Klaus Fröhlich-Gildhoff: Violence Prevention and Resilience Promotion in Schools
Rezensiert von Dipl. Sozialpädagogin Monika Hirsch-Sprätz, 23.10.2015

Klaus Fröhlich-Gildhoff: Violence Prevention and Resilience Promotion in Schools. Report about the international research project STRONG - Supportive Tools for Resilient, Open-minded and Non-violent Grassroots work in schools.
FEL Verlag Forschung Entwicklung Lehre
(Freiburg) 2013.
394 Seiten.
ISBN 978-3-932650-56-7.
D: 15,00 EUR,
A: 15,50 EUR,
CH: 21,90 sFr.
Reihe: Beiträge zur Kinder- und Jugendforschung - Vol. 6.
Entstehungshintergrund
In dem hier geschilderten, zweijährigen praxisorientierten Forschungsprojekt – gefördert und finanziert vom Daphne III Programm der Europäischen Kommission – forschten, kooperierten und evaluierten fünf europäische Partnerorganisationen aus Frankreich, Polen, Portugal, Schweden und Deutschland miteinander. In jedem Land wurde das STRONG-Projekt in drei Schulen eingesetzt und getestet. Letztlich involviert waren 14 Schulen, 1197 SchülerInnen und 174 Lehrende.
Thema
Den Forschern ging es um präventive Maßnahmen zur Förderung gesunder mentaler Entwicklung von Kindern/Jugendlichen. Projektziele waren die Unterstützung von Schulen in der Resilienz-Förderung und den Strategien zur Gewaltprävention in einem Mehrebenen-Ansatz zu entwickeln und zu implementieren. Als ein Resultat entstand eine Toolbox für ressourcenorientierte Trainings, die von LehrerInnen und SchülerInnen in Schulen eingesetzt werden kann. Die unterschiedlichen Projektverläufe und -ergebnisse aus den beteiligten Ländern wurden empirisch evaluiert, der Einfluss von Resilienz unterstützenden Aktivitäten und Strategien zur Gewaltprävention in Schulen gemessen und ausgewertet.
Zielgruppen
Adressaten sind nicht nur LehrerInnen und SchülerInnen, auch Dozenten und Forschende aus dem Resilienz- und Gewaltpräventionsbereich.
Autorinnen und Autoren
- Prof. Dr. Klaus Fröhlich-Gildhoff ist der Direktor des Zentrums für Kinder und Jugendforschung (ZfKJ) beim Forschungs- und Innovationsverbund (FIVE e.V.) an der Evangelischen Hochschule Freiburg i.B.. Das ZfKJ ist auf grundsätzliche und praktische Forschung in Verbindung mit der Evaluation von Themen der Jugendwohlfahrt spezialisiert, wie auch auf Frühkindliche Erziehung und Psychotherapie von Kindern und Jugendlichen. Der Autor ist zudem Herausgeber einer Serie von Publikationen zur Kindheits- und Adoleszenz-Forschung, in deren Reihung auch diese Publikation fällt (Band 6). Prof. Dr. Fröhlich-Gildhoff ist Psychologischer Psychotherapeut und Kinder- und Jugendlichen-Therapeut, Psychoanalytiker (DGPT, DGIP), Supervisor (BDP, GwG, KBV) und Ausbilder für Kinder- und Jugendlichen-PsychotherapeutInnen (GwG), Geschäftsführer einer Einrichtung mit differenzierten Angeboten im psychosozialen Bereich (Jugendhilfe, Hilfen für Menschen mit Behinderungen, Gemeinde- und Sozialpsychiatrie) und in der Unternehmensberatung tätig. Sein Schwerpunkte sind Prävention von und Intervention bei Gewalthandeln und Unterstützung von mentaler Gesundheit und Resilienz im Jugendalter. Er ist Jurymitglied beim Deutschen Prävention Award.
- Cecilia Kjellman ist PhD für Human Geography und Dozentin am Center of research on Welfare Health and Sport an der School of Education, Humanities and Social Science in Halmstad, Schweden, welche sie auch leitet. Ihre Fachgebiete sind Arbeitswelt- und Wohlfahrtsthemen. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf der Relation zwischen dem Gewalthandeln von Kindern und Jugendlichen in Verbindung mit dem Erziehungssystem, wie auch bei Menschen mit Behinderungen und ihre Möglichkeiten in der Gesellschaft.
