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Sighard Neckel, Greta Wagner (Hrsg.): Leistung und Erschöpfung

Rezensiert von Prof. i.R. Dr. Peter Bünder, 05.12.2013

Cover Sighard Neckel, Greta Wagner (Hrsg.): Leistung und Erschöpfung ISBN 978-3-518-12666-0

Sighard Neckel, Greta Wagner (Hrsg.): Leistung und Erschöpfung. Burnout in der Wettbewerbsgesellschaft. Suhrkamp Verlag (Berlin) 2013. 200 Seiten. ISBN 978-3-518-12666-0. 16,00 EUR.
Reihe: edition suhrkamp - 2666.

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Thema

In diesem Band beschäftigen sich renommierte Sozialwissenschaftler/innen mit zentralen Fragen zum Thema Burnout wie beispielsweise „Modethema?“, „erfundene Krankheit?“ oder „Veränderung der Arbeitswelt und Erschöpfung?“.

Herausgeber und Herausgeberin

Sighard Neckel ist Professor für Soziologie an der Goethe-Universität Frankfurt/Main. Greta Wagner ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt/Main.

Aufbau und Inhalt

Der vorliegende Band ist inhaltlich in vier Abteilungen gegliedert, welche zehn thematische Beiträge umfassen.

Die Einleitung zum Thema, dessen Idee auf einer soziologischen Tagung im Herbst 2012 entwickelt wurde, leisten die beiden Herausgeber, Sighard Neckel und Greta Wagner.

Die Abteilung I umfasst drei Beiträge. Im ersten Beitrag thematisieren G. Günter Voß und Cornelia Weiß das Verhältnis von Burnout und Depression unter der Fragestellung, woran in heutiger Zeit die neuen „Arbeitskraftunternehmer“ leiden? Der zweite Beitrag von Elin Thuman aus Schweden untersucht Burnout als sozialpathologisches Phänomen der Selbstverwirklichung. Im dritten Beitrag betrachtet Monica Titton aus Österreich zwei Beispiele aus der Reihe der „erschöpften Prominenz“.

Abteilung II umfasst ebenfalls drei Beiträge beschäftigt sich mit Burnout als Diagnose. In einem ersten Beitrag beleuchtet Patrick Kury aus einer geschichtlichen Perspektive die Entwicklungslinien von Neurasthenie um 1880, der so genannten Managerkrankheit in den 1950er Jahren und der neueren Burnout-Thematik des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Im zweiten Beitrag thematisieren Linde von Heinemann und Torsten Heinemann, wie Burnout in den modernen Lebenswissenschaften untersucht wird und welche Probleme dabei auftauchen. In einem philosophischen dritten Beitrag beschäftigt sich Frieder Vogelmann mit der öffentlichen Wahrnehmung einer vielleicht erfundenen Krankheit und der korrespondierenden Problematik einer Politik der Nichtexistenz.

Abteilung III umfasst nur zwei Beiträge fokussiert auf Burnout als Metapher. In einem ersten Beitrag problematisiert Rolf Haubl aus psychoanalytischer Perspektive den öffentlichen Diskurs zu Burnout und der darin innewohnenden Metaphorik. Ulrich Bröcking beleuchtet in einem zweiten Beitrag aus kultursoziologischer Sicht die Konturen einer Zeitkrankheit mit dem „Unheilswort“ Burnout.

Abteilung IV besteht aus einen letzten Beitrag, indem die Herausgeber Burnout als Innovation in Augenschein nehmen. Sighard Neckel und Greta Wagner fokussieren zusammenfassend auf den gesellschaftlichen Wandel, innerhalb dessen Erschöpfung in Form von Burnout-Phänomenen als „schöpferische Zerstörung“ im Sinne von Schumpeter reflektiert werden könnte.

Diskussion

Anders als bei vielen den Buchmarkt überschwemmenden aufgemotzten Ratgeber zu Burnout kommt dieser kleine Band sehr schlicht, kompakt und gehaltvoll daher. Die zehn Beiträge behandeln auf eine sehr intensive, reflektierte Art und Weise das Phänomen Burnout aus soziologischem, sozialpsychologischem und philosophischem Blickwinkel. Durch diese unterschiedlichen Perspektiven – von der Kultur- bis zur Industriesoziologie, von der Sozialpsychologie bis zur Philosophie – entsteht eine ganz dichte und spannende Auseinandersetzung mit dem Thema, die nirgendwo flach oder populistisch wirkt. Von daher lädt dieses Buch zu einer intensiven Beschäftigung und zu eigenem Nachdenken ein.

Im Mittelpunkt der Beiträge steht die vorurteilsfreie, offene Auseinandersetzung mit einem gesellschaftlichen Phänomen, welches – ob nun Krankheit oder nicht – schwerpunktmäßig in der Berufs- und Arbeitssphäre verortet werden kann. Während aus hinlänglich bekannten Gründen beispielsweise noch vorzüglich gestritten werden kann, ob nun Burnout eine eigenständige Krankheit oder doch nur ein Tarnbegriff für Depression sei, ist inzwischen unstrittig, dass die alarmierende Zunahme psychischer Belastungen in der Arbeitswelt hinlängliche Gründe bietet, sich verstärkt mit den Problemen Leistung, Überlastung, Erschöpfung und Selbstausbeutung und deren Schattenseiten zu beschäftigen. In seinen vier aufeinander abgestimmten Abteilungen bietet der vorliegende Band dafür eine kritische und anregende Betrachtungsweise, die nicht nur bei Beschreibungen stehen bleibt, sondern weitergehende Fragen in den Raum stellt, die sich auf die weitere Entwicklung der gegebenen Wettbewerbsgesellschaft beziehen.

Zielgruppen

Das Buch eignet sich für Menschen, die sich intensiver mit dem Phänomen Burnout auseinandersetzen wollen. Ihnen kann dieses Buch wertvolle Denkanstöße und Reflexionshilfen bieten.

Fazit

Es ist ein spannendes Buch, welches das wichtige Thema Burnout in einem breiten Spektrum abhandelt. Alle Beiträge sind in einer klaren, lesenswerten Sprache geschrieben. Von daher bereitet die Beschäftigung mit den angebotenen Sichtweisen zu Burnout viele wertvolle Einsichten und Denkanstöße. Obgleich dem Band ein innerer roter Faden zugrunde liegt, der verbindet, können die einzelnen Beiträge ohne Probleme auch allein gelesen werden, ohne dass ein Sinnverlust auftreten müsste. Dieser Band eignet sich vorzüglich für eine intensive und seriöse Beschäftigung mit dem Thema Burnout.

Rezension von
Prof. i.R. Dr. Peter Bünder
Vormals Hochschule - University of Applied Sciences - Düsseldorf, Lehrgebiet Erziehungswissenschaft am Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften
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Es gibt 91 Rezensionen von Peter Bünder.

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ISSN 2190-9245