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Lutz van Dijk (Hrsg.): African Kids

Rezensiert von Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer, 04.06.2013

Cover Lutz van Dijk (Hrsg.): African Kids ISBN 978-3-7795-0423-8

Lutz van Dijk (Hrsg.): African Kids. Eine südafrikanische Township-Tour. Peter Hammer Verlag (Wuppertal) 2012. 104 Seiten. ISBN 978-3-7795-0423-8. 19,90 EUR.

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Wamkelekile eKasi,

so heißt in Xhosa, der Sprache der amaXhosa, einem Volk, das überwiegend in der Provinz Eastern Cape in Südafrika lebt, „Willkommen im Township“. Der in der Zeit der südafrikanischen Apartheid entstandene Begriff bedeutete die Bezeichnung für Wohngebiete der nichtweißen Bevölkerung in den Städten des Landes. Sie waren gekennzeichnet als infrastrukturell benachteiligte Stadtviertel im Vergleich zu den von den Weißen bewohnten Regionen. Deshalb entwickelten sich die Townships zu riesigen Slumgebieten mit Wellblech- und Abfallmaterialien zusammengezimmerten Hütten, unzulänglicher Wasser- und Abwasserversorgung und teilweise katastrophalen hygienischen Lebensbedingungen für die überwiegend armen Bewohner. Ähnlich wie die urbanen Favelas und Ghettos in anderen Kontinenten stellen die Townships in Südafrika nach wie vor die Schattenseite menschlichen Lebens dar. Manchmal aber entwickeln sich gerade in den benachteiligten Orten erstaunliche Initiativen zur Bewältigung des Lebens, die der Aufmerksamkeit und Würdigung bedürfen.

In Südafrika entstehen in einigen Townships Aktivitäten der Bewohner, ihren Lebensraum durch infrastrukturelle Maßnahmen und Eigenprojekte lebenswerter zu gestalten. Einer dieser Stadtteile ist Masiphumelele in der Region von Kapstadt. Der Name des Townships heißt auf Xhosa "We will succeed" = Wir schaffen es! In Masipohumelele leben derzeit etwa rund 40.000 Menschen. Einige von ihnen haben die Entwicklung ihrer Stadt selbst in die Hand genommen. Sie haben dafür gesorgt, dass Trinkwasser verfügbar ist, haben die Abwasserbeseitigung organisiert, Kindergärten und Schulen gebaut und ein Krankenhaus in ihrem Township errichtet. 2002 gründeten die südafrikanische Universitätsdozentin Karin Chubb und der deutsch-niederländische Lehrer und Schriftsteller Lutz van Dijk HOKISA (Homes for Kids in South Africa; www.hokisa.co.za). Das Motto der Initiative „Mitten im Leben“ bedeutet, ein Zuhause für von HIV und Aids betroffene Kinder und Jugendliche zu schaffen. Kinderhaus, Ärzte-, Krankenstation und Freizeiteinrichtungen sollen ermöglichen, dass Kinder, die das Aidsvirus in sich tragen, durch Medikamentenversorgung ein möglichst normales Leben führen können. 2005 wurde HOKISA bei einem in Kapstadt tagenden internationalen Ärztekongress als Modellprojekt für den Einsatz von aidshemmenden Medikamenten unter den Bedingungen einer Armensiedlung ausgezeichnet. Freundes- und Förderorganisationen in Deutschland, den Niederlanden und weiteren Ländern tragen dazu bei, dass die Hilfseinrichtung ihre Arbeit in Südafrika leisten kann; oft sind es Schulklassen, die sich dabei engagieren.

Autor

Lutz van Dijk lebt und arbeitet in Masiphumelele. Sein Engagement für HOKISA kann als beispielhaft bezeichnet werden für ein Bewusstsein, dass, wie dies Enrique Barón Crespo bei einem vom Europa-Parlament 1991in Straßburg veranstalteten Kolloquium „Das Universelle und Europa“ zum Ausdruck brachte: Jeder einzelne von uns trägt alltäglich die Zukunft der gesamten Menschheit mit sich! In zahlreichen, in mehrere Sprachen übersetzten Büchern und Filmbeiträgen informiert Lutz van Dijk nicht nur über die Lebenssituation der Menschen in Südafrika und anderen Teilen des Kontinents, sondern stellt gleichzeitig fest: Die Eine Welt beginnt bei uns! Damit ist er Mittler und Brückenbauer für eine globale Ethik, wie sie in der von den Vereinten Nationen am 10. Dezember 1945 proklamierten Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zum Ausdruck kommt: Die Anerkennung der allen Mitgliedern der menschlichen Familie innewohnenden Würde und ihrer gleichen und unveräußerlichen Rechte bilden die Grundlage der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens in der Welt!

