische Auseinandersetzungen zwischen Gemeinschaften, Völkern und Staaten als natürlich und selbstverständlich, oder unmenschlich und verabscheuungswürdige anzusehen sind. In der Präambel der UNESCO, der Sonderorganisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (16. 11. 1945) finden wir eine eindeutige Antwort: „Da Kriege im Geist der Menschen entstehen, (müssen) auch die Bollwerke des Friedens im Geist der Menschen errichtet werden“. In der Charta der Vereinten Nationen (26. 6. 1945) lesen wir in Artikel 1 u.a.: „Die Vereinten Nationen setzen sich folgende Ziele: (1) den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren und zu diesem Zweck wirksame Kollektivmaßnahmen zu treffen, um Bedrohungen des Friedens zu verhüten und zu beseitigen, Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken und internationale Streitigkeiten oder Situationen, die zu einem Friedensbruch führen könnten, durch friedliche Mittel nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und des Völkerrechts zu bereinigen oder beizulegen…“ (Deutsche UNESCO-Kommission, Menschenrechte. Internationale Dokumente, Bonn 1981, S. 20. Die UNESCO stellt deshalb fest, dass „Frieden mehr ist als das Ende bewaffneter Auseinandersetzung“, nämlich: „Frieden heißt Ehrfurcht vor dem Leben – Frieden ist das kostbarste Gut der Menschheit – Frieden ist eine ganz menschliche Verhaltensweise – Frieden verkörpert eine tiefverwurzelte Bindung an die Prinzipien der Freiheit, der Gerechtigkeit, der Gleichheit und der Solidarität zwischen allen Menschen – Frieden bedeutet auch eine harmonische Partnerschaft von Mensch und Natur“ (Deklaration von Yamoussoukro „Frieden im Denken der Menschen“ <1989>, Deutsche UNESCO-Kommission, Internationale Verständigung, Menschenrechte und Frieden als Bildungsziel, Bonn 1992, S. 39.

In den von den Vereinten Nationen ausgerufenem und zelebriertem Internationalen Friedensjahr wurde 1986 das Motto ausgegeben: „Der Frieden ist eine Tugend, die ihren Ursprung in der Seelenstärke (der Menschen, JS) hat“, und im Internationalen Jahr für eine Kultur des Friedens wurde 2000 daran erinnert: „Der Frieden kann und muss im Alltag gepflegt werden: Jeder Mensch kann sich an dieser Aufgabe beteiligen, indem er gemeinschaftlich mit anderen handelt“. Immer wieder wird dabei daran erinnert, dass Frieden und (soziale und demokratische) Gerechtigkeit ein zusammengehörendes Paar sind: Fehlt das eine, ist auch das andere nicht präsent!

Entstehungshintergrund und Autor

Ist der Krieg der „Vater aller Dinge“, wie der griechische Philosoph Heraklit meinte? Handelt es sich bei der Kriegsführung um eine „Notwendigkeit der Natur“, wie der englische Denker Thomas Hobbes empfand, wonach gewissermaßen das Kriegführen in der Natur des Menschen läge? Ist der Krieg nichts anderes als ein Mittel zur Durchsetzung von politischen Zielen, wie dies der preußische Kriegstheoretiker Carl von Clausewitz in die Köpfe der Menschen, vor allem der Herrscher brachte? Sind die Kriege heute nichts anderes als eine „neue Kolonisierung der Welt“, wie dies die Kölner Soziologin Maria Mies formuliert? („Krieg ohne Grenzen“, 2004, www.socialnet.de/rezensionen/1984.php). Der Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989, der die (endgültige?) Auflösung des Ost-West-Konflikts signalisierte, barg für viele Menschen die Hoffnung, dass es Kriege künftig nicht mehr geben würde, sondern sich vielmehr in der immer interdependenter sich entwickelnden Welt, im „globalen Dorf“, auch der Nord-Süd-Konflikt lösen ließe; und damit das Skandalon, dass in der globalisierten Welt die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden, in der Menschheitsgeschichte ad acta gelegt werden könnte. Doch dann kamen die Kriege auf dem Balkan, in Afghanistan, im Golf, im Irak. Und mit dem 11. September 2001 der Krieg gegen den Terrorismus.

