Benedikt Wisniewski: Reduktion von Prüfungsangst
Rezensiert von Dr. rer. nat. Johannes Heekerens, 20.11.2012

Benedikt Wisniewski: Reduktion von Prüfungsangst. Training metakognitiver Kontrolle als Interventionsstrategie.
Verlag Dr. Kovač GmbH
(Hamburg) 2012.
305 Seiten.
ISBN 978-3-8300-6564-7.
D: 89,80 EUR,
A: 92,40 EUR.
Schriftenreihe Schriften zur pädagogischen Psychologie - Band 56.
Thema
Das vorliegende Werk thematisiert das Training metakognitiver Kontrolle als Interventionsprogramm bei Prüfungsangst. Neben diesem Schwerpunkt behandelt der Autor eine Eingrenzung des zugrundeliegenden Forschungsgegenstandes (Prüfungsangst) und eine allgemeine Einführung in die Interventionsforschung. Als thematisch größter Teil treten jedoch klar auf die Vorstellung, Überprüfung und Diskussion des genannten pädagogisch-psychologischen Trainings auf.
Autor
Dr. Benedikt Wisniewski ist staatlicher Schulpsychologe und hat einen Lehrauftrag an der Universität Passau zum Thema „Umgang mit schulischen Ängsten“. Mit dem vorliegenden Werk stellt er seine Dissertationsarbeit im Fach Psychologie vor. Das zugrundeliegende Interventionsprogramm vertritt der Autor auch als Trainer (mehr Informationen auf www.angststopp.de).
Entstehungshintergrund
Das vorliegende Buch entstand aus der Notwendigkeit wissenschaftlich orientierter Literatur zum Thema Prüfungsangst und zusätzlicher empirisch abgesicherter Therapie- und Trainingsmanuale. Wisniewski argumentiert, dass die derzeit gängigen Interventionsprogramme, trotz extensiver Thematisierung des Störungsbildes, nicht auf dem aktuellen Stand der Forschung seien. „Reduktion von Prüfungsangst“ besteht im Wesentlichen aus der Vorstellung, Überprüfung und Diskussion des Trainings metakognitiver Kontrolle, mit im Titel implizierter Funktion.
Aufbau und Inhalt
Wisniewskis Buch gliedert sich in drei Basisabschnitte.
In einer kurzen Einleitung betont der Autor Funktionen und Wichtigkeit leistungsbezogener Prüfungen im schulischen, sowie universitären Kontext. Im Kontrast dazu stellt er einen Mangel wissenschaftlich orientierter Anwendungsliteratur zur Prüfungsintervention, sowie eine drohende Bagatellisierung der Störung fest.
Anschließend folgen Hauptteil (fünf Kapitel, siehe unten), Zusammenfassung und Literaturverzeichnis.
Wisniewski gliedert den Hauptabschnitt seines Buches, das er primär der Vorstellung und Diskussion des Trainings metakognitiver Kontrolle als Interventionsprogramm bei Prüfungsangst widmet, in fünf Unterabschnitte:
- „Eingrenzung des Forschungsgegenstands Prüfungsangst“
- „Interventionsforschung“
- „Training metakognitiver Kontrolle zur Reduktion von Prüfungsangst“
- „Überprüfung der Wirksamkeit des Trainingsprogramms“
- „Diskussion“ (der Ergebnisse der Wirksamkeitsprüfung)
Der Autor beginnt den Hauptteil – didaktisch klug – mit einer inhaltlichen Umrandung der Prüfungsangst als Forschungsgegenstand. Dieses Ziel realisiert Wisniewski mit einer definitorisch-historischen Begriffsbestimmung, einem Einblick in die Störungsklassifikation nach ICD-10, sowie einer Darstellung der theoretischen Komponenten, Auslösebedingungen, Symptome und Konsequenzen der Prüfungsangst.
Der zweite Abschnitt ist einer allgemeinen Einführung in die Methoden der Interventionsforschung gewidmet. Dabei stellt der Autor neben behavioral orientierten Methoden (z.B. Entspannungsverfahren, Systematische Desensibilisierung, Hypnotherapie und Meditation), auch kognitive Ansätze (z.B. Aufmerksamkeitstraining und Kognitive Umstrukturierung) und integrative Methoden (z.B. Selbstinstruktionstraining und Stressimpfungstraining) vor. Ein zweiter Schwerpunkt dieses Kapitels liegt auf einer Einführung in den aktuellen Forschungsstand zur Thematik. Ein besonderes Augenmerk legt der Autor auf metaanalytische Befunde: In einem detaillierten Unterkapitel werden die Ergebnisse von Metanalysen zu deutschsprachigen Interventionsstudien vorgestellt und eingehend diskutiert.
