Martin Rettenberger, Fritjof von Franqué (Hrsg.): Handbuch kriminalprognostischer Verfahren
Rezensiert von Dr. phil. Gernot Hahn, 15.01.2014
Martin Rettenberger, Fritjof von Franqué (Hrsg.): Handbuch kriminalprognostischer Verfahren. Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG (Göttingen) 2013. ISBN 978-3-8017-2393-4. 69,95 EUR.
Thema
Die Anforderungen an kriminalprognostische Einschätzung sind hoch: neben der Bewertung zukünftiger Risiken geht es um die Ableitung geeigneter Präventions- und Behandlungsmaßnahmen. Professionellen AnwenderInnen steht dafür eine Vielzahl standardisierter Prognoseverfahren zur Verfügung. Das Handbuch stellt 23 im deutschsprachigen Raum vertretene Instrumente vor, führt in den theoretischen Hintergrund ein, gibt Hinweise zu deren Einsatzmöglichkeiten und geht auf damit verbundene praktische Fragestellungen und Probleme ein.
Herausgeber
Martin Rettenberger studierte Psychologie, arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Gewaltforschung und Prävention in Wien und war an der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter in Wien-Mittersteig als Gutachter tätig. Er promovierte zum Thema „Kriminalprognose und Sexualdelinquenz - Möglichkeiten und Grenzen standardisierter Kriminalprognosemethoden bei Sexualstraftätern“. Im Anschluss an seine Promotion studierte Kriminologie an der Universität Hamburg und war als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Gutachter am Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf angestellt. Seit 2013 ist er Juniorprofessor an der Universität Mainz mit einem Schwerpunkt in Forensischer Psychologie.
Fritjof von Franqué studierte Psychologie, arbeitete zunächst im hessischen Maßregelvollzug und arbeitet heute als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie.
Aufbau
Das Handbuch bietet in sechs Abschnitten
- eine einleitende Einführung,
- Prognoseverfahren für Jugendliche,
- Instrumente zur Erfassung von Psychopathy,
- aktuarische Prognoseverfahren,
- klinische Prognoseverfahren und
- Hinweise zu integrativen Modellen und Fragen der praktischen Anwendung.
Zu 1. Einführung
Lutz Gretenkord gibt im Einführungskapitel einen Überblick zu den gängigen Herangehensweisen und Arten der Kriminalprognostik. Grundbegriffe wie klinische oder statistische Prognose werden erörtert und eine grobe Systematik der aktuell verfügbaren Prognoseinstrumente erstellt. Der Autor gibt dazu einen kompletten Überblick zur Entstehungsgeschichte der Prognoseinstrumente und z. T. auch zur Geschichte der Prognosewissenschaft. Als Instrumente der „ersten Generation“ beschreibt Gretenkord (in Anlehnung an Adrews & Bonta) Hilfsmittel, welche eine klinische Prognose unterstützen sollten, indem z. B. relevante Prognosebereiche oder -aspekte skizziert werden. Instrumente der „zweiten Generation“ sind -dieser Systematik folgend- statistische Prognoseinstrumente, welche das individuelle Rückfallrisiko anhand fester Variablen erfassen. Stärker theoriebasiert treten Prognoseinstrumente der „dritten Generation“ an, welche auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse umfassend Items erfassen und im konkreten Fall erschließen. Als relativ neue „vierte Generation“ treten schließlich Instrumente an, welche auf Grundlage der „dritten Generation“ stärker auf die korrekte Handhabung im Einzelfall und die damit zusammenhängende Fallsteuerung abzielen. Das Einführungskapitel geht im Weiteren auf Gütekriterien für Prognoseinstrumente ein, formuliert Prinzipien zur Auswahl von Prognoseinstrumenten („Sie sollten wissenschaftlich funiderte Risikofaktoren enthalten.“ [30]) und endet in einem deutlichen Plädoyer für den Einsatz standardisierter Instrumente in der Praxis: “ Wenn es mehrere Methoden der Prognosestellung gibt, von denen eine besser ist als die andere, wäre es nicht nur unwissenschaftlich und irrational, sondern auch unethisch, diese nicht einzusetzen“ (34).
