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Onur Güntürkün: Biologische Psychologie

Rezensiert von Mag. Mag. Dr. Christine Petschnig-Rauchenwald, 13.03.2013

Cover Onur Güntürkün: Biologische Psychologie ISBN 978-3-8017-2123-7

Onur Güntürkün: Biologische Psychologie. Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG (Göttingen) 2012. 306 Seiten. ISBN 978-3-8017-2123-7. D: 29,95 EUR, A: 30,80 EUR, CH: 39,90 sFr.
Reihe: Bachelorstudium Psychologie.

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Thema

Da sich in den letzten Jahren das Basiswissen der Neurobiologie deutlich erweitert hat, ist es auch für Praktiker wichtig, sich mit neuronalen Prozessen auseinander zu setzen. In der täglichen Arbeit der Psychotherapie ist es für mich hilfreich, Klienten Veränderungsprozesse erklären zu können und damit nachvollziehbar zu machen.

Aufbau

Dieses Buch ist in drei Themenbereiche gegliedert:

  1. Die Architektur des Gehirns
  2. Das lernende und erinnernde Gehirn
  3. Das fühlende und agierende Gehirn

Jedes der insgesamt 12 Kapitel ist sehr übersichtlich aufgegliedert. Es ermöglicht so auch Lesern die mit der Materie schon vertrauter sind, rasch evtl. bestehende Wissenslücken zu füllen.

Das Buch ist nicht nur ein anschauliches Lehrbuch, sondern auch speziell für Personen aus der Praxis (wie mich) geeignet, die Forschungen der letzten Jahre aufgeschlüsselt nachvollziehen zu können.

Der Kapitelaufbau, beginnend mit einer Geschichte aus dem Alltag und endend mit einer Zusammenfassung und einem Fragenkatalog, geben dem komprimiert wiedergegebenen Inhalt eine gut lesbare Form. Tabellen, Abbildungen, Übersichten und Details zu den Forschern erleichtern das erarbeiten der Materie. Literaturangaben führen zum Originaltext und auch auf die Menschen hinter den Entdeckungen wird nicht vergessen.

Durch vorheriges Lesen der Kapitelzusammenfassung hatte ich gleich zu Beginn einen guten Überblick über das aktuelle Thema. Dies war für mich hilfreich beim späteren erarbeiten der Materie.

Mein Traum wäre jedoch ein Film über dieses Wissensgebiet von diesem Autor, um durch die Dreidimensionalität die oft gleichzeitig stattfindenden Prozesse noch besser nachvollziehen zu können.

Ausgewählte Inhalte

Aufgrund der Konzipierung als Lehrbuch gebe ich zu Beginn des jeweiligen Kapitels alle Überschriften an, um auf den jeweiligen Inhalt hinzuweisen.

Aufgrund der Dichte der Informationen kann ich nur beispielhaft und exemplarisch auf einige Details hinweisen oder mir wichtige Gedanken zu diesem Thema aufgreifen.

1. Neurone und Gliazellen

  • Nervenzellen: das Soma, der Dendrit, das Axon
  • Gliazellen

Bestechend sind eingangs die Zahlen: mehr als 1 Billion Zellen im Gehirn, 160 Milliarden (160x10 hoch 9) Nervenzellen/Neurone), … Zahlen, die auch übersichtlich in einer Tabelle aufscheinen. Es wird auf die synaptische Plastizität eingegangen, die die Grundlage unseres Lernens und des Gedächtnisses darstellt. Die Information, dass zum Beispiel die Axone, die das Rückenmark mit dem Kleinhirn des Menschen verbinden ca. 400 km/h schnell Informationen weitergeben können, kann substanzabhängigen Personen schon Respekt abringen und Motivation sein, mit dem Körper achtsamer umzugehen.

Gliazellen stehen im Verhältnis zu Größe und Komplexität des Gehirns. Daher haben Menschen 10mal mehr Gliazellen als Nervenzellen, die unter anderem für Ver- und Entsorgung, Stützung, Myelinisierung und Immunabwehr zuständig sind. Nur Elefanten haben prozentuell mehr Gliazellen.

Achtung: Auf Seite 17 beim Bild von Golgi ist leider sein Name falsch geschrieben.

