Uwe K. Preusker (Hrsg.): Lexikon des deutschen Gesundheitssystems
Rezensiert von Prof. Dr. Jutta Räbiger, 08.01.2014

Uwe K. Preusker (Hrsg.): Lexikon des deutschen Gesundheitssystems. medhochzwei Verlag GmbH (Heidelberg) 2013. 4., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. 538 Seiten. ISBN 978-3-86216-114-0. 89,95 EUR.
Seit Erstellung der Rezension ist eine neuere Auflage mit der ISBN 978-3-86216-350-2 erschienen, auf die sich unsere Bestellmöglichkeiten beziehen.
Thema
Das deutsche Gesundheitswesen ist stets im Wandel. Mit neuen Reformideen und Gesetzen entstehen neue Begriffe. Wer mag da von sich behaupten, immer auf der Höhe der Zeit zu sein? Das von Uwe Preusker herausgegebene ‚Lexikon des deutschen Gesundheitssystems’ bietet einen guten und aktuellen Überblick über die Akteure, Gesetze und Steuerungsmechanismen, die für die verschiedenen Versorgungs- und Politikbereiche prägend sind.
Herausgeber
Uwe K. Preusker ist Publizist und Journalist mit langjähriger Erfahrung. Man kennt ihn seit Mitte der 80er Jahre als Ressortleiter und Kolumnist der Ärzte Zeitung. Beim Marburger Bund war er viele Jahre Referent für Öffentlichkeitsarbeit. Seit Herbst 2003 betreut er als Herausgeber und Chefredakteur den Informationsdienst "Klinik Markt Inside".
Nicht zuletzt hat Preusker sich als Moderator auf Kongressen zur Gesundheitswirtschaft, wie z.B. dem ‚Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit’, einen Namen gemacht. Seit 1998 lebt er in Finnland, an seinen Publikationsaktivitäten hat sich dadurch nichts geändert, wie das vorliegende Werk beweist.
Entstehungshintergrund
Das Lexikon des deutschen Gesundheitswesens ist im Frühjahr 2013 in 4. Auflage erschienen.
Gegenüber der 3. Auflage von 2010 sind über 100 neue Stichwörter hinzugekommen, bestehende wurden aktualisiert. Der Herausgeber hat den Anspruch, die Stichworte zum deutschen Gesundheitswesen so verständlich wie möglich zu beschreiben. Die Onlineversion gibt es mittlerweile nicht mehr automatisch zur Printversion dazu, sondern wahlweise als gesondertes Produkt. Infos hierzu: www.medhochzwei-verlag.de. Weiterhin gibt es eine eBook-Variante: www.medhochzwei-verlag.de/shop.
Aufbau und Inhalt
Das Werk beantwortet alle Fragen, die sich zu den Akteuren, Gesetzen, Finanzierungs- und Steuerungsmechanismen, Vertrags- und Vergütungssystemen im Gesundheitswesen stellen. Es ist ein hilfreiches Nachschlagewerk für alle Beschäftigte im Gesundheitswesen, für Fachjournalisten, Wissenschaftler und Lehrende sowie für Lernende in den gesundheitsbezogenen Fachdisziplinen, z.B. Mediziner, Gesundheits-, Pflege- und Therapiewissenschaftler.
Das Werk hat den Vorzug aus einem Buch und einer online-Version zu bestehen. Damit ist dem Herausgeber die Möglichkeit gegeben, das Lexikon stets auf dem aktuellen Stand zu halten. Den Erläuterungen zu den einzelnen Begriffen ist ein alphabetisch geordnetes Stichwortverzeichnis vorangestellt, was der Übersichtlichkeit und schnellen Orientierung dient.
Mit über 1000 Begriffe – von ‚ABDA’ (Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände) bis ‚Zweitmeinung’ –, die in der Regel auf einer halben Seite erklärt werden, wird das deutsche Gesundheitssystem in all seinen Facetten beschrieben.
Inhaltlich reicht die Bandbreite der Begrifflichkeiten von der Prävention bis zum Hospiz. Alle großen Sektoren des Gesundheitswesens – ärztlich- ambulanter Bereich, Krankenhauswesen, Rehabilitation und Pflege sowie der Arzneimittelbereich – sind berücksichtigt worden. Betriebswirtschaftliche Spezialbegriffe, wie ‚Cash Flow’, ‚Controlling’ und ‚Case Management’ sind ebenso zu finden wie volkswirtschaftliche Größen mit Stichworten wie ‚Bruttoinlandsprodukt’, ‚Budgetierung’ oder ‚Bundesmantelvertrag’. Von einfachen, eingeführten Begriffen, wie ‚Fusion oder ‚Generika’, bis zu anspruchsvollen Stichwörtern, wie ‚Preiselastizität’ oder ‚Due Diligence’ ist alles dabei. Der Autor findet bei seinen Begriffsbeschreibungen jeweils einen guten Mittelweg zwischen wissenschaftlich fundierten Erklärung und vereinfachender Darstellung. Die Definitionen bleiben dadurch gut verständlich ohne oberflächlich zu sein.