- Patrick Lecaplain besitzt ebenfalls den akademischen Grad des PhD für Soziologie, ähnlich dem Dr. Phil in Deutschland, mit Spezialisierung auf Jugend-, Arbeits-, Berufssoziologie und Sozialarbeit. Er arbeitete bis vor kurzem und seit 1999 als Forscher und Trainer beim Regional Social Work Institute of Brittany in Rennes, Frankreich. Jetzt ist er am Research und Study department for Training and Social Work (P.R.E.F.A.S.) in Rennes tätig.
- Miguel Prata Gomes ist PhD für Philosophie und koordinierender Professor an der Paula Frassinetti School of Education in Porto, Portugal. Sein Hauptinteresse gilt dem kritischen Denken in der Erziehung in Verbindung mit Interkultureller Erziehung, Staatsbürgerschaft, Entwicklung (z.B. von Gewalt an Schulen) und Menschenrechten. Der Autor leitet diverse internationale Projekte und Forschungsnetzwerke, wo er Jugendliche und Lehrer mit sozialen Dilemmas konfrontiert. Er ist ein Mitglied des Vorstandes des Paulo Freire Instituts und der Paula Frassinetti School of Education und forscht beim Educational Intervention Research Centre (CHE) der Universität, alle ansässig in Porto. Des Weiteren ist er Projektkoordinator und internationaler Berater des Anne Frank Hauses in Amsterdam und Direktor der International Association of Intercultural Projects and Research.
- Tomasz Wojciechowski hat den Master in Psychologie, ist Trainer und Präsident der Breakwater Foundation und Supervisor des Addiction Prevention Centre in Krakau, Polen. Er ist Spezialist im Bereich Opferhilfe und inländischer Gewalt an Schulen.
Im Buch sind ergänzend noch zehn weitere Co-Autoren namentlich aufgeführt und später in der Autoreninformation mit ihren beruflichen Eckdaten näher erwähnt.
Aufbau
Das Buch ist in englischer Sprache verfasst und besteht aus 394 Seiten, aufgeteilt in sieben Hauptkapitel.
Es startet mit einer Inhaltsangabe (S. 5-8), geht dann in die Einführung (S. 9-12) und den Hinweis zum theoretischen Hintergrund (S. 13-35) durch den Herausgeber Prof. Dr. Fröhlich-Gildhoff über, weist über diverse Autoren auf die jeweiligen nationalen Erziehungskontexte der erforschten Länder (S. 37-60) hin, beschreibt das Design des hier geschilderten und evaluierten STRONG-Projektes (S. 61-81) und dessen nationale Implementierung (S. 83-214), um dann die Ergebnisse im internationalen Vergleich darzustellen (S. 215-253). Das siebte und letzte Kapitel (S. 255-262) reflektiert, diskutiert und weist Perspektiven auf, wie auch Ideen für Folgeprojekte. Die Autoreninformationen (S. 263-267) beenden die Abhandlungen, gefolgt von den Literaturhinweisen (S. 268-278) und weiteren Anlagen/Ergänzungen (S. 279-394), auf die noch eingegangen werden soll.
Verdeutlicht werden die Forschungsergebnisse durch diverse Tabellen, Schaubilder, Modelle, Skalen, statistische Auswertungen, Timelines, eine Methoden-Toolbox aus jedem Ländereinsatz und Fragebögen an SchülerInnen und LehrerInnen.
Inhalt
Kapitel 1: Prof. Dr. Gildhoff nennt hier die Phasen der Vorgehensweise über die Entwicklung des Curriculums für Lehrende, die Implementierung des Projektes an den Schulen in Anlehnung an ihre unterschiedlichen Gegebenheiten, die Maßnahmen und Entwicklung der Toolbox, wie auch die Evaluation der Schritte, Ergebnisse und das Prozessdesign.