2. Die Funktionsmechanismen von Nervenzellen

  • Die Entstehung des neuronalen Signals
  • Die Ionen innerhalb und außerhalb der Zelle
  • Die neuronale Zellmembran
  • Die Ionenkanäle
  • Die Konzentrationsgradienten der Ionen
  • Die elektrostatische Kraft
  • Das Membranpotenzial
  • Das Aktionspotenzial
  • Entstehung und Verlauf eines Aktionspotenzials
  • Die Reise des Aktionspotenzials
  • Myelinisierte Axone

Nervenzellen kommunizieren über Aktionspotenziale. Die Sprache der Nervenzellen sind Frequenz und Zeitmuster der Entladung. „Das Aktionspotenzial selbst ist nur ein „Alles-oder-Nichts-Prozess“. S.42 Zwei gegensätzliche Kräfte wirken bei der Entstehung des Membranpotenzials: der Konzentrationsgradient und die elektrostatische Kraft, im Zusammenwirken mit Ionen und Ionenkanälen, .

Ausführlich, detailliert und vergleichend wird in diesem Kapitel die osmotische Wirkung, durch die sich Konzentrationsunterschiede ausgleichen, der Ablauf in den Ionenkanälen, die Wirkung der Membranpumpen, . näher gebracht. Wie aufwändig diese Prozesse sind bestätigt u. a. folgender Wert: 15% unseres Gesamtenergiebedarfs verbraucht allein die Natrium-Kalium-Pumpe. Die Feinheit der Hirn-Strukturen ist kaum vorstellbar: Es sind so viele Na+ Kanäle, „dass auf den Punkt am Ende dieses Satzes 300 Millionen Na+ Kanäle passen würden“: S. 45

Myelinisierte Axone erzielen ihre erhöhte Geschwindigkeit durch die Ranvier´schen Schnürringe und elektrische Depolarisation.

Am Ende dieses Kapitels hätte ich mir noch eine Abbildung des Vorgangs an einem Ranvier´schen Schnürrings gewünscht.

3. Synapsen und Neurotransmitter

  • Die Übertragung an der Synapse
  • Die chemische Synapse
  • Die postsynaptischen Rezeptoren: Ionotrope Rezeptoren, Metabotrope Rezeptoren
  • Das postsynaptische Potenzial
  • Neurotransmitter
  • Aminosäuren: Glutamat, GABA
  • Amine: Acetylcholin, Dopamin
  • Peptide

Dieses Kapitel beginnt mit einer Geschichte über die Wirkung von Botulinumtoxin und den Einsatz in der Botox-Therapie.

Es gibt chemische und elektrische Synapsen. An den Synapsen werden Neurotransmitter mit Hilfe der Proteinbrücken freigesetzt. Die Wirkung entsteht durch die Summation der postsynaptischen Potenziale. Unterschiedliche Rezeptoren können gleichzeitig stimuliert werden und damit eine komplexe Reaktion in Gang bringen.

GABA der wichtigste hemmende Neurotransmitter, der im Gehirn häufigste Transmitter aber ist Glutamat. „Für die Psychopharmakologie war besonders die Entdeckung der Bindung von Benzodiazepinen an GABA -A Rezeptoren ein wichtiger Meilenstein. Zu den Wirkstoffen der Benzodiazepine gehört z. B. Valium, welches häufig zur Beruhigung, zur Angstreduktion und zur Schlaferleichterung eingesetzt wird.“ S. 69

Drei Katcholamine sind chemisch eng verwandt: das Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin. Dopaminerge Neurone sind im Gehirn sehr selten, besitzen aber eine Schlüsselfunktion bei Prozessen des Lernens, der Belohnung und der Motorik.

Tabelle 3 auf S. 66 gibt einen wichtigen Überblick über die Klassifikation der bekanntesten Neurotransmittersysteme.

Folgende Krankheitsbilder werden anhand von Fehlfunktionen im Nervensystem erklärt:

Bei der Alzheimer´schen Demenz kommt es zu einem bedeutenden Zelltod der acetylchinergen Neurone.

„Im Rahmen der Parkinson?schen Krankheit degenerieren die Dopaminzellen des Mittelhirns und der Wegfall der dopaminergen Versorgung der Basalganglien …erzeugt die Hauptkenneichen der Erkrankung: Muskelstarre, Zittern und Bewegungsverlangsamung …“ S. 73

4. Neuroanatomie

  • Die Terminologie der Ortsbeschreibungen im Gehirn
  • Die Hirnhäute
  • Prosencephalon
  • Telencephalon: Cerebraler Cortex, Basalganglien
  • Diencephalon: Epithalamus, Thalamus, Hypothalamus
  • Mesencephalon
  • Tectum
  • Tegmentum
  • Rhombencephalon
  • Metencephalon
  • Myelencephalon

Bei diesem Kapitel habe ich mir einen Film gewünscht und evt. eine herausnehmbare farbige Darstellung, um beim weiteren Erarbeiten der Materie leichter den Überblick zu haben. Hilfreich ist aber Tabelle 5, auf S 84 mit den Raumbezeichnungen.

