Jeanette Elsässer, Karin E. Sauer: Burnout in sozialen Berufen
Rezensiert von Branka Kramaric, 04.03.2014

Jeanette Elsässer, Karin E. Sauer: Burnout in sozialen Berufen. Öffentliche Wahrnehmung, persönliche Betroffenheit, professioneller Umgang.
Centaurus Verlag & Media KG
(Freiburg) 2013.
80 Seiten.
ISBN 978-3-86226-225-0.
D: 18,80 EUR,
A: 18,80 EUR,
CH: 21,00 sFr.
Reihe: Perspektiven Sozialer Arbeit in Theorie und Arbeit - 2.
Thema
Das rege Interesse der Öffentlichkeit hat Burnout fast schon zu einer „Modekrankheit“ werden lassen, vor allem da es ein Phänomen ist, das alle Menschen betreffen kann. Allerdings wurde der Begriff in den 70er Jahren zunächst mit Personengruppen aus dem Bereich der Pflege und der sozialen Arbeit in Verbindung gebracht. Auch heute gelten die Beschäftigten aus sozialen Berufe als besonders gefährdet und die Diskussion hierzu ist in der sozialen Arbeit aktuell sehr präsent.
Autorinnen
Jeanette Elsässer arbeitet als Sozialpädagogin im Bereich der Erwachsenenbildung mit psychisch kranken und geistig behinderten Menschen. Prof. Dr. Karin E. Sauer ist Dozentin für Sozialarbeitswissenschaft und Methoden der sozialen Arbeit.
Aufbau
Die beiden Autorinnen Jeanette Elsässer und Karin E. Sauer befassen sich in dem schmalen, knapp 70 Seiten umfassenden Band mit dem Thema Burnout in sozialen Berufen. Das Buch gliedert sich in zwei Teile.
- Der erste Teil (Kapitel 1 – 4) beleuchtet die theoretischen Grundlagen von Burnout. Die Autorinnen geben zunächst eine Begriffsbestimmung, stellen die unterschiedlichen Symptome und Verlaufsmodelle dar und gehen der Frage nach der Messbarkeit von Burnout nach.
- Im zweiten Teil (Kapitel 5 – 9) werden zunächst die Methodik der exemplarischen Studie und der Ablauf qualitativer Forschung mit ihren Ergebnissen dargestellt und interpretiert. Die Autorinnen führen für die Exploration ein narratives Interview mit einer Betroffenen. Dieses Interview wird in Auszügen dokumentiert, texthermeneutisch analysiert und die Ergebnisse zusammengefasst. Abschließend werden aus den Ergebnissen folgernd die Bedeutung und die Folgen von Burnout betrachtet.
Inhalt
Burnout als Bezeichnung für ein Leidensphänomen wurde erstmals 1974 durch den amerikanischen Psychoanalytiker Freudenberger beschrieben. Die Autorinnen stellen zunächst in einem allgemeinen Teil die Entwicklung und Verbreitung des Begriffs dar und stellen die Verlaufsmodelle und Beschreibungen unterschiedlicher Autoren gegenüber. Dabei weisen Elsässer und Sauer darauf hin, dass es keine einheitliche handhabbare Definition gibt und versuchen daher das Phänomen Burnout über die Eingrenzung von Ursachen, Symptomen und Verlauf zu erfassen und zu beschreiben. Bei den Verlaufsmodellen greifen Sie dabei auf das 12-Phasenmodell von Freudenberger und North und auf das 3-Phasenmodell von Schmidbauer zurück.
Die Ursachen von Burnout werden in unterschiedlichen Ansätzen - persönlichkeitszentriert, d.h. die Persönlichkeitsstruktur des Individuums wird als ursächlich betrachtet, und als externe Faktoren - beschrieben. Die Autorinnen plädieren dafür, beide Ansätze zu verbinden. Auf der Grundlage von statistischen Daten und vor dem Hintergrund veränderter gesellschaftlicher Bedingungen betrachten sie bei der Ursachenfindung die Auswirkungen dieses Wandels auf den Bereich der Sozialen Arbeit.
An diesen allgemeinen Teil schließt sich die exemplarische Studie in Form eines narrativen Interviews und dessen Inhaltsanalyse an. „Ziel dieser Studie ist es herauszufinden, wie Betroffene aus einem sozialen Beruf das Phänomen Burnout gesellschaftlich und im Zusammenhang mit Sozialer Arbeit einschätzen.“ (S. 33) Daneben gehen Elsässer und Sauer der Frage nach, welche Konsequenzen sich in der Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen Diskurs für die sozialen Berufe ergeben. Dabei wird zunächst die Methodik, die die beiden Autorinnen ausgewählt haben, vorgestellt.
Aus der Analyse des in Auszügen dokumentierten Interviews werden drei Kategorien entwickelt, die seitens der Betroffenen benannt werden:
- Doppeldeutigkeit von Burnout – Modewort und ernst zu nehmendes Risiko
- Die Rahmenbedingungen in sozialen Berufen begünstigen Burnout
- Burnout-Prävention ist möglich
Aus den Ergebnissen der Studie entwickeln die Autorinnen eine Reihe von Thesen, die zum einen für ein frühzeitiges Wahrnehmen von Burnout sensibilisieren und zum anderen positive Rahmenbedingungen in der Sozialen Arbeit schaffen sollen, um Burnout zu verhindern. Sie erörtern dabei sowohl die individuellen Möglichkeiten, als auch die Möglichkeiten im Kontext Individuum und Organisation. „Die Ergebnisse weisen auf eine mehrfache Herausforderung der Sozialen Arbeit hin, da sich Burnout auf drei Ebenen abspielt: auf der individuellen, der gesellschaftlichen und der institutionell-arbeitsorganisatorischen Ebene.“ (S.67)
Diskussion
Burnout in der Sozialen Arbeit ist nichts Neues. Daher überraschen die Ergebnisse wenig. Die dargestellte Theorie und die Folgerungen aus der exemplarischen Studie zeigen, dass Burnout für die Ausübung sozialer Berufe bestimmend sein kann. Ein moralisches Dilemma zwischen dem inneren Leitbild, also dem eigenen professionellen Anspruch, und dem wirtschaftlichen Rahmen, der durch Kostendruck, steigende Arbeitsintensität und problematische Personalschlüssel gekennzeichnet ist, führt bei Beschäftigte in sozialen Berufen zu Überlastungssituationen. Die Auszüge aus dem Interview mit der Betroffenen und die Auswertung der Studie zeigen eindrücklich, wie wichtig hier ein Umdenken ist und Prävention möglich und sinnvoll ist. Burnout ist ein diskussionswürdiges Thema in der Sozialen Arbeit – das macht diese Studie deutlich.
Fazit
Der erste Teil des Buches stellt komprimiert die wichtigsten Fakten zum Thema zusammen und gibt einen fundierten Überblick. Interessant wird das Buch durch die andere Herangehensweise im zweiten Teil. Die Betroffene zu Wort kommen zu lassen und mit wissenschaftlicher Methodik das „Erzählte“ zu analysieren, eröffnet einen anderen Blick. Das Buch ist vor allem für diejenigen interessant, die sich neben dem Thema Burnout gern mit wissenschaftlichen Methoden wie z.B. dem hier angewandten integrativen texthermeneutischen Verfahren beschäftigen.
Rezension von
Branka Kramaric
Coach und Beraterin für kleine und mittelständische Unternehmen und Organisationen, Expertin für Betriebliche Gesundheit,
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