Kapitel 2: Hier wird der theoretische Hintergrund des Projektes über die an allen Schulen der Partnerländer stattfindende, inhaltliche Einführung zu Gewaltverhalten und dem Bezug zur Resilienz als Mittel der Gewaltprävention beschrieben. Dazu äußern sich die jeweiligen Forschenden als AutorInnen zu den Themen und jeweiligen Ländersituationen, entwickeln das Projektdesign und beschreiben die Rahmenbedingungen. Sie berichten über diverse Modelle wie:
- ein bio-psychisch-soziales Modell der Entwicklung von Aggression und Gewalthandeln;
- die Erklärung von sechs Resilienz-Faktoren in Verbindung mit Coping-Faktoren und der Änderung von Denkmustern;
- einem Modell, dass die vielschichtige Notwendigkeit aufzeigt, Prävention und Intervention zu installieren;
- einem Drei-Ebenen-Präventionsmodell für ein sicheres und unterstützendes Schulklima und
- schließlich einem Modell zur Implementierung von präventiven Maßnahmen an Schulen auf Organisations-, Klassen- und Individuum-Ebene (SchülerInnen/Eltern).
Kapitel 3: Die jeweiligen Autoren beschreiben hier die charakteristischen Erziehungssysteme und -kontexte ihrer jeweiligen Heimatländer, um dann mit einer Übersicht bestimmter sich daraus ergebender Schlüsselfragen in Blick auf Erziehungsgrundsätze und international vergleichende Daten der OECD in Tabellenübersicht zu geben.
Kapitel 4: In diesem Kapitel geht es um die Ziele des Projektes auf der LehrerInnen-, SchülerInnen-, Eltern- und Organisationsebene. Es wird die Projektmethode erklärt, der Evaluationsprozess aufgezeigt und das Erhebungsdesign. Das 4. Kapitel endet mit der Beschreibung und Auswertung zweier Pilotstudien, einer aus Frankreich mit der Vorabbefragung der Schulakteure von drei Schulen zur Situation vor Ort und einer aus Portugal mit der Analyse einer SchülerInnen- und Elternbefragung, woran die Lehrenden aus Gründen der Arbeitsüberlastung nicht teilnahmen.
Kapitel 5: Dieses Kapitel bildet den Hauptforschungsteil an jeweils drei Schulen der jeweiligen Länder ab, in Verbindung mit der Implementierung des STRONG-Projektes.
- Frankreich beschreibt die erfolgreiche Implementierung des Projektes und den komplexen Prozess, stellt den Vergleich zwischen den Schulen dar und gibt verschiedene Empfehlungen bezogen auf die Umsetzung des Projektes.
- Das deutsche Team beschreibt den Prozessverlauf der Implementierung und die Präsentation an Schulen, die Timeline, berichtet über Erfahrungen und Ergebnisse, wie auch Reflexionen und Diskussionen. Auch wird über die Schwierigkeiten und Widerstände auf Schulseite gesprochen.
- Die polnischen Forscher beschrieben ebenfalls den Projektverlauf, reflektierten über die Methode des Mapping und der Toolbox, verglichen unterstützende mit ergänzenden Wirkungen, die Nachhaltigkeit und führten kurz sich daraus ergebende Schlussfolgerungen auf.
- Portugal verwies neben der Prozessbeschreibung und dem Timetable auf Anfangsbetrachtungen und notwendige Analysen, Charakteristika und Resultate, auch bezogen auf den Einsatz der Erhebungsinstrumente und -methoden.
- Das schwedische Team benannte neben den schon oben angesprochenen Punkten, wie Prozessverlauf, Präsentation an Schulen, Erfahrungen, Ergebnisse auch spezifische Charakteristika. So beziehen sich die Schweden auch auf entwürdigendes Verhalten (auch in Kombination mit Gewalt) und Bullying an Schulen, Verhalten von Mädchen im Vergleich zu Jungen, Eltern und Alter.
Kapitel 6: In diesem Kapitel geht es um den internationalen Vergleich. Die Erfahrungen und Ergebnisse aus den Anfangsbeobachtungen und Bedarfsanalysen der erforschten Schulen der beteiligten Länder, entstanden aus der Arbeit auf den drei Ebenen: Schule, LehrerInnen und SchülerInnen. Einige beschriebene Aspekte sind z.B. beobachtete Veränderungen zu Gewalt an Schulen und im Sozialverhalten von SchülerInnen vor und nach dem Projekt, fruchtbare Kooperation zwischen Lehrenden und Forschenden, Nachhaltigkeit und weitere Charakteristika der Implementierung.
