Johannes Ebert, Andrea Zell: Klima Kunst Kultur
Rezensiert von Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer, 10.11.2014

Johannes Ebert, Andrea Zell: Klima Kunst Kultur. Welche Fragen formulieren Kunst und Kulturwissenschaften? Steidl (Göttingen) 2013. 160 Seiten. ISBN 978-3-86930-671-1. D: 32,00 EUR, A: 32,90 EUR, CH: 42,90 sFr.
Die Klimaproblematik kann nicht allein durch die Politik gelöst werden
Spätestens seit dem in der „Agenda 21“ formuliertem, dramatischem Appell – „Die Menschheit steht an einem entscheidenden Punkt ihrer Geschichte. Wir erleben eine zunehmende Ungleichheit zwischen Völkern und innerhalb von Völkern, eine immer größere Armut, immer mehr Hunger, Krankheit und Analphabetentum, sowie eine fortschreitende Schädigung der Ökosysteme, von denen unser Wohlergehen abhängt“, wird die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit (auch) auf das Phänomen des globalen Klimawandels gelenkt (Bundesumweltministerium, Agenda 21. Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung im Juni 1992 in Rio de Janeiro, Bonn, S. 9). Dabei gilt: Der Klimawandel ist menschengemacht, als „eine Folge rasanter Industrialisierung und Urbanisierung und eines auf Wachstum und stetige Wohlstandssteigerung ausgerichteten Lebensentwurfs“. Dadurch ist die Herausforderung gewachsen, dass „Klimawandel“ eine lokal- und global-gesellschaftliche Aufgabe darstellt. Die Weltkommission „Kultur und Entwicklung“ (1995) weist in ihrem Bericht darauf hin, dass sich wirtschaftliche und politische Rechte nicht getrennt von sozialen und kulturellen Rechten verwirklichen lassen, wenn sie fordert: „Die Menschheit steht vor der Herausforderung umzudenken, sich umzuorientieren und gesellschaftlich umzuorganisieren, kurz: neue Lebensformen zu finden“ (Deutsche UNESCO-Kommission, Unsere kreative Vielfalt, 2., erweit. Ausgabe, Bonn 1997, S. 18). Das Dilemma freilich bleibt: Die Ergebnisse von Weltklimakonferenzen, Prognosen, Studien und Appellen zeigen, „dass die Klimaproblematik nicht allein durch die Politik gelöst werden kann“; vielmehr bedarf es der Sensibilisierung und Mitwirkung eines jeden Menschen und von allen Gesellschaften auf der Erde, den Klimawandel nicht zu einer Menschheitskatastrophe werden zu lassen.
Entstehungshintergrund und Herausgeberteam
Die Arbeit des Goethe-Instituts wird bestimmt von dem „erweiterten Kulturbegriff“ (Ralf Dahrendorf, 1970), mit dem die Einbeziehung der „kulturellen und zivilisatorischen Gegenwartsprobleme“ in die Programmatik zum Ausdruck kommt. Kunstwerke und künstlerische Ausdrucksformen, können dazu beitragen, die für die meisten Menschen eher abstrakt wahrnehmbaren Phänomene und Folgen des Klimawandels konkret, sinnlich, emotional und lebensweltlich wahrzunehmen. Seit 2008 wird die Thematik „Kultur und Klimawandel“ als Schwerpunkt der Programmarbeit des Instituts ausgewiesen und in den weltweiten Aktivitäten realisiert. Mit dem vom Steidl Verlag in bekannter, professioneller und ästhetisch ansprechender Weise publizierten Band „klima – kunst – kultur“ werden Beispiele aus der Arbeit des Münchner Kulturinstituts präsentiert.
Als Herausgeberteam zeichnen der Generalsekretär des Goethe-Instituts, Johannes Ebert, und die Kunstwissenschaftlerin Andrea Zell verantwortlich.
Aufbau und Inhalt
Es werden Werke aus der Fotografie, der Videokunst, Installation, Skulptur, Literatur und anderen Formen der bildenden Kunst dargestellt und diskutiert. Der Band wird eingeleitet mit „Notizen aus aller Welt“, in denen, schlagwortartig, die Auseinandersetzungen mit „Klimawandel und Alltag“ skizziert werden, und so ein Eindruck vermittelt wird, dass der Klimawandel ein Problem für alle Menschen auf der Erde bringt, für Arme und Reiche, Mächtige und Ohnmächtige, bewusst Reflektierende und Unbeteiligte; niemand kann sich den Herausforderungen entziehen! 33 Autorinnen und Autoren, Theoretiker und Künstler beteiligen sich mit ihren Beiträgen an der Gesamtschau der Aktivitäten.
