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Olaf Schnur (Hrsg.): Migrationsort Quartier

Rezensiert von Prof. Dr. Detlef Baum, 26.07.2013

Cover Olaf Schnur (Hrsg.): Migrationsort Quartier ISBN 978-3-658-01047-8

Olaf Schnur (Hrsg.): Migrationsort Quartier. Zwischen Segregation, Integration und Interkultur. Springer VS (Wiesbaden) 2013. 228 Seiten. ISBN 978-3-658-01047-8. D: 39,95 EUR, A: 41,07 EUR, CH: 50,00 sFr.
Reihe: Quartiersforschung. Research.

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Thema

Wenn überhaupt werden Themen von kultureller Heterogenität und sozialer Integration, von Migration und interkultureller Kommunikation dort virulent, wo Menschen konkret miteinander zusammenleben: in Quartieren, Städten, Dörfern, Nachbarschaften, also in je spezifisch strukturierten und gewachsenen oder gestalteten nahräumlichen Kontexten.

Aber genau in solchen nahräumlichen Kontexten herrscht eine je eigene Logik von Integration und Ausgrenzung, von Segregation und von der Verteilung einer Bevölkerung nach bestimmten sozioökonomischen, soziokulturellen oder funktionalen Aspekten. So wird das Quartier zum Austragungsort von Konflikten, zum Fokus der Kommunikation im öffentlichen Raum, wo sich die unterschiedlichen Akteure begegnen, sich fremd sind oder nah stehen, sich sozial verorten können, sich zugehörig fühlen oder nicht, Vertrauen in die Bewältigung des Alltags im Kontext des Quartiers haben oder nicht, anerkannt sind oder nicht, relevant sind für andere oder eben auch nicht.

Herausgeber

Dr. Olaf Schnur vertritt die Professur für Stadt- und Quartiersforschung am Geographischen Institut der Universität Tübingen.

Philipp Zakrzewski ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung der Universität Stuttgart.

Dr. Matthias Drilling leitet das Institut Sozialplanung und Stadtentwicklung der Hochschule für Soziale Arbeit in Basel.

Autorinnen und Autoren

Die übrigen Autorinnen und Autoren kommen aus den Bereichen der Architektur, des Städtebaus, der Stadtplanung und -entwicklung, der Geographie und Soziologie sowie aus den Politik- und Rechtswissenschaften.

Entstehungshintergrund

Das Buch dokumentiert die Beiträge zur Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Geographie, die unter dem Titel „Migration und Integration in Stadtquartieren“ 2011 in Stuttgart stattfand.

Aufbau und Inhalt

Das Buch umfasst 13 Beiträge, die im Folgenden kurz vorgestellt werden.

Migrationsort Quartier – zwischen Segregation, Integration und Interkultur. Unter diesem Titel leiten die Herausgeber in den Sammelband ein. Sie begründen, warum das Quartier als Ort alltäglicher Lebensbewältigung zu einem wichtigen, weil identitätsstiftenden und integrationssichernden Ort geworden ist, vor allem für die, die um Integration und Anerkennung ringen, weil sie in prekären sozialen und ökonomischen Verhältnissen dort wohnen. Sie klären dann einige zentrale Begriffe wie den des Quartiers, gehen dann ausführlicher auf den Integrationsbegriff ein, diskutieren die Grenzen moderner Integrationskonzepte gerade im Kontext von Migration, betonen die Bedeutung des Quartiers für Integration und fragen, was Quartierspolitik zu einer gelingenden Integration beitragen könnte. Dabei rekurrieren sie auf das Bund-Länder-Programm Soziale Stadt, wenn sie vier Handlungsfelder ausmachen, in denen Strategien in Bezug auf die Migranten entwickelt werden sollten:

  • Wohnen, Wohnumfeld und öffentlicher Raum,
  • Soziale und kulturelle Infrastruktur,
  • Ethnische Ökonomie,
  • Beteiligung von Migranten an der Quartiersentwicklung.

Anschließend stellen sie die Beiträge kurz vor.