Kapitel 7: Das letzte Kapitel reflektiert die angewendeten Methoden und die generelle Prozessimplementierung, diskutiert Ergebnisse, weist Erfolge und Misserfolge auf, wie auch mögliche Perspektiven. Weitere Themen sind die Ländervergleiche, der zusätzliche Nutzen für die beteiligten Forschungsländer, wie auch einige wenige Ideen für Folgeprojekte. Die über 100 Seiten umfassenden Ergänzungen beschreiben die Toolbox mit ihrem theoretischen und praktischen Hintergrund, wie auch deren Anwendung. Es wird ein Überblick über die Aktivitäten und Methoden gegeben, jeweils mit Hinweisen zur Umsetzungspraxis der jeweiligen Länder in den beforschten Schulen.
Diskussion
Laufende Forschung und eine Vielfalt anderer Projekte ermöglichen eine erfolgreiche Strategie, aggressives und gewaltvolles Verhalten in Schulumgebungen zu reduzieren. Dabei müssen laut Aussage der Autoren eine Reihe verschiedener, wichtiger Aspekte berücksichtig werden:
- Eine sichere Schulatmosphäre und die Reduktion von Gewalthandeln auf einer individuellen Ebene benötigt eine Integration von Präventions- und Interventionsmaßnahmen;
- Gewaltprävention muss an Fällen von Gewalthandlungen orientiert sein und beruht auf inadäquaten Vorstellungen von sich und anderen, geringem Selbstwertgefühl und ungenügenden sozialen Kompetenzen;
- Jede Intervention sollte mit vielfältigen Methoden realisiert werden und es müssen alle Schulmitglieder (Direktor, LehrerInnen, SchülerInnen, SozialarbeiterInnen, Eltern, auch Reinigungskräfte) in die Anti-Gewalt- und Präventions-Strategie involviert werden;
- Gewaltprävention wird als Unterstützung von Live Skills und Resilienz verstanden, so sollten Maßnahmen gegen die Ausbreitung von Gewalt in Schulen als Organisationsentwicklungsprozess angesehen werden, der die ganze Schule mit einbezieht, Klassen wie auch Individuen.
Auf Basis der Ergebnisse der Partner-Institutionen der involvierten fünf europäischen Länder wurde dieses internationale Projekt und die Forschungsstrategie entwickelt und ausgewertet. Der Kern bestand in einem Curriculum zur Ausbildung und Haltungsschulung von Schulleitungen/LehrerInnen, Resilienz fördernden Methoden und Maßnahmen kennen zu lernen und an den Schulen zu installieren.
Ein wesentliches Ergebnis aus dem Projekt war, dass Gewalt in allen Ländern ähnliche Aspekte aufweist: Ethnische Diskriminierungen, Geschlecht, Herrschaft bei der Inbesitznahme von Schulräumen, Bewältigungshandeln, die Notwendigkeit von Supervision für Lehrende oder den SchülerInnen zuzuhören. Schulen sind hauptsächlich auf kognitive Fähigkeiten konzentriert. Ebenso wichtig sind die psychosozialen Fähigkeiten bei den SchülerInnen, aber auch gerade bei Lehrenden. Das Projekt zeigt auf, wie wichtig eine klare Haltung zur Notwendigkeit von sozialen Fähigkeiten und Resilienz für die Eindämmung von Gewalthandeln ist. Lehrende brauchen konkrete Unterstützung und Modelle, um professionelle Verhaltensweisen im Kontakt mit den SchülerInnen zu entwickeln. Dazu braucht es, laut Aussage der Forschenden, die konkrete Intervention einer dritten Partei. Die Projektidee kann nur im Zusammenspiel von Projektinhalten, der Situation und den Bedürfnissen der jeweiligen Schule und über den Einbezug der beteiligten Schulakteure erreicht werden. Es benötigt neben der Bedarfsanalyse auch die Überzeugung, Haltung und Bereitschaft zur Mitwirkung von Schulleitung und Lehrenden, um Veränderungen zu bewirken.
Die Projektvorbereitung und die Motivation an den Schulen erforderte letztlich ein größeres Zeitspektrum, als von den Forschern eingeplant. Das komplexe Beziehungsgebilde zwischen Eltern und Schule konnte nicht zufriedenstellend im Projekt entwickelt werden.
