Silke Wiegand-Grefe, Sabine Wagenblass (Hrsg.): Qualitative Forschungen in Familien mit psychisch erkrankten Eltern
Rezensiert von Dipl. Sozialpädagogin Christina K. Göttgens, 22.11.2013
Silke Wiegand-Grefe, Sabine Wagenblass (Hrsg.): Qualitative Forschungen in Familien mit psychisch erkrankten Eltern. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2013. 339 Seiten. ISBN 978-3-7799-2852-2. D: 39,95 EUR, A: 41,10 EUR.
Thema
Die Beschäftigung mit dem Thema „Familien mit psychisch erkrankten Eltern“ hat in den letzten Jahren in der wissenschaftlichen Forschung erheblich an Bedeutung gewonnen. Dies ist sowohl abzulesen an den hierzu veröffentlichten Forschungspublikationen als auch an den initiierten Fachtagen und Kongressen zum Thema. Die durch Forschungstätigkeit gewonnenen Erkenntnisse zu Entwicklungsrisiken, Belastungen und Ressourcen tragen dazu bei, ein differenzierteres Bild der Lebensrealität der betroffenen Familien zu zeichnen, um darüber ein besseres Verständnis für den individuellen Hilfebedarf der jeweiligen Familienmitglieder ableiten zu können. Basierend auf diesen Erkenntnissen können dann wiederum passgenaue psychosoziale und psychiatrische Hilfen für die Zielgruppe entwickelt und angeboten werden. Qualitativ ausgerichtete Forschung konzentriert sich dabei insbesondere auf die Rekonstruktion subjektiver Deutungsmuster und die Erfassung der Sichtweisen der einzelnen Familienmitglieder.
Herausgeberinnen
Prof. Dr. rer. nat. Silke Wiegand-Grefe ist Professorin für klinische Psychologie und Psychodynamische Therapie an der Medical School Hamburg (MSH) sowie Psychologin mit psychoanalytischer Ausbildung. Seit 2004 ist sie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf tätig und leitet dort das seit 2005 laufende Forschungs- und Präventionsprojekt CHIMPs (Children of mentally ill parents).
Prof. Dr. phil. Sabine Wagenblass lehrt als Professorin im Studiengang Soziale Arbeit an der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Hochschule Bremen. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Kinder- und Jugendhilfe, Frühe Hilfen für Familien, Kinderschutz, Kinder psychisch kranker Eltern sowie Geschichte und Theorien Sozialer Arbeit.
Entstehungshintergrund
Die beiden Herausgeberinnen beschreiben in ihrer Vorbemerkung den Entstehungshintergrund der Buchidee, die n.e.A. auf ihrer „kreativen, produktiven und freundlichen Zusammenarbeit als Sprecherinnen der Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder psychisch erkrankter Eltern“ und dem „Interesse an qualitativer Forschung und Forschungstätigkeit“ basiert.
Aufbau
Die Publikation umfasst insgesamt 339 Seiten, die aus einer kurzen Vorbemerkung der beiden Herausgeberinnen sowie insgesamt dreizehn Beiträgen verschiedener AutorInnen besteht und mit einem AutorInnenverzeichnis und Stichwortregister abschließt.
Inhalt
Im 1. Beitrag „Qualitative Forschungen bei Kindern psychisch kranker Eltern – eine Einführung“ von Sabine Wagenblass und Silke Wiegand-Grefe werden skizzenhaft qualitative und quantitative Forschungsmethoden sowie deren Vor- und Nachteile dargestellt. Außerdem geben die Autorinnen einen Ausblick auf die Inhalte der nachfolgenden Beiträge.
Der 2. Beitrag „Anwendung der Methode der Aktenanalyse, der teilnehmenden Beobachtung und der Inhaltsanalyse nach Mayring und wichtige Ergebnisse der qualitativen Evaluation des Bremer Patenschaftsmodells“ stammt aus der Feder von Maren Schreier und Sabine Wagenblass. Die Autorinnen stellen eingangs den Entstehungshintergrund und die konzeptionelle Grundlage des Bremer Patenschaftsmodells (PiB) vor. Hiernach wird das Forschungsdesgin nebst Erläuterung der verwendeten Methoden präsentiert. Im Rahmen dieser Studie wird multiperspektivisch v.a. der Forschungsfrage nachgegangen, wie das Angebot aus Sicht der Eltern, der PatInnen, der Case-ManagerInnen und MitarbeiterInnen von PiB wahrgenommen wird. Abschließend werden die zentralen Studienergebnisse anhand vier aufgestellter Thesen präsentiert und diskutiert.
