Katrin Schrenker: Vom Ich zum Du zum Wir
Rezensiert von Prof. Dr. Konrad Weller, 22.02.2013

Katrin Schrenker: Vom Ich zum Du zum Wir. Perspektivenwechsel und Triangulierung in der frühen Kindheit.
Centaurus Verlag & Media KG
(Freiburg) 2012.
ISBN 978-3-86226-170-3.
D: 25,80 EUR,
A: 25,80 EUR,
CH: 27,00 sFr.
Reihe: Pädagogik - Band 43.
Entstehungshintergrund und Thema
Die an der Universität Frankfurt erarbeitete Dissertation geht „den Einflüssen familiärer Strukturen und früher Beziehungserfahrungen auf die Entwicklung pragmatischer und triangulärer Fähigkeiten“ (VII) nach. Pragmatische Kompetenz bezeichnet die Fähigkeit zur person- und situationsangemessenen Kommunikation, mit Triangulierungsfähigkeit ist die Verinnerlichung von Beziehungskonstellationen gemeint, die Bindungsrepräsentation jenseits primärer dyadischer Intersubjektivität. Grundlage dafür ist die Mentalisierungsfähigkeit, das reflexive Wissen um und das Verständnis für innere Zustände anderer Menschen und die Fähigkeit, sich in diese hineinzuversetzen, ihre Perspektiven zu übernehmen.
Aufbau und Inhalt
Die interdisziplinäre Arbeit liefert in ihrem theoretischen Abschnitten eine differenzierte Übersicht über die historische Genese sprachwissenschaftlicher und psychoanalytischer Konzeptentwicklung, über nativistische, kognitivistische und interaktionistische Sprachentwicklungstheorien, sowie psychoanalytische, systemische und strukturalistische Triangulierungstheorien.
Zudem werden auf der Basis moderner Erkenntnisse der Säuglings- und Kleinkindforschung Grundfragen der Entwicklungspsychologie diskutiert, die nach der Herausbildung der sogenannten Objektkonstanz im ersten Lebensjahr (der Fähigkeit, für sinnliche Eindrücke symbolische Repräsentanzen zu bilden) oder die des kindlichen Egozentrismus und seiner Überwindung durch die Ausbildung der Fähigkeit zum Perspektivenwechsel.
Im Kapitel zur Sprachentwicklung im sozialen Kontext wird dem differenten Einfluss von Müttern und Vätern auf die Sprachentwicklung der Kinder nachgegangen. Auch im Abschnitt zu frühen Beziehungserfahrungen und Triangulierung wird der Rolle des Vaters beim Aufbau von Bindungsmustern besonderes Augenmerk gezollt.
Die empirische Untersuchung gliedert sich in einen quantitativen und einen qualitativen Forschungsteil. In ersterem wird mittels des Heidelberger Sprachentwicklungstests (HSET) unter 76 fünf- bis siebenjährigen Kindern der Frage nachgegangen, inwieweit das Familienmodell Einfluss auf die Entwicklung pragmatischer Fähigkeiten hat. Verglichen werden Kinder aus Einelternfamilien mit solchen aus Kern- bzw. Patchworkfamilien. Im qualitativen Teil wird die Mac Arthur Story Stem Battery (MSSB) eingesetzt, ein Verfahren, in dem Kindern spielerisch Geschichten ergänzen.
Während sich Einflüsse unterschiedlicher Familienmodelle auf die Entwicklung pragmatischer Fähigkeiten nicht nachweisen ließen (was die Autorin v.a. methodenkritisch reflektiert), liefern die qualitativen Fallanalysen Hinweise darauf, dass die Kinder, die ihre Eltern nicht als Paar erleben, in ihrer Triangulierungsfähigkeit häufiger eingeschränkt sind, z.B. zu konfliktlosen Beziehungsmustern tendieren.
Diskussion
((hier vielleicht noch etwas ergänzen?
Fazit
Insgesamt ist die vorliegende Arbeit ein theoretisch wie methodisch-empirisch sehr komplexes und anspruchsvolles Werk, das einen spezifischen Einblick in moderne Bindungsforschung liefert, wozu allerdings auch ein tiefes Eindringen des Lesenden erforderlich ist. Folgerungen der Arbeit beziehen sich nicht auf psychosoziale Praxis, sondern auf weitere Grundlagenforschung.
Rezension von
Prof. Dr. Konrad Weller
Professor i.R. für Psychologie und Sexualwissenschaft an der Hochschule Merseburg, Diplom-Psychologe (Universität Jena), Analytischer Paar- und Sexualberater (pro familia)
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