Péter Sárkány: Theorie und Praxis sozialer Arbeit
Rezensiert von Roland Baur, 09.12.2013

Péter Sárkány: Theorie und Praxis sozialer Arbeit. Eine professionstheoretische Auseinandersetzung.
Tectum-Verlag
(Marburg) 2013.
116 Seiten.
ISBN 978-3-8288-3099-8.
D: 24,90 EUR,
A: 24,90 EUR,
CH: 30,90 sFr.
[Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum-Verlag / Reihe Sozialwissenschaften] Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum-Verlag, Reihe Sozialwissenschaften - Band 56.
Thema
Theorie und Praxis Sozialer Arbeit, dargestellt anhand dreier Professionstheorien (Burkhard Müller, Silvia Staub-Bernasconi, Heiko Kleve)
Autor
Dr. Péter Sárkány ist Hochschullehrer an der katholischen Hochschule Vilmos Apor in Vác.
Entstehungshintergrund
Ausgangspunkt dieses Buchs stellt die Master-Thesis des Autors an der Donau Universität Krems dar, mit der der Autor zum wissenschaftlichen Diskurs über die Professionalität der Sozialen Arbeit beiträgt. Gleichzeitig ist die Wahl des Themas gemäß dem Vorwort des Autors durch einen weiteren subjektiven Faktor begründet. Sárkány ist Hochschullehrer in Ungarn und stellt eine starke Orientierung der Lehre der Hilfeprofessionen an der angelsächsischen Literatur fest. Im Zeitalter eines vereinigten Europas möchte er mit seiner Arbeit zu einer vermehrten Rezeption gerade auch deutschsprachiger theoretischer und methodischer Forschungsergebnisse aus dem Bereich der Sozialen Arbeit beitragen, um damit den Diskurs über die Professionalität in der Sozialen Arbeit in Osteuropa zu befördern.
Aufbau
Das Buch behandelt in sieben Kapiteln eine professionstheoretische Auseinandersetzung mit Theorie und Praxis Sozialer Arbeit. Die Einführung (Kapitel 1) stellt die Fragestellung, Thesen und Methoden vor und erläutert auch den Gedankengang hinter dem Vorgehen zur Beantwortung der Fragestellung.
Kapitel 2 diskutiert zunächst das Wissen um die Profession. In den Kapitel 3 bis 5 werden die drei behandelten Professionstheorien nach einem einheitlichen Vorgehen vorgestellt und diskutiert.
Kapitel 3 ist der offenen Profession nach Burkhard Müller gewidmet, während die Menschenrechtsprofession nach Silvia Staub-Bernasconi im Kapitel 4 behandelt wird.
Kapitel 5 schließlich stellt die postmoderne Profession nach Heiko Kleve vor.
In Kapitel 6 werden die vorgestellten Professionstheorien vergleichend analysiert und die in Kapitel 1 postulierten Thesen anhand der Ergebnisse beantwortet.
Das abschließende Kapitel 7 fasst die Arbeit zusammen und formuliert einen Ausblick.
Inhalt
Das einleitende Kapitel 1 führt zunächst in die Thematik ein und postuliert für die Professionstheorien der Sozialen Arbeit, dass diese von den theoretischen Konzepten Sozialer Arbeit am überzeugendsten die unterschiedlichen Gesichtspunkte von Praxen und der Theorie verbinden vermögen. Die Professionstheorien unterstützen die in der Sozialen Arbeit Tätigen durch Reflexion der Selbstdeutung der Sozialen Arbeit und durch modellhafte Anleitung zur Entwicklung der wichtigsten Schritte für professionelle Handlungen. Doch erfüllen mehrere Professionstheorien der Sozialen Arbeit diese Kriterien, so dass sich die Frage nach Unterschieden und Gemeinsamkeiten aktueller Professionstheorien stellt. Als Fragestellungen für die Untersuchung werden deren drei formuliert (S. 12):
- „Wie können die Ähnlichkeiten und Unterschiede der in der Fachliteratur anwesenden Professionstheorien erklärt werden?“
- „Lässt sich trotz der Vielfältigkeit der durchgesetzten abweichenden Standpunkte eine professionstheoretische Einheit der Sozialen Arbeit ausmachen?“
- „Auf der Grundlage welcher Kriterien können wir einen Unterschied zwischen den Theorien und den Professionstheorien der Sozialen Arbeit machen?“
Die formulierten Thesen postulieren, dass (1) disziplinäre Theorien und Professionstheorien sich nur in einem heuristischen Sinne voneinander unterscheiden lassen, sie korrelieren miteinander. (2) Eine professionstheoretische Einheit der Sozialen Arbeit lässt sich nicht in den theoretischen Ansätzen finden, sondern durch „Untersuchung der gegenwärtigen Praxis der Sozialen Arbeit“ (S. 13). Die vorhandenen Unterschiede in den Professionstheorien lassen sich durch unterschiedliche disziplinäre Zugangsweisen erklären (3). Das methodische Vorgehen sieht vor, dass die drei ausgewählten Professionstheorien (von Burkhard Müller, Silvia Staub-Bernasconi und Heiko Kleve) nach derselben Logik vorgestellt und bewertet werden, um anschließend vergleichend analysiert zu werden. Die Resultate des Vergleichs werden den vorab formulierten Thesen gegenübergestellt.