Die Soziologin von der Hochschule in Fulda, Angelika Poferl, reflektiert mit ihrem Beitrag „Das Verhältnis von Wissenschaft und Kunst“ die Voraussetzungen, Möglichkeiten und Freiheiten einer nicht ganz so einfachen Beziehung. Mit ihrer Frage – „Welchen Beitrag können Wissenschaft und Kunst zur Erkundung einer kosmopolitischen Welterfahrung, das heißt zur Erforschung menschlicher Naturbeziehungen und Natur-Gesellschaft-Verhältnisse unter dem Vorzeichen des Klimawandels leisten?“ – diskutiert die Autorin das ambivalente und doch unter den Gesichtspunkten einer ganzheitlichen Weltentwicklung so kongruente Verhältnis der Wissenschaftszweige für Welt- und Wirklichkeitserfahrung. Sie sichtbar und erfahrbar zu machen, bedarf der Expression und der Besinnung und „Rückkehr zu den Dingen“, die mehr sind als Sachen, sondern „echte“ Realitätsgewinnung.
Der Band wird im folgenden in vier Kapitel gegliedert.
Im ersten werden „Narrative und Konzepte des Klimawandels“ vorgestellt, im zweiten geht es um die Zugriffs- und Zugangsformen einer „Apokalpyse jetzt – Dramen lokaler Verwundbarkeit“, im dritten um „Widerstand und die Revolution der Lebensstile – Nichts ist erledigt“, und im vierten Kapitel wird die Frage gestellt: „Ist die Zukunft eine Blase? – Strategien der Anpassung“. Es werden dabei Themen diskutiert, die sich als vergangenheits- und gegenwartsbezogen für die zukünftige menschliche Entwicklung auf dem Planeten Erde darstellen, etwa die Kunstausstellung „48 Grad Celsius Public.Art. Ecology“ in New Delhi, die Vortragsreihe „What is green Architecture?“ in New York, das Projekt „Gletschermusik“, mit dem in Taschkent und Almaty das dramatische Verschwinden des Tujuksu-Gletschers im kasachischen Tian-Shan-Gebirge künstlerisch verdeutlicht wird, und viele andere Beispiele des Informations-, Aufklärungs- und Demonstrationsschwerpunkts des Goethe-Instituts.
Im ersten Kapitel befragt der Kunsthistoriker Thomas Macho von der Berliner Humboldt-Universität mit seinem Beitrag „Klima der Zukunft“ die Gleichung: „Kultur = Klima?“. Er zeigt auf, dass das Nachdenken über die kulturellen Voraussetzungen und Konsequenzen des Klimawandels immer auch schon Thema beim wissenschaftlichen, kulturellen und künstlerischen Schaffen der Menschen war. Er weist darauf hin, dass die Fähigkeiten und Visionen der Menschen, neben dem Denken in der „Nahzukunft“ auch die „Fernzukunft“ in die existentiellen Überlegungen und Vorhersagen für die Zukunft der Menschheit einzubeziehen, beschränkt sind und zudem mehr und mehr verloren gehen, wo zwar statistische Datensammlungen und Computersimulationen uns Bilder projizieren, die jedoch wenig Spielraum lassen für die Erkenntnis, dass Klimawandel Kulturwandel ist.
Der Soziologe Alban Knecht, Lehrbeautragter am FH Campus Wien, stellt mit seinem Beitrag „Das Konzept der Verwundbarkeit“ konzeptionelle Überlegungen zu Theorien an, die, wie etwa die Theorie der Vulnerabilität (Amartya Sen), zur Erkenntnis beitragen können, dass „Naturkatastrophen“ Kulturkatastrophen sind. Er zeigt auf, dass Daseinsvorsorge im alltäglichen wie gesellschaftlichen, lokalen wie globalen Sinn, als kollektive Menschheitsaufgabe verstanden werden muss.
