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Peter Knapp: Konflikte lösen in Teams und großen Gruppen

Rezensiert von Elisabeth Vanderheiden, 04.02.2013

Cover Peter Knapp: Konflikte lösen in Teams und großen Gruppen ISBN 978-3-941965-49-2

Peter Knapp: Konflikte lösen in Teams und großen Gruppen. Klärende und deeskalierende Methoden für die Mediations- und Konfliktmanagement-Praxis im Business. managerSeminare Verlags GmbH (Bonn) 2012. 360 Seiten. ISBN 978-3-941965-49-2. 44,90 EUR.
Reihe: Edition Training aktuell.

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Thema

Viele Mediatorinnen und Mediatoren empfinden Team- und Gruppenkonflikte als eine besondere und sehr komplexe Herausforderung. Gerade im Business- oder Unternehmenskontext gilt es einen professionellen Umgang mit der Hierarchie im Unternehmen sicherzustellen, aber auch mit der Vielzahl von Konfliktbeteiligten und deren Anliegen „fertig“ zu werden. Führungskräfte wollen eingebunden sein, wollen Ziele der Konfliktbearbeitung definieren und über die Ergebnisse informiert werden. Manche Mediation erfolgt vielleicht gar per Anweisung von Vorgesetzten und ist weniger durch Freiwilligkeit gekennzeichnet. Alle diese Anforderungen verlangen ein vielfältiges Handwerkszeug und dessen ebenso professionellen wie flexiblen Einsatz. Ziel dieser Sammlung von 51 Tools ist es daher, mit in der Praxis bewährten Methoden all diejenigen zu unterstützen, die mit Konflikten in Teams, Gruppen und Großgruppen im Businesskontext zu tun haben. Anliegen der Sammlung ist es, die Palette der eingesetzten Methoden in der Praxis der Konfliktbearbeitung darzustellen und zu erweitern. Dafür stellen die renommierte Autorinnen und Autoren ihr methodisches und praktisches Know-how aus Mediation und Konfliktarbeit in Teams und großen Gruppen zur Verfügung.

Autor

Der Herausgeber Peter Knapp ist Wirtschaftsmediator, Coach und Trainer und hat bereits einige Bücher zu Konfliktlösungsverfahren bzw. -instrumenten herausgegeben.

Entstehungshintergrund

In dem von Peter Knapp herausgegebenen Buch bieten bekannte FachwissenschaftlerInnen und erfahrene PraktikerInnen – wie im Untertitel versprochen - vielfältige und zahlreiche klärende und deeskalierende Methoden für die Mediations- und Konfliktmanagement-Praxis. Das Werk schließt dabei sehr gut an das im Vorjahr erschienene Werk des gleichen Herausgebers: „Konfliktlösungs-Tools“ an.

Aufbau und Inhalt

Das Werk orientiert sich in seinem Aufbau an fünf für die Mediations wichtigen Aspekten:

  1. Kontakt und Kontrakt
  2. Themen festlegen, Sichtweisen der Konfliktparteien
  3. Interessen, Gefühle, Bedürfnisse herausarbeiten
  4. Handlungsoptionen und Lösungsmöglichkeiten
  5. Vereinbarungen und Überprüfungstermin

In einer hilfreichen Matrix zu Beginn des Buches werden die Methoden jeweils kategorisiert und den klassischen Mediationsphasen (siehe oben) bzw. einem angemessenen Kontext bzw. Anlass zugeordnet, etwa:

  • Einstimmung/Einstieg in die Mediation
  • Kennenlernen/Vorgespräch
  • Auftragsklärung/Regeln
  • Aktueller Stand/Zufriedenheitsfaktoren
  • Abläufe planen/Themenfindung
  • Interessen/Bedürfnisse/Gefühle herausarbeiten/
  • Gegenseitiges Verständnis/Perspektivwechsel
  • Lösungsmöglichkeiten erarbeiten/verhandeln/auswählen
  • Ergebnissicherung/Transfer
  • Weitere

Die Methoden werden sehr praxisnah und anwendungsorientiert aufbereitet, darüber hinaus werden sehr gute kreative methodische Anregungen präsentiert, die vielfach innovative Impulse für die eigene mediative Praxis bieten können.