Integrationspolitik und die Quartiersebene – zwischen kommunaler Integrationspolitik und Sozialer Stadtpolitik. Dirk Gebhard beschäftigt sich in seinem Beitrag mit dem Spannungsverhältnis von kommunaler Integrationspolitik und sozialer Stadtpolitik. Das Spannungsverhältnis wird dort deutlich, wo auf der einen Seite das Quartier in seiner Bedeutung für die soziale Verortung und Integration hervorgehoben wird, aber die kommunale Integrationspolitik eigentlich nicht darauf eingeht. Dies reflektiert der Autor auch vor dem vergleichenden Hintergrund in anderen Ländern Europas. Es geht ihm um eine besser Ausgestaltung Sozialer Stadtpolitik unter dem Gesichtspunkt verbesserter Integrationskonzepte und -strategien.

Quartiersentwicklung als Diversitäts- und Teilhabestrategie. Zwischen traditionellen Integrationsdiskursen und gelebten Migrationsrealitäten. Ingeborg Beer reflektiert die Integrationsdiskurse vor dem Hintergrund veränderter Migrationsrealitäten und vice versa. Nach einer Annäherung an die Begrifflichkeiten stellt die Autorin Migrations- und Integrationsvorstellungen auf den Prüfstand und formuliert mehrere Einwände:

  • Der Dualismus von „Wir“ und den „Anderen“ entspricht nicht der gesellschaftlichen Realität und Dynamik.
  • Gesellschaft und Städte sich keine sozialen „Container“.
  • Menschen mit Migrationshintergrund sind keine homogene Gruppe.
  • Die Wirklichkeit der Einwanderungsgesellschaft wird transnationaler.

Ingeborg Beer plädiert für einen Perspektivwechsel, um dem Auseinanderklaffen von traditionellen Integrationsvorstellungen und den Prozessen gesellschaftlicher Differenzierung und sozialer Mobilität gerecht zu werden. Es geht um einen diversitätsbewussten Blick und um eine Innensicht auf migrationsgeprägte Quartiere und es geht um Vielfalt. Dazu bedarf es einer lokalen Strategie des „barriere- und diskriminierungsfreien“ Zugangs zu Institutionen und Angeboten.

Zur Problematisierung „kultureller Differenzierungen“ in der quartiersbezogenen Stadtpolitik „Soziale Stadt“. Florian Weber setzt sich mit dem Programm der „Sozialen Stadt“ auseinander und fragt nach der Sinnhaftigkeit des Indikators „Ausländeranteil“ bei der Qualifizierung eines Quartiers als Fördergebiet, der seit 2005 verstärkt an Bedeutung gewinnt.Er bezieht sich dabei auf die theoretischen Diskurse von Ernesto Laclau und Chantal Mouffe und auf Michel Foucault, bei dem es um die den Begriff der Problematisierung geht.

In seiner empirischen Analyse fragt Weber nach der Handlungsrelevanz von „Integration“ in der Sozialen Stadt und nennt dabei Beispiele und Äußerungen in diesem Kontext, die dann sorgfältig diskutiert werden. Abschließend werden übergreifende Strategien zwischen nationaler und lokaler Ebene diskutiert.

Urbane Heterotopien – Transkulturelle Identitäten im städtischen Raum. In Anlehnung an die Text von Michel Foucault diskutiert Anke Breitung urbane Heterotopien – keine Utopien, sondern Orte, wo Menschen Räume machen durch die Art, wie sie ihre Vorstellungen, Deutungen, Haltungen in einen räumlich strukturierten Diskurs einbringen, der nur hier gilt bzw. hier eine höhere Dignität besitzt als anderswo. Die Autorin diskutiert dann ausführlich zentrale Begriffe wie Identität, Raum und Diskurs, um deutlich zu machen, dass die Beziehungen zwischen diesen drei Begriffen auch konstitutiv sind für die Konstruktion von Heterotopien.

Am Beispiel einer Studie in der Stadt Nürnberg wird das Thema diskutiert und erörtert und die Vorgehensweise der empirischen Untersuchung vorgestellt.