Ein Überblick über Professionstheorien wird in Kapitel 2 gegeben. Dabei werden soziologische Theorien von spezifischeren sozialarbeiterischen Professionstheorien unterschieden sowie der Zusammenhang von Disziplin – Profession – Praxis erläutert.
Die erste der drei behandelten Professionstheorien ist diejenige von Burkhard Müller, welche als „offene Profession“ zusammengefasst werden kann (Kapitel 3). Der Darstellung dieser Theorie geht die These von Sárkány voraus, dass sich Müllers Professionstheorie primär auf Können und Fähigkeiten fokussiert, welche für die professionelle Praxis notwendig sind, und sie ist eng mit dem lebensweltlich ausgerichteten Konzept verbunden.
Kapitel 4 stellt als zweite Professionstheorie die Theorie der Menschenrechtsprofession von Silvia Staub-Bernasconi vor. Sárkánys These fasst diese Professionstheorie als praxisorientierte normative Theorie zusammen, die „Handlungsprinzipien der professionellen Einmischung“ (S. 46) erarbeitet.
Als dritte der diskutierten Professionstheorien wird in Kapitel 5 die Postmoderne Profession nach Heiko Kleve behandelt. Sárkány formuliert vorab als These, dass die postmoderne Sozialarbeit vor allem „die wissenschaftlichen Besonderheiten der Sozialarbeitswissenschaft“ (S. 62) zu beschreiben vermag.
Die vergleichende Analyse in Kapitel 6 diskutiert zunächst den Zusammenhang von Professionstheorie und wissenschaftstheoretischem Hintergrund. Weiter werden mögliche Korrelationen der drei Theorien herausgearbeitet. Der Zusammenhang von disziplinären Theorien und Professionstheorien wird gemäß der formulierten Ausgangsthese als ein ausschließlich heuristischer Unterschied festgehalten. Die Einheit in den untersuchten Professionstheorien lässt sich darin zeigen, dass diese von ähnlichen Herausforderungen in der Praxis der Sozialen Arbeit ausgehen. Es zeigt sich, dass die drei Ansätze alle auf die „heterogene Verfasstheit der sozialarbeiterischen Praxis“ (S. 57) verweisen, zudem wird die Mannigfaltigkeit von Einflussfaktoren für den Erfolg der Sozialen Arbeiten überall erwähnt, ebenso wie auch die interdisziplinäre Ausrichtung und die Vermittlungsrolle der Profession. Hingegen ergibt sich die professionstheoretische Vielfalt der Sozialen Arbeit aus den unterschiedlichen wissenschaftstheoretischen Bezügen, welche die vorgestellten Professionstheorien herstellen und betonen.
Zusammenfassend werden in Kapitel 7 die Fragestellung und die Resultate der Analyse kurz dargelegt und ein Ausblick auf weitere Forschung gemacht. Insbesondere schlägt der Autor auch vor, empirische Forschungen zum Professionsverständnis in der Praxis durchzuführen. Dies in Anlehnung und in Weiterentwicklung der Arbeiten von Maja Heiner.
Diskussion
Der Autor diskutiert anhand dreier Professionstheorien (von Burkhard Müller, Silvia Staub-Bernasconi und Heiko Kleve) das Verhältnis von Praxis, Profession und Disziplin. Anhand der vergleichenden Analyse dieser drei Professionstheorien zeigt er einerseits auf, dass sich Professionstheorien nur in heuristischer Hinsicht von den disziplinären Theorien unterscheiden lassen. Denn gerade Professionstheorien bringen mit ihrem Bezug zur Praxis der Sozialen Arbeit die heterogene Verfasstheit der Praxis Sozialer Arbeit zum Ausdruck. Insofern kann von einem einheitlichen Kern innerhalb der (untersuchten) Professionstheorien gesprochen werden, wobei je nach Professionstheorie, aufgrund unterschiedlicher wissenschaftstheoretischer Bezüge, andere Schwerpunkte ins Blickfeld kommen.
Fazit
Der Autor leistet mit diesem Buch einen Beitrag zur Auseinandersetzung mit der Profession der Sozialen Arbeit, in dem er die Vielfalt der verschiedenen Professionstheorien als Ausdruck der vielseitigen und heterogenen Praxis der Sozialen Arbeit darlegt. Gleichzeitig betont er, dass gerade Professionstheorien die Verbindung von Praxis und disziplinären Theorien leisten können und daher sich auch für die Lehre in der Sozialen Arbeit gut eignen.
Rezension von
Roland Baur
Wissenschaftlicher Mitarbeiter. Fachhochschule Nordwestschweiz. Hochschule für Soziale Arbeit. Institut Professionsforschung und kooperative Wissensbildung
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