Der Journalist und Leiter des Politik-Ressorts bei Spiegel-Online, Claus Christian Malzahn notiert die Erfahrungen seiner Reisen zu den Kriegen und Krisen in der Welt: „Es sind Zusatzkosten jener Freiheit, die wir 1989 gewonnen haben, als die Welt der Blöcke aus dem Leim ging. Die neue, unbekannte Welt des Terrors messen wir aber noch mit den alten Maßeinheiten des kalten Krieges, weil wir die neuen Parameter noch nicht kennen“ (Die Signatur des Krieges. Berichte aus einer verunsicherten Welt, Berlin 2005, 224 S.). Die Spur vom „gerechten“ zum „heiligen“ Krieg lässt sich historisch bis aktuell verfolgen, etwa wenn in den Auseinandersetzungen um (islamischen) Fundamentalismus der Erfurter Politikwissenschaftler Kai Hafez darauf aufmerksam macht, dass „auch der Westen ( ) seinen heutigen Zustand von Wohlstand, Modernität und globaler Macht nicht allein Aufklärung, Wissenschaft und Demokratie zu verdanken (hat), sondern ebenso Glaubenskriegen, Revolutionen und kolonialer Ausbeutung“ (Heiliger Krieg und Demokratie. Radikalität und politischer Wandel im islamisch-westlichen Vergleich, Bielefeld 2009, www.socialnet.de/rezensionen/8667.php).

Die Herausforderung, „Krieg und Frieden neu zu denken“ ist immer auch verbunden mit der Notwendigkeit, Kriegs- und Friedensprozesse historisch zu betrachten. Dass dies in den Zeiten der sich immer interdependenter und entgrenzender entwickelnden (Einen?) Welt notwendiger denn je ist, dürfte mittlerweile als selbstverständliche Erkenntnis gewertet werden (vgl. dazu auch: Matthias Lutz-Bachmann / Andreas Niederberger, Hrsg., Krieg und Frieden im Prozess der Globalisierung, Weilerswist 2009, www.socialnet.de/rezensionen/8045.php). Die Anstrengungen, wie sie etwa von der Friedens- und Konfliktforschung vorgenommen (Peter Schlotter / Simone Wisotzky, Hrsg., Friedens- und Konfliktforschung, Baden-Baden 2011, www.socialnet.de/rezensionen/11889.php) und als Informations-, Aufklärungs- und Bildungsauftrag verstanden werden (Hannah Neumann, Friedenskommunikation. Möglichkeiten und Grenzen von Kommunikation in der Konflikttransformation, Münster 2009, www.socialnet.de/rezensionen/8205.php), sind auch Anlass für die Geschichts- und Medienforschung, insbesondere wenn es darum geht nachzuschauen, wie nahe kriegerische Konflikte von außen wahrgenommen, kommentiert und bewertet werden.

Der „Kosovo-Krieg“ von 1998/99 ist gekennzeichnet von der Situation, dass beim Konflikt zwischen verfeindeten Volksgruppen eine internationale, „humanitäre“ Intervention durch die NATO erfolgte, die am 24. 1999 mit Luftangriffen und militärisches Eingreifen begann, ohne dass dafür eine Ermächtigung des UN-Sicherheitsrates vorlag, die, wie der damalige Generalsekretär der NATO, Javier Solana begründete, auch nicht notwendig sei, weil es sich dabei um einen „gerechten Krieg“ handele.

Kurt Gritsch, 1976 in Südtirol geboren und aufgewachsen, studierte Germanistik und Geschichte in Innsbruck und Rom. Er ist Historiker und Konfliktforscher und arbeitet in der Erwachsenenfortbildung und am Gymnasium. Über mehrere Jahre hinweg hat er den kontroversen Diskurs und die Auseinandersetzungen insbesondere von internationalen Künstlern und Wissenschaftlern in den (Print-) Medien zum Kosovo-Konflikt verfolgt und in seiner Forschungsarbeit, die er als Dissertation an der Universität Hildesheim vorgelegt hat, dargestellt. Das Ziel der Arbeit: „Die Kosovo-Diskussion der Intellektuellen in Deutschland zu analysieren und in den politisch-historischen Hintergrund der zugänglichen Fakten einzuordnen… Im Fokus stehen dabei nicht sicherheitspolitische und militärisch-logistische Fragen, sondern der Kontext der politischen Kultur und die Frage der Inszenierung des Krieges als bellum iustum mit dem Ziel, die Akzeptanz der Intervention in der Öffentlichkeit zu erreichen“.

Aufbau und Inhalt

Neben der Einleitung, in der der Autor seine Forschungsziele formuliert und Methodik und Problemstellungen der Forschungsarbeit erläutert, wird das Buch in 15 Kapitel gegliedert und mit einer Zusammenfassung und Auswertung der Ergebnisse abgeschlossen.