Stadt im Kopf“ – Überlegungen aus einer mehrperspektivischen Betrachtung im Stadtteil Köln-Mülheim. Mareike Boller beschäftigt sich mit dem prominenten Stadtteil Köln-Mülheim, der in der Tat zum Synonym für Ausländerfragen und Integrationspolitik auf lokaler Ebene geworden ist oder dafür herhalten muss. Wie wird der Stadtteil wahrgenommen – und das aus unterschiedlichen Perspektiven? fragt die Autorin und stützt ihre Überlegungen auf 48 qualitative Interviews. Dabei gibt es eine Außensicht und eine Binnensicht. Die Außensicht ist mehrheitlich getragen von Einschätzungen, nicht auf eigenen Erfahrungen. Wann wird ein benachteiligtes Quartier durch seinen Ruf zu einem benachteiligenden Quartier – etwa durch die Einschätzung der Fach- und Verwaltungskräfte, wenn sie dem Quartier den Stempel „benachteiligt“ aufdrücken? Diese Frage tritt in unterschiedlichen Facetten immer wieder auf. Dabei ist die Binnensicht „nicht so schlecht“, Kultur wird als Ressource zumindest vor Ort Wirklichkeit und es entstehen quartiersbezogene und typische Identitäten, die zugleich auch auf Anerkennung und Zugehörigkeit beruhen.

Im Quartier zuhause – Zur emotionalen Ortsbezogenheit in einem multi-ethnischen Stadtteil. Matthias Klückmann fragt nach der sozialräumlichen Verortung als Grundlage für Zugehörigkeit, Anerkennung und Identität. Man kann nicht überall zuhause sein, also bedarf es eines Ortes, der einen bindet. Einmal geht es Klückmann um das Zuhause – was ist eigentlich? Diese Frage wird an Hand der Literatur diskutiert, aber auch an Praxen orientiert, die sich auf den Stuttgarter Raum beziehen. Kann man im Stuttgarter Nordbahnhofviertel zuhause sein? Dazu wird das Quartier beschrieben – auch aus der Sicht der dort Wohnenden. Es entstehen auch Praxen des Wohlfühlens und der Verortung auf unterschiedliche Weise, die aber auch nur hier Bedeutung haben und sich auf das Quartier und seine Geschichte beziehen.

Scapegoating, stakeholding und gatekeeping: Techniken der Inklusion und Exklusion in heterogenen Stadtquartieren. Esther Baumgärtner analysiert die Heterogenität in Stadtquartieren unter dem besonderen Blickwinkel der Inklusions- und Exklusionslogik, die solche Quartiere entwickeln. Die Stadt war immer schon heterogen und moderne Gesellschaften sind es auch. In der Stadt haben sich schon immer sehr unterschiedliche, ungleiche und äußerst verschiedene soziokulturelle und soziale Milieus ausgebildet, die sich gegenseitig zwar nicht fremd waren, aber auch nichts mit einander zu tun hatten. Und sicher haben sozialräumliche Segregationsprozesse dazu geführt, dass es zu ethnischer, soziokultureller oder sozioökonomischer Konzentration bestimmter Bevölkerungsgruppen kommt, meist auch in der Verschränkung der Merkmale. Die Autorin fragt am Beispiel eines Mannheimer Quartiers, welche symbolischen und räumlichen Bedingungen dafür verantwortlich sind, dass aus einem gut bürgerlichen Viertel der Gründerjahre ein eher benachteiligtes Quartier erwuchs und wie es sich im Laufe der Zeit auch wiederum verändert hat. Aufwertungsprozesse haben ein kreatives Milieu entstehen lassen, das auch im Konflikt mit der angestammten Bewohnerschaft steht. Damit gewinnen Inklusions- und Exklusionsprozesse noch einmal eine andere Qualität.

Sachen für Deutsche“? – Zur Perspektive von Migrantinnen und Migranten auf soziales Engagement und Bürgergesellschaft. Johanna Klatt beschäftigt sich in ihrem Beitrag im Grunde mit der Frage nach der Kultur der Bürgergesellschaft, wenn sie bürgerschaftliches und soziales Engagement von Migrantinnen und Migranten untersucht. Die Frage des Engagement hängt mit der Frage zusammen, ob man sich als Teil einer res publica verstehen kann, in der man aktiv ist, weil man sie mitgestalten möchte. Diese Frage ist berechtigt, hängt doch in benachteiligten Milieus die Frage des Engagement an der Frage, ob man (noch) dazu gehört oder doch zumindest das Gefühl entwickeln kann, noch dazu zu gehören. Für Menschen mit Migrationshintergrund ist diese Frage noch einmal schwieriger, weil sie mit der Kultur der Beteiligung, der Aushandlung von Entscheidungen, der Beeinflussung von Prozessen durch Partizipation nicht vertraut sind, ist doch Beteiligung in unserer formellen Bürgergesellschaft hauptsächlich auf Kommunikation angewiesen und weniger auf Aktion, also eher auf Sprache als auf Handlung.
Die Autorin beschäftigt sich mit derartigen Unterschieden und mit verschiedenen Typen und Einstellungen im Viertel, wobei das überraschende Fazit ist, dass die positiven Kräfte des Viertels bei den Migrantinnen und Migranten liege – und gerade bei denen.

