Bernhard Schäfers: Sozialstruktur und sozialer Wandel in Deutschland
Rezensiert von Prof. Dr. Christa Paulini, 16.09.2013

Bernhard Schäfers: Sozialstruktur und sozialer Wandel in Deutschland.
UVK Verlagsgesellschaft mbH
(Konstanz) 2012.
9., völlig überarb. Auflage.
304 Seiten.
ISBN 978-3-8252-3827-8.
D: 19,99 EUR,
A: 20,60 EUR,
CH: 27,50 sFr.
Reihe: UTB - 2186.
Thema
Der Autor betont in der Einleitung, dass Prognosen über die gesellschaftliche Entwicklung mögliche Pfade beschreiben können, nicht aber wie der Wandel sich auf das soziale Handeln und die Institutionen auswirkt (vgl. S.5). In der völlig überarbeiteten 9. Auflage beleuchtet er die Sozialstruktur und den sozialen Wandel in Deutschland unter den aktuellen Gegebenheiten und zeigt u.a. auf, „in welchem Umfang die digitale Revolution mit ihren neuen Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten alle Bereiche der Sozialstruktur verändert“ (S.5) hat und zwar viel schneller als bisher erwartet wurde. Der Autor greift mit seinen Buch die Problematik des sozialen Wandeln und der Sozialstruktur in Deutschland umfassend auf.
Autor und Entstehungshintergrund
Bernhard Schäfers ist emeritierter Professor der Soziologie an der Universität Karlsruhe. Seine Arbeitsschwerpunkte umfassen die Sozialstruktur der deutschen Gesellschaft, auch im europäischen Vergleich, die Entwicklung urbaner und architektonischer Strukturen, die Entwicklung der Altersgruppe Jugend sowie die Darstellung soziologischer Grundbegriffe und Themenfelder. 1971 nach seiner Berufung an die heutige Universität Koblenz/Landau wechselt er 1977 an die Universität Göttingen und ist von 1983 bis 2007 Professor für Soziologie und Leiter des Instituts für Soziologie an der Universität Karlsruhe (TH).
Die erste Auflage des Buches „Sozialstruktur und Wandel der Bundesrepublik Deutschland“ erscheint 1976 als Studienbuch. Die Gestaltung der bisherigen Auflagen wurden so der Autor – ebenso wie die völlig überarbeitete neunte Auflage – immer wieder beeinflusst vom sozialen und kulturellen Wandel d.h. die Wandlungen der Gesellschaft spiegeln sich in den jeweiligen Ausgaben wider. So wie in der Zeit nach 1990 die Auswirkungen der unverhofften Vereinigung der beiden deutschen Staaten berücksichtigt wurde, sind dies die heutigen Veränderung durch digitale Revolution und den damit verbunden neuen Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten, die in alle Bereiche der Sozialstruktur wirken. Kritisch sieht er die heutigen Probleme u.a. als Anhäufung nicht erledigter Aufgaben aus der Vergangenheit, die durch die Einbindung der deutschen Gesellschaft in die Europäische Union noch verstärkt werden (vgl. S. 5).
Aufbau und ausgewählte Inhalte
Der Autor gliedert das Buch in zwölf Kapitel, die jeweils abgeschlossene Themen beinhalten . Innerhalb der jeweiligen Kapitel definiert der Autor die relevanten Begriffe und schließt das Kapitel mit einem Literaturverzeichnis ab, das wichtige Hinweise zur Bearbeitung weitergehender Fragestellungen enthält. Das Buch endet mit einen Sachregister und ermöglicht damit ein gezieltes Nachschlagen und Querlesen. Die einzelnen Kapitel umfassen jeweils zwischen zwanzig bis dreißig Seiten und verschaffen den jeweiligen LeserInnen einen guten Überblick über die angesprochene Thematik.
Deutlicher möchte ich dies noch am Beispiel des ersten Kapitels aufzeigen. Hier befasst sich der Autor zuerst mit der Thematik Gesellschaft, Sozialstruktur und sozialer Wandel und untergliedert das Kapitel durch die Darlegung der Begriffe, die Darstellung der theoretischen Ansätze der Sozialstrukturanalyse und schließt das Kapitel mit Theorien und Trends des sozialen Wandels sowie der Auswirkung von Globalisierung als eine Quelle des stattfindenden Strukturwandels ab.
Im zweiten Kapitel bearbeitet der Autor die Gründung und die Grundlagen des bundesrepublikanischen Staates und Gesellschaftssystem. Er verweist immer wieder auch auf die die Entwicklung in der DDR, wobei diese kein Schwergewicht in der Gesamtschau bildet. Das Schwergewicht liegt eindeutig in der Darstellung der Entwicklungen in der Bundesrepublik.