Zu 2. Prognoseverfahren für Jugendliche
Jugendliche Straftäter unterscheiden sich hinsichtlich Deliktstruktur und -motivation, Persönlichkeit, sozialer Beziehungen und Entwicklungsmöglichkeiten deutlich von erwachsenen Tätern. Entsprechende Anforderungen stellen sich an eine differenzierte Erfassung des Rückfallrisikos bei der Prognosestellung für diese Tätergruppe, vor allem im Bereich der Sexual- und Gewaltdelinquenz, so dass hier der Einsatz entsprechend spezialisierter Prognoseinstrumente unabdingbar ist. Mit dem „Juvenile Sex Offender Assessment Protocol-II“, dem „Estimate of Risk of Adolescent Sexual Offense Recidivism“, dem „Youth Level of Service/Case Management Inventory“ und dem „Structured Assessment of Violence Risk in Youth” werden vier gängige Prognoseinstrumente für jugendliche Straftäter vorgestellt. Die Einzelkapitel folgen jeweils dem gleichen Aufbau: nach der Benennung der Orginalquellen und ihrer deutschen Übersetzungen (z. T. auch unter Benennung der zugehörigen Internetressourcen) folgen jeweils die Kurzbeschreibung des jeweiligen Verfahrens, Hinweise zu Indikation und Einsatzmöglichkeiten, sowie Voraussetzungen für die Anwendung. In vertiefenden Abschnitten folgen dann Hinweise zum theoretischen Hintergrund und zur Entwicklung des Verfahrens, dem Aufbau des Verfahrens und zur Auswertung der Items, Anmerkungen zur praktischen Anwendung und abschließend die Darstellung der Forschungsergebnisse zur Empirie und den Gütekriterien. Da es sich bei den vorgestellten Testinstrumenten um z. T. noch recht junge Verfahren handelt haben die AutorInnen des Handbuchs abschließend eine vorläufige Einschätzung zur Anwendung, Vorhersagegenauigkeit und Vorhersagegüte im deutschsprachigen Raum vorgenommen. Die jeweiligen Testinstrumente werden zudem kritisch beurteilt und z. B. hinsichtlich Vollständigkeit/Unvollständigkeit der Einzelitems beurteilt. Als Serviceleistung bietet das Handbuch Hinweise zum Bezug der in diesem Abschnitt vorgestellten Prognoseinstrumente.
Zu 3. Instrumente zur Erfassung von Psychopathy
Im Eröffnungsbeitrag zum Psychopathy-Abschnitt führt Andreas Mokros zunächst in das Psycyhopathy-Konstrukt ein. Er charakterisiert das Störungsbild auf Grundlage der Anti- bzw. Dissozialen Persönlichkeitsstörung, beschreibt aber zusätzlich Probleme in der „Unaufrichtigkeit und … Defizite im Affekterleben“ (84), insbesondere sei bei psychopathischen Tätern das Affekterleben gestört und damit die Fähigkeit Gefühlszustände differenzieren und mitempfinden zu können beeinträchtigt. Ausgehend von diesen Überlegungen führt der Autor weiter in die im deutschsprachigen Raum weit verbreitete Psychopathy-Checklist (PCL) ein, welche die dem Persönlichkeitskonstrukt Psychopathy zugeordneten Merkmale in einer Fremdbeurteilungsskala erfasst und in ihrem Ausprägungsgrad als Summenwert bewertet. Der Gesamtwert weist einen „signifikanten und robusten Zusammenhang mit erneuter Gewaltdelinquenz auf“ (100), so dass belastbare Aussagen zur Rückfallwahrscheinlichkeit möglich werden. Wie im Aufbau des Abschnitts zu Prognoseverfahren für Jugendlich, enthalten auch die Beiträge dieses Abschnitts ergänzende Hinweise zur Handhabung des Verfahrens in Anwendung und Auswertung, zu praktischen Anwendungsproblemen und Forschungsergebnisse zu den Gütekriterien. Der Abschnitt wird durch die für jungendliche Probanden adaptierte Version der „Psychopathy-Checklist: Youth Version“ und das „Comprehensive Assessment of Psychopathic Personality- Institutional Rating Scale“ ergänzt. Die beiden Ratingverfahren sind bislang im deutschsprachigen Raum wenig vertreten, deutschsprachige Studien zur Reliabilität und Validität liegen bislang kaum vor. Besonders wertvoll sind in diesem Zusammenhang die Hinweise zu Anwendungsfragen und -problemen, welche in Deutschland kaum veröffentlicht worden sind. Alle Beiträge erschließen mit den Hinweisen zu Internetressourcen Angaben zu Bezugsmöglichkeiten, Trainingsworkshops und Einführungslehrgängen.
