Hiltrud Loeken, Matthias Windisch: Behinderung und soziale Arbeit
Rezensiert von Dr. René Stalder, 22.07.2015

Hiltrud Loeken, Matthias Windisch: Behinderung und soziale Arbeit. Beruflicher Wandel - Arbeitsfelder - Kompetenzen.
Kohlhammer Verlag
(Stuttgart) 2013.
146 Seiten.
ISBN 978-3-17-022602-9.
24,90 EUR.
Reihe: Soziale Arbeit.
Thema
Das Buch von Hiltrud Loeken und Matthias Windisch geht auf den Wandel der Leitprinzipien und der Ziele professioneller Hilfe von Menschen mit Behinderung ein, informiert über Arbeitsbereiche und Trägerschaften der Behindertenhilfe und greift Fragen zu den Kompetenzanforderungen und zur Professionalisierung von sozialpädagogischen Fachkräften auf.
Autorin und Autor
Hiltrud Loeken ist Professorin für Soziale Arbeit und Behindertenpädagogik am Fachbereich Soziale Arbeit an der Evangelischen Hochschule in Freiburg.
Matthias Windisch ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Behinderung und Inklusion am Institut für Sozialwesen der Universität Kassel beschäftigt.
Aufbau
Das Buch ist in acht Kapitel gegliedert und umfasst 146 Seiten (inkl. Literatur).
Inhalt
Nach einer kurzen Einleitung, in welcher der Veränderungsprozess der Behindertenhilfe nach dem Zweiten Weltkrieg aufgezeigt wird, gehen Hiltrund Loeken und Matthias Windisch im zweiten Kapitel auf die verschiedenen Perspektiven des Behindertenbegriffs ein. Kurz und übersichtlich werden dazu die unterschiedlichen Sichtweisen von Behinderung (medizinisch, soziologisch, sozialrechtlich und ICF) skizziert.
Ausgehend von diesen unterschiedlichen terminologischen Zugängen widmet sich das dritte Kapitel den Ziel- und Leitperspektiven der Behindertenhilfe. Unter Berücksichtigung der historischen, gesellschaftlichen und sozialpolitischen Entwicklung werden die zentralen Zielperspektiven der Behindertenhilfe aufgegriffen. Die Darstellung vom sozialpolitisch geprägten Normalisierungsprinzip bis hin zu den personen- und gemeinwesensorientierten Ansätzen erfolgt dabei anschaulich und verständlich und unter Bezugnahme unterschiedlicher Entwicklungen und Debatten.
Im vierten Kapitel setzen sich die Autorin und der Autor mit den konzeptionellen Anforderungen an die professionelle, sozialpädagogische Unterstützung auseinander. In der Fortführung des vorherigen Themenstranges wird aufgezeigt, dass sich Hilfeleistungen als inklusionsorientiertes Konzept in der ausserschulischen Behindertenhilfe sowohl personenzentriert als auch gemeinwesen- bzw. sozialraumorientiert auszurichten hat. Daran schliessen sich drei konzeptionelle Orientierungen professioneller Unterstützung an. Erstens die Assistenz als Gegenmodell zur institutionsorientierten und pädagogischen Hilfeleistung auf der Basis von Selbstbestimmung und Selbstverantwortung. Zweitens die pädagogische Unterstützung im Verhältnis zur Assistenz, resp. im Spektrum verschiedener Assistenzformen. Und drittens die pädagogische Hilfe als Unterstützungsbündnis mit der Orientierung am Selbstbestimmungsprinzip.
Das fünfte Kapitel widmet sich den ausdifferenzierten Arbeitsbereichen der ausserschulischen Hilfsangebote für Menschen mit Behinderung. Es wird einerseits auf die Trägerlandschaft und die strukturellen Merkmale der ausserschulischen Behindertenhilfe eingegangen. Andererseits werden die wichtigsten Arbeitsfelder der Behindertenhilfe – wie die Frühförderung, die Offene Hilfe, die wohnbezogene und die arbeitsbezogene Hilfe – dargestellt.
Ausgehend vom Aufbau und von der Ausdifferenzierung der Behindertenhilfe thematisieren die Autorin und der Autor im sechsten Kapitel die Professionalisierung und die Akademisierung. Die Ausführungen erfolgen auf der Grundlage empirischer Befunde. Als erstes wird die Entwicklung der Qualifikationsstruktur in der Behindertenhilfe nach älteren Untersuchungen und Absolventenstudien aufgezeigt. Die Ausführungen im zweiten Teil des Kapitels reflektieren mit Bezug auf jüngere Untersuchungsereignissen die berufliche Qualifikation und die pädagogische Akademisierung. Diese Ausführungen münden im siebten Kapitel in eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den beruflichen Kompetenzen und der pädagogischen Professionalität in der Sozialen Arbeit bei Behinderung. Dazu werden die Kompetenzanforderungen aus unterschiedlichen Sichtweisen – wiederum empirisch fundiert – verdeutlicht: Aus Sicht von sozialen Selbsthilfegruppen, aus Sicht von Trägern und schliesslich aus Sicht der pädagogischen Fachkräfte. Das letzte Unterkapitel zu den beruflichen Kompetenzen aus Sicht der pädagogischen Fachkräfte wurde von Britta Haldorn und Viviane Schachler verfasst. Zur Fundierung des Themas haben die beiden Verfasserinnen Material aus eigenen, bislang unveröffentlichten Studien beigesteuert.
Das Buch schliesst mit dem Kapitel 8 zum Thema Perspektiven. Kurz und prägnant werden darin Perspektiven für den beruflichen Wandel, die Arbeitsfelder und die beruflichen Kompetenzen im Kontext Soziale Arbeit bei Behinderung skizziert.
Diskussion und Fazit
Bei der Publikation von Hiltrud Loeken und Matthias Windisch handelt es sich um ein gut strukturiertes und systematisch aufgebautes Lehrbuch. Die einzelnen Kapitel zeigen die relevanten Themenbereiche zu Menschen mit Behinderung und Sozialer Arbeit prägnant und verständlich auf. So fliessen in den Ausführungen nicht nur relevante theoretische Grundlagen der Behindertenpädagogik mit ein, sondern es werden auch neue empirische Erkenntnisse aufgegriffen und eingeflochten. Erfreulich ist insbesondere, dass die einzelnen Kapitel nicht lose behandelt werden, sondern in einem logischen Aufbau miteinander in einer inhaltlichen Beziehung stehen.
Der Leserschaft wird zu denen im Untertitel aufgeführten Aspekten „Beruflicher Wandel – Arbeitsfelder – Kompetenzen“ ein guter und verständlicher Einblick gegeben. Das Buch eignet sich deshalb nicht nur für Personen, die am Thema Behinderung und Soziale Arbeit interessiert sind, sondern kann auch sehr gut als Lehrbuch im Studium eingesetzt werden.
Rezension von
Dr. René Stalder
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