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Klaus-Diethart Hüllemann: Patientengespräche optimal gestalten

Rezensiert von Thomas Hax-Schoppenhorst, 23.10.2013

Cover Klaus-Diethart Hüllemann: Patientengespräche optimal gestalten ISBN 978-3-89670-868-7

Klaus-Diethart Hüllemann: Patientengespräche optimal gestalten. Gebrauchsanleitungen für helfende Kommunikation. Carl-Auer Verlag GmbH (Heidelberg) 2013. 100 Seiten. ISBN 978-3-89670-868-7. D: 12,95 EUR, A: 13,40 EUR, CH: 18,90 sFr.

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Thema

Kranke Menschen reagieren auf bestimmte Worte mit einem veränderten Bewusstsein. Alles wird ichbezogen interpretiert, ohne dass die gewohnten Bewältigungsstrategien genutzt werden. Hoffnung gilt als das entscheidende Lebensprinzip kranker Menschen.

Das Buch führt an Beispielen der Medizin, der Psychologie und auch des täglichen Lebens aus, wie man Hoffnung erhalten kann – auch jenes Fünkchen Hoffnung in aussichtslos erscheinenden Situationen. Das Problem aber: Therapeutischen Fachkräften ist meist nicht bewusst, was sie mit ihren mitunter wenig empathischen und recht unüberlegten Äußerungen anrichten!

Es gehört zu den weit verbreiteten Auffassungen in der Ärzteschaft, dass es keiner großen Kenntnis in Bezug auf Kommunikationstheorien bedarf. Unreflektiert und auch durchaus etwas selbstherrlich wird davon ausgegangen, Gespräche über Krankheit und vielleicht sogar lebensbedrohende Erkrankungen könne man gewissermaßen ‚abwickeln‘. Oft ist dabei die Auffassung zu beobachten, die ärztliche Intervention sei nun wichtiger als alles andere – zum Beispiel ein durchdachtes, Perspektiven, Hoffnung und Klarheit vermittelndes Gespräch mit dem irritierten Gegenüber.

Die Zahl der Patientinnen und Patienten, welche sich darüber beklagen, ihnen sei nicht richtig zugehört worden, sie hätten nur wenig verstanden und ihr Arzt habe irgendwie abwesend gewirkt, ist unverändert hoch. Auf der anderen Seite gehört das gute Gespräch im Erleben und Beurteilen von Patienten als das Top-Kriterium, wenn es um die Zufriedenheit mit einer ärztlichen Leistung geht. Wer Zweifel daran hegt, möge nur aufmerksam die Foren im Internet aufsuchen, über die man Ärztinnen und Ärzte bewerten kann.

Erstaunlich ist, dass das Problem von vielen im Gesundheitswesen Verantwortlichen nur halbherzig angegangen wird, obwohl längst bekannt ist, dass das professionell geführte Gespräch mit dem Kranken auch den Heilungsprozess beschleunigen und eventuelle Streitigkeiten vor Gericht (Behandlungsfehler) unwahrscheinlicher machen kann. Patienten, die sich angenommen und verstanden fühlen – dies gilt für die Arztpraxis wie für das Krankenhaus – sind die besseren Bündnispartner.

Dennoch mangelt es in vielerlei Hinsicht; Handeln tut Not!

Autor

Klaus-D. Hüllemann, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie; Sozialmedizin, Sportmedizin, Rehabilitationswesen. Zunächst war er Professor am Universitätsklinikum Heidelberg, später an der Medizinischen Fakultät der Universität München; 1977 – 2004 Ärztlicher Direktor der Klinik St. Irmingard in Prien/Chiemsee; heute hat er eine Privatpraxis in München und Bergen. U. a. ist er Vorstandsvorsitzender des Deutschen Netzes Gesundheitsfördernder Krankenhäuser (DNGfK) und Wissenschaftlicher Beirat der Milton Erickson Gesellschaft.

Entstehungshintergrund

Die ihm immer wieder mitgeteilten Mängel in der Arzt-Patient-Kommunikation gaben den Impuls, sich mit dem Thema vertiefend zu beschäftigen und eine Handreichung für Kolleginnen und Kollegen zu erstellen, die Mut macht, neue Wege zu gehen.

