Andreas Schlüter, Stefan Stolte: Stiftungsrecht
Rezensiert von Dr. iur. Marcus Kreutz, 01.04.2014

Andreas Schlüter, Stefan Stolte: Stiftungsrecht. Erscheinungsformen und Errichtung der Stiftung, Stiftungsaufsicht, Verwaltung des Stiftungsvermögens, Besteuerung von Stiftung und Stifter, Internationales Stiftungsrecht, Rechtsstand: voraussichtlich Oktober 2010. Verlag C.H. Beck (München) 2011. 2. Auflage. 200 Seiten. ISBN 978-3-406-61213-8. 34,00 EUR. CH: 48,90 sFr.
Das Phänomen des anhaltenden Booms der Stiftung
Bereits seit etwa Mitte der 1980er Jahre ist in Deutschland und in ganz Europa eine Renaissance des Stiftungswesens zu beobachten. Dies hat viele Gründe: Eine Neubewertung der Rollenverteilung von Staat und Bürger, gewachsene Vermögen bei relativ vielen Einzelpersonen bei gleichzeitiger Auflösung tradierter Familienstrukturen etc. Diese Wiederentdeckung der sehr alten Rechtsform der Stiftung bringt einen erhöhten Beratungsbedarf mit sich. Daher ist es kein Wunder, wenn die Zahl der Rechtshandbücher ebenfalls kontinuierlich steigt. Zu dieser Kategorie gehört auch das hier vorzustellende Werk, welches nun bereits in zweiter Auflage vorgelegt wird.
Autoren
Die beiden Autoren sind ausgewiesene Experten des Stiftungsrechts. Rechtsanwalt Professor Dr. iur. habil. Andreas Schlüter ist seit dem Jahr 2005 Generalsekretär des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft. Im Jahr 2003 habilitierte er sich am Rechtszentrum für Europäische und Internationale Zusammenarbeit an der Universität zu Köln zum Thema „Stiftungsprivatrecht zwischen Privatautonomie und Gemeinwohlbindung“ Schlüter ist Privatdozent an der Universität Köln, Lehrbeauftragter an der Universität Hannover und Rechtsanwalt in einer Gütersloher Kanzlei.
Rechtsanwalt Dr. iur. Stefan Stolte ist seit 2011 Mitglied der Geschäftsführung der DSZ – Deutsches Stiftungszentrum GmbH und Geschäftsführer der DSZ – Maecenata Management GmbH, München/Berlin.
Aufbau
Das Buch ist insgesamt in zehn große Abschnitte gegliedert, in denen sich die folgenden Teile finden:
- Kapitel 1: Einleitung
- Kapitel 2: Die Errichtung der Stiftung
- Kapitel 3: Stiftungsaufsicht
- Kapitel 4: Ersatzformen der Stiftung
- Kapitel 5: Stiftungsvermögen
- Kapitel 6: Rechnungslegung und Publizität
- Kapitel 7: Stiftungssteuerrecht
- Kapitel 8: Internationales Steuerrecht
- Kapitel 9: Neuerungen durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes vom 21. März 2013
In einem am Schluss des Buches zu findenden Sonderteil sind Muster für die praktische Arbeit mit Stiftungen zu finden. So finden sich dort z.B. Muster für ein Stiftungsgeschäft bei einer rechtsfähigen Stiftung des Privatrechts (Errichtung unter Lebenden, S. 201 und Errichtung von Todes wegen, S. 202), für eine Stiftung gGmbH (S. 219) sowie die amtlichen Muster für Geld-, Sach- und Sammelzuwendungen.
Eine Übersicht über die Zuständigkeiten der Stiftungsaufsichtsbehörden (S. 232 ff.) sowie ein ausführliches Sachverzeichnis schließen das Buch ab.
Zu Beginn des Bandes ist darüber hinaus ein Abkürzungsverzeichnis sowie ein ausführliches Literaturverzeichnis zu finden.
Ausgewählte Inhalte mit Diskussion
Wegen der Vielzahl der angesprochenen Themenkomplexe soll im Folgenden nur auf einige wenige etwas ausführlicher eingegangen werden.
