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Regine Berger, Dietlinde Granzer u.a.: »Warum fragt ihr nicht einfach uns?«

Rezensiert von Dr. Monika Wilkening, 19.03.2013

Cover Regine Berger, Dietlinde Granzer u.a.: »Warum fragt ihr nicht einfach uns?« ISBN 978-3-407-62876-3

Regine Berger, Dietlinde Granzer, Wolfgang Looss, Sebastian Waack: »Warum fragt ihr nicht einfach uns?«. Mit Schüler-Feedback lernwirksam unterrichten. Beltz Verlag (Weinheim, Basel) 2013. 144 Seiten. ISBN 978-3-407-62876-3. 19,95 EUR.

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Thema und Zielsetzung

Das Buch ist eine Handreichung zur Einführung von Schüler-Feedback an der Einzelschule. Als Ansatzpunkt dient die Hattie-Studie.

Autoren

Regine Berger und Dietlinde Granzer sind im Regierungspräsidium Stuttgart tätig. Regine Berger arbeitete vorher in der Lehreraus- und -fortbildung, als Seminarleiterin und in der Schulverwaltung, Dietlinde Granzer im IQB ebenso wie Sebastian Waack, der u.a. auch am Institut für angewandtes Schulmanagement in Stuttgart tätig war.

Wolfgang Loos ist selbstständiger Organisationsberater.

Entstehungshintergrund

Die Autoren, von denen einige schon verschiedene Bücher zur Einführung von Selbstevaluation an Schulen herausgegeben haben, zeigen im Anschluss an die Hattie-Studie, wie Unterricht durch Schüler-Feedback wirksamer gestaltet werden kann und wie Schulen eine Feedback-Kultur erreichen können, die sie in der schulinternen Qualitätsentwicklung voranbringt.

Aufbau

Das Buch hat drei Teile (137 Seiten) mit Unterkapiteln. Nach einer Einleitung werden die Bedeutung und Wirkung von Schüler-Feedback (I), Schüler-Feedback in der Praxis (II) und Praktische Mittel erläutert (III).

Einleitung

Die Autoren zitieren eine Aussage von John Hattie (University of Melbourne) über die Wichtigkeit von Feedback. Darin beschreibt Hattie folgende Bedingungen:

  • Wo stehen Lernende im Lernzyklus?
  • Welche Feedback-Frage wird gestellt?
  • Um welche Feedback-Stufe handelt es sich, welche Fähigkeiten für Feedback-Geber und -Nehmer gibt es?
  • Welche Schlüsse können Lehrende daraus ziehen, sodass die Lernenden davon profitieren?

Hattie kündigt in diesem Buch eine Antwort auf die Frage an, wo das Verstehen von Feedback beginnt.

Die Autoren erklären in ihrem Buch, wie wichtig die Befragung der Schülerinnen und Schüler über ihr Lernen ist: Nur sie können über für sie günstige oder hinderliche Lernwege sprechen, nur sie können ihren eigenen und für sie optimalen Weg finden.

Wie können die "Feuer in den Kindern" (aus Rabelais) entzündet werden? Nach den Autoren müssen die Lernenden systematisch über ihr Lernen befragt werden, damit sich individuelles Lernen verbessern kann. Dieses geschieht im Rahmen von selbstregulierten Lernzyklen.

Die Autoren sprechen auch von erweitertem Rollenverständnis der Lehrkräfte, in diesem Fall besonders über die (er-)forschende Lehrkraft.

Was ist an diesem Buch besonders? Es setzt sich theoretisch und praktisch mit Schüler-Feedback auseinander. Materialien zum Einstieg in Schüler-Feedback für eine Schule, die dies als Methode eingeführt hat, werden angeboten.

Teil I: Bedeutung und Wirkung von Schüler-Feedback

Wolfgang Loos schreibt über Feedback systemisch: „Vom Steuern, vom Lernen und von den Mäusen“(S. 16-20) Er definiert Feedback allgemein als relevant für die Beziehung zwischen Sender und Empfänger. So häufig wie möglich sollte Feedback in allen möglichen Arbeits- und Lebensbezügen undere gemeinsame Steuerung von Anstrengungen erhalten oder wiedergewinnen. Aus Feedback müssen immer Konsequenzen folgen.