Hilfreich ist auch der durchgängige parallele Aufbau der einzelnen Artikel, die sich an folgender Struktur orientieren:

  • Kurzbeschreibung
  • Rahmen
  • Anlässe/Anwenungsbereiche
  • Zielsetzung/Nutzen
  • Erfahrungen/Kommentare
  • Technische Hinweise
  • Quellen/Literatur
  • Weiteres Vorgehen.
    Beispielhaft soll hier je eine Methode aus den 5 Hauptkapiteln vorgestellt werden:

Im Kapitel „Kontakt und Kontrakt“ thematisiert Claude-Hélène Mayer in ihrem Text „Tanz der Kulturen. Mediationstools in transkulturellen Settings sorgsam und wirksam einsetzen“ wichtige methodischen Fragen bezüglich inter- bzw. transkultureller Mediationssettings. Sie öffnet die Augen dafür, dass Mediationstechniken nicht per se „universell und nicht unbedingt kulturübergreifend einsetzbar sind“ (S. 84). Sie seien vielmehr kulturspezifisch geprägt und daher kulturrelativistisch und kultursensibel einzusetzen. Was dies bedeuten kann, führt sie an „gängigen“ Mediationstechniken aus, z. B. dem Aktiven Zuhören, dem Refraiming, Ich-Botschaften oder Metaphern. Dabei verweist sie z. B. darauf, dass etwa Ich-Botschaften vor allem in eher individualistisch geprägten Kulturen „Sinn machen“, in eher kollektivistisch-orientierten Gemeinschaften aber unpassend erscheinen oder gar negative Konnotationen hervorrufen können. Dabei rät die Autorin nicht generell vom Einsatz dieser Methoden ab, sondern rät vielmehr dazu, sie an kulturspezifische Erwartungen und Gelegenheiten zu adaptieren und nennt dabei auch zentrale Fragen, anhand derer sich eine Mediatorin/ein Mediator auf ein transkulturelles Setting vorbereiten kann

Im Kapitel „Themen festlegen, Sichtweisen der Konfliktparteien“ fordern Ljubjana Wüstenhube und Holger Specht dazu auf, in Konfliktlösungskontexten „Körpersprache gewinnbringend zu nutzen“. Das Autorenpaar stellt drei Tools vor, die in allen Phasen des Mediationsverfahrens angewandt werden können und dabei helfen können, nonverbale Signale zu dekodieren, den Mediationsprozess zu beschleunigen und die vielfältigen Interventionen zu vertiefen. So bietet sich das Tool „Beobachten – Interpretieren – Intervenieren“ den MediatorInnen die Gelegenheit, eigene Zuschreibungen zu überprüfen und zu reflektieren, aber auch diese flexibler und empathisch als Ressource zu nutzen. Während das Tool „Selbstmanagement“ die MediatorInnen dabei unterstützen kann, vor allem die eigene „Haltung“ im körperlichen und übertragenen Sinne im Blick zu behalten und im Interesse des Mediationsprozesses „einzusetzen“, widmet sich das Tool „ Mit den Füssen mediieren“ einem in der Beschäftigung mit der Körpersprache oft mit weniger Aufmerksamkeit bedachten Körperteil. Hier werden nicht nur Tipps formuliert, wie sich der/die Mediatorin während des Prozesses immer wieder selbst „erden“ kann, sondern auch, wie er/sie dadurch mit Hilfe der eignen Füsse quasi immer wieder nonverbal den Kontakt zu beiden Mediationsparteien aufrecht erhalten und den Prozess selbst so körpersprachlich gut unterstützen kann.

In Bezug auf das Herausarbeiten von „Interessen, Gefühlen oder Bedürfnissen“ soll exemplarisch die Methode „in den Schuhen der anderen. Perspektivwechsel im Großgruppenformat“ herausgehoben werden. Paul Krummenacher stellt in seinem Artikel eine Methode vor, die vor allem dann hilfreich sein kann, wenn die Fronten polarisiert sind und sich jede Partei – vor allem in Großgruppen – darauf zurückzieht, dass ihn/sie die „Gegenseite“ sowieso nicht verstehe. Dabei geht es darum, durch den Einsatz der Methode die eigene Perspektive zu wechseln und ggf. bestehende Vorurteile zu korrigieren. Faktisch handelt es sich dabei um eine bestimmte Variante eine soziometrischen Übung, die anhand bestimmter Schlüsselfragen gesteuert wird und dadurch einen Perspektivwechel ermöglicht, neue verbindende Elemenet entsstehen und gemeinsame Themen entdecken lässt.