In 3. wird die Studie „Die Verstehende Typenbildung. Methodisches Vorgehen im Projekt CHIMPs und Ergebnisse zu den Bewältigungstypen erkrankter Elternteile“ vorgestellt. Rosemarie Sobik, Dorothee Wienand-Kranz und Silke Wiegand-Grefe haben sich multiperspektivisch mit der Frage nach spezifischen Bewältigungstypen des betroffenen Elternteils im Umgang mit der eigenen psychischen Erkrankung beschäftigt. Als Datenmaterial stehen 17 Eltern-, 12 Kinder- und 10 Familiengespräche zur Verfügung, die im Rahmen des Hamburger CHIMPs Projektes im Beratungssetting mit insgesamt sieben Familien geführt wurden. Neben der Vorstellung der Untersuchungsmethode wird weiterführend das methodische Vorgehen im Forschungsverlauf beschrieben - von organisatorischen Überlegungen zur Durchführung der Untersuchung bis hin zur Konstruktion der Prototypen. Letztlich werden drei Bewältigungstypen psychisch erkrankter Eltern präsentiert, die von den Forscherinnen durch den Vergleich der jeweiligen Einzelfälle und der danach folgenden Kontrastierung konstruiert werden konnten. Der Beitrag endet mit der Diskussion der Ergebnisse.
Beitrag 4 widmet sich der Thematik „Familien mit psychisch kranken Eltern. Eine qualitative Analyse von Bewältigungsstrategien dyadischer Elternbeziehungen“. Das Autorinnenteam Claudia Fidalgo das Neves, Dorothee Wienand-Kranz und Silke Wiegand-Grefe greift auch hier auf den bereits in der vorgenannten Studie (Beitrag 3) genutzten Datenfundus zu. In der hier vorgestellten Studie wird nun die Forschungsfrage nach bestimmten Bewältigungstypen mit Blick auf Copingstrategien des jeweiligen Paares gelenkt. Aufgrund des qualitativen Forschungsdesigns stehen dabei die individuellen Bewältigungsstrategien der Paare im Mittelpunkt. Das Forschungsteam nutzt auch hier die qualitative Methode der Verstehenden Typenbildung, um so Prototypen auf Ebene der dyadischen Elternbeziehung heraus zu kristallisieren. Unter Zuhilfenahme der qualitativen Clusteranalyse werden schließlich insgesamt vier verschiedene Bewältigungstypen auf der Paarebene beschrieben und Zusammenhänge von psychischer Erkrankung und Defiziten im dyadischen Coping analysiert.
Im 5. Beitrag mit dem Titel “Familien mit psychisch kranken Eltern. Eine qualitative Analyse von Bewältigungsstrategien betroffener Kinder und Jugendlicher“ wird nun -ebenfalls unter Verwendung selbigen Datenmaterials und gleicher Forschungsmethoden (siehe Beitrag 3.+4.) - die Perspektive der betroffenen Kinder und Jugendlichen in den Familien fokussiert. Konkret haben die Autorinnen Sabine Schröder-Korf, Dorothee Wienand-Kranz und Silke Wiegand-Grefe in dieser qualitativen Studie anhand der Einzelfallbetrachtung die individuellen Copingsstrategien der Kinder und Jugendlichen durch Vergleich und Gruppierung bestimmten Bewältigungstypen zuordnen können. So sind letztendlich fünf verschiedene Bewältigungstypen herausgearbeitet worden.
In der Studie des 6. Beitrages mit dem Titel „Familien mit psychisch kranken Eltern. Bewältigungsstrategien der gesamten Familie“ von Michaela Hoch, Dorothee Wienand-Kranz und Silke Wiegand-Grefe werden nun wiederum die Copingstrategien, die innerhalb der gesamten Familie von psychisch erkrankten Eltern erkennbar sind, analysiert. Aus dem schon in den vorgenannten Beiträgen genannten Datenmaterial sind durch Clusteranalyse letztlich drei Prototypen familiärer Bewältigungsstrategien auf Familienebene abgebildet worden. Wie auch in den anderen CHIMPs-Studien wird hiernach unter Verwendung einer achtstufigen Ratingscala bewertet, die hoch die Übereinstimmung mit den drei gebildeten Prototypen ist, um so die sieben studienteilnehmenden Familien den entsprechenden Bewältigungstypen zuordnen zu können. Abschließend diskutieren die Autorinnen auf Grundlage der vorliegenden Studienergebnisse die Notwendigkeit präventiver Hilfen für das gesamte Familiensystem.
