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Guido Breidebach: Professionelle Hochschuldidaktik

Rezensiert von Prof. Dr. Elisabeth Müller Fritschi, 19.05.2014

Cover Guido Breidebach: Professionelle Hochschuldidaktik ISBN 978-3-8300-6975-1

Guido Breidebach: Professionelle Hochschuldidaktik. Motivierende und studierendenorientierte Planung, Durchführung und Reflexion von Lehrveranstaltungen – ein Portfolio. Verlag Dr. Kovač GmbH (Hamburg) 2013. 181 Seiten. ISBN 978-3-8300-6975-1. D: 75,80 EUR, A: 78,00 EUR, CH: 99,00 sFr.
Schriftenreihe Didaktik in Forschung und Praxis - Band 69.

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Thema

Es geht hier um ein Lehrportfolio, das im Rahmen des Erwerbs einer Zusatzqualifikation „Professionelle Lehrkompetenz für die Hochschule“ erstellt wurde. Die Inhalte entsprechen der Dokumentation von Planung, Durchführung und Reflexion einer zweitägigen Lehrveranstaltung, die vom Autor selbst aktivierend und lernendenzentriert gestaltet wurde.

Aufbau

Zunächst wird die Rolle der Didaktik als Wissenschaft und als Praxis des Lehrens und Lernens erläutert, und es wird ein Modell von sechs Feldern vorgestellt, das beleuchtet, in welchen Bereichen didaktische Entscheidungen zu treffen sind. Die sechs Entscheidungsfelder werden genauer beschrieben, wobei sich die Erläuterungen auf das persönliche (Lehrveranstaltungs-) Beispiel des Autors ebenso wie auf allgemeine Aspekte der Planung und der Vorbereitung von Lehrveranstaltungen beziehen. Es folgt die Dokumentation zur Durchführung der zweitägigen Lehrveranstaltung, bevor abschliessend in einem separaten Kapitel ausgewählte Aspekte der Planung und Durchführung kritisch betrachtet werden.

Inhalt

Der Autor reflektiert in diesem Buch seine eigene Praxis, eine zweitägige Lehrveranstaltung zum Thema „Lernen und Lehren in Organisationen“ theoriegeleitet. Damit verfolgt er das Ziel, die „Professionalisierung der eigenen Lehrkompetenz“ (S.9) zu fördern.

Im Rahmen des ersten Kapitels (professionelle Planung, Durchführung und Reflexion universitärer Lehrveranstaltungen) erfolgt eine Klärung des Begriffs Didaktik und es werden ein paar didaktische Modelle skizziert, um ihren Nutzen für die Reflexion der Lehrveranstaltung zu verdeutlichen. Der Autor weist darauf hin, dass die Modelle oft im Kontext der Schule thematisiert werden, dass jedoch die Hochschule von der Schule lernen könne (S.20). Deshalb überträgt er die Modelle der Allgemeinen Didaktik auf die Hochschuldidaktik und skizziert ein Sechs-Felder-Schema, das den weiteren Verlauf seines Argumentationsganges bestimmt.

Im zweiten Kapitel („Theoriegeleitete und studierendenorientierte Seminarplanungs- und -vorbereitungsprozesse“) werden die sechs Felder vorgestellt und ihre Möglichkeiten und Grenzen aufgezeigt. Bei allen Themen und Teilaspekten, die der Autor aufgreift, steht das eigene Lehrbeispiel im Mittelpunkt. Es werden jedoch immer auch allgemeingültige Aussagen zu Planungs- und Vorbereitungsfragen von Lehrveranstaltungen gemacht.