Eine interessante Idee stellt im Kontext von „Handlungsoptionen und Lösungsmöglichkeiten“ Ingrid Holler vor, wenn sie in ihrem Artikel „Wie küsst man Dornröschen wach?“ dazu rät, Mind Mapping in der Lösungsphase des Mediationsprozesses einzusetzen. Dabei sollen die Mediationsparteien dies zunächst in Einzelarbeit zur Entwicklung und Sammlung erster Lösungsideen realisieren, um dann im Folgeschritt mit Unterstützung der Mediatorin/des Mediators als Mind Map mit konkreten Lösungsvereinbarungen visualisiert werden.

Im Kapitel „Vereinbarungen und Überprüfungstermin“ präsentiert Susanne Mouret eine sehr dynamische Idee, in Teams zu Lösungsvereinbarungen zu kommen: den „Marktplatz“. Diese Methode soll es den Konfliktbeteiligten ermöglichen, sich auf kreative Weise auszutauschen, wobei dieser Begriff durchaus wortwörtlich zu vertsehen ist, denn die Konfliktparteien werden tatsächlich zu einem „Tauschhandel“ in Hinblick auf die eigenen Angebote und Bedürfnisse hin ermutigt. So können sie z. B. beschreiben, was sie für eine tragfähige Lösung benötigen, aber auch was sie selbst diesbezüglich anbieten können.

Diskussion

Hilfreich für die Mediationspraxis ist sicherlich auch die Übersichtmatrix „Welches Tool zu welchem Anlass?“ zu Beginn des Buches ebenso wie die fünf additiven kostenlosen Downloads auf der Verlagsseite zu Niveaustufen von Konflikten, Diskriminierung und Fragetechniken, auch wenn diese gerne noch ergänzt werden dürften. Überlegenswert wäre hier gegebenenfalls zukünftig, den Hinweis auf die URL mit dem Downloadlink durch einen QR-Code zu ergänzen, der einen schnelleren Zugang zur Site ermöglichen würde.

Positiv hervorzuheben ist auch die durchgängige Strukturierung der Tools mit Kurzbeschreibung, Skizzierung der Rahmenbedingungen im Hinblick auf die Einbindung in den Mediationsprozess, den Anlässen für einen möglichen Einsatz, dem intendierten Nutzen, dem Überblick über Einsatzmöglichkeiten und dem erwartenden Aufwand sowie der Beschreibung der erreichbaren Ziele, der Ergänzung von konkreten Erfahrungen beim Einsatz des Tools sowie den technischen Hinweisen, die es zu beachten gilt, ebenso wie ergänzende Literatur- und Linkhinweise. Das regt schon bei der Lektüre gleich zu eigenen Überlegungen an, wo sich die jeweilige Idee wohl am besten im eigenen mediativen Handeln realisieren ließe.

Die Auswahl der Autorinnen und Autoren garantiert eine gute Mischung aus Experten und Expertinnen sowohl mit eher wissenschaftlichem als auch mit sehr praxisnahem Hintergrund. Die ausgewählten Methoden sind interessant, gut aufbereitet, oft mit Anschauungsfotos oder Graphiken versehen, die das jeweilieg Anliegen anschaulich illustrieren. Dort, wo es Sinn macht, werden konkrete Fälle aus der Praxis eingeführt, an Hand derer die Einsatzmöglichkeiten der entsprechenden Methode exemplifiziert werden, vielfach mit ganz konkreten Formulierungsvorschlägen.

Fazit

Insgesamt ein empfehlenswertes, hilfreiches und gut gemachtes Werk, lediglich der Preis wird den einen oder die andere MediatorIn beim Erwerb möglicherweise einen kleinen Moment zögern lassen.

Rezension von
Elisabeth Vanderheiden
Pädagogin, Germanistin, Mediatorin; Geschäftsführerin der Katholischen Erwachsenenbildung Rheinland-Pfalz, Leitung zahlreicher Projekte im Kontext von beruflicher Qualifizierung, allgemeiner und politischer Bildung; Herausgeberin zahlreicher Publikationen zu Gender-Fragen und Qualifizierung pädagogischen Personals, Medienpädagogik und aktuellen Themen der allgemeinen berufliche und politischen Bildung
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Es gibt 184 Rezensionen von Elisabeth Vanderheiden.

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ISSN 2190-9245