Der 7. Beitrag mit dem Titel „Herausforderungen in Familien mit einem psychisch erkrankten Elternteil am Beispiel der Krankheitskommunikation. Ergebnisse aus dem Projekt Kanu – Gemeinsam weiterkommen nach der Methode der Grounded Theory“ stammt von Dieter Heitmann und Miriam Schmuhl und speist sich aus den Erfahrungen mit „Kanu“, einem in der Region Bielefeld und Gütersloh verankerten multimodalen Präventionsprogramms für Kinder psychisch erkrankter Eltern. In diesem Beitrag werden die Ergebnisse zweier Teilstudien präsentiert; es handelt sich um qualitative Auswertungen auf Grundlage der Methodologie der Grounded Theory. Über das Kodieren (offen, axial, selektiv) hat das Forscherduo in der ersten Teilstudie den Prozess der Krankheitstabuisierung aus Sicht der psychisch kranken Eltern abgebildet. In der zweiten Teilstudie werden die Belastungen einer unsicheren Krankheitskommunikation aus Sicht der Kinder analysiert.
Beitrag 8 stellt „Die Methode der Inhaltsanalyse nach Mayring im Projekt KANU – Gemeinsam weiterkommen und zentrale Ergebnisse“ vor. Katrin Linthorst und Michael Rehder sind die Verfasser dieses Beitrages. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht die Frage, inwiefern Krankheitsbild und psychosoziale Belastungsfaktoren innerhalb der Familie korrelieren und wie soziale Ungleichheiten in Form von sozioökonomischen und -kulturellen Ressourcen die familiäre Belastung steigern. Als Datengrundlage dienen Experten- und Familieninterviews, die als Leitfadeninterviews im Rahmen des KANU-Projekts geführt und mithilfe der Mayring´schen Inhaltsanalyse ausgewertet wurden.
Der 9. Beitrag stammt aus der Feder von Silvia Krumm und wirft einen Blick auf “Psychische Erkrankung und Kinderwunsch. Ein Beitrag aus der soziologischen Biografieforschung. “ Als empirische Datengrundlage wurden insgesamt 15 narrative Interviews analysiert, die im Rahmen des DFG-Forschungsprojektes „Familienplanung zwischen individueller Verantwortung und sozialer Stigmatisierung“ geführt wurden. Das Erkenntnisinteresse liegt in diesem Beitrag insbesondere auf die Korrelation von Biographie, Kinderwunsch und psychischer Erkrankung.
Beitrag 10 beschäftigt sich mit dem Thema “Andersartigkeit und Liminalität. Zur biographischen Identität von Nachkommen psychisch kranker Eltern“. Daniel Sollbergers Ausführungen basieren auf Erkenntnisse aus dem SNF-geförderten Forschungsprojekt „Identität zwischen Integration und Ausschluss. Psychosoziale und biografische Integrationsformen und Ausschlussmechanismen von Kindern psychisch kranker Eltern“. Sollberger beschäftigt sich in diesem Beitrag mit den Fragen 1.) der Bewältigung und Identitätsbildungsprozesse sowie 2.) nach subjektiv empfundenen Sinngebungsprozesse mit Blick auf die Bewältigung biographischer Belastungen von Kindern psychisch erkrankter Eltern. Letztlich wird ein Resümee gezogen, auf welche Weise die erwachsenen Kinder durch die psychische Erkrankung ihrer Eltern hinsichtlich ihrer eigenen sozialen Integration und biographischen Identität geprägt wurden.
Im 11. Beitrag „Zur Kombination inhaltsanalytischer und fallkonstruktiver Verfahren am Beispiel des DFG-Projekts Schizophrenie und Elternschaft“ von Johannes Jungbauer werden vom Autor methodische Aspekte und zentrale Ergebnisse einer qualitativen Studie vorgestellt, die im Kontext des o.g. Forschungsprojektes „Schizophrenie und Elternschaft“ durchgeführt wurden. Es handelt sich hierbei um eine Familienstudie; insgesamt 57 schizophren erkrankte Eltern, 26 (Ex-)Partner sowie 38 Kinder konnten hierfür als StudienteilnehmerInnen akquiriert werden. Ziel der Studie war es, das subjektive Alltags- und Erkrankungserleben sowie die Korrelation der einzelnen Sichtweisen innerhalb des Familiensystems zu analysieren. Jungbauer präsentiert die Ergebnisse in diesem Beitrag anhand von drei Fallportraits und arbeitet i.S. der systemischen Sichtweise multiperspektivisch die Belastungen und Ressourcen der erkrankten Eltern, die Auswirkungen auf die Paarbeziehung sowie die Belastungen und Belastungsfolgen bei den Kindern heraus.