Mit der Frage „Dem Klima ausgeliefert?“ führte die Journalistin und freie Autorin Stefanie Hallberg ein Radio-Interview mit dem Soziologen und Kulturwissenschaftler von der Universität Friedrichshafen, Nico Stehr, und dem Klimaforscher und Meterologen des Geesthachter Helmholtz-Zentrums, Hans von Storch. Sie verweisen eindrücklich darauf, dass „das Klima nicht nur ein physikalisches Problem und Thema ( ), sondern auch ein gesellschaftliches, ein kulturelles Thema (ist)“.
Im zweiten Kapitel werden die Verwundbarkeiten und Chiffren eines aus dem Gleichgewicht geratenen Verhältnisses von Mensch und Natur aufgezeigt. Die Berliner Kulturwissenschaftlerin und freie Autorin Vera Tollmann setzt sich mit den Arbeiten des nigerianischen Associated-Press-Fotografen und Künstlers George Osodi auseinander. Mit der Fotoserie „Oil Rich Niger Delta“ zeigt Osodi auf, wie sich ein „Age of Stupid“ entwickelt, weil der Erdstoff Öl zur Ware und zu einem Machtmittel wird.
In einem zweiten Beitrag stellt Vera Tollmann das Künstlerteam „Allora & Calzadilla“ vor und informiert über deren Projekt: „A Man Streaming is not a Dancing Bear“ (2008), in dem die Künstler Jennifer Allora und Guillermo Calzadilla mit einer Videoinstallation die Verläufe, Manipulationen und Machtmechanismen dokumentieren, die sich bei der Flutkatastrophe von New Orleans 2005 ereignet haben.
Die in Berlin und Barcelona tätige Journalistin und Autorin, Bettina Bremme, interpretiert die Skulptur „Mi familia muerta – Meine tote Familie“ des argentinischen Künstlers Adrián Villar Rojas, die mit dem Symbol eines gestrandeten Wals darauf verweist, dass die „menschliche Zivilisation, die die Orientierung verloren hat, … mit Scheuklappen und Volldampf auf eine Klimakatastrophe zusteuert“.
Vera Tollmann verweist auf zwei weitere Arbeiten der Performancekünstlerin Eva Meyer-Keller: „Building after Catastrophes“ und „Handmade“, in denen die Künstlerin zusammen mit Kindern verschiedene Szenarien von Naturkatastrophen als „choreographisches Basteln“ nachbaut und damit demonstriert, dass die Natur selbst keine Katastrophen kennt: „Erst die Medien machen das Ereignis zu einer“. Als ein Menetekel für die Folgen der fortschreitenden Klimaveränderung lässt sich auch die Fotoserie „Die Badenden“ des äthiopischen Künstlers Michael Tsegaye begreifen, der die Schrumpfung der Wasserfläche des bis vor wenigen Jahrzehnten zweitgrößten Alamaya-Sees in Äthiopien dokumentiert. Auch die Foto- und Videokünstlerin Erika Blumenfeld engagiert sich beim Wandel unserer natürlichen Umgebung durch die Klimaveränderungen. Mit dem „Polar Project“ setzt sie sich mit den Wandlungsprozessen in der Arktis und Antarktis auseinander.
Der bulgarisch-deutsche, heute in Wien lebende Schriftsteller, Übersetzer und Verleger Ilija Trojanow, stellt „einige vorläufige Überlegungen zur literarischen Formung der Antarktis“ an. Wie kann man über eine Landschaft schreiben, die als „Terra Nullius“ für die Menschen keinen (be-)ständigen Platz zum Leben anbietet? Der Widerspruch wird deutlich: Dort findet man „das frischeste Wasser und die reinste Luft, die wir auf Erden haben“; gleichzeitig ist dort menschliches Leben nur mit größten technischen Hilfsmitteln möglich. Und was macht der Mensch? Zwischen Wärme- und Kälteidiotie?
Das dritte Kapitel befasst sich mit der Frage, wie wir Menschen „zu einer Kultur der ökologischen Verantwortung gelangen können“. Der Grafiker, Karikaturist und Jurist Klaus Staeck stellt in einem Gespräch mit der am Goethe-Institut in San Francisco tätigen Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Jeannette Neustadt fest: „Nichts ist erledigt!“. Dabei wird auf die Ausstellung gleichen Titels verwiesen, die in mehr als 40 Goethe-Instituten gezeigt wurde. Mit dem Plakat und der Collage will der Künstler ein kritisches, jedoch nicht negatives Bild vermitteln: „Ich bin nun mal jemand, der seit seiner Kindheit an die Veränderbarkeit und nicht bloß an die Zerstörbarkeit der Welt glaubt“.