Bei dem aktuell niedrigen Zinsniveau stoßen naturgemäß die Ausführungen zur Frage der Anlage des Stiftungsvermögens auf besonderes Interesse. Die beiden Autoren betonen in diesem Zusammenhang zu Recht, dass jede Stiftung Anlagerichtlinien haben sollte, die Vorgaben für die Anlage des Stiftungsvermögen enthalten, da die gesetzlichen Rahmenbedingungen insofern sehr allgemein gehalten sind. Diese Anlagerichtlinien sollten allerdings einen gewissen Handlungsspielraum aufweisen, damit der Stiftungsvorstand auf Kursschwankungen, Änderungen des Zinsniveaus oder sonstige Änderungen der für Anlageentscheidungen maßgebenden Umstände ohne Weiteres reagieren kann (Kapitel 5 Rn. 20). Bei einer Übertragung des Anlagemanagement auf Dritte weisen Schlüter und Stolte darauf hin, dass dies den Stiftungsvorstand nicht davon entbindet, nun den Dritten sorgfältig auszuwählen und zu überwachen (Kapitel 5 Rn. 38). Auf das einschlägige Judiz des OLG Dresden (WM 2004, 1278) wird von beiden in der Fußnote 50 verwiesen. Leider finden sich an dieser Stelle aber keine Ausführungen zu der Frage, wie der Dritte ordnungsgemäß ausgewählt und überwacht werden muss. Hier ist eine Lücke zu spüren, die vielleicht in der nächsten Auflage geschlossen werden wird.
Neben der Frage der Vermögensanlage beschäftigt Stiftungsvorstände auch stets die Frage, wie das Grundstockvermögen durch Zustiftungen vermehrt werden kann. Dies ist zwar vordringlich ein Thema des Stiftungsfundraisings und daher ein Komplex, welches sich die Autoren nicht zum Gegenstand ihrer Ausführungen gewählt haben – schließlich trägt das Buch den Titel Stiftungsrecht. Gleichwohl wird unter dem Gliederungspunkt C. in Kapitel 2 unter der Überschrift „Zustiftung“ eine rechtlich sehr spannende Frage behandelt – dies allerdings nur relativ kurz. Es ist die Frage gemeint, wie eine Zustiftung, bei der es sich um eine Erhöhung des Grundstockvermögens durch eine Dotation außerhalb der Erstdotation handelt, zivilrechtlich zu werten ist. Schlüter/Stolte schließen sich insofern der herrschenden Meinung an, indem sie eine solche Zustiftung zivilrechtlich als Schenkung im Sinne der §§ 516 ff. 525 BGB werten (Kapitel 2 Rn. 137). Eine Begründung für diese Einordnung geben Sie an dieser Stelle leider nicht.
Die Praxisnähe des Buches, die von den beiden Autoren im Vorwort so beschrieben wird, als dass es die Absicht ist, einen „Brückenschlag zwischen Praktikerhandbuch und wissenschaftlich fundiertem Lehrbuch“ herzustellen (S. V), wird vor allem im letzten Teil des Bandes deutlich. Dort sind für die Praxis äußerst hilfreiche Muster zu finden, die die tägliche Arbeit des Rechtspraktikers mit dem Thema Stiftung zweifelsohne erleichtern und bereichern.
Fazit
Als Fazit lässt sich festhalten, dass der Band für jeden Stiftungsrechtspraktiker mehr als nur zu empfehlen ist. Stifter, Rechtsanwälte, Steuerberater und Mitarbeiter in Stiftungsaufsichtsbehörden werden einen reichen Nutzen aus der Lektüre des Buches ziehen. Der günstige Preis dürfte die Anschaffung darüber hinaus attraktiv machen. Die Dynamik des Stiftungsrechts wird es zweifelsohne mit sich bringen, dass das Buch noch zahlreiche weitere Auflagen erleben wird. Bis zur nächsten Auflage mit dem Kauf zu warten, wäre aber für jeden Stiftungsrechtspraktiker fahrlässig, da die in ihm enthaltenen Informationen für die tägliche Arbeit eine enorme Hilfe darstellen.
Rezension von
Dr. iur. Marcus Kreutz
LL.M., Rechtsanwalt. Justiziar des Bundesverbandes Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e.V. in Köln
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