Die Sonnenallee in Berlin-Neukölln als hyprider Raum migrantischer Ökonomien. Malte Bergmann beschreibt zunächst Quartiere als Orte des Kontaktes und der Vermeidung und begründet diese Position an Hand der Literatur bevor er die Sonnenallee skizziert. 50% der Bewohnerschaft hat dort einen Migrationshintergrund und die Migrantenökonomie ist nach der Beschreibung augenscheinlich. Danach stellt Bergmann Fälle dar, die im Rahmen der Feldforschung untersucht wurden. Die Fälle wie der Trödel-Broker, die flexible Familienunternehmerin oder der translokale Drucker werden in ihrer Unterschiedlichkeit der biographischen Verläufe, der Organisationsformen, der Finanzierung etc. ausführlich erörtert und vor dem Hintergrund des hypriden Raums migrantischer Ökonomien analysiert.

Man fühlt sich wohl, wo man seine Wurzeln geschlagen hat – Standortwahl türkischstämmiger Eigentümer im Spannungsfeld ihrer Zugehörigkeiten. Heike Hanhörster fragt nach den Wohnstandortentscheidungen von türkischstämmigen Eigentümern, die mit dem Erwerb von Eigentum eigentlich auch signalisieren, dass sie hier bleiben wollen. Wollen sie sozialräumlich dazu gehören? Dieser Frage geht Hanhörster zunächst auch nach, in dem sie auf Bourdieu verweist, kommt dann aber auch sehr schnell zu den Mechanismen des Wohnungsmarktes und seinen Inklusions- und Ausgrenzungslogiken, geht doch auch mit der Wohnstandortwahl die Erwartung des Anerkanntseins einher. Anerkennung unter den Bedingungen sozialer Distanz, was für den westeuropäischen Städter „normal“ erscheint, wird hier zu einem Problem, zumindest zu einer Fragestellung. Die Autorin verweist auf Duisburg, wo sie näher untersucht und feststellt, dass die Wohnstandortentscheidungen erheblich von den Ausschließungsmechanismen und von sozialer Distanz geprägt sind.

Das Integrationspotential von Wohnungsgenossenschaften für türkischstämmige Migranten. Kirsten Müller setzt sich interessanter Weise mit dem Integrationspotential von Wohnungsgenossenschaften auseinander – und dann noch für türkischstämmige Migranten. Die These, auf der diese Frage beruht, ist eine, die den makrosozialen Wandel einer Industriegesellschaft in eine post-industrielle Gesellschaft begründet.
Nicht mehr Arbeit und die Produktionsbedingungen sichern heute soziale Integration, sondern die Reproduktionsbedingungen, wie Wohnen, Bildung, Soziale Sicherheit, Gesundheit und Teilhabe werden zu zentralen, weil entscheidenden Integrationsfaktoren. Wohnungsgenossenschaften sichern die Integration der Genossen, der Gleichen, unter denen gegenseitige Anerkennung herrscht und Kommunikation möglich ist – auch interkulturelle Kommunikation. Dies wird von K. Müller am Beispiel der genossenschaftlichen Leitgedanken exemplifiziert und auf den verschiedenen Integrationsebenen nach Esser werden die Integrationspotentiale identifiziert. Diese werden zusammen mit Integrationsproblemen nach Unternehmungsgröße und -alter noch einmal differenziert betrachtet. Daraufhin werden Fallbeispiele erörtert und die Praxis der Wohnungsgenossenschaften diskutiert. Fazit: genossenschaftliches Wohnen fördert die Integration auch der Migranten.