Aufbau

Das handlich gestaltete Buch (im Stil der beliebten Kitteltaschenführer – und damit überallhin mitzunehmen!) besteht aus sechs Kapiteln, einer Literaturliste und Informationen über den Autor. Es endet mit einer freundlichen Einladung zur Rückmeldung bzw. Mitarbeit.

Inhalt

Im ersten Kapitel stellt der Autor die Prinzipien einer helfenden Kommunikation vor und greift dabei auf eine Fülle von Beispielen aus dem (weniger gelungenen) Praxisalltag auf.

Das zweite Kapitel widmet sich anschaulich und ebenso mit Beispielen unterfüttert dem Phänomen des veränderten Bewusstseins von Kranken.

Kapitel drei unterscheidet dann zwischen „gut gemeint“ und „schlecht gelaufen“, zeigt u. a. auf, wie es möglich wird, Patienten angemessen Mut zu machen, statt ihnen (ungewollt) zu drohen.

Mit dem vierten Kapitel werden dann die Möglichkeiten einer helfenden Kommunikation noch einmal aufgegriffen, indem z. B. zwischen der „abweisenden Hand“ (Unterweisung, Abfrage, Eile) und der „zuwendenden Hand“ (Ermutigung, Zustimmung, Erklärung, Sicherheit, Kontakt) unterschieden wird.

Kapitel fünf thematisiert den Umgang mit chronisch Kranken. Schließlich folgen anrührende und überzeugende Schlussbetrachtungen.

Diskussion

Der Autor hat sehr gut entschieden, eine gewissermaßen ‚kleine Lösung‘ zu wählen. Das Buch ist mit 124 Seiten nicht zu lang, es ist handlich; die Sprache ist klar. Mit wissenschaftlichen Exkursen wird konsequent gehaushaltet; die Praxis steht im Mittelpunkt. Das überzeugende Layout (Kastentexte mit Beispielen, erklärende Illustrationen, …) erleichtert bzw. unterstützt die Lektüre.

Damit wird auf geschickte und (hoffentlich) in zielführender Weise einem zentralen Argument der ‚Verweigerer‘ entgegengewirkt: die fehlende Zeit! Die Lektüre des Buches stellt selbst den rund um die Uhr beschäftigten Mediziner nicht vor unlösbare Probleme. Im Gegenteil: Inhalte und der moderierend, nicht dozierende Sprachstil machen bereits beim ersten Durchblättern neugierig, geben zu verstehen, dass Lesende herzlich und kollegial eingeladen sind, sich mit einem Thema zu beschäftigen, das vielleicht bislang noch nicht die verdiente Würdigung erfahren hat.

Die zentrale Frage bleibt: Wie gelangt das Buch an den Mann/die Frau? Die Entscheidung zum Kauf setzt im Grunde voraus, dass Behandlerinnen und Behandler den Bedarf erkennen, an ihren Dialogen mit Hilfe suchenden Patientinnen und Patienten zu arbeiten.

Mittlerweile werden die Vorteile einer durchdachten, reflektierten Arzt-Patienten-Kommunikation (zum Glück) aber immer wieder thematisiert, so dass sich dem auf lange Sicht niemand mehr verschließen kann. Letztendlich wirkt sich ‚der gute Ton‘ auf viele Aspekte des Behandlungsalltags positiv aus – diese Erkenntnis greift immer mehr Raum!

Vielleicht hatte die Abwehrfloskel „Reden allein genügt nicht!“ zu lange Bestand, und es braucht noch etwas Zeit, bis sich auch die letzten Pragmatiker von ihr verabschiedet haben.

Fazit

Wenn ein Buch das Tor zu neuen Sichtweisen öffnen kann, dann ist es dieses, denn es präsentiert sich in Umfang, Gestaltung und Wortwahl angenehm begleitend, stützend. Es lädt ein, ohne schulmeisterlich daherzukommen; es überzeugt, statt zu überrumpeln!

Rezension von
Thomas Hax-Schoppenhorst
pädagogischer Mitarbeiter der LVR-Klinik Düren, Sachbuchautor, Herausgeber, Erwachsenenbildner
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Es gibt 21 Rezensionen von Thomas Hax-Schoppenhorst.

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ISSN 2190-9245