Die Funktionen der einzelnen Systeme werden aufgeschlüsselt, z. B.: Die Zirbeldrüse ist für die Schlaf-Wach-Regulation zuständig. Die Hypophyse erzeugt Hormone und setzt sie frei. Im Hypothalamus werden praktisch alle Körperfunktionen wie Temperaturkontrolle, Hunger, Durst, Sex. koordiniert. Für den Bewegungsplan und tatsächlichen Bewegungsablauf ist das Metencephalon zuständig. … Auch auf die 3 Hirnhäute und dem Liquor wird nicht vergessen.

5. Die Organisation der Sinne

  • Die sensorische Landkarte unserer Sinne
  • Jenseits der primären sensorischen Landkarte
  • Primär sensorische Areale
  • Assoziativ-sensorische Areale
  • Multimodale Areale
  • Prämotorische Areale
  • Primäres motorisches Areal
  • Der sensorische Thalamus: Das „Tor um Bewusstsein“

Als Eingangsbeispiel wird die Untersuchung einer Frau mit dem MRT wieder gegeben, der von Geburt an Teile der Extremitäten fehlten. Sie gab an, die fehlenden Teile zu spüren und Tests bestätigten ihre subjektive Wahrnehmung. Das fMRT wird hier ausführlich und mit Abbildungen erklärt.

Die Landkarte unserer Sinne erfolgt oft in Form eines somatosensorischer Homunculus. Sinne wie der Duft ist ein räumlich verteiltes Muster von Aktivierungen im Bulbus olfactorius und wir repräsentieren Zahlen als eine mentale Reihe, also als Zahlenstrahl. Dafür transformieren wir numerische Werte in räumliche Positionen.

Viele Informationen wurden aufgrund von Läsionen in bestimmten Hirnbereichen erforscht.

Unsere Wahrnehmung ist immer eine Auswahl und eine Interpretation, bezugnehmend auf unsere bisher gewonnenen Erfahrungen.

6. Die Ordnung des Denkens

  • Die Markroenbene des Gehirns: Die Topografie des Denkens
  • Die anteroposteriore Achse des präfrontalen Cortex
  • Die dorsale Achse des präfrontalen Cortex
  • Die Mikroebene des Gehirns: die fragile Welt der Zellensembles
  • Das Entstehen und Vergehen eines Ensembles
  • Die Spur der Ensembles

Dieses Kapitel beginnt mit der Beschreibung von Gedanken eines an Schizophrenie erkrankten Menschen als Beispiel, wenn das Gehirn als eine sich selbst organisierende biologische Maschine Fehler im Dopaminhaushalt aufweist, das geordnete Denken zerfällt.

Die Makroebene beschreibt hier die unterschiedlichen Funktionen der Areale des Cortexes und die Interaktionen dieser Areale. Auf der Mikroebene geht es um Gruppen von Neuronen, die Ensembles, die untereinander starke synaptische Verbindungen besitzen und durch ihre gemeinsame Aktivität einen mentalen Teilprozess repräsentieren. Sie entstehen, zerfallen und bilden sich in veränderter Zusammensetzung aus neue; sie sind eventuell die Gedanken in unserem Kopf. S 129.

Wir entscheiden aufgrund von Vorerfahrungen. Der subjektive Wert beinhaltet sowohl die objektiv vorliegenden Fakten als auch das emotionale Gedächtnis früherer Entscheidungen. Hier wird deutlich, warum positiv erlebte, aber sozial negative Erfahrungen (Lob für Lügen, Diebstähle, .) lange wirken. Ein Versuch wird genannt, der belegt, dass „selbst erlebtes und ein bei anderen beobachtetes Ereignis in identischen Hirnregionen verarbeitet werden. Dadurch spüren wir förmlich den Schmerz, den eine andere Person momentan gerade erlebt.“ Dies zeigt für mich die Parallele zur Auswirkungen von Foltern von Angehörigen. S. 133

In diesem Kapitel treffen sich alte noch verwendete Erkenntnisse wie die Brodmann´schen Areale von 1909 und neue Versuche, Prozesse zu erklären. Auch wird auf S 144-146 das EEG Elektroenzephalogramm erläutert.