Dietlinde Granzer schreibt über „Schüler-Feedback als Lernmotorvon Hattie lernen“ (S. 21-31), sie bezieht sich also auf seine Metastudie von 2008. Feedback hat nach Hattie Rang 10 von großen Einflussfaktoren auf Leistung, allerdings gibt es verschiedene Formen, die unterschiedliche Einflüsse haben. Folgende Elemente bewirken am meisten:

  • formative Beurteilung (nicht summative) des Lernprozesses
  • dadurch Förderung von Vygotskys Zone der proximalen Entwicklung zu einer höheren, aber noch erreichbaren Leistung
  • Feedback in beide Richtungen, d.h., Leistungsbeurteilungen sollen auch den Lernenden qualifizierte Hinweise geben

Granzer bemerkt, dass noch zu selten Praktiken der Rückmeldung eingesetzt werden, die eine aktive Partizipation von Schülerinnen und Schülern beinhalten (Wie Selbst- und Partnerbeurteilung, Beurteilung anhand von Kriterien, Lernportfolios). Granzer erklärt Hatties Feedback-Modell mit 3 Feedback-Fragen ("Wohin geht es? Wie geht das? Wie weiter?") auf 4 Feedback-Ebenen (Aufgabe, Lernprozess, Selbstregulation, Selbst) und erläutert die Bedeutung dieser 4 Ebenen nach Hattie. Ein idealtypisches, lernprozessbegleitendes Feedback verlaufe von einer klaren Aufgabenstellung über Feedback zu Problemlösestrategien zur Selbstregulation.

Dietlinde Granzer und Sebastian Waack erklären im nächsten Abschnitt „(Schüler)Feedback konkret“ (S. 32-44). Nach Hattie kommt es bei den lernrelevanten Faktoren v.a. auf die Lehrenden an. Ihre Professionalität entscheidet über den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler (Lernbegleitende, -fördernde, Feedbackholende). Aber auch letztere müssen systematisch die Bereitschaft zum Nachdenken über ihr Lernen lernen (zunehmend selbstverantwortlich, selbstregulierend).

Granzer und Waack schreiben zu verschiedenen Feedback-Strategien: Zeitpunkt, Umfang, Form und Adressaten von Feedback, zu Feedback-Inhalten und -Ebenen nach Hattie. Beispiele aus Rastern des Gemeinsamen Referenzrahmens zum Hören und Lesen werden als Bezugsnorm für Feedback angegeben.

In einem zweiten Teil beschreiben die Autoren Feedback durch die Lernenden nach Hattie. Lehrende sollen Lernende anleiten, Feedback von Mitlernenden für ihren Lernerfolg nutzbar zu machen. Dieses Partnerfeedback muss intensiv angeleitet und eingeübt werden. Auf S. 42 bilden die Autoren ein Schema mit Fragen für das Peer-Feedback in der Sekundarstufe aus der Hattie-Studie in Übersetzung ab (Studie von Gan 2011), die die Feedback auf Aufgaben-, Prozess- und Selbstregulationsebene exemplarisch erfragen. Am Schluss fassen sie ihre Ergebnisse in einem kleinen "Feedback-Einmaleins" zusammen.

Regine Berger zeichnet auf S. 45-59 „Schüler-Feedback als Teil der Schulentwicklung“ nach. Sie schreibt über Schüler-Feedback für die Schulentwicklung. Analog zu Hattie braucht Schule folgende Themen zum Qualitätsmanagement:

  • Steuerung/Ziele ("Wo geht es hin?"),
  • Maßnahmen ("Wie kommen wir hin?"),
  • Ressourcen ("Was steht zur Verfügung?"),
  • Ergebnis ("Was haben wir erreicht/dokumentiert?") und
  • Weiterarbeit ("Wie geht es weiter?").

Diese Einzelfragen erläutert Berger im Folgenden. Schüler-Feedback sei in allen Stadien elementar.

Granzer beschreibt auch die Rolle der Schulaufsicht und Schulleitung zur Einführung von Schüler-Feedback. Auf S. 52, 54 und 57 befinden sich Maßnahmen- und Kriterienkataloge für die Einführung eines konkreten Themas.

Teil II: Schüler-Feedback in der Praxis

Regine Berger, Dietlinde Granzer und Selbastian Waack schreiben auf S. 60-82 über die Frage Wie sieht die Welt in 100 Jahren aus?

Anhand von vier Themenbereichen ("Klima und Klimaschutz", "Gesundheit und Ernährung", "Lernen" und "Die Neuen kommen" werden Beispiele aus der Praxis vorgestellt, die auch online abgerufen werden können. Es wird erklärt

  • Was bedeuten die Themen für die Schul- und Leitbildentwicklung?
  • Welche Rolle hat die Schulleitung bei der Einführung/Umsetzung? (s. auch Informationsschreiben an das Kollegium auf S. 71-72 und auf S. 77-80 Arbeitsblätter für die Diskussion im Kollegium)
  • Welche Rolle hat die Lehrkraft bei der Einführung/Umsetzung?
  • Wie können die einzelnen Aufgaben verteilt werden?
  • Welcher Zeitplan ist möglich?
  • Welche Möglichkeiten der Einbeziehung der Eltern gibt es?