Auch ein Lexikon von über 500 Seiten muss Schwerpunkte setzen. Uwe Preusker betont den ambulant ärztlichen und den Krankenhausbereich. Der gesundheitswirtschaftlichen Dimension räumt er dabei mehr Platz ein als den sozialstaatlichen Aspekten des Gesundheitssystems. Dem beobachtbaren Entwicklungstrend wird damit Rechnung getragen. Selbstverständlich sind Begriffe wie Gesundheitssystem, Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik in dem Lexikon beschrieben, verwunderlich dagegen ist, dass man nach dem weithin gebräuchlichen Begriff ‚Gesundheitsmanagement’ vergebens sucht. Betriebswirtschaftliche Aspekte nehmen ansonsten einen großen Raum ein. So z.B. das Stichwort ‚Privatisierung von Krankenhäusern’. Hierzu werden in einer Tabelle, die sich über sieben Seiten erstreckt, die einzelnen Schritte des Privatisierungsprozesses beschrieben sowie die in den letzten Jahren erfolgten Verkäufe von kommunalen und konfessionellen Krankenhäuser an private Investoren namentlich aufgeführt.
Auch besonders relevante Reformgesetze, wie z.B. das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz, werden ausführlich und systematisch dargestellt. Einzelne Regelungsbereiche werden unterschieden und die Reformmaßnahmen werden nach dem Jahr ihres Inkrafttretens aufgeführt. Der guten Übersicht dienen zahlreiche Abbildungen und Tabellen im Lexikon. So z.B. die Tabelle, in der alle Gesundheitsreformgesetze (von 1989 bis 2013) chronologisch aufgeführt sind; die Erläuterung zu jedem Gesetz findet man dann unter dem jeweiligen Stichwort im Text. Da die Gesetze Originalbezeichnungen tragen, sind sie bei Bedarf auch leicht im Internet aufzufinden.
Nach allgemeinem Verständnis ist das Gesundheitssystem so zu organisieren, dass die Versorgung qualitativ hochwertig und zugleich wirtschaftlich erfolgt. Im Vergleich zu den Qualitätsaspekten nehmen die Stichworte, mit der die ökonomische Seite des Gesundheitssystems beschrieben wird, einen deutlich geringeren Raum ein, insbesondere die Regelungen und Verfahren im Krankenhaussektor sowie im ambulant-ärztlichen Bereich kommen unter dem Buchstaben ’Q’ etwas zu kurz. Das Thema Qualitätssicherung und Qualitätstransparenz in der Pflege ist unter dem Buchstaben ’P’ zu finden. Ergänzend zum Thema Qualität bzw. Qualitätsmanagement sind die Stichworte ’Leitlinien’ und ’Evidenz Based Medicine’ zu finden. Wohl weil sich hier immer etwas Neues tut, werden Hinweise auf weiterführende Internetseiten gegeben. Ansonsten sind zu den Stichwörtern des Lexikons selten Quellenangaben zu finden.
Auch wenn die Europäische Union im Gesundheitsbereich kaum Kompetenzen hat, findet die EU zu Recht mit Stichworten wie ‚Europäische Arzneimittelagentur’ oder ‚EU-Gebührenordnung’ in dem Lexikon ihren Platz. Was hingegen fehlt ist der internationale Vergleich von Gesundheitssystemen mit der klassischen Einteilung in sozialversicherungsbasierte Systeme des Bismarckschen Typs (Deutschland, Frankreich) und den steuerfinanzierten Systemen des Beveridge Typs (Großbritannien, Italien). Zukunftsweisende Elemente ausländischer Gesundheitssysteme, wie z.B. die ‚Health Maintenance Organizations’ der USA, finden aber Erwähnung.
