Marlis Marchand: „Gib mir mal die große Pauke ...“
Rezensiert von Alexandra Günther, 25.04.2013
Marlis Marchand: „Gib mir mal die große Pauke ...“. Musikalische Gruppenarbeit im Altenwohn- und Pflegeheim; ein Praxisbuch.
Waxmann Verlag
(Münster/New York/München/Berlin) 2012.
141 Seiten.
ISBN 978-3-8309-2749-5.
D: 24,90 EUR,
A: 25,60 EUR.
Reihe: Musikgeragogik - Band 1.
Thema
Musikalische Angebote gehören mittlerweile zum Standard in der Altenhilfe. Gerade heterogene Teilnehmergruppen finden im Singen und Musizieren eine Gemeinsamkeit. Körperliche Einschränkungen oder gerontopsychiatrische Erkrankungen sind keine Ausschlusskriterien.
Autorin
Marlis Marchand ist Diplom-Sozialpädagogin und Musiktherapeutin und hat eine eigene musiktherapeutische Praxis. Außerdem arbeitet sie als Dozentin im Weiterbildungsbereich Musikgeragogik der Fachhochschule Münster.
Aufbau
Das Buch orientiert sich an dem Ablauf eines musikalischen Gruppenangebots für alte, pflegebedürftige und demente Menschen. Für die verschiedenen Abschnitte, von der Begrüßung bis zur Verabschiedung, werden Materialien vorgestellt und Erlebnisse aus der Gruppenarbeit geschildert.
Inhalt
Nach einer kurzen Einleitung führt die Autorin Grundsätze für die musikgeragogische Arbeit aus. Musik hilft unter anderem, in Bewegung zu kommen, aktiviert die sinnliche Wahrnehmung und lässt die eigene Wirksamkeit spüren. Demenzkranke werden durch die gegenwärtige Aktivität des Musizierens in die Gruppe integriert.
Die Aufgabe der Gruppenleitung ist es, eine sichere Umgebung und vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen. Die Teilnehmer sollen ihre Gefühle erleben und Neues ausprobieren können. Die Gruppenleitung muss eine Balance zwischen dem Bedürfnis des Einzelnen und der Gruppe herstellen. Sie befindet sich ebenso wie die Gruppe in einem stetigen Lernprozess. Eine wertschätzende Grundhaltung und Freude an der Musik sind Voraussetzungen für die musikgeragogische Arbeit.
Das musikgeragogische Gruppenangebot sollte eine gleichbleibende, inhaltliche Struktur haben, die für Orientierung sorgt. Begrüßung und Verabschiedung sind der Rahmen für die musikalische Aktivität. Die Autorin stellt Lieder für den Beginn der Stunde vor, die ein Ankommen der Teilnehmer in der Gruppe fördern. Ebenso zeigt sie ein Namenslied. Kleine Lieder ohne Worte eignen sich zur Auflockerung und auch zum Einsingen. Für die Verabschiedung stellt die Autorin das Abschlusslied ihrer Gruppe vor.
Als Grundlage für den Hauptteil der Stunde bietet die Autorin verschiedene Spielangebote und Methoden wie Lieder, kleine Improvisationen mit Instrumenten oder Anregungen zum gemeinsamen, freien Musizieren. Marlis Marchand zieht besonders das Musizieren mit Instrumenten als zentrales Stundenelement vor. Das Kapitel zum freien Musizieren mit Instrumenten gehört zu den längsten Abschnitten des Buches. Hier zeigt sie verschiedene Spielvarianten, wie beispielsweise Stille-Klang-Stille oder Tutti-Solo-Tutti. Ein weiterer großer Abschnitt beschäftigt sich mit (Tanz-)Rhythmen, vom Cha-cha-cha zum Rock ‘n‘ roll. Lieder, gemeinsam gesungen oder begleitet von Instrumenten, werden mit Improvisationsmöglichkeiten vorgestellt. Auch musikalisch begleitete Gedichte oder ein Ensemblespiel eignen sich als Stundenbestandteile, wie die Autorin zeigt.
Viele Teilnehmer ziehen nach einiger Zeit bestimmte Instrumente vor, entweder aus persönlicher Vorliebe oder aufgrund physischer Beeinträchtigungen. Tiefe Tonlagen kommen den älteren Stimmen entgegen. Zum Thema Hände gibt die Autorin Spielanregungen, ebenso zum Einsatz von Materialien wie Tücher oder Steine.
Neben den festen Stundenelementen sollte flexibel auf die Bedürfnisse der Teilnehmer eingegangen werden. Die Gruppenleitung muss im Verlauf immer wieder spontan reagieren. Dies kann durch auftretende Über- oder Unterforderung oder durch andere Auslöser vorkommen. Marlis Marchand zeigt dafür eine Auswahl an kleinen Liedern, die sie eingesetzt, wenn beispielsweise von einem verstorbenen Gruppenmitglied Abschied genommen werden soll oder einfach nur eine Pause im Stundenablauf angezeigt ist.
Diskussion
Das Buch ist ein Buch aus der Praxis für die Praxis. Anhand von erlebten Situationen mit ihrer Gruppe zeigt sie, welche Fragen und Herausforderungen in der musikgeragogischen Arbeit immer wieder auftreten. Ein Fundus von Spielideen und -modellen soll helfen, als Leitung flexibel und sowohl einzelfallbezogen wie auch gruppenfördernd zu agieren.
Hintergrundinformationen, wie zum Beispiel zu Demenz, werden allerdings, wenn, dann nur implizit behandelt. Die Autorin bezieht sich im Buch auf eine Gruppe von dementen und geistig orientierten Pflegeheimbewohnern. Andere Gruppenzusammensetzungen, wie ausschließlich demenzerkrankte Menschen als Teilnehmer, werden nicht thematisiert.
Fazit
Marlis Marchand führt den Leser anschaulich durch die verschiedenen Elemente einer musikgeragogischen Gruppenstunde. Das Fachbuch bietet leicht umsetzbare Arbeitsanregungen, mit dem Fokus die Begegnung durch und mit Musik zwischen alten, pflegebedürftigen und dementen Menschen zu fördern.
Rezension von
Alexandra Günther
Sozialpädagogin und Ethikerin
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Es gibt 45 Rezensionen von Alexandra Günther.
Zitiervorschlag
Alexandra Günther. Rezension vom 25.04.2013 zu:
Marlis Marchand: „Gib mir mal die große Pauke ...“. Musikalische Gruppenarbeit im Altenwohn- und Pflegeheim; ein Praxisbuch. Waxmann Verlag
(Münster/New York/München/Berlin) 2012.
ISBN 978-3-8309-2749-5.
Reihe: Musikgeragogik - Band 1.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/14515.php, Datum des Zugriffs 06.10.2024.
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