Zu 4. Aktuarische Prognoseverfahren
Im Abschnitt „aktuarische Prognoseverfahren“ werden neun statistische Prognoseinstrumente vorgestellt. Erfasst werden u. a. Verfahren zur globalen Einschätzung der Rückfallwahrscheinlichkeit (Offender Group Reconviction Scale, entwickelt für die Bewährungshilfe in Großbritannien), der „Violence Risk Appraisal Guide“ zur Erfassung des Rückfallrisikos bei Gewalt- und Sexualstraftätern, der „Sex Offender Risk Appraisal Guide“ zur Rückfalleinschätzung bei Sexualstraftätern, den in Deutschland entwickelten Einschätzungsbogen „Rückfallrisiko bei Sexualstraftätern“, die weit verbreiteten und häufig angewandten Verfahren „Static-99“ und „STABLE-2007“ ebenfalls zur Rückfalleinschätzung von Sexualstraftätern und den im deutschsprachigen Raum weniger verbreiteten „Acute-2007“ zur Erfassung des akut-dynamischen Risikos bei Sexualstraftätern“. Der Abschnitt beinhaltet zwei weitere Prognoseinstrumente, welche für spezielle Settings entwickelt wurden: den „EFP-63“ zur empirisch fundierten Prognosestellung im Maßregelvollzug gemäß § 63 StGB und das „Ontario Domestic Assault Risk Assessment“ zur Einschätzung der Rückfallwahrscheinlichkeit neuerlicher häuslicher Gewalttaten bei bereits einschlägig in Erscheinung getretenen männlichen Tätern.
Zu 5. Klinische Prognoseverfahren
Klinische Prognoseverfahren erfassen den Lebenslauf, vor allem die Familienverhältnisse, Bildungskarrieren, die Beziehungsgeschichte und die Delinquenzentwicklung von Probanden und umfassen zudem eine gezielte Exploration unter Anwendung psychodiagnostischer Testverfahren. Die entsprechenden Prognoseinstrumente erfassen statische und variable Risikofaktoren in Lebenslauf und aktueller Lebenssituation, für die ein belegter Zusammenhang zu einer erhöhten Gefahr der Delinquenzrückfälligkeit besteht. Meist werden die entsprechenden Skalen als Fremdbeurteilungsrating durchgeführt, je nach „Treffer“ für einzelne Aspekte ergibt sich in der Summe ein geringes, mittleres oder erhöhtes Rückfallrisiko. Wesentlich ist die Erfassung stabiler Langzeitprädiktoren, als auch kurzfristiger Veränderungen des Rückfallrisikos. Die Mehrzahl der klinischen Prognoseinstrumente ist nach diesem Schema aufgebaut, Unterschiede beziehen sich hinsichtlich der Delinquenzart, bzw. der Reichweite straffälligen Verhaltens. Der Abschnitt zu den klinischen Prognoseverfahren geht u. a. auf die seit langem eingeführten und weit verbreiteten Instrumente „ILRV – Integrierte Liste der Risikovariablen“ und das „Basler Prognose-Instrument“ (bekannt auch als „Dittmann-Liste“) ein und erfasst die aus dem nordamerikanischen Raum stammenden Instrumente „Level of Service Inventory – Revised“, „Historical-Clinical-Risk Management-20“ oder den „Sexual Violence Risk-20“. Relativ neu sind Prognoseinstrumente die speziell für die Erfassung protektiver Faktoren konstruiert wurden. Hier geht es nicht um die Erfassung individueller Risikomerkmale, sondern um die Wahrnehmung und Bewertung möglicher Schutzfaktoren, welche ein bestehendes individuelles Delinquenzrisiko abschwächen bzw. moderieren können. Das Handbuch geht auf diese Thematik in einem Beitrag zum „Structured Assessment of PROtective Factors for violence risk (SAPROF)“ ein.
