Sabine Pauli, Andrea Kisch: Was ist los mit meinem Kind?
Rezensiert von Dr. Dipl.-Psych. Lothar Unzner, 26.07.2013

Sabine Pauli, Andrea Kisch: Was ist los mit meinem Kind? Bewegungsauffälligkeiten und Wahrnehmungsstörungen bei Kindern. Verlag modernes lernen Borgmann GmbH & Co. KG. (Dortmund) 2012. 127 Seiten. ISBN 978-3-8080-0683-2. 13,95 EUR. CH: 22,60 sFr.
Autorinnen
Andrea Kisch und Sabine Pauli sind seit über zwanzig Jahren als niedergelassene Ergotherapeutinnen in ihrer eigenen Praxis tätig. Sie arbeiten überwiegend mit Kindern, die Bewegungs- und Wahrnehmungsstörungen, fein- und grafomotorische Auffälligkeiten oder eine unklare Händigkeit haben. Sie sind zertifizierte Erwachsenenbildnerinnen (beide) und zertifizierte Linkshänderberaterin nach Dr. Sattler (A. Kisch) und Autorinnen mehrerer Fachbücher und Artikel in Fachzeitschriften.
Thema
Ziel des Buches ist, dass durch das Erkennen und Verstehen der Schwierigkeiten des Kindes therapeutische Maßnahmen eingeleitet und nachvollzogen werden können. Es soll auch aufzeigen, wie das Kind in Kindergarten, Elternhaus und bei der Freizeitgestaltung über alltagsrelevante Tätigkeiten unterstützt und gefördert werden kann.
Aufbau und Inhalt
Nach einer thematischen Einführung wird die durchschnittliche kindliche Entwicklung bis zum siebten Lebensjahr besprochen. Die Fortschritte in den verschiedenen Fertigkeiten werden für das erste Lebensjahr in Monatsschritten, dann in Vierteljahres- bzw. in Halbjahresschritten dargestellt. Im Mittelpunkt stehen die motorische Entwicklung und die Entwicklung der Wahrnehmung, aber auch die sprachliche, kognitive und soziale Entwicklung kommt nicht zu kurz. In einem extra Kasten wird jeweils besonders die Malentwicklung hervorgehoben.
Im nächsten Kapitel wird kurz erläutert, was unter Wahrnehmung zu verstehen ist. Anschließend werden ausführlich die Sinnessysteme und ihre Bedeutung für eine gesunde Entwicklung bzw. für die Ausbildung von Entwicklungsstörungen besprochen. Auf diese Störungen (Wahrnehmungsstörungen und Bewegungsauffälligkeiten) gehen die Autorinnen dann besonders ein, wobei Tonusstörungen (Hypotonie und Hypertonie), Koordinationsstörungen und Konzentrationsstörungen herausgestellt werden. Es werden die unterschiedlichen Facetten und Teilbereiche sowie die jeweiligen vielfältigen Ursachen thematisiert.
Umfangreich werden prototypisch drei Störungsmuster mit jeweils einem fiktiven Fallbeispiel dargestellt:
- Martin, ein bewegungsarmes und kraftloses Kind
- Philipp, ein unruhiges Kind, das von Umweltreizen überflutet wird
- Lea, ein gegen Berührung und Bewegt-Werden überempfindliches Kind.
Zu jedem Kind wird ein möglicher Entwicklungsverlauf bis zum siebten Lebensjahr beschrieben, dann Anregungen und Tipps für den Alltag zu Hause und in der Kindertagesstätte gegeben und Grundsätze für die ergotherapeutischen Behandlung des jeweiligen Störungsbildes formuliert. Anschließend wird der Leser über verschiedene Therapieansätze, beginnend mit den medizinischen Therapien Ergotherapie, Physiotherapie und Logopädie bis zur Heilpädagogik und der Kinderpsychotherapie informiert.
Abschließend gibt es noch einen Vorschlag zur Gestaltung eines Wochenplans und eine stichwortartige Übersetzung von Fachbegriffen in die Alltagssprache.
Diskussion
In Kinderkrippen und Kindergärten werden häufig Kinder mit Bewegungsauffälligkeiten und/oder Wahrnehmungsstörungen beobachtet. Dieses Buch hat das Ziel, dies zu erkennen, damit die Kinder therapeutische Hilfen bekommen, aber auch diese Probleme zu verstehen, um den Kindern gezielt Hilfen im Alltag anzubieten.
Dieses Ziel kann das Buch erreichen. Es gibt anschauliche Information über die durchschnittliche kindliche Entwicklung in diesem Bereich. Es werden die unterschiedlichen Facetten herausgearbeitet und dann an Fallbeispielen prototypische Störungen besprochen, wobei Anregungen für Therapie und Alltag eine wichtige Rolle spielen. Oft sind es nur Kleinigkeiten, die große Wirkung zeigen, man/frau muss sie aber kennen.
Das Buch ist verständlich geschrieben, so dass auch interessierte Laien das Buch mit Gewinn lesen können. Hilfreich dabei sind auch die Stichwörter jeweils am Rande, die einen schnellen Überblick erlauben.
Das Buch wurde für diese Neuausgabe vollständig überarbeitet und aktualisiert; es ist sehr zu empfehlen.
Zielgruppe
Ergotherapeuten, angrenzende therapeutische Berufsgruppen und Pädagogen, die mit Kindern arbeiten, die durch Entwicklungsverzögerungen, Bewegungsauffälligkeiten und Wahrnehmungsstörungen auffallen, sowie interessierte Eltern
Fazit
Das Buch, für Ergotherapeuten sicherlich nur ein Einstiegstext, ist aber gut geeignet für angrenzende Berufsgruppen, pädagogisches Personal in Kindertagesstätten, aber auch für interessierte Eltern.
Rezension von
Dr. Dipl.-Psych. Lothar Unzner
ehem. Leiter der Interdisziplinären Frühförderstellen in Dorfen, Erding und Markt Schwaben im Einrichtungsverbund Steinhöring
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