Integration zwischen Konformität, Interkulturalität, Transkulturalität? Christina West macht Unterschiede in den nationalen und lokalen Integrationskonzepten aus. Der Ort der alltäglichen Lebensbewältigung oder „Migrationsbewältigung“ ist der Stadtteil, die Stadt. Außerdem stellt die Autorin fest, dass Formen der Integration von Migranten im Wesentlichen von der Integrationslogik der Stadt geprägt ist, die eben anders integriert als das Dorf. Es kommt zwar auf die lokalen Akteure an in Verwaltung, Politik, sozialer Gestaltung des Stadtlebens, ob Integration gelingt oder eben nicht. Aber welche für die Stadt strukturell typischen Bedingungen der Integration sind es, die einerseits Integration erleichtern, andererseits aber auch nicht? Dies wird nicht näher diskutiert. Aber die Integrationspolitik der Stadt muss sich auch an den strukturellen Voraussetzungen ausrichten, die eine Stadt nur bieten kann als Integrationspotential.
Die Autorin setzt sich dann noch einmal kritisch mit den Integrationsmodellen auf nationalstaatlicher Ebene auseinander und mit den damit zusammenhängenden Integrationsdiskursen, wie dem der Mehrheitsgesellschaft vs. kulturelle Vielfalt. Außerdem beschäftigt sich C. West ausführlich mit dem Nationalen Integrationsplan der Bundesregierung und entwirft dabei ein Modell sozialer Integration in gesellschaftliche Funktionssysteme und fragt nach Konzept der Interkulturalität, dem sie die Transkulturalität entgegenstellt. Da der Begriff der Interkulturalität auch einen „totalitären“ Kulturbegriff nicht überwindet, bedarf es des Konzepts der Transkulturalität; denn Transkulturalität – so die Autorin – lässt scheinbar unvereinbare Gegensätze zur gleichen Zeit am gleichen Ort zu. Dies entspricht auch modernen Gesellschafen, die geradezu davon leben, dass unterschiedliche, ja gegensätzliche Wertvorstellungen und Lebensentwürfe legitim neben einander Platz haben.

Diskussion

Dreh- und Angelpunkt der Integration ist die lokale Ebene – und hier wird (eigentlich nur) die Stadt diskutiert. Und Städte integrieren Menschen immer nur unvollständig – ist das nicht auch relevant für die Migrationsdebatte? Und kann man in das Quartier schon vollständig integriert werden, wenn man außerhalb des Quartiers seinen sozialen Status als prekär empfindet oder als bedroht?

Die Beiträge kreisen um die Frage, welche strukturellen Merkmale der Stadt sozialräumliche oder residentielle Segregation zulassen, befördern oder verhindern. Sind es wirklich nur symbolische Prozesse, die ein Quartier zu einem benachteiligenden Quartier machen oder haben wir es auch mit strukturellen Prozessen erzwungener Segregation zu tun, denen Migranten auf Grund ihrer prekären sozioökonomischen Situation unterliegen? Wenn das Quartier Migrationsort ist, fragt man doch nach den strukturellen Quartierseffekten, die Migration zur sozialen Exklusion werden lassen oder Integration eher behindern.

So wichtig die einzelnen angesprochenen Aspekte sind, die das Verständnis für die Migrationssituation beleuchten – auf einer anderen Ebene wären Erkenntnisse dazu auch vonnöten.

Auch wenn man das Quartier zum zentralen Integrationsfaktor macht, geht es nicht nur um die Frage, wie Migranten in ihrer Situation zurechtkommen, sondern wie sie zurechtkommen unter der Bedingung, dass gerade in solchen Quartieren auch eine deutsche Bewohnerschaft nach Anerkennung ringt und Zugehörigkeit sucht.

Diese Fragen werden angestoßen und in einigen Beiträgen rudimentär diskutiert, brauchen aber noch eine breitere Debatte.

Fazit

Wer sich mit Migration vor Ort beschäftigt und wer die Migrationsdiskurse auf nationaler und lokaler Ebene kritisch verfolgt, ist mit diesem Buch auf das Beste versorgt.

Rezension von
Prof. Dr. Detlef Baum
Professor em. Arbeits- u. Praxisschwerpunkte: Gemeinwesenarbeit, stadtteilorientierte Sozialarbeit, Soziale Stadt, Armut in der Stadt Forschungsgebiete: Stadtsoziologie, Stadt- und Gemeindeforschung, soziale Probleme und soziale Ungleichheit in der Stadt
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Es gibt 172 Rezensionen von Detlef Baum.

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ISSN 2190-9245