Vera Tollmann führt ein Gespräch mit der norwegischen Künstlerin und Kunstwissenschaftlerin Åsa Sonjasdotter über ihre Konzepte und Feldforschungen von Herkunft, Vielfalt und Anbau von Kartoffelsorten: „Die Schönheit der Vielfalt: der Garten als konzeptuelles Kunstwerk“. Sie thematisiert dabei Fragen nach Bedeutung und (scheinbarer) Bedeutungslosigkeit, nach Peripherie und Zentrum, nach Hierarchie, nach Wissen und Macht.
In einem weiteren Gespräch mit dem dänischen Installationskünstler Tue Greenfort werden Fragen aufgeworfen: „Was uns neue Produkte zu sagen haben“. Dem Künstler geht es vor allem darum aufzuzeigen, wie wir Menschen mit den Ressourcen Wasser und Öl umgehen. Es ist die Kritik am kapitalistischen und neoliberalen „Business as usual“, wie auch am „Ökokapitalismus“, auf die er mit seinen subtilen wie humorvollen Erzeugnissen verweist.
Bettina Bremme stellt den argentinischen Künstler und Architekten Tomás Saraceno vor. Mit seinen sphärischen Raumskulpturen, die er „Biosphere“, „Cloud Cities“, „Flying Garden“, „Air-Port-City“, „Space Elevator“ und „Matrix“ nennt, will er die Überzeugung sichtbar und begreifbar machen, dass für ein nachhaltiges Verständnis darüber, wie Natur und Ökosysteme funktionieren, es notwendig ist, „eingefahrene Denkmuster hinter sich zu lassen… und Experimentierfreude ohne Angst vor Irrtümern“ zu wagen.
Der Redakteur, Fachautor und Journalist Roland Detsch spricht mit dem Philosophen Ludger Heidbrink über „Kultur der ökologischen Verantwortung“. Es geht dabei darum, ob der Klimawandel zum Anreiz für kulturelle Veränderungsprozesse in den Industriegesellschaften taugt und welche Perspektiven sich dabei ergeben.
Der Ethnologe Wolfgang Kapfhammer forscht über die Beziehungen zwischen Mensch und Natur bei einem Volk im brasilianischen Amazonasgebiet: „Das amazonische Verhältnis von Mensch und Natur: ein Vorbild für uns?“. Er erkennt in den Verschiedenheiten und Vielfalten der Lebenswelten gemeinsame Formen einer Umweltethik, die Trennendes und Imponderabiles überwinden lassen könnte.
Mit dem vierten und letzten Kapitel wird alternatives Denken und Handeln als Option gegen ein passives und zerstörendes „Weiter-so“ diskutiert. Der Soziologe Ulrich Beck nimmt „Ungleichheit ohne Grenzen“ zum Anlass, über die lokale und globale Entwicklung von „sozialer Gleichheit“ nachzudenken. Dabei stellt er fest, dass die Erwartungshaltung und das Plazet zu einer weltweiten Erwartung geworden ist, soziale Ungleichheit nicht mehr im nationalen Rahmen begriffen werden kann, im Klimawandel soziale und natürliche Ungleichheit miteinander verschmelzen, und Klimawandel sich hierarchisch artikuliert, aber gleichzeitig die Chance enthält, demokratisch, politisch und aufgeklärt nationalstaatliche Borniertheiten zu überwinden (vgl. auch: Ulrich Beck, Die Neuvermessung der Ungleichheit unter den Menschen. Soziologische Aufklärung im 21. Jahrhundert, 2008, www.socialnet.de/rezensionen/7197.php).
Der Münchner Theologe und Sozialethiker Markus Vogt stellt mit seinem Text „Transformation“ Anmerkungen zum ökologischen Gegenwarts- und Zukunftsdiskurs aus ethischer und theologischer Sicht an. Er bezieht sich dabei auf das vom Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung „Globale Umweltveränderungen“ (WBGU) 2011 vorgelegte Gutachten: „Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation“. Darin wird der globale Wandel in der neuen, erdgeschichtlichen Epoche des „Anthropozän“ als Grundlage für einen lokalen und globalen Perspektivenwechsel herangezogen. Der Autor verweist darauf, dass das Gelingen der Transformation vor allem von den Personen, also den Transformateuren abhängt: „Es kommt darauf an, den Aufbruch zu wagen, individuell und kollektiv“.