Bei der Auseinandersetzung um die Frage, was ein Intellektueller ist und welche (öffentliche und meinungsbildende) Bedeutung ihm und ihr zugemessen werden sollte, orientiert der Autor sich an Noam Chomsky, der 1966 forderte: „Die Intellektuellen sind in der Lage, die Lügen der Regierungen zu entlarven, die Handlungen nach ihren Ursachen, Motiven und oft verborgenen Absichten zu analysieren… (deshalb haben sie, JS) die Verantwortung, die Wahrheit zu sagen und Lügen aufzudecken“ (vgl. dazu auch: Alexander Brand, Medien – Diskurs – Weltpolitik. Wie Massenmedien die internationale Politik beeinflussen, Bielefeld 2012, www.socialnet.de/rezensionen/12968.php).

Im weiteren Kapitel reißt der Autor lediglich in einem Überblick an, wie der NATO-Beschluss zu Out-of-Area-Einsätzen in Beziehung zu setzen ist mit dem Bombardierungsbefehl, mit welchen Begründungen die NATO dies in die Öffentlichkeit vermittelt hat und welche (kritischen) Reaktionen darauf erfolgt sind.

Über die Wahrnehmung, Interpretation und Analyse von Geschichtsbildern reflektiert Gritsch mit Hilfe von zwei Interpretationsmodellen: dem traditionalistischen und dem revisionistischen Modell, um damit die Feuilletondebatten in den fünf analysierten Zeitungen (FAZ, Süddeutsche Zeitung, Die Zeit, taz, Der Spiegel, sowie ausgewählt einige weitere Printmedien) auf die klassifizierten Positionen – Parallelen zu „Auschwitz“ hergestellt; Parallelen, aber aus anderen Gründen; keine Parallelen; skeptisch – hin zu untersuchen. Er stellt dabei eklatante Unterschiede in den einzelnen Printmedien fest, die erheblich von der gesamten Gewichtung der Meinungen – etwa ein Drittel übernahmen die offizielle Version von der „humanitären Intervention“, zwei Drittel jedoch votierten dagegen – abweichen. Die dabei besonders herausgestellten Auffassungen einiger „prominenter“ Meinungsgeber, wie etwa von Daniel J. Goldhagen, Jürgen Habermas, u. a., werden ergänzt durch den Exkurs, der sich mit der „Peter Handke-Debatte“ befasst.

Einen breiten Raum in der Analyse nimmt dabei die Darstellung der geschichtlichen und politischen Entwicklung des Kosovo bis 1981 und mit Jugoslawiens Niedergang danach ein, mit Slobodan Milo?evi?s Aufstieg, der Politik der UÇK, der Schilderung des Bürgerkriegs und der Kosovo Verification Mission (KVM). Durch das serbische Massaker von Racak und den misslungenen Friedensverhandlungen von Rambouillet war das militärische Eingreifen der NATO, der Krieg also, unvermeidlich geworden.

Die unterschiedliche Einschätzung und Bewertung der Folgen der Bombenangriffe, die schließlich am 7. Juni 1999 zum Waffenstillstandsabkommen zwischen den Konfliktparteien führten, ist gewissermaßen kennzeichnend für die Situation in der Nachkriegszeit im Kosovo: „Die westliche Intervention hat in Summe das Ausmaß an Gewalt im Kosovo nicht verkleinert, sondern vergrößert“.

„Tertium non datur“ oder „Tertium datur“ – zwischen Ja oder Nein gibt es (k)ein Drittes; der Autor sieht in den Analysen und Bewertungen, wie sie die Friedensforschung beim Kosovo-Konflikt während des Krieges und danach produziert hat, dass es nämlich keine andere als die von der NATO gewählte Strategie gegeben habe, anders: „Alternative Lösungsmöglichkeiten existierten, waren aber realpolitisch aufgrund unterschiedlich gelagerter Interessen nicht durchsetzbar.

Diese unterschiedlichen Interessen und Positionen werden im nächsten Kapitel ausführlich dargestellt – die des NATO-Gegners Russland, der NATO-Staaten, speziell die der USA, Deutschlands, der EU, wie auch die neoliberalen, geostrategischen, geopolitischen und militärischen Zugriffe, die, so der Autor, die eigentlichen Zielsetzungen des militärischen Kosovo-Eingriffs und die Menschenrechtsargumente nur vorgeschoben gewesen wären.

„Humanitäre Intervention“, als sowohl völkerrechtlich sanktionierte, wie eigenmächtige Entscheidung, beinhaltet nach den sogenannten Mohonk-Kriterien, die im Herbst 1993 von einer Initiative von Friedensaktivisten in Mohonk/New York formuliert wurden, die Bedingungen: Humanität, Unparteilichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit und Machttransfer (an die Betroffenen). Im politischen und wissenschaftlichen, internationalen Diskurs wird der Anspruch, den Kosovo-Krieg als zuvorderst humanitäre Intervention zu begründen, äußerst kontrovers und kritisch betrachtet. Der Autor kommt in seiner Analyse zu der Auffassung, dass „die Bombardierung Jugoslawiens nicht als ‚Humanitäre Intervention‘ zu bezeichnen (sei), sondern als Angriffskrieg“.