7. Gedächtnissysteme: Arbeitsgedächtnis und deklaratives Gedächtnis

  • Das Arbeitsgedächtnis
  • Die Rolle des Hippocampus
  • Die Entstehung des deklarativen Langzeitgedächtnisses
  • Die Rolle der NMDA-Rezeptoren
  • Ungelöste Fragen
  • Der Abruf aus dem Gedächtnisspeicher

Die kurzlebige Gedächtnisspur ist das Arbeitsgedächtnis. Im episodischem Gedächtnis werden Erinnerungen abgespeichert, die sich so nur ein einziges Mal abgespielt haben (18. Geburtstag), das semantische Gedächtnis gibt Fakten wieder (Rom ist die Hauptstadt Italiens) und im prozeduralen Gedächtnis speichern wir motorische Routinen (Fahrradfahren).

Der Hippocampus spielt eine zentrale Rolle für die Überführung von Arbeitsgedächtnisinhalten in das Langzeitgedächtnis und den Abruf neuerer deklarativer Informationen, ist jedoch kein Speicher für das Langzeitgedächtnis. Anhand einer Geschichte über einen Zauberladen werden die Funktionsmechanismen des NMDA-Rezeptors beim Assoziationslernen dargestellt.

Schlaf spielt beim Lernen eine wichtige Rolle, da ein bedeutender Teil des Gedächtniskonsolidierungsprozesses in dieser Zeit stattfindet.

(Seien Sie nicht irritiert, auf S. 154 fehlt zumindest eine Zeile.)

8. Gedächtnissysteme: Nicht deklaratives Gedächtnis

  • Prozedurales Gedächtnis
  • Bahnung
  • Klassische Konditionierung

Beginnend mit einer Übersicht über Gedächtnissysteme S 176 werden die 3 Stufen bis zur Konsolidierung (kognitive Stufe, assoziative Stufe und autonome Phase) anhand des Beispiels Kuchen backen erörtert. Mit Spiegelzeichnen können wir einen Selbsttest durchführen. Eine Übersicht der wichtigsten Unterschiede zwischen prozeduralem und deklarativem Gedächtnis.

Perzeptuelle und konzeptuelle Bahnung werden ausführlich beschrieben und mit einer Abbildung des Schaltkreises des Hirnstamms und des Cerebrellums ergänzt. Ich würde mir in der Forschung mehr öffentlich geförderte Experimente wie das hier erwähnte der BBC wünschen: Die BBC Sendung ging der Frage nach: Erhöht kognitives Training die allgemeine kognitive Leistungsfähigkeit? Und musste eingestehen, dass außer einem starken spezifischen Trakt keine allgemeine Verbesserung eintrat. www.bbc.co.uk/bang (Owen et al., 2012)

9. Emotionen

  • Die Evolution des emotionalen Gehirns
  • Die Anatomie der Amygdala
  • Regulation von aggressivem Verhalten
  • Regulation von Furchtverhalten
  • Schnelles und vorbewusstes Reagieren
  • Aufmerksamkeit für emotional relevante Reize
  • Reaktionen auf emotionale Stimuli
  • Lernen emotionaler Stimuli

Emotionen sind Handlungstendenzen, die mit einem bestimmten Gefühl und einem Bündel von Aktivierungen eihergehen und den Organismus auf eine schnelle und situationsadäquate Reaktion vorbereiten. Gefühle sind die subjektive Innensicht einer Emotion, die uns auf eine Handlung vorbereitet. Ein Versuchsbeispiel belegt, dass es schneller gelingt zu reagieren, wenn positive Bewegung zu uns und negative weg von uns stattfindet, als umgekehrt.

Als Reaktion bei Angst wird zeitgleich ein Bündel von Hirnprozessen aktiviert: Einfrieren oder Totstellreflex, erhöhte Herzschlagrate … falls eine Flucht notwendig wird. Und „Die spontane Entleerung des Darms und der Blase reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass man sich im Falle von inneren Verletzungen an seinen eigenen Ausscheidungen vergiftet, …Stresshormone bewirken die Reduktion des Schmerzempfindens,“ S 199 um von Verletzungen nicht abgelenkt zu werden…

Aufgrund eines Schaltplans sind z. B. nur Flucht oder Kampf möglich.

Aus der Praxis kennen wir dies alles aus dem Bereich der Traumatisierung, vor allem im Umgang mit Kindern kann nicht oft genug auf adäquate Reaktion auf diese Phänomene hingewiesen werden.

