Dieter Kreft, Ingrid Mielenz (Hrsg.): Wörterbuch Soziale Arbeit
Rezensiert von Dipl. Soz.-Päd. Alfons Limbrunner, 28.02.2013

Dieter Kreft, Ingrid Mielenz (Hrsg.): Wörterbuch Soziale Arbeit. Aufgaben, Praxisfelder, Begriffe und Methoden der Sozialarbeit und Sozialpädagogik. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2013. 7., vollst. überarb. und aktualisierte Auflage. 1085 Seiten. ISBN 978-3-7799-2082-3. D: 68,00 EUR, A: 70,00 EUR, CH: 99,00 sFr.
Soziale Arbeit 2013 – Von der 1. Auflage 1979 zur 7. Auflage
Seit über drei Jahrzehnten begleitet mich dieses Buch. Zudem habe ich eine Vorstellung, was es bedeutet, einen immer wieder aktuellen Stand über das schwer zu überschauende Terrain Sozialer Arbeit mit 300 Beiträgen und 500 Stichworten, geschrieben von 200 Autoren auf mehr als 1000 Seiten zu vermitteln. Jetzt ist das Werk in der siebten Auflage im ganz und gar neuen Kleid erschienen: Vorbei das kräftige Orangegelb von Beltz, vorbei das zurückhaltende Gelb und Grau von Juventa, hin zu den leuchtenden Streifen des Buchprogramms von Beltz Juventa.
Die im Band abgedruckten Vorworte aller bisherigen Auflagen geben den Blick frei für den Prozess, wie sich die Konzeption eines derartigen Werkes immer wieder leicht wandelt. Sie lassen sich aber auch als kleine Geschichte Sozialer Arbeit lesen. Beginnend in jener Zeit, als das Sozialwesen sich rasant entwickelte bis zur Jetztzeit, in der so Manches ins Stocken geraten, der Enthusiasmus verflogen, die allgemeine Ratlosigkeit größer geworden ist. Gar nicht zu reden von den vielen Hochschulen, die sich in die Gründung neuer Studiengänge verzettelten und damit eine grundständige Soziale Arbeit immer mehr schwächen. In den letzten Jahren, so die Herausgeber, wurde dies von den ständigen Basteleien im Sozialrecht weiter erschwert, begleitet von einer Entwicklung, die sie als Ausfransung der einst großen, richtungsweisenden Ideen charakterisieren.
Zur 7. Auflage
Sieben Auflagen sprechen für sich. Alle Beiträge, so heißt es, wurden überarbeitet und aktualisiert. Halt, nicht alle! Ein paar sind sogar seit der ersten Auflage – 1979 also – unverändert geblieben, „weil es ‚zeitlose Perlen‘ sind, aber auch als Respekt vor ihren Verfassern.“ Nun ja, die damit verbundenen großen Namen, am Beispiel Sozialtherapiewird das besonders deutlich, würden bestimmt nicht kleiner, wenn jemand Anderer den Beitrag auf der Höhe der Zeit bearbeitet hätte.
Wer mit Missbrauchs- und Gewaltfragen zu tun hat, wird registrieren, dass das Stichwort Sexueller Missbrauch, ein doch hochaktuelles Thema, nur unter Gewalt in Familien behandelt wird, von Missbrauch und Gewalt in sozialen Organisationen ist dabei leider nicht die Rede.
Aber all das sind Kleinigkeiten, denn wo sonst findet man so viele kompakte und qualifizierte Überblicke auf einem so großen Haufen? Nirgendwo! Beispielsweise zur Pflegeversicherung, zur Sozialinformatik, gar zum Personalvertretungsgesetzoder zur Geschichte Sozialer Arbeit?
Der Beitrag Behindertenhilfe etwa, bietet auf sieben Seiten ein komplexes Bild zu diesem Thema, gut strukturiert und verbunden mit weiterführenden Hinweisen. Der Begriff Inklusion taucht in diesem Text nur am Rande auf, der Leser wird dafür aber über das Sachregister zu den Stichworten Integration, soziale und Systemtheorie geführt und wird dort zur Inklusion ausgiebig fündig.
Erwähnenswert ist schließlich noch der kommentierte und leserfreundlich gestaltete umfangreiche Anhang, in den die Herausgeber viel Mühe investiert haben dürften.
Fazit
In Florian Illies vielgelobten Buch „1913“ erfahren wir, was Freud, Kafka oder die schöne Lou Andreas-Salomé und andere Zeitgenossen in diesem „Sommer des Jahrhunderts“ so trieben. Selbstverständlich findet sich darin nichts über die große Dame der Sozialen Arbeit, Alice Salomon, und schon gar nicht, dass sie in jenem Jahr die schmale Schrift „Zwanzig Jahre soziale Hilfsarbeit“ veröffentlichte. Genau hundert Jahre später jedenfalls, präsentiert sich diese soziale Hilfsarbeit in einem schwergewichtigen Kompendium, das sich für Studium, Praxis und wissenschaftliche Arbeit unentbehrlich gemacht hat.
Rezension von
Dipl. Soz.-Päd. Alfons Limbrunner
lehrte Soziale Arbeit an der Evangelischen Hochschule Nürnberg und ist als Autor, Coach und Supervisor (DGSv) tätig.
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