Aufbau und Inhalt

In seinem neuen Buch „African Kids“, für das Lutz van Dijk als Herausgeber zeichnet, lässt er den zwölfjährigen, aidsinfizierten Jungen „Sive“ sprechen, nicht klagen, sondern von seiner Lebenslust, seinem Alltag, seinen Wünschen und Hoffnungen erzählen. Sive und seine Familie, Freunde und seine Umgebung, die Schule, Freizeit und seine Dankbarkeit, „ukubane khaya“, ein Zuhause zu haben, aufgehoben, angenommen und anerkannt zu sein, all das wird in Farbfotos und Texten in kindgemäßer Sprache vermittelt. Kinder und Jugendliche in Deutschland, die das Buch zur Hand nehmen, werden sich direkt angesprochen fühlen und miterleben können, etwa wenn er voller Überzeugung sagt: Phila imihla yonke“ – Lebe jeden Tag!

Die Kinder und Jugendlichen aus Masiphumelele sind nicht allein. Die Aktiven von HOKISA, Europäer und Südafrikaner, stehen ihnen zur Seite, auf Augenhöhe! Sive, Anita, Luvo, Themba, Thandiswa, Mbu und all die anderen wollen leben und lernen, spielen und Unsinn machen, akzeptiert werden, wie alle Kinder auf der Erde. Einer der Förderer, Tata Tutu, der 80jährige Erzbischof Desmond Mpilo Tutu, bringt es auf den Punkt: „Masifike ezinkwenkwezini!“ – „Greift nach den Sternen!“.

Fazit

Es wäre zu wünschen, dass das Buch „African Kids“ in allen öffentlichen und Schulbüchereien in Deutschland verfügbar wäre; denn das Besondere daran sind nicht die Informationen über Aids und Ratschläge, wie diese bedrohliche Krankheit bekämpft werden kann (darüber gibt es andere, kompetente Literatur), sondern der spürbare Lebenswille und die Lebensfreude der Kinder im Township Masiphumelele, die trotz ihrer Krankheit leben wollen – nicht als bedauernswerte Lebewesen, sondern als Menschen wie du und ich!

Wenn es also darum geht, dass wir uns bewusst machen: Wir leben als Menschen in Einer Welt, bedarf es der Empathie und der interkulturellen Kompetenz. Wo, wenn nicht in der Erziehung und Bildung sollten diese humanen Werte vermittelt werden! Denn der Blick über den eigenen kulturellen Gartenzaun ist gar nicht so schwer. Lutz van Dijk zeigt z. B. in seinem Jugendroman „Hartes Pflaster“ (Elefanten Press Verlag, Berlin 1998, 160 S., ISBN 3-88520-707-9), dass die Suche nach einem zu Hause überall beginnt, in Deutschland, Europa, Afrika, Asien, Lateinamerika. Eine Möglichkeit, Empathie zu lernen und zu erfahren, sind internationale (Schul-)Partnerschaften, wie sie auch von HOKISA und anderen Initiativen vermittelt werden (vgl. dazu auch: www.initiativen-partnerschaft.de).

Rezension von
Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer
Ehemaliger Lehrbeauftragter an der Universität Hildesheim
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Es gibt 1667 Rezensionen von Jos Schnurer.

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Zitiervorschlag
Jos Schnurer. Rezension vom 04.06.2013 zu: Lutz van Dijk (Hrsg.): African Kids. Eine südafrikanische Township-Tour. Peter Hammer Verlag (Wuppertal) 2012. ISBN 978-3-7795-0423-8. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/15006.php, Datum des Zugriffs 03.10.2024.


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