Die Analyse der Kosovo-Berichterstattung in den Medien des deutschen Sprachraums zeigt auf, dass „die Bereitschaft, im Kosovo-Konflikt Partei für die Seite der Albaner zu ergreifen, aufgrund antiserbischer Ressentiments hoch“ war. Der Autor attestiert den Medien „Einseitigkeit und fragwürdige Interpretationsmuster“ und kennzeichnet den Konflikt als „Medienkrieg“. Die Kritik an der parteinehmenden und dem Main Stream zustimmenden und nachfolgenden medialen Veröffentlichung von „Erzählungen“ – „Zur ‚Operation Allied Force‘ werde mehr erzählt als gezeigt“ – bringt Kurt Gritsch dazu, vom „Gemeinmachenden Journalismus“ zu sprechen und festzustellen, „dass das westliche Jugoslawien- und Kosovo-Bild vor und während des Krieges mehrheitlich ein medial erzeugtes war, das stärker den Bedürfnissen der Außenpolitik der einflussreichsten NATO-Mitgliedsstaaten Rechnung trug denn der Realität“ (vgl. dazu auch: Bernhard Pörksen / Hanne Detel, Der entfesselte Skandal. Das Ende der Kontrolle im digitalen Zeitalter, 212, www.socialnet.de/rezensionen/13302.php).

Besondere, ambivalente Positionen nahm dabei die „Linke“ insbesondere in Deutschland ein. Die in der Analyse hergeleiteten Ursachen und Begründungen für die Meinungsbildungs- und Machtprozesse von linksgerichteten, politischen Parteien, wie etwa die Grünen und Teile der SPD, die Herleitung aus „68er“-Einstellungen (und Träumen), wie auch die Unterstellung, die Linken hätten mit ihrer Zustimmung zum militärischen Engagement der NATO im Sinn gehabt, „die ‚Entsorgung‘ des Holocaust“ im deutschen kollektiven Gedächtnis mit zu befördern, wie der Autor im letzten Kapitel seiner Arbeit herausfinden will, sind freilich allzu starker Tobak und schmälern die ansonsten verdienstvolle Forschungsarbeit. Hier wird der Ideologiekritiker selbst zum Ideologen!

Fazit

Die umfassende, mit 3.029 Anmerkungen, Quellen- und Literaturhinweisen versehene Forschungsarbeit will Licht bringen in die Meinungsbildungsprozesse von Intellektuellen - Wissenschaftlern, Schriftstellern, Künstlern, Journalisten – bringen und Unterscheidungen bei den Interventionsbefürwortern und -gegnern aufzeigen. Kurt Gritsch widerspricht der politisch und medial dominierten Tendenz – „Albaner = Gut, Serben = Böse“ – indem er der zusammenfassenden Darstellung den vielfältigen Analysen feststellt: „Der ‚Kosovo-Krieg‘ war … aus mehreren Gründen keine ‚Humanitäre Intervention“, weil nämlich „die offiziellen Absichten durch Interessenpolitik unterminiert waren, … die gewählte Methode des Luftkriegs mehr Leid erzeugte als verhinderte, …in der Vorbereitung humanitäre Güter ‚vergessen‘ worden waren, …die finanzielle Ausstattung der UNO-Einrichtungen deutlich zu niedrig war“.

So gerät die verdienstvolle Auseinandersetzung des Autors mit den Haltungen der (europäischen) Intellektuellen zum Kosovo-Konflikt irgendwie zur Intellektuellen-Schimpfe, indem er die zitierten und vorgefundenen Positionen und Meinungsbildungen in die von „redlichen Intellektuellen“ und „Medienintellektuellen“ differenziert. Irritierend und nicht ganz einsichtig stellt sich die Systematisierung der Forschungsarbeit dar. Die vielfachen Wiederholungen, doppelten Darstellungen und in manchen Analysen allzu weit ausholenden, in anderen allzu knapp formulierten Begründungszusammenhängen erschwerten es dem Rezensenten, den „roten Faden“ zu finden. Trotz dieses kritischen (nicht beckmesserisch verstandenen) Einwandes stellt die Forschungsarbeit eine bemerkenswerte intellektuelle Leistung dar, die es verdient, in den wissenschaftlichen und öffentlichen Diskurs um Friedenssicherung in unserer (Einen?) Welt gebracht zu werden.

Rezension von
Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer
Ehemaliger Lehrbeauftragter an der Universität Hildesheim
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ISSN 2190-9245