Spannend ist im dritten Kapitel die Darstellung des Vereinigungsprozesses zwischen BRD und DDR, die stattgefundenen Transformationen, die u.a. auch die Rolle der Treuhandanstalt kurz beleuchten sowie die Auswirkungen der Vereinigung auf das Individuum und die Sozialstruktur aufzeigen.
Die nächsten drei Kapitel gehen näher auf die Bevölkerungsstruktur sowie Wanderungsbewegungen aber auch AusländerInnen und ihre Integration ein. Daran schließt sich das Kapitel Familie, Ehe und Lebensgemeinschaften. Im sechsten Kapitel geht es um Bildung, Religion, Netzwerke und Medienkultur als Elemente des kulturellen Systems. Der Autor betont nochmals, „dass Grundelemente der Kultur und ihre Wertordnung eine Basis für den Wiederaufbau nach 1945 waren“ (S. 123) und verweist u.a. auf den Stellenwert, den Max Weber der Kultur für die Gesellschaft beigemessen hat.
Im siebten Kapitel steht die Struktur und der Wandel des politischen Systems im Vordergrund, im achten Kapitel geht es um Grundlagen und Wandel des Wirtschaftssystems und im neunten Kapitel beleuchtet der Autor die Struktur und den Wandel des Sozialstaates. Hier geht es u.a. um den Verfassungsauftrag der Sozialstaatlichkeit und der Konfrontation von Rechts- und Sozialstaat, da es im Gegensatz zur Weimarer Reichsverfassung keine inhaltliche Ausgestaltung der Sozialrechte gibt (vgl. S. 213). „Die Herstellung individueller Gleichheit und die Garantie persönlicher Unversehrtheit gehören zu den Legitimationsgrundlagen des Rechtsstaates, die Herstellung sozialer Gerechtigkeit zu denen des Sozialstaates“ (S. 213). Die Darstellung des Systems der sozialen Sicherung findet sich ebenso in diesen Kapitel wie das Verhältnis von Arbeitsverhältnisse und sozialer Sicherheit sowie die Konstruktionsmängel der Rentenreformen (S.223).
Im zehnten Kapitel geht es um die Problematik der sozialen Ungleichheit und den Wandel der Klassen- und Schichtungsstrukturen, im elften Kapitel beleuchtet der Autor den Wandel der Siedlungsstruktur d.h. die Entwicklung der Städte und die Entwicklung der Wohnverhältnisse sowie die Tendenzen in der derzeitigen Stadtentwicklung.
Das Buch schließt mit dem zwölften Kapitel, dass sich mit der Thematik Deutschland und Europa beschäftigt. Folgende Fragen werden hier bearbeitet: die Entwicklung des Europagedankens, die Entwicklung europäischer Institutionen und deren Kompetenzen, aktuelle europäische Sozialstrukturen und Fragen zur europäischen Identität.
Zielgruppen
Das Buch ist als Einführung in den Themenbereich Sozialstruktur und Sozialer Wandel in Deutschland sowohl für PraktikerInnen der Sozialen Arbeit als auch für Studierende – nicht nur der Sozialen Arbeit – sehr gut geeignet. Es vermittelt Grundkenntnisse und ermöglicht durch die vorhandenen Literaturhinweise in den einzelnen Kapiteln eine vertiefte Auseinandersetzung.
Fazit
Bernhard Schäfers hat mit dem vorliegenden Buch eine wichtige Thematik – nicht nur für Soziale Berufe – kenntnisreich und profund aufgegriffen und bearbeitet. Es kann als eine Art Studienbuch und / oder Nachschlagewerk gut verwendet werden und es lohnt sich, dieses Buch in seinen Bücherschrank zu haben. Ich persönlich habe festgestellt, dass mich manche Kapitel mehr, andere weniger interessiert haben. Dies stellt jedoch letztendlich kein Hindernis dar, da die einzelnen Kapitel je nach Interesse gut auch einzeln gelesen und durchgearbeitet werden können. Das Buch ermöglicht einen guten Einstieg in die Thematik und ist allen, die dies für ihren Beruf oder für ihr Studium benötigen, zu empfehlen, wobei in manchen Kapiteln die Auswahl des Autors für die Leserin nur bedingt nachvollziehbar ist.
Rezension von
Prof. Dr. Christa Paulini
HAWK Hildesheim/Holzminden/Göttingen, Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit
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Zitiervorschlag
Christa Paulini. Rezension vom 16.09.2013 zu:
Bernhard Schäfers: Sozialstruktur und sozialer Wandel in Deutschland. UVK Verlagsgesellschaft mbH
(Konstanz) 2012. 9., völlig überarb. Auflage.
ISBN 978-3-8252-3827-8.
Reihe: UTB - 2186.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/14293.php, Datum des Zugriffs 05.06.2023.
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