Der 12. Beitrag reflektiert „Das Erleben von Angehörigen depressiv Erkrankter im Kontakt mit psychologisch/psychiatrischen Einrichtungen. Die Verwendung von Spontanzeichnungen als Forschungsmethode“ wird hier vorgestellt. Der Beitrag stammt von Tim Vahle-Hinz und Dorothee Wienand-Kranz. In diesem Beitrag wird eingangs die verwendete Forschungsmethode der Spontanzeichnungen vorgestellt und anschließend der Forschungsverlauf dokumentiert. Exemplarisch wird anhand eines Fallbeispiels die Auswertung zentraler Forschungsergebnisse dokumentiert. Der Beitrag endet in der Diskussion um das Potential der Verwendung von Bildmaterial in der qualitativen Forschung.
Im 13. und letzten Beitrag dieses Buches wird das Thema „Erwachsene Töchter psychisch kranker Mütter: Eine qualitative Interviewstudie zu biographischen Entwicklungen und Unterstützungsbedarf“ vom Autorenduo Annegret Orts und Johannes Jungbauer aufgegriffen. In diesem Beitrag wird der Fokus auf die erwachsenen Töchter psychisch kranker Mütter gelegt. Es handelt sich um eine explorative Interviewstudie mit hypothesengenerierender Zielsetzung. Dabei fundamentiert die Studie die Hypothese, dass die psychische Erkrankung eines Elternteils sich gravierend und nachhaltig auf die Persönlichkeit und Sozialbeziehungen der Kinder auswirken kann. Die befragten erwachsenen Töchter psychisch kranker Mütter haben allesamt vielfaltige Belastungen und den Wunsch nach Hilfe beschrieben und gleichsam jedoch hat die Mehrzahl von ihnen angegeben, bisher keinerlei professionelle Unterstützung erhalten zu haben. Somit wird im Fazit v.a. auf die ungenügende Versorgung dieser Zielgruppe im Rahmen der sozialpsychiatrischen Angehörigenarbeit hingewiesen.
Diskussion
Den beiden Herausgeberinnen ist es mit dieser Publikation gelungen, einen guten Überblick über den Stand der qualitativen Forschung zum Thema „Kinder psychisch erkrankter Eltern“ zu geben. In den einzelnen Beiträgen werden neben dem jeweiligen Forschungsinteresse und den zentralen Studienergebnissen insbesondere auch die zur Anwendung kommenden qualitativen Methoden vorgestellt und ggfs. etwaige Umsetzungsprobleme erörtert. Durch die Vielzahl der hier präsentierten Studien sind so z.T. sehr unterschiedliche Methoden aus dem Spektrum der qualitativen Forschung abgebildet worden. Erwähnt seien hier exemplarisch die Datenerhebung mit leitfadengestützten Interviews oder durch teilnehmende Beobachtung, die Datenauswertung nach Mayrings Qualitativer Inhaltsanalyse, das Herausarbeiten bestimmter Copingstrategien unter Verwendung der Methode der Verstehenden Typenbildung nach Gerhardt sowie die Beschreibung des Nutzens eines narrativ-biographischen Zugangs. Auch seltener zum Einsatz kommende qualitative Methoden werden beschrieben, wie etwa die Anwendung von Spontanzeichnungen. So konnte beispielsweise im Rahmen einer Studie der Nutzen dieses qualitativen Forschungsdesigns dokumentiert werden: Durch das wechselseitige Beziehen der Bilder und der Gespräche aufeinander wird demnach ein vertieftes Verständnis des Erlebens der Studienteilnehmerinnen erzeugt. Der Grund des Einsatzes der jeweiligen Methoden wird in den Beiträgen meist mit Bezug auf das Forschungsinteresse und die Forschungsfrage detailliert erläutert.