Aufgabe der Amygdala hat unser Überleben maßgeblich mitbestimmt: „ihre Funktionen sind a) sehr früh emotional relevante Reize zu erkennen, b) die Aufmerksamkeit des Cortex auf diese Stimuli zu ziehen, c) die Reaktionen auf diese Stimuli situationsadäquat zu organisieren und d) ihre Speicherung im Gedächtnis sicherzustellen.“ S 206

10. Sucht

  • Erstkonsum
  • Gewöhnung
  • Abstinenz

Jede Droge hat einen etwas anderen Mechanismus, die Dopaminfreisetzung zu bewirken, aber alle aktivieren letztendlich das Belohnungssystem und durch klassische Konditionierung von drogenassoziierten Reizen und der Droge entsteht ein neurales Netzwerk. S. 222 Handlungsketten werden etabliert die ohne Nachzudenken den Konsum ermöglichen. In Versuchen wurde nachgewiesen, dass in solchen Situationen Hunger und Durst stundenlang nachgereiht werden. Die Stärke des Lustgewinns durch alle Arten von Drogen korreliert mit dem Anstieg des Dapaminspiegels im Nucleus accumbens, manche Substanzen aktivieren auch direkt. Die Opponent-Prozess-Theorie beschreibt aber auch den danach folgenden gegensätzlichen Effekt. Dieser b Prozess wird durch Gewöhnung immer stärker, beginnt schneller. Zur Sicherheit erfolgt im Körper eine kompensatorische homöostatische Reaktion (z. B.bei Heroin Atmungsbeschleunigung als Vorbereitung für die danach langsamer werdende Atmung). D. h. die Konditionierung/ gewohnte Umgebung hat schützende Effekte. Der Wegfall der Droge führt zur massiven Freisetzung von Stresshormonen, die in de Amygdala vermehrt Angst verspüren lässt. Dieser Umstand ist bei der Entwöhnung unangenehm, aber vorhersehbar. Schwieriger ist das Gewohnheitsnetzwerk, das an vielen Stellen des Lebens auch nach langer Abstinenz noch verlockende Signale bereithält. „Spätestens 2 jahre nach dem Entschluss zur Abstinenz rauchen 80% der Menschen wieder genauso viel wie vorher. S 234

11. Hunger und Durst

  • Hunger
  • Die Energiereserven
  • Hunger und Nahrungsaufnahme
  • Sättigung
  • Durst
  • Das osmometrische System
  • Das voumetrische System

Drei Abbildungen geben Übersicht über den Nahrungsaufnahme und Verarbeitungsvorgang: Abb. 64 – Darstellung der Energieverwendung aus der aufgenommenen Nahrung im Körper, Abb. 65 – Energieverwendung aus dem Kurzzeit- und Langzeitspeicher des Körpers und Abb. 67 – schematische Darstellung der Prozesse, die zur Empfindung von Hunger führen.

Schon wenige Minuten ohne Glucose führen zu Bewusstlosigkeit und Tod. „ohne Insulin können Körperzellen keine Glucose aufnehmen. … unser Gehirn verbraucht auch 50% der uns zur Verfügung stehenden Glucose, obwohl es nur 2% unseres Körpergewichtes ausmacht.“ S 239 Als kurzzeitige Speicher dienen Leber und Muskeln, zur langfristigen Speicherung werden Triglyceride gebildet die im Fettgewebe gespeichert werden. Ein wichtiges Steuerungselement ist der Blutzuckerspiegel, gemeinsam mit Insulin und den Peptidhormon Glucagon als dessen Gegenspieler.

Lange Hungerzeiten und Magersucht sind gefährlich, da die Proteine der Muskelzellen in Aminosäuren aufgespalten und genutzt werden. Diese Prozesse (Rolle der Neurotransmitter, Hormone, Hirnareale,…) werden ausführlich erläutert.

Nun zum Durst: 2 Systeme melden Flüssigkeitsverluste: das volumetrische System wenn wir z. b. bei Verletzungen Blut verlieren und das osmometrische System, das über den osmotischen Druck ausgleicht (Vasopressin – Niere – Urin). Der schmale Spalt zwischen den Zellen wird interstizieller Raum genannt, ungefähr 25% unserer Körperflüssigkeit befinden sich dort und sind mit den intrazellulären Flüssigkeitsspeichern verbunden. Eine schematische Darstellung des anterioren Hypothalamus und die Beschreibung von OVLT und Subfornikalorgan mit den Abläufen erläutern die Rolle von Vasopressin.

