Sabine Hebenstreit-Müller: Beobachten lernen - das Early-Excellence-Konzpt
Rezensiert von Dr. Dipl.-Psych. Lothar Unzner, 19.02.2014
Sabine Hebenstreit-Müller: Beobachten lernen - das Early-Excellence-Konzept.
Dohrmann Verlag
(Berlin) 2013.
ISBN 978-3-938620-26-7.
D: 15,50 EUR,
A: 16,00 EUR.
Reihe: Pestalozzi-Fröbel-Haus: Beiträge zur pädagogischen Arbeit des Pestalozzi-Fröbel-Hauses - Band 14.
Autorin
Dr. Sabine Hebenstreit-Müller ist Direktorin des Pestalozzi-Fröbel-Hauses in Berlin und Honorarprofessorin an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Bereich Kleinkindpädagogik.
Thema
Sorgfältiges Beobachten des Kindes ist die Grundlage jeglichen verantwortungsvollen pädagogischen Handelns. Der Stellenwert der Beobachtung im Rahmen des Early Excellence Konzepts wird herausgearbeitet und in seine Anwendung eingeführt.
Aufbau und Inhalt
Nach einem einleitenden Kapitel erläutert die Autorin das Vorgehen ausführlich, von der Durchführung der Beobachtung (innerhalb eines definierten Zeitraums durch mehrere Erzieherinnen), der Dokumentation und Auswertung im Teamgespräch über die Formulierung und Durchführung eines spezifischen Angebots bis hin zur Einbeziehung der Eltern und der Durchführung eines Entwicklungsgesprächs. All dies wird veranschaulicht durch ein Interview einer Erzieherin am Beispiel eines dreijährigen Mädchens.
Da Beobachtung eine wichtige Grundlage darstellt, braucht es verbindliche Vorgaben. Es wird das schrittweise Vorgehen hin zu einer Qualitätsvereinbarung erläutert, in der Beobachtung als Modul verankert wird, das auch entsprechend evaluiert wird.
Das nächste Kapitel beschäftigt sich ausführlich mit der Frage, ob das Konzept auch für Kinder mit besonderem Förderbedarf („Integrationskinder“) sinnvoll ist oder ob dies zu sehr „mit rosaroter Brille“ gesehen würde. Es wird u.a. angesprochen, welcher Randbedingungen es bedarf, wie Förderpläne entwickelt werden und Therapien integriert werden können, damit der „positive Blick“ auch für diese Kinder wirksam werden kann.
Im Weiteren wird in kurzen Kapiteln dokumentiert, wie durch die gezielte Beobachtung eine andere Haltung im Kindergarten entsteht, auf das beigefügte Video eingegangen sowie die Einbettung des Early-Excellence Konzepts in die von Pestalozzi und Fröbel geprägte Tradition erläutert.
Im Anhang werden durch Beispiele aus zwei Einrichtungen (Abbildungen von Vorlagen mit vielen Bildern) das Beobachten von „Schemas“, d.h. wiederkehrenden Verhaltensmustern, durch die sich Kinder ein Bild von der Welt machen (z.B. Linien, Einwickeln, Schichten) und das Erkennen von Anzeichen von emotionalem Wohlbefinden und der Engagiertheit von Kindern (z.B. Offenheit, Flexibilität und Durchsetzungsvermögen) veranschaulicht.
Dem Buch liegt eine DVD (ca. 15 Minuten) bei, die am Beispiel eines Kindes die vier Schritte Beobachtung, Auswertung, Angebot und Elterngespräch zeigt.
Diskussion
Dieses kleine Buch ist hochwertig gestaltet.
In den meisten Kapiteln werden Fragen formuliert, die in Interviewform von pädagogischen Fachkräften beantwortet und von der Autorin ergänzend kommentiert werden. Einzelne Aspekte sind durch Bildergalerien hervorgehoben.
Die Vorgehensweise und die Bedeutung der Beobachtung und die darauf aufbauenden Interventionen werden sehr verständlich beschrieben. Zumindest die interviewten Fachkräfte sind sehr zufrieden mit dem Konzept, es erfordert aber auch Engagement bei den Erwachsenen. Herausgehoben wird von vielen Interviewpartnerinnen, die nach den Veränderungen befragt wurden, dass die Kinder selbständiger und selbstbewusster geworden sind.
Hilfreich finde ich die Diskussion über die Belange der Kinder mit besonderem Förderbedarf. Es wird anerkannt, dass diese mehr und deutlichere Strukturen und Verbindlichkeiten brauchen als andere Kinder. Die Antworten zeigen, dass dies auch unter dem Konzept der Early Excellence zu schaffen ist und durch den „positiven Blick“ die Schwächen und Defizite der Kinder nicht übersehen werden und im Förderprozess trotzdem bei den Stärken angesetzt wird (Dies ist eigentlich selbstverständlich; es ist eine bewährte, anerkannte Vorgehensweise in der Förderpraxis, von den Stärken auszugehen, wenn ich Schwächen gezielt fördern will). Es erfordert aber Engagement, eine gezielte Beobachtung und entsprechende Ressourcen (im Team, aber auch finanziell), ist also nicht im Nulltarif zu erhalten.
Verwirrend fand ich, dass ein Glossar mit Fachbegriffen versteckt im Kapitel der Ausführungen zu den veränderten Haltungen zu finden ist.
Dieses Buch ist im Zusammenhang mit weiteren Büchern zum Early Excellence Konzept zu sehen und stellt unter diesem Gesichtspunkt eine wertvolle Ergänzung dar.
Fazit
Sabine Hebenstreit-Müller legt ein für die Praxis interessantes, anregendes und hilfreiches Buch vor, das durch die beiliegende DVD ergänzt wird.
Rezension von
Dr. Dipl.-Psych. Lothar Unzner
ehem. Leiter der Interdisziplinären Frühförderstellen in Dorfen, Erding und Markt Schwaben im Einrichtungsverbund Steinhöring
Mailformular
Es gibt 197 Rezensionen von Lothar Unzner.
Zitiervorschlag
Lothar Unzner. Rezension vom 19.02.2014 zu:
Sabine Hebenstreit-Müller: Beobachten lernen - das Early-Excellence-Konzept. Dohrmann Verlag
(Berlin) 2013.
ISBN 978-3-938620-26-7.
Reihe: Pestalozzi-Fröbel-Haus: Beiträge zur pädagogischen Arbeit des Pestalozzi-Fröbel-Hauses - Band 14.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/15778.php, Datum des Zugriffs 23.01.2025.
Urheberrecht
Diese Rezension ist, wie alle anderen Inhalte bei socialnet, urheberrechtlich geschützt.
Falls Sie Interesse an einer Nutzung haben, treffen Sie bitte vorher eine Vereinbarung mit uns.
Gerne steht Ihnen die Redaktion der Rezensionen
für weitere Fragen und Absprachen zur Verfügung.