Im Fokus aller Studien stehen – wie es im Sinne qualitativer Forschung gewollt wird – immer die subjektiven Erlebens- und Deutungsmuster der StudienteilnehmerInnen. Exemplarisch sei an dieser Stelle der Beitrag vom Autorenteam Orts und Jungbauer genannt: In dieser Studie werden die Auswirkungen der psychischen Erkrankung des Elternteils auf das eigene Leben dokumentiert; hierzu wurden Subkategorien zu den Themen Ohnmacht und Hilfslosigkeit, Schuldgefühle, Scham und Schweigen, u.v.a. gebildet. Erwähnenswert ist hier m.E. der genutzte Ansatz, neben den Belastungsfaktoren auch die positiven Faktoren der psychischen Erkrankung der Eltern per Interviewleitfaden zu erfragen. So nennen die erwachsenen Töchter etwa als positive Auswirkungen der mütterlichen Erkrankung auf die eigene Persönlichkeit die dadurch bei ihnen selbst herausgebildete Fähigkeit der Empathie, Toleranz sowie des Durchhaltevermögen und zur Verantwortungsbereitschaft. In anderen Studien wurde i.S. einer multiperspektivischen Betrachtungsweise systemisch die subjektiven Bewältigungsmuster im Umgang mit der psychischen Erkrankung eines Elternteils auf alle Familienmitglieder analysiert. Inhaltlich wird in diesem Sammelband somit ein breites Spektrum von Studienergebnissen zu interessanten Forschungsfragen der Zielgruppe „Kinder psychisch kranker Eltern“ präsentiert. Durch die versammelten kompakten Studienpräsentationen dieser Publikation kann die Leserschaft sich einen guten Einblick auf die Lebenswelt, die Belastungen und Copingstrategien innerhalb von Familien mit psychisch erkrankten Eltern verschaffen. Alle Beiträge haben dabei das qualitative Forschungsdesign gemein.
Neben dem inhaltlichen Interesse an neuere zentrale Forschungsergebnisse zum Themenkreis „Kinder psychisch kranker Eltern“ wird dieses Buch insbesondere für Forschungstätige nützlich sein, die sich einen Überblick über die Einsatzmöglichkeiten und Anwendungsumsetzungen verschiedener qualitativer Forschungsmethoden verschaffen wollen.
Fazit
Resümierend kann festgehalten werden, dass in dieser Publikation aktuelle qualitative Studien zum Themenkreis „Kinder psychisch kranker Eltern“ kompakt und gut nachvollziehbar präsentiert werden. Alle Beiträge in diesem Buch sind praxisnah und gut lesbar geschrieben. Aufgrund des qualitativen Forschungsansatzes kommen die Betroffenen selbst zu Wort und schildern die Auswirkungen einer psychischen Erkrankung teilweise recht eindringlich. So ergibt sich ein breit gefächerter Betrachtungsfokus; die betroffene psychisch erkrankten Eltern, deren PartnerInnen, die Kinder und Jugendlichen und auch erwachsene Kinder psychisch kranker Eltern selbst werden in vielen Studienbeiträgen zitiert. Aus der Abbildung subjektiver Problemlagen kann letztlich der konkrete Hilfebedarf der Betroffenen sowie die Konsequenz daraus für etwaige professionelle Hilfsangebote abgeleitet werden.
Der Band legt den Fokus sehr auf die Darstellung der Studiendesigns; somit rückt das Erkenntnisinteresse deshalb m.E. etwas in den Hintergrund. So richtet sich diese Publikation m.E. mehr an interessierte Forschungstätige, die einen Überblick über bisher geleistete qualitative Forschungsarbeiten zum Thema „Kinder psychisch kranker Eltern“ bekommen möchten. Dazu sei positiv zu vermerken, dass in den einzelnen Buchbeiträgen durchgängig die entsprechenden Forschungsmethoden detailliert beschrieben und in Bezug auf die Forschungsfrage ebenso deren Anwendung argumentiert werden. Auch wird beispielsweise ein Ausblick auf weiterführende Studien, das Potential der verwendeten Methoden und z.T. auch die Probleme bei der Umsetzung der Studien beschrieben. Durch das Zusammentragen der in dieser Veröffentlichung dokumentierten Forschungsarbeiten wird dieser Band vermutlich dazu beitragen, neue Impulse für weitere Forschungsarbeiten zu geben.
Rezension von
Dipl. Sozialpädagogin Christina K. Göttgens
Promoviert zurzeit zum Thema „Evaluation von präventiven Hilfen für Kinder psychisch kranker Eltern: Grundpositionen, Diskurse und Konzepte. Eine sozialpädagogische Analyse.“ Diese Dissertation wird an der Fakultät für Bildungswissenschaften der Universität Duisburg-Essen bearbeitet und betreut.
Website
Es gibt 13 Rezensionen von Christina K. Göttgens.
Zitiervorschlag
Christina K. Göttgens. Rezension vom 22.11.2013 zu:
Silke Wiegand-Grefe, Sabine Wagenblass (Hrsg.): Qualitative Forschungen in Familien mit psychisch erkrankten Eltern. Beltz Juventa
(Weinheim und Basel) 2013.
ISBN 978-3-7799-2852-2.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/14911.php, Datum des Zugriffs 18.01.2025.
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