Joachim Armbrust, Melina Savvidis et al.: Konfliktfelder in der Kita
Rezensiert von F. Sigrid Grün, 11.07.2014

Joachim Armbrust, Melina Savvidis, Verena Schock: Konfliktfelder in der Kita.
Vandenhoeck & Ruprecht
(Göttingen) 2012.
154 Seiten.
ISBN 978-3-525-70141-6.
17,99 EUR.
Reihe: Frühe Bildung und Erziehung.
Thema
Konflikte gehören zum Alltag in der Kita. Im vorliegenden Buch befassen sich die drei Autoren mit den verschiedenen für diesen Bereich relevanten Konfliktfeldern und bieten konstruktive Lösungen an.
Autor und Autorinnen
- Joachim Armbruster ist Diplomsozialpädagoge und heilkundlicher Psychotherapeut in Schwäbisch Hall.
- Melina Savvidis (BA-Absolventin „Frühe Bildung“) war Kita-Leiterin und ist jetzt beim Fachdienst Kindertagesbetreuung im Jugendamt Schwäbisch Hall tätig.
- Verena Schock (BA-Absolventin „Frühe Bildung“) ist in der ambulanten Kinder- und Jugendhilfe tätig.
Aufbau und Inhalt
Die drei Autoren gliedern das Buch im
Wesentlichen in zwei wichtige Abschnitte – einen theoretischen und
einen praktischen, in dem viele verschiedene Fallbeispiele
aufgegriffen werden. Doch zunächst widmen sich Armbruster, Savvidis
und Schock der „kindliche(n) Entwicklung im Spannungsfeld von
Möglichkeitsräumen und Grenzen“. Hier geht es um Kommunikation
als elementare menschliche Angelegenheit. Auf der einen Seite bietet
sie uns eine Vielzahl an Möglichkeiten, andererseits führt sie aber
auch zwangsläufig zum Konflikt – dort wo der Mensch an Grenzen
stößt. Auf diese Weise kann er aber auch erst seine Persönlichkeit
ausbilden. Im Anschluss beschreiben die Autoren, wie Konflikte
entstehen, bzw. welche menschlichen Bedürfnisse es gibt, die bei
Nichterfüllung zu Konflikten führen. Hier ist die gewaltfreie
Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg Vorbild. Welche Bedürfnisse
haben wir? Wie fühlen wir uns, wenn sie erfüllt werden? Und welche
Gefühle empfinden wir, wenn sie nicht erfüllt werden? An dieser
Stelle werden Umgangsformen des Miteinanders unter den Stichpunkten
Wertschätzung, Echtsein, Reindenken und Transparenz (WERT)
entwickelt.
Der Hauptteil befasst sich mit der Wahrnehmung und
Gestaltung von Konflikten. Hier wird klargestellt, dass Konflikte
kein reines Übel, sondern für die menschliche Entwicklung dringend
erforderlich sind. Erst durch Reibungszonen kann der Mensch über
sich hinauswachsen und etwas dazulernen. An dieser Stelle wird auf
die besondere Situation in der Kita, die Rolle der Kindergruppe und
der erwachsenen Begleitpersonen, eingegangen. Auch Ursachen (wie etwa
unausgewogene Erziehungsstile) für die Entstehung von Konflikten
werden erörtert.
In einem praktischen Abschnitt wird auf
konkrete Fallbeispiele eingegangen. Zunächst geht es um die
Kleingruppe und die Gruppendynamik, die meist von einzelnen Kindern
bestimmt wird. Auch kulturelle und ethnische Konfliktfelder sind von
großer Bedeutung. Schließlich werden anhand von Beispielen auch
Konflikte mit Eltern, unter Erzieherinnen, mit Nachbarn und mit dem
Träger erläutert.
Zuletzt widmen die Autoren einen eigenen
Abschnitt dem Thema „Konfliktfeld Gesundheit“, in dem der Fokus
auf die eigene Gesundheit gelenkt wird. Gerade der anspruchsvolle
Beruf des Erziehers ist mit großen Belastungen verbunden, die
verschiedene Bewältigungsmuster erforderlich machen.
Zielgruppe
Das Buch richtet sich an Mitarbeiter in Kitas, wie ich finde aber auch an sämtliche im sozialen Bereich tätige Personen, denn Konflikte sind überall wo Menschen gemeinsam lernen und leben vorprogrammiert.
Diskussion
Besonders die Abschnitte über die
Entstehung, Wahrnehmung und Gestaltung von Konflikten ist nicht nur
für im sozialen Bereich Tätige von großem Interesse, sondern für
alle, die sich in einer Umgebung bewegen, in der es häufig zu
Konflikten kommt, sei es nun in einer Kleingruppe (Familie) oder in
einem Unternehmen. Das positive Entwicklungspotenzial, das in
Konflikten steckt ist ein wichtiger Punkt, der gleich einen ganz
anderen Umgang mit dem Thema ermöglicht. Das Buch wirft viele Fragen
auf, die zur Beschäftigung mit der eigenen Konfliktkompetenz
anregen. Wie sieht z.B. die eigene Konfliktsozialisation aus?
Generell werden immer wieder Fragen gestellt, die dazu beitragen, das
Thema Konfliktlösung nicht als gesetzt zu betrachten, sondern immer
wieder neu zu diskutieren.
Die Fallbeispiele zu den
Konfliktfeldern sind sehr gut ausgewählt, greifen sie doch
Alltagssituationen auf, die in jeder Kita auf der Tagesordnung
stehen. Sowohl jüngere Kinder, als auch Jugendliche tragen solche
Konflikte aus. Das Buch nennt kein Patentrezept, weil es das nicht
gibt – und nimmt einem damit auch den Druck, optimale Lösungen
bringen zu müssen. Auch mit der Vorstellung, dass jeder Konflikt
gelöst oder bereinigt werden muss bzw. kann, wird aufgeräumt.
Manchmal ist er einfach unlösbar und es ist unsere Aufgabe, mit
diesem Umstand zurecht zu kommen.
Sehr hilfreich ist in dieser
Hinsicht auch der Abschnitt zum Konfliktfeld Gesundheit. Das Thema
Selbstmanagement ist im sozialen Bereich nicht mehr wegzudiskutieren
und wird in vielen Publikationen noch viel zu wenig berücksichtigt.
Fazit
„Konfliktfelder in der Kita“ ist ein hilfreiches Buch, das sich mit ganz konkreten Inhalten an ErzieherInnen richtet, die ihren Alltag in der Kita durch gelungenes Konfliktmanagement bereichern wollen. Die herausragende Rolle des Konflikts für die menschliche Entwicklung wird ebenso nachdrücklich wie verständlich herausgestellt. Zugleich bekommt man gut umsetzbare Strategien der Konfliktlösung an die Hand – und die Sicherheit, dass nicht jeder Konflikt gelöst werden muss und kann.
Rezension von
F. Sigrid Grün
Sigrid Grün, M.A., freischaffende Künstlerin und Lehrbeauftragte, www.kultur-ostbayern.de
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