12. Geschlecht

  • Das genetische Geschlecht
  • Das biologische Geschlecht
  • Das kognitive Geschlecht

Der Begriff Gender steht für den Soziokulturellen Aspekt und Sex für den biologischen Ursprung – wir leben eine unentwirrbare Verflechtung von Biologie und Kultur. Bei einem normalen Embryo stellt die Anwesenheit des TDF (Hoden-determinierender-Faktor) in der 6. Schwangerschaftswoche die Weiche zur Entwicklung eines Mannes. Im gesamten Genom sind männliche als auch weibliche genetische Baupläne angelegt, nur zum kleinsten Teil sind sie auf dem Y-Chromosom kodiert. Im Embryo sind 2 Anlagen vorhanden, im 3. Schwangerschaftsmonat entscheiden die Sexualhormone, welche Anlage weiter besteht, bzw. rückgebaut wird: der Müller´sche (weibl.) oder der Wolff´sche Gang (männl.). Erfolgt keine hormonelle Stimulierung, wird die weibliche Form entwickelt.

In der Pubertät entwickeln sich durch Testosteron und Östradiol die Hirnregionen unterschiedlich: bei Männer vergrößert sich die Amygdala, bei Frauen der Hippocampus. Im kognitiven Bereich sind weniger unterschiedliche Effektstärken als bisher angenommen. Eine Rangordnung der Fächer fand sich bei Mädchen kulturunabhängig: Lesen vor Algebra, danach Geometrie. Auch scheint der Hormonhaushalt zu steuern: „die Leistungen der Versuchspersonen in der dreidimensionalen mentalen Rotationsaufgabe waren während der Menstruation signifikant höher als während der mittleren lutealen Phasen (ca. 20- 22. Tag.) Je höher der Testosteronspiegel relativ zu einem niedrigen Östradiolspiegel war, desto besser waren der Leistungen der Frauen.“ S. 272

Auch gibt es Geschlechtsidentitätsstörungen, wo mittels Hormonvergabe und operativer Eingriffe Umwandlungen vorgenommen werden.

Abschließend ist noch ein Anhang mit Literatur, Glossar und Sachregister.

Diskussion

Dieses Buch habe ich mir absichtlich zu Rezension vorgenommen, um mich zu zwingen, mich mit allen Kapiteln intensiv auseinander zu setzen. Diese Materie ist anfangs nicht immer leicht zugänglich, je mehr man sich damit beschäftigt, desto interessanter wird es aber. Trotzdem musste ich manchmal großzügig mit mir umgehen und einige Passagen „überfliegen“, um den Gesamtinhalt leichter zu verstehen. Im 2. Anlauf sind Teile dann besser zu zugänglich. Nur wenige Bereiche waren für mich zu detailliert erörtert.

Fazit

Begonnen hat mein Interesse für dieses Buch bei vielen Kongressen, wo immer nur Teile dieses Wissens und dann oft auch nur anhand englisch sprachiger Powerpoint-Folien näher gebracht wurde.

Daher ist mir dieses Werk im gesamten sehr wichtig, um psychosoziale Vorgänge und neurobiologische Krankheitsbilder besser verstehen zu lernen. Es ist gerade im psychologischen und psychotherapeutischen Bereich enorm wichtig, diese Faktoren in der Behandlung nicht zu vernachlässigen.

Ich wollte mein Wissen um biologische und neuronale Vorgänge erweitern, um auch meinen Klienten in Form von Psychoedukation mehr Information weitergeben zu können.

Nachdem ich mich nun aber schon ein halbes Jahr mit diesem Buch beschäftige, sind die für mich anfangs so spektakulär und praxisnah empfundenen Inhalte schon im Langzeitgedächtnis eingebaut.

Trotzdem wird dies ein Buch werden, das ich immer wieder zur Hand nehmen werde, um nachzuschlagen und mein Wissen zu vertiefen.

Rezension von
Mag. Mag. Dr. Christine Petschnig-Rauchenwald
Klinische Psychologin, Gesundheitspsychologin Psychotherapeutin (Integrative Gestalttherapie) Diplomsozialarbeiterin, Supervisorin
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Es gibt 2 Rezensionen von Christine Petschnig-Rauchenwald.

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Zitiervorschlag
Christine Petschnig-Rauchenwald. Rezension vom 13.03.2013 zu: Onur Güntürkün: Biologische Psychologie. Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG (Göttingen) 2012. ISBN 978-3-8017-2123-7. Reihe: Bachelorstudium Psychologie. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/13786.php, Datum des Zugriffs 04.12.2024.


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