  • Lern-/Lehrvoraussetzungen (S. 24): Zum einen werden die objektiv und materiell gegebenen Voraussetzungen geschildert, welche die Planung von Lehrveranstaltungen beeinflussen. Zum andern wird der Umgang mit subjektiven und individuellen Lernvoraussetzungen der Studierenden thematisiert, und es wird aufgezeigt, wie in der Praxis die Lernvoraussetzungen erhoben wurden bzw. werden können.
  • Inhalts-/Sachanalyse (S. 38): Der Autor erläutert die Auswahl von Inhalten und Themen, die in Abhängigkeit von den andern fünf Entscheidungsfeldern begründet zu geschehen hat. Er stellt dar, wie Ideen für Themen und „Methodeninhalte“ (S. 42) für die eigene Veranstaltung gesucht wurden, und wie das Ablaufschema für die Veranstaltung zu Stande kam. Darüber hinaus werden allgemein Wege der „didaktischen, methodischen und inhaltlichen Reduktion“ (S.48) beschrieben.
  • Intentionalität bzw. „Lehr- und Lernzielplanung und intendierter Kompetenzzuwachs“ (S. 52): Erläutert wird hier die Rolle von Richtzielen, Grobzielen und operationalisierten Feinzielen ebenso wie die Rolle von Lernzieltaxonomien. Um seine Ausführungen zu veranschaulichen, führt der Autor alle Ziele auf, die er für die eigene Lehrveranstaltung formuliert hat.
  • Medien und Methodik bzw. „Anwendungsbezug sowie Methodenauswahl und -einsatzplanung“ (S. 62): Die Auswahl der Methoden für die besagte Lehrveranstaltung orientierte sich daran, dass Methoden „der Anregung, Förderung und inhaltlichen Zielerreichung in Lernprozessen“ (S. 65) zu dienen und ihre Auswahl nach „didaktischen und fachwissenschaftlichen“ (ebd.) Kriterien zu erfolgen hat. Der Autor stellt eine Reihe von Methoden für die verschiedenen Phasen des Lernprozesses vor und beschreibt eLearning-Aktivitäten.
  • Hochschulprüfungen (S. 83): Der Autor verweist auf die Typen von Hochschulprüfungen, z.B. mündliche oder schriftliche, einzeln oder in Gruppen durchgeführte, Klausuren oder Hausarbeiten. Ausführlicher diskutiert werden mündliche Prüfungen.
  • Evaluation/Feedback (S. 95): Der Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der Lehre dienen Evaluationen. Der Autor setzt hinter die verbreitete Evaluationsform „Studierendenbefragung“ ein Fragezeichen und stellt als Ergänzung eigene Verfahren vor (Lehrevaluation mit neueren Items, Kartenabfrage, Evaluationshand, Punktwertverfahren). In diesem Zusammenhang wird das Lehrportfolio als Form der Selbstevaluation erwähnt.

Das dritte Kapitel (S. 112) dient der schrittweisen Dokumentation und Kommentierung des Ablaufs des vom Autor durchgeführten Seminars. Das Kapitel enthält Abbildungen des „Seminarfahrplans“ und weiterer Flipcharterzeugnisse, die während der Veranstaltung entstanden, und es werden einige der eingesetzten Methoden in allgemein gehaltenen Kurzfassungen beschrieben (z.B. Partnerinterview, Museumsrundgang, Gruppenpuzzle, Denkhüte von DeBono).

Im vierten Kapitel, dem „Reflexionskapitel“ (S. 137), geht der Autor der Frage nach, ob „sich die fachwissenschaftlichen, didaktischen und methodischen Auswahl- und Planungsentscheidungen auch in der Durchführung bewährt haben“ (S. 137). Dies geschieht wiederum entlang der sechs Entscheidungsfelder, beginnend mit den Lehr- Lernvoraussetzungen. Im Rahmen des Themas Hochschulprüfungen wird die Prüfungsform, die in der besagten Lehrveranstaltung angeboten wurde, ein Gruppenkolloquium (S. 159), reflektiert. Zum Abschluss werden die diversen Selbst- und Fremdevaluationsergebnisse, die in der Lehrveranstaltung erhoben wurden, vorgestellt und kommentiert.