Zu 6. Integrative Modelle und praktische Anwendung
Im Abschlusskapitel werden Überlegungen zur Auswahl und Integration von Prognoseinstrumenten, zur klinischen Kriminalprognose und zu einer strukturierten, professionellen Risikobeurteilung angestellt. Die drei Beiträge plädieren für den Einsatz standardisierter Prognoseverfahren, da so eine wissenschaftlich abgesicherte, umfassende und vollständige, flexiblere, rationalere und gleichzeitig einfachere Handhabung der Risikoeinschätzung ermöglicht wird. Ein Beitrag von Klaus-Peter Dahle gibt wichtige Hinweise zur Auswahl geeigneter Prognoseinstrumente (die sich aus dem Fallbezug und aus der erwünschten Tiefe der prognostischen Aussage, sowie aus dem Prognoseauftrag ergeben). In einem weiteren Beitrag formuliert Dahle zusammen mit Robert Lehmann Grundlagen der kriminalprognostischen Einzelfallbeurteilung. Das hier formulierte Konzept der „klinisch-idiografischen Kriminalprognose“ dürfte im deutschsprachigen Raum mittlerweile als Basisstruktur etabliert sein und wurde ausführlich bereits im Jahr 2006 publiziert (vgl. Rezension www.socialnet.de/rezensionen/5141.php ). Im Abschlussbeitrag entwirft Mitherausgeber Fritjof von Franqué ein übergeordnetes Prozessmodell der professionellen Urteilsbildung im Zusammenhang mit kriminalprognostischen Fragestellungen. Von Franqué zergliedert den Urteilsprozess in acht Teilschritte, von der Bestimmung des Problems und dessen Risikofaktoren über die Identifizierung der Risikofaktoren am Einzelfall, die Formulierung eines klinischen Modells, die Konstruktion künftiger (Delikt)szenarien, Planung und Beurteilung von Präventivmaßnahmen hin zu einer abschließenden Beurteilung des Falls. Deutlich werden in diesem Beitrag die Notwendigkeit und Chancen einer theoriebasierten Vorgehensweise in der Risikobeurteilung, die hier auf Grundlage verhaltenstherapeutischer (Verhaltensanalyse) und klärungsorientierter Psychotherapie erfolgen. Der Autor formuliert die einzelnen Schritte und Teilaufgaben einer professionellen Urteilsbildung aus und ergänzt sie durch ein ausführliches Fallbeispiel.
Zielgruppe
Der Band erschließt den Wissensstand zur Kriminalprognostik in Forschung und Praxis und ist damit eine unschätzbare Hilfe für alle, die wissenschaftlich, gutachterlich und in therapeutischen Kontexten mit Kriminalprognosen beschäftigt sind.
Diskussion
Der Erkenntnisstand zu kriminalprognostischen Fragestellungen ist in den letzten Jahren enorm gewachsen. Das Handbuch kriminalprognostischer Verfahren greift die in diesem Zusammenhang eingeführten Verfahren auf und stellt sie in einer im deutschsprachigen Raum einmalig umfassenden und gleichzeitig übersichtlichen Darstellung zusammen. Neben der Darstellung der wissenschaftlichen Grundlagen der einzelnen Prognoseverfahren besticht der Band durch den hohen Anwendungsbezug und die sich daraus ergebende Anwenderfreundlichkeit. Die einzelnen Prognoseverfahren werden jeweils in einem klaren Aufbau durch eine Kurzbeschreibung, mit Hinweisen zur Indikation und den unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten, Anwendungsvoraussetzungen, der Darstellung des theoretischen Hintergrunds des Verfahrens, dem Aufbau des Verfahrens und der enthaltenen Einzelitems, sowie deren Auswertung, Überlegungen und Erfahrungen zur praktischen Anwendung und möglichen Problemen, sowie Hinweisen zu Empirie und Gütekriterien erschlossen. Teilweise werden die volltständigen Erhebungsbögen als Muster abgedruckt. In Anwendungsbezügen ergibt sich daraus ein rascher und umfassender Überblick, der durch die klare Strukturierung der Darstellung gut erfasst werden kann. Besonders wertvoll ist die konsequente Benennung weiterer Ressourcen und Quellen, etwa zu Bezugsmöglichkeiten, Internetforen oder Aus- und Fortbildungsangeboten. Die Herausgeber konnten für die Darstellung der insgesamt 23 Prognoseverfahren und zu übergeordneten Fragestellungen professioneller Risikobeurteilung namhafte ForscherInnen und PraktikerInnen gewinnen und deren Erfahrungen im Handbuch zusammenzuführen. Entstanden ist so ein umfassendes, äußerst aktuelles Werk das die Möglichkeiten standardisierter Verfahren in der Kriminalprognostik erfasst und auf deren Grenzen eingeht. Positiv fällt auf, dass die Relevanz protektiver Faktoren in der Prognosewissenschaft angekommen ist. Einzelne Prognoseinstrumente wie z. B. das „Structured Assessment of Violence Risk in Youth“ erfassen neben den Risikoaspekten auch protektive Faktoren, das „Structured Assessment of Protective Factors for violence risk“ dient ausschließlich der strukturierten Erfassung protektiver Faktoren. In einem übergeordneten Beitrag von Klaus-Peter Dahle wird schließlich auf die Bedeutung der aktuellen personalen Risiko- und Schutzfaktoren bei der Querschnittsdiagnostik eingegangen. Dadurch wird Einseitigkeit in der Risikobeurteilung vermieden, da Risikomerkmale durch protektive Faktoren relativiert bzw. moderiert werden können.