In dem Nachschlagewerk gibt es Schwerpunktsetzungen, die man beim Thema Gesundheitssystem so nicht erwartet hätte. Zum Beispiel findet man unter dem Buchstaben ‚M’ die ‚Marsseille Kliniken’, nicht aber die Medizinischen Fachangestellten, die nach den Pflegekräften die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen bilden. Die Pflege hat aber in dem Lexikon ihren festen Platz. Auf insg. 20 Seiten werden Begriffe wie ‚Pflegeversicherung’, ‚Pflegeberufe’, ‚Pflegekammer’ erläutert und diskutiert. Auffallend ist, dass jede größere Krankenhausgesellschaft – von den ‚Asklepius-Kliniken’ bis zur ‚St. Franziskus-Stiftung’ – in dem Lexikon Erwähnung findet. Dem Bereich der Zahnmedizin sind dagegen nur zwei Stichworten (Zahnärzte und Zahnärztekammer) gewidmet, und der Bereich der nicht-ärztlichen Berufe, zu denen u.a. die Physiotherapeuten und die Hebammen zählen, bleibt – abgesehen von der Pflege – fast völlig ausgespart.
Besonders positiv hervorzuheben ist, dass die im Lexikon aufgeführten Sachverhalte nicht nur erläutert, sondern häufig auch kritisch gewürdigt werden. So z.B. das Stichwort ‚Wahlfreiheit’. Hier wird darauf verwiesen, dass die Wahlfreiheit der Versicherten wie der Patienten – in Deutschland und in anderen Ländern – vielfach mit dem Hinweis auf die erforderliche Planungssicherheit eingeschränkt wird.
Diskussion
Das Nachschlagewerk wird dem vom Herausgeber gesetzten Anspruch, die Begriffe des deutschen Gesundheitssystems fundiert und trotzdem gut verständlich zu beschreiben, voll und ganz gerecht. Der Leser findet, was er sucht und kann sich belesen. Wichtiges wird ausführlicher, weniger wichtiges in gekürzter Form referiert. Durch systematische Querverweise wird auf ergänzende Begriffe aufmerksam gemacht. Was die Quellenangaben betrifft, werden zu einzelnen Stichwörtern Internet- bzw. Literaturhinweise gegeben, die Regel ist das aber leider nicht.
Die inhaltliche Schwerpunktsetzung, die im Bereich der Gesundheitswirtschaft liegt, entspricht dem zu beobachtenden Entwicklungstrend. Den ‚Human Resources’ im Gesundheitswesen, insbesondere den nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen, wie Pflegekräften, Medizinischen Fachangestellten, Physiotherapeuten, Hebammen usw., hätte angesichts ihrer zunehmenden Bedeutung für das Versorgungssystem mehr Platz in dem Lexikon gebührt. Zwar findet man das Stichwort ‚Substitution ärztlicher Leistungen’ beschrieben, aber die Gesundheitsfachberufe kommen nicht mit eigenen Stichwörtern vor, und unter dem Stichwort ‚Kooperation’ ist nicht die zwischen den Berufen sondern nur die zwischen Unternehmen gemeint. Dementsprechend kurz und konventionell fällt auch die Beschreibung des Stichwortes ‚ Ausbildung (für das Gesundheitswesen)’ aus. Die seit 20 Jahren sich vollziehende Akademisierung der Gesundheits- und Pflegeberufe, die inzwischen in über 200 Studiengängen ihren Niederschlag gefunden hat, bleibt unerwähnt.
Fazit
Das Lexikons des deutschen Gesundheitssystems von Uwe Preusker hält in seiner neuesten Auflage, was es verspricht, nämlich sowohl für Fachleute als auch für Lehrende und Lernende in den Gesundheitsberufen ein hilfreiches Nachschlagewerk zu sein. Zu seinen großen Vorzügen gehört, dass das Lexikon aktuell und inhaltlich breit angelegt ist und dass die über 1000 Begriffe fundiert und gut verständlich erklärt werden. Auf 538 lässt sich nicht alles unterbringen. Die Schwerpunkte liegen im ambulant-ärztlichen und im Krankenhausbereich. Wenn sich der Leser für die nächste Auflage etwas wünschen dürfte, dann wäre es das, noch etwas weiter und breiter in die Zukunft des deutschen Gesundheitssystems zu schauen und dabei die nicht-ärztlichen Berufe in den Blick zu nehmen. Das Lexikon gehört aber auch so, wie es ist, uneingeschränkt in jede Schul- und Hochschulbibliothek.
Rezension von
Prof. Dr. Jutta Räbiger
Ehemalige Hochschullehrerin an der Alice Salomon Hochschule Berlin, Fachgebiet Gesundheitsökonomie und -politik
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Zitiervorschlag
Jutta Räbiger. Rezension vom 08.01.2014 zu:
Uwe K. Preusker (Hrsg.): Lexikon des deutschen Gesundheitssystems. medhochzwei Verlag GmbH
(Heidelberg) 2013. 4., neu bearbeitete und erweiterte Auflage.
ISBN 978-3-86216-114-0.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/14381.php, Datum des Zugriffs 28.09.2023.
Urheberrecht
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