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Manfred Bruhn, Karsten Hardwich (Hrsg.): Customer Experience

Rezensiert von Prof. Dr. Bernd Halfar, 21.10.2013

Cover Manfred Bruhn, Karsten Hardwich (Hrsg.): Customer Experience ISBN 978-3-8349-4000-1

Manfred Bruhn, Karsten Hardwich (Hrsg.): Customer Experience. Forum Dienstleistungsmanagement. Springer Gabler (Wiesbaden) 2012. 512 Seiten. ISBN 978-3-8349-4000-1. D: 99,95 EUR, A: 102,80 EUR, CH: 124,50 sFr.

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Thema

In der mittlerweile schon verdienstvoll – traditionellen Reihe des „Forum Dienstleistungsmanagements“ beschäftigt sich der vorliegende Band mit „Customer Experience“. Der Dienstleistungskunde wechselt in dieser Perspektive seine Erscheinungsform: aus dem rationalen, kühl abwägenden Konsumenten wird der erlebnisorientierte, an symbolischen, hedonistischen und ästhetischen Motiven interessierte, auf das Produkterlebnis und/oder Serviceerlebnis und/oder Markenerlebnis und/oder Shopping-Erlebnis bezogene Bedeutungsoptimierer der Dienstleistung.

Auch wenn hedonistische Motive und ein Erlebniskick für Klienten der Sozialarbeit – zumindest auf den ersten Blick – nur schwer vorstellbar sind, ist auch dieser Band der Reihe für die Theorieentwicklung und praktische Ausgestaltung unseres Fachgebietes höchst interessant. Allerdings, und das ist für diese Reihe ein eher neuer einschränkender Rezensionshinweis, ist das Thema der Consumer Experience so branchenspezifisch ausgeprägt, dass sich in diesem Band nur wenige Beiträge finden, die für die „sozialarbeiterische Lektüre“ zu empfehlen sind, und die in dieser Besprechung auftauchen.

Aufbau

Das Buch hat fünf inhaltliche Teile und – wie immer – einen Serviceteil mit ausgewählten Literaturtipps zum Weiterlesen.

Inhalt

Im einleitenden Grundlagenkapitel finden sich zwei, gut lesbare und lesenswerte Beiträge. Der traditionelle Überblicksaufsatz der beiden Herausgeber und ein auf eine dreißigjährige Theoriegeschichte des Erlebnismarketings und Erlebnisorientierung zurückblickender Aufsatz von Andrea Gröppel-Klein. Diese beiden Aufsätze sind Pflichtlektüre, um die in den folgenden, inhaltlich akzentuierten, Abschnitten des Bandes versammelten Beiträge zu verstehen.

So findet sich im Schwerpunktbereich „Managementansätze des Customer Experience Management“ der auf Aspekte der Kundenbegeisterung geradezu abonnierte EBS-Professor Gouthier (mit Mitarbeitern Giese und Bartl) mit dem Vorschlag einer neuen „Kundenbegeisterungs- DIN-Norm“, ein sehr innovativer Beitrag über den „informatisierten Kunden“, über den Zusammenhang zwischen Generierung und Übermittlung von Artefakten in den Expericence-Raum und deren Umwandlung in Experiences durch den Konsumenten. Der Informatisierungsprozess wird nicht nur an E-Commerce und social media Konzepten diskutiert, sondern an den Konzepten des Augmented Reality und des Ubiquitous Computing. Diese Themen rollen, noch im Tarnkappenmodus, auch in die Felder der Sozialarbeit und verdienen Beachtung. Martin Recktenfeldbäumer und Christian Arnold haben hier ein Feld geöffnet, das sich nicht mehr schließen lässt. Auch richtig gut, systematisch, gut nahvollziehbar, so wie es Studenten lieben, erläutert Matthias Mayer-Vorfelder die Konzeption des CEM (Customer Experience Managements). Das CEM dreht sich um die Kontaktpunkte, die in diesem Beitrag kategorisiert, verschiedenen CEM-Phasen zugewiesen und methodisch überprüfbar gemacht werden.

Im dritten Abschnitt des Buches gerät das Konzept der Customer Experience auf den Kausalitätsprüfstand. Worin bestehen die Determinanten und die Wirkungen? Sabine Fließ, Professorin in Hagen (und ihre Mitarbeiter Wittko und Schmelter) spielt auch in diesem Band ihre Stärke aus: sie verbindet den theoretischen Sachstand (den sie gut zusammenfassend darstellen kann) mit angewandter Forschung. In den Konzepten der Service Value Messung werden die wahrgenommenen Erlebnisse in einer Studie von Flugreisen untersucht. Die hier referierte Studie, in der an einer spezifischen Dienstleistung gezeigt werden konnte, wie man den Service Experience Value empirisch darstellen kann, spendet eine Menge Anregungen für konzeptionell anknüpfende Studien in der Welt der sozialen Dienstleistungen.