Im dritten Absatz stellt Wisniewski das Training metakognitiver Kontrolle zur Reduktion von Prüfungsangst vor. Seine Darstellung beginnt der Autor mit dem theoretischen Hintergrund des Interventionsprogramms, inklusive einer Darstellung der Wichtigkeit und Funktion von Aufmerksamkeitsprozessen bei Entstehung, sowie Aufrechterhaltung der Prüfungsangst. Aus dieser Beziehung abgeleitet folgen zahlreiche Interventionsimplikationen. Anschließend führt Wisniewski in das Konzept der Metakognitionen ein und leitet mittels der Rolle metakognitiver Kontrolle bei der Prüfungsintervention in die Darstellung des Trainingsprogramms über. Dieser Teilbereich des Buches beinhaltet umfangreiche Erläuterungen der Trainingsprinzipien (Aufmerksamkeit als zentrale Interventionskomponente, Ansetzen an der Worry-Komponente, Psychoedukation, Übung, sowie dokumentierte Selbstreflexion), Trainingsziele (Identifikation der Angstkognitionen, Aufmerksamkeitssteuerung im metakognitiven Modus, Unterbrechen der Besorgnisschleifen, Rekonfiguration der Aufmerksamkeit auf die Gegenwart, Reflexion und Veränderung der eigenen Symptominterpretation, sowie Reagieren auf kritische Situationen) und Interventionen (Anleitung zur Reflexion selbstbezogener Angstgedanken, Bewusstmachen der Aufmerksamkeitsprozesse, Einnehmen und systematische Verlängerung des metakognitiven Modus, Veranschaulichung der Unmöglichkeit direkter willentlicher Ausblendung intrusiver Kognitionen und Emotionen, Bewusstmachen aktueller und Erarbeiten alternativer Symptominterpretationen, sowie Anleitung zur Identifikation und Antizipation kritischer Situationen).
Das vierte Kapitel beinhaltet eine ausführliche Dokumentation der vom Autor durchgeführten experimentellen Überprüfung der Wirksamkeit des Trainingsprogramms auf der Basis des Allgemeinen Linearen Modells. Logisch konsistent beginnt der Autor diesen Absatz mit der Darstellung von Zielsetzung und Fragestellung (inklusive Hypothesen). Anschließend beschreibt Wisniewski die zugrundeliegende Methodik, das heißt Versuchsdesign (zweifaktorielles Kontrollgruppendesign), Versuchsablauf, Messinstrumente („Differentielles Leistungsangstinventar“, „Fragebogen zur Erfassung dispositionaler Selbstaufmerksamkeit“, sowie „Fragebogen zur dysfunktionalen und funktionalen Selbstaufmerksamkeit“), Teststärkenanalyse und Stichprobe. Im Anschluss folgen eine Präsentation der Ergebnisse (d.h. die Beantwortung der Frage nach der Trainingswirksamkeit) und eine Übersicht über die Hypothesenunterschiede.
Den letzten Abschnitt des Hauptteils widmet der Autor einer Diskussion der Untersuchungsergebnisse, wobei er neben der Trainingswirksamkeit in verschiedenen Zusammenhängen, auch die Stabilität dieser Effekte und eine Prüfung des zugrundeliegenden konzeptuellen Modells (Zusammenhang von Prüfungsangst und selbstaufmerksamen Kognitionen) thematisiert.
Wisniewski schließt mit der Feststellung, dass die generierten empirischen Befunde für eine Auffassung von Prüfungsangst als metakognitives Steuerungsproblem sprechen.
Diskussion
Mit dem vorliegenden Werk hat der Autor einen wesentlichen Beitrag zur aktuellen Fachliteratur zur Prüfungsintervention geleistet. Dabei gelingt es ihm, tiefe Einblicke in die theoretischen und konzeptuellen Grundlagen der Prüfungsangst zu vermitteln, Zusammenhänge aufzuzeigen und Interventionsmaßnahmen abzuleiten. Mit seiner klaren Sprache und logisch konsistenten Gliederung motiviert Wisniewski zur differenzierten Auseinandersetzung mit dem Thema.
Fazit
Wisniewskis Buch „Reduktion von Prüfungsangst. Training metakognitiver Kontrolle als Interventionsprogramm.“ ist eine Dissertationsarbeit und als solche zu verstehen. Es bietet eine detaillierte Zusammenfassung des Forschungsstandes zur Prüfungsintervention, sowie eine differenzierte Vorstellung und Evaluation des Interventionsprogramms Training metakognitiver Kontrolle. Die Arbeit ist als vertiefende Literatur für pädagogische Psychologen/innen (v.a. Schulpsychologen/innen) zu empfehlen. Darüber hinaus ist sie, auch aufgrund ihrer methodischen und didaktischen Qualität, für Psychologiestudent/innen im Master (v.a. im Schwerpunkt Pädagogische Psychologie) empfehlenswert.
Rezension von
Dr. rer. nat. Johannes Heekerens
Wissenschaftlicher Mtarbeiter an der Charité Universitätsmedizin Berlin auf der Spezialstation für Persönlichkeitsstörungen und Posttraumatische Belastungsstörungen
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Es gibt 14 Rezensionen von Johannes Heekerens.
Zitiervorschlag
Johannes Heekerens. Rezension vom 20.11.2012 zu:
Benedikt Wisniewski: Reduktion von Prüfungsangst. Training metakognitiver Kontrolle als Interventionsstrategie. Verlag Dr. Kovač GmbH
(Hamburg) 2012.
ISBN 978-3-8300-6564-7.
Schriftenreihe Schriften zur pädagogischen Psychologie - Band 56.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/14252.php, Datum des Zugriffs 03.12.2023.
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