Das Handbuch verdeutlicht, dass die Auswahl geeigneter Beurteilungsinstrumente vom konkreten Fall, dessen Komplexität und der Art der Fragestellung (Therapieplanung, Lockerungsentscheidungen etc.) abhängen. Es wird deutlich, dass es auch nicht um eine Entscheidung für z. B. ein klinisches Prognoseverfahren, gegen ein statistisches Instrument geht, sondern beide Vorgehensweisen, möglicherweise in Kombination dem Anspruch einer möglichst angemessenen Fallbeurteilung gerecht werden können. Das Handbuch enthält dazu vielfältige Hinweise und teilweise auch Anwendungsbeispiele.
Der Standard moderner Kriminalprognostik ist Arbeit auf dem Stand der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnis; diese Haltung wird in den Mindestanforderungen für Prognosegutachten formuliert. Das Handbuch erfasst den aktuellen wissenschaftlichen Stand, erschließt den jeweiligen theoretischen Hintergrund und verdeutlicht die Anwendungsgebiete und mögliche Fragestellungen. Damit wird der Anspruch der wissenschaftlichen Orientierung in der Prognosestellung umsetzbar. Darüber Hinaus gibt das Handbuch denjenigen die mit Gutachten und Prognoseeinschätzungen als „Endverbraucher“ arbeiten müssen eine sehr gute Einführung, verschafft raschen Überblick und erhöht so das Verständnis, auf welcher Grundlage kriminalprognostische Aussagen getroffen wurden. Diese können so kritischer nachvollzogen und überprüft werden.
Fazit
Das Handbuch kriminalprognostischer Verfahren besticht durch seinen klaren Aufbau. Die Struktur der einzelnen Kapitel ermöglicht einen raschen Überblick und erleichtert die Auswahl geeigneter Prognoseinstrumente im konkreten Fall. Die einzelnen Prognoseverfahren werden in ihren theoretischen Bezügen dargestellt, der Kenntnisstand aus Anwendungs- und Evaluationsforschung wird übersichtlich zusammengestellt. Damit ermöglicht das Handbuch die Umsetzung einer zentralen Anforderung an Kriminalprognosen, die dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand gerecht werden müssen. Für PraktikerInnen die mit der Erstellung oder der Bewertung kriminalprognostischer Aussagen und Gutachten arbeiten müssen ist das Handbuch unverzichtbar. Als Kompendium des state of the Art der Prognosewissenschaften äußerst wertvoll und in dieser Zusammenstellung überfällig.
Rezension von
Dr. phil. Gernot Hahn
Diplom Sozialpädagoge (Univ.), Diplom Sozialtherapeut
Leiter der Forensischen Ambulanz der Klinik für Forensische Psychiatrie Erlangen
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Es gibt 177 Rezensionen von Gernot Hahn.
Zitiervorschlag
Gernot Hahn. Rezension vom 15.01.2014 zu:
Martin Rettenberger, Fritjof von Franqué (Hrsg.): Handbuch kriminalprognostischer Verfahren. Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG
(Göttingen) 2013.
ISBN 978-3-8017-2393-4.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/14533.php, Datum des Zugriffs 23.01.2025.
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