Nicht für die Sozialarbeit geschrieben, aber für soziale Einrichtungen relevant, ist der Aufsatz von Susanne Curth und Martin Benkenstein, der sich mit der Bedeutung von Kunde-Kunde-Beziehung für das Konsumerlebnis auseinandersetzt: Commitment zum Mitkonsumenten – Konzeption und Folgen für die Customer Experience von Dienstleistungskunden. „Die anderen Klienten“ als Erklärung von Erlebnisqualität der Dienstleistung? Passt das nicht? Dieses Kundencommitment wird in affektiv, normativ und kalkulatorisch unterschieden, theoretisch aufgearbeitet und empirisch zugänglich gemacht.

Aufsätze zur Umsetzung des Customer Experience Managements prägen den vierten Block des Buches. Die Aufsätze widmen sich Themen, die in der sozialen Dienstleistungswelt geradezu kurios anmuten, aber dadurch auch zeigen, wie pingelig und detailverliebt empirische Studien angelegt sein müssen, wenn man sich mit konzeptionellen Umsetzungen beschäftigt. Wie reagieren Kunden auf „Do-not-reply-E-Mails“? Wie inszeniert man „WOW-Elemente“ in der Kundeninteraktion? Wie inszeniert man begehbare Erlebniswelten? Und wie werden Kunden durch visuelle, auditive, haptische und olfaktorische Elemente beeinflusst?

Im fünften Buchteil finden sich branchenspezifische Besonderheiten des CEM. Und hier eine Perle für die Sozialarbeit: der Aufsatz von Silke Boenigk, Bernd Helmig, Manfred Bruhn, Karsten Hadwich und Verena Batt über „An empirical investigation of experiences and the link between a service-dominant logic mindset, competitive advantage, and performance of nonprofit organizations“. Aufbauend auf dem service-dominant (S-D) Konzept von Vargo und Lusch fragen die Autoren, ob diese service-dominant-logic tatsächlich die dominante Logik für Nonprofit Organisationen ist. Wenn ja, müsste man wissen, ob manche Bestandteile der S-D-logic relevanter als andere sind und welche Schlussfolgerungen für die Theoriekonstruktion zu ziehen wären. Und die dritte zentrale Frage der Autoren erkundigt sich danach, ob das „S-D-logic mindset“ bei NPOs irgendwelche Wettbewerbsvorteile oder Leistungsvorteile mit sich bringen. Erläutert wird dies auf dem theoretischen Niveau „mittlerer Reichweite“ und durch eine empirische Studie bearbeitet. Die Autoren legen ihre operationalisierten Messinstrumente offen, mit denen sie bei 103 (von 430 angeschriebenen) NPOs Daten gesammelt haben. Das Studiendesign, die vorgestellten Ergebnisse und theoretischen und methodologischen Anmerkungen sind hochinteressant zu lesen und sollten in der Sozialarbeit einen „Kopierschub“ auslösen, solche Studien durchzuführen. Wie häufig, wenn sich Betriebswirte mit Nonprofit-Organisationen beschäftigen, wird das „Spendensammeln“ zu einem wichtigen NPO-Charakteristikum. Dass die Sozialwirtschaft in Deutschland schon durch die Unterscheidung „profit/nonprofit“ nicht mehr definiert werden kann, dass die Finanzierungsformen mit „Donations“ (fast) nichts mehr zu tun haben, schmälert aber nicht den Lektüreertrag dieses ausgezeichneten Aufsatzes.

Und wie jedes Jahr finden sich zu den einzelnen thematischen Blöcken Hinweise auf ausgewählte Basisliteratur am Ende des Bandes.

Fazit

Für die ökonomischen Sozialwirtschaftslehrer sind die Arbeiten aus dem Dienstleistungsmanagement wie die Hasen beim Mittelstreckenlauf, die auf den ersten zwei Runden Tempo machen, dann ausscheiden, damit das Läuferfeld schneller vorankommt. Thematische Inspirationen, theoretische Schärfe und die Anstiftung zu präzisen, empirischen Studien erhält man bei der Lektüre dieses Bandes.

Rezension von
Prof. Dr. Bernd Halfar

Es gibt 38 Rezensionen von Bernd Halfar.

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Zitiervorschlag
Bernd Halfar. Rezension vom 21.10.2013 zu: Manfred Bruhn, Karsten Hardwich (Hrsg.): Customer Experience. Forum Dienstleistungsmanagement. Springer Gabler (Wiesbaden) 2012. ISBN 978-3-8349-4000-1. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/13835.php, Datum des Zugriffs 08.09.2024.


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