Diskussion

Die im Buch beschriebenen sechs Felder bieten einen Orientierungsrahmen für die diversen Überlegungen, die bei der Planung und Durchführung jeder Lehrveranstaltung an der (Hoch-)Schule zu machen sind. Es finden sich zahlreiche Hinweise auf Kriterien, die als Entscheidungsgrundlage dienen können.

Nur schwer nachvollziehbar ist, warum die Bologna-Reform zwar bemüht wird, eine ihrer zentralsten Implikationen für die Lehre, der Wechsel vom (Lehr-)Input- zum (Lern-)Output (S. 19) im Text zu den sechs Entscheidungsfeldern jedoch kaum Niederschlag findet. So wird im Kapitel zwei zuerst die Wahl und Priorisierung von Inhalten thematisiert, und nicht wie es die seit Bologna 1999 geforderte Kompetenzorientierung nahe legt, die anzustrebenden Kompetenzen (also das Wissen und die Fähigkeiten, welche die Studierenden in einer Lehrveranstaltung erwerben sollen). Didaktische Planung in einer kompetenzorientierten Lehre sollte den (Lern-)Zielen Priorität einräumen, auch wenn sich Lernziel- und Inhaltsplanung gegenseitig durchdringen.

Im Kapitel zu den (Lern-)Zielen werden wichtige Zielhierarchien angesprochen (z.B. Bloom´s Taxonomie, 1973). Allerdings bleibt unklar, wie der Autor die Begriffe „Ziele/Zielformulierungen“ und „Kompetenzformulierungen“ (S. 58) unterscheidet. Warum ersteres der fachwissenschaftlichen Legitimation und zweites der Überprüfung des Lernzuwachses dienen soll, wie der Autor schreibt (S. 58), ist nur ansatzweise nachvollziehbar. Sowohl die Ausführungen zu den Lernzielen wie auch diejenigen zu den Lehrinhalten scheinen dem (noch) unverdauten Paradigmenwechsel von der Inhalts- zur Kompetenzorientierung geschuldet.

Im Buch wird der Anspruch formuliert, theoriegeleitet Praxis zu reflektieren (S. 9) und es wird an diversen Stellen auf Literatur verwiesen. Oft bleibt indessen unklar, was genau die Aussagen sind, die aus der Literatur übernommen wurden: Wer hat welche Lernziel-Taxonomie wie formuliert (S. 52ff.)? Woher genau stammt die Kategorisierung Seite 67? Wer versteht was genau unter „Transfer“ (S.20)? Insgesamt bleibt der Theoriebezug vage.

Fazit

Es handelt sich hier um ein persönliche Lehrportfolio, in dem die Frage aufgeworfen wird, wie aktivierende und lernendenzentrierte Lehre gestaltet und reflektiert werden kann. Auch wenn ein zweitägiges Blockseminar mit 24 Studierenden als Fallbeispiel im Zentrum steht und sich dieses Lehrveranstaltungsformat von anderen Formaten unterscheidet, können sich grundsätzlich Lehrende an Hochschulen durch das Buch angesprochen fühlen. Es finden sich konkrete Hinweise darauf, wie die eigene Lehrpraxis sorgfältig und zielgerichtet entlang gewisser Grundfragen geplant, durchgeführt und reflektiert werden kann. Das Kapitel zur Dokumentation des Ablaufs der zweitägigen Blockveranstaltung gibt einen interessanten Einblick in den Lehralltag und den Einsatz von bestimmten Methoden. V.a. Lehrende mit einem Interesse an aktivierenden Methoden und solche, die selbst ein Lehrportfolio erstellen wollen/müssen, finden in diesem Buch vielfältige Anregungen.

Rezension von
Prof. Dr. Elisabeth Müller Fritschi
Referentin in der Fachstelle Didaktik und angewandte Linguistik
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Es gibt 13 Rezensionen von Elisabeth Müller Fritschi.

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ISSN 2190-9245