Schließlich findet sich auf den Seiten 74-75 ein Gesamtplan für die Einführung und Umsetzung von einer Frage, die schulübergreifend im Schüler-Feedback behandelt wird.

Regine Berger, Dietlinde Granzer und Sebastian Waack behandeln auf S. 83-95 das 2. Thema des Teils II im Kapitel „Ich esse nur, was mir schmeckt!“ Wie schon im vorigen Praxiskapitel wird hier nacheinander die Perspektive von Fachexperten (Sicht der Pädagogik, Bedeutung des Themas "gesunde Ernährung" für die Schulentwicklung), Schulleitung und Lehrkraft beschrieben und am Schluss Materialseiten abgedruckt (Fragebögen, verwendbare Materialien, Links, Verfahrensbeispiele, Ablaufplan, Checkliste) und Möglichkeiten zur Einbeziehung von Eltern aufgezeigt.

Regine Berger, Dietlinde Granzer und Sebastian Waack schreiben auf S. 96-109 zu dem 3. Thema des Teils II im Kapitel „Wie lernst du am besten?“ Lernen Lernen spielt eine wesentliche Rolle beim Lernerfolg. Die Untersuchungen hier konzentrieren sich auf die Effektivität von Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit. Auch hier werden wieder Fachexperten zu Rate gezogen und Durchführungsmöglichkeiten für Schulleitung und Lehrkräfte vorgeschlagen. Hilfreich sind auch die Seiten 105-107 mit konkreten Schülerbefragungen bzw. Links zu weiteren.

Regine Berger, Dietlinde Granzer und Sebastian Waack schreiben auf S. 110-127 über das 4. Thema des Teils II im Kapitel „Wenn die Neuen kommen …!“ Erfahrungen aus der Wilhelmschule in Kehl über eine Schülerbefragung nach der 1. Schulwoche (s. auch Fragebogen S. 119 und Linkliste S. 121) dienen als konkreter Ansatzpunkt. Auch hier wieder ist die Sicht von Fachexperten, und die Möglichkeiten für die Schulleitung (Interview mit Schulleiter) und die einzelnen Lehrkräfte näher erläutert.

Teil III: Praktische Mittel

Im Abschlussteil (S. 128-137) schreibt Sebastian Waack über „Arbeiten mit Online-Verfahren“ zur Erstellung, Durchführung und Auswertung von Befragungen. Vor- und Nachteile solcher Verfahren werden gegeneinander abgewogen (S. 130). Verschiedene Anbieter werden vorgestellt mit Link, Erklärung der Leistungsmöglichkeiten und Preisen.

In einem 2-seitigen Glossar werden thematisch relevante Begriffe erläutert, darauf folgt eine ausführliche Bibliografie zu allgemeinen Themen des Schüler-Feedbacks und spezifischen Themen aus Teil II.

Zielgruppen

Lehrkräfte, Schulleitungen, Schulaufsicht, Lehreraus- und weiterbildner, pädagogische Führungskräfte, Bildungs- und Erziehungswissenschaftler

Fazit

Die Autoren gehen von der aktuell diskutierten Hattie-Studie von 2008 aus, in der die Wirksamkeit von Schülerfeedback an die Lehrkräfte bzw. an Schule insgesamt als äußerst lernwirksam beschrieben wird. Sie bieten den Lesern und Leserinnen vier konkret an Schulen umsetzbare Themen dazu an, die auch einzeln herangezogen werden können.

Rezension von
Dr. Monika Wilkening
Tätigkeitsfeld: seit 32 Jahren Gymnasiallehrerin Klassen 5-13 für die Fächer Englisch und Französisch, Autorin von zahlreichen Fachaufsätzen und Fachreferentin, Rezensentin; Arbeitsschwerpunkte: schülerorientierte Unterrichtsformen im Fremdsprachenunterricht, Evaluation, insbes. Selbst- und Partnerevaluation, 2011 Promotion zur Doktorin der Philosophie an der Universität Augsburg. Praxisbuch zur Selbst- und Partnerevaluation (4/2013)

Es gibt 12 Rezensionen von Monika Wilkening.

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Zitiervorschlag
Monika Wilkening. Rezension vom 19.03.2013 zu: Regine Berger, Dietlinde Granzer, Wolfgang Looss, Sebastian Waack: »Warum fragt ihr nicht einfach uns?«. Mit Schüler-Feedback lernwirksam unterrichten. Beltz Verlag (Weinheim, Basel) 2013. ISBN 978-3-407-62876-3. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/14789.php, Datum des Zugriffs 03.06.2023.


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