Der Münchner Philosoph, Essayist und Hörspielautor Hans-Martin Schönherr-Mann, spricht mit dem Historiker der Universität Bielefeld, Joachim Radkau, über einen möglichen, diskutierten Lösungsansatz für den Klimawandel: „Geo-Engineering liefert nur einen Vorwand“. Er wendet sich gegen die ins Kraut schießenden, krampfhaften Argumente, mit denen die Folgen des Klimawandels kleingeredet werden und weist darauf hin, „dass derartige Science-Fiction-Konzepte, auch wenn sie nie realisiert werden, der amerikanischen Politik doch einen Vorwand liefern, die Reduzierung der CO2-Emissionen nicht mehr für dringend zu erklären“.
Roland Detsch spricht mit dem Wuppertaler Umweltwissenschaftler Wolfgang Sachs, der davon überzeugt ist, dass das „Ende des Entwicklungszeitalters“ erreicht sei und es, für eine menschenrechtsorientierte Entwicklung notwendig wäre, vom westlichen Wohlstandmodell Abschied zu nehmen und damit dem Drängen der Länder des Südens nach einem ökonomischen Aufholen eine ökologische, nachhaltige Alternative für globale Gerechtigkeit entgegen zu setzen.
Der Konstanzer Soziologe Hans-Georg Soeffner beendet mit seinem Essay „Vergangenheit und Gegenwart der Zukunft“ den wissenschaftlichen, kulturellen und künstlerischen Reigen zum gegenwartsgesetzten, zukunftsorientierten Theorie- und Praxisrahmen menschlicher Existenz. Er verweist auf die in allen philosophischen und anthropologischen Erzählungen avisierte Gewissheit, dass der Kosmos und die sich unentwegt verändernde Natur den Menschen nicht braucht, der anthrôpos also tunlichst versuchen sollte, eine „bewusst vorausgreifende Anpassung im Zeichen des utopischen Prinzips“ vorzunehmen.
Fazit
Die Publikation „Klima Kunst Kultur“ des Goethe-Instituts kann der Konsument gerne, ja man könnte sogar hochgreifend sagen, haptisch und „schmeichelnd“ in die Hand nehmen. Der Göttingen Steidl-Verlag steuert im Anhang, sicherlich mit Zustimmung des Goethe-Instituts, Informationen und Erklärungen bei „zur Herstellung dieses Buches: Materialien, Technik, Gestaltung“ (Klaus Detjen). Der Verleger Gerhard Steidl spricht vom „Print Local oder: Vom verantwortungsbewussten Büchermachen“, indem er, nicht kämpferisch oder rechthaberisch, auf den Unterschied von Print- und digitalen Medien eingeht, und doch ein bisschen trotzig feststellt: „Leserinnen und Leser sind nämlich etwas anderes als User oder Nutzer, sie sehen im physischen Buch mehr als eine Quelle von Information oder Unterhaltung. Es ist ihnen mehr wert…“. Dem Anlagenblock sind weiterhin „Informationsquellen zu nachhaltiger Buchproduktion“ und ein „Glossar zu Papierproduktion und -verarbeitung“ beigefügt.
Die inhaltlichen Aspekte des Bandes, die sich mit dem Klimawandel in Kunst und Kulturwissenschaften befassen, werden von den Autorinnen, Autoren und Gesprächspartnern empathisch und motivierend dargestellt. Der Aufforderungscharakter, der weder als pädagogischer Zeigefinger, noch als Peitsche oder als Fatum daher kommt, ist dabei unverkennbar als Wille und Aufklärung zu verstehen: „Klimawandel ist Kulturwandel“, was bedeutet, dass wir Menschen überall in der (Einen?) Welt aufgefordert sind, uns mit all unseren Möglichkeiten und unserem Bewusstsein darum zu kümmern, dass der (menschengemachte) Klimawandel nicht zu einem inhumanen, menschheitszerstörenden Menetekel wird!
Rezension von
Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer
Ehemaliger Lehrbeauftragter an der Universität Hildesheim
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