Die Autoren beschrieben vier Nutzaspekte des Projektes:
- Das Projekt generierte Wissen über Möglichkeiten und Schwierigkeiten in der Implementierung von Prozessen unter verschiedenen Bedingungen. Dieses Wissen könnte in Universitäten, für den Alltag von Praktikern, in Publikationen, Konferenzen und in Strategien einfließen. Somit wurde eine wissenschaftliche Grundlage für Resilienz und Gewaltprävention an Schulen geschaffen, basierend auf interkultureller und interdisziplinärer Kooperation zwischen den verschiedenen europäischen Akteuren.
- Es wurde erprobt, wie ein gemeinsames Konzept unter unterschiedlichen Bedingungen umgesetzt werden kann, unter Adaptionsbedingungen und einer gemeinsamen Evaluationsstrategie mit neuen Erkenntnissen.
- Wichtig war den Autoren festzustellen, dass der Einsatz einiger grundsätzlicher Methoden unabhängig vom Kontext möglich war, wie z.B. die Bedarfsanalyse, die Mapping-Methode und die Interviews.
- Der Hauptbeitrag lag auf dem internationalen Austausch über und dem Teilen von Interventionsmethoden, Aktivitäten und Handwerkszeug, der Evaluation und den Erkenntnissen aus den Ergebnissen.
Kritisch anzumerken ist, dass zur durchaus spannenden Toolbox-Sammlung einige ergänzende Einweisungen für die Handhabung und den Kontext, indem einzelne Methoden angesetzt werden, hilfreich gewesen wären. Diese gibt der Report nicht her, verweist aber in der Toolbox-Darstellung an einigen wenigen Stellen unter „References“ auf Literaturhinweise und Links hin. Vom deutschen Team werden Regeln, Prozessphasen und Kurzbeschreibungen von Übungen so aufgeführt, dass sie direkt anwendbar sind. Im Buch werden ausführlich die Mapping-Methode und die Interviews mit den Lehrenden und SchülerInnen beschrieben.
Für alle beteiligten nationalen Teams bestand die Herausforderung darin, unterschiedliche Traditionen von Schulsystemen, Erziehungsstile, Ausbildungen von LehrerInnen, akademische Hintergründe der Forschenden, länderspezifische Trainingsunterschiede, ökonomische Unterschiede, wie auch differente Gewaltsituationen oder Immigrantenanteile auf ein Projektlevel zu vereinen. Die unterschiedlichen professionellen Backgrounds der Forschenden wurden in der Darstellung der Projektergebnisse sichtbar.
Das Interesse an der Projektdurchführung und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit von Seiten der Schulleitungen und Lehrenden waren an den jeweiligen Schulen sehr unterschiedlich bis gar nicht vorhanden. Die Bereitschaft zu einer solchen Zusammenarbeit mit den ProjektleiterInnen spielte jedoch eine Schlüsselrolle dabei, ob das Projekt sinnvoll installiert oder nur teilweise durchgeführt werden konnte oder auch scheiterte. So mussten die Forschenden viele Kompromisse eingehen und konnten die angedachte, klassische Projektmethode an keiner Schule in Reinform anwenden. Hier gab es zudem Unterschiede zwischen privatem und staatlichem Schulengagement. Schweden hatte vergleichsweise den größten Anteil an Elternengagement. Die Ergebnisse sind daher nicht repräsentativ auf andere und weitere Gegenden in Europa anwendbar, hinterlassen aber eine große Anzahl von empirischen Empfehlungen.
Folgende Faktoren lassen sich für die Einführung eines Gewaltpräventions- und Resilienz-Projektes, wie das STRONG Projekt darstellt, als wesentlich festhalten:
- Der starke Einfluss der Schulleitung auf die Schulkultur und Implementierung eines solchen Projektes, bzgl. z.B. Informationsfluss, Unterstützung, Ambivalenzen, ökonomische Faktoren, Konflikte zwischen den Lehrenden während der Durchführung, etc. ist enorm;
- Es benötigt eine motivierte Kleingruppe von Schulakteuren, die optimistisch unterstützen und sich dauerhaft engagieren;
- Die für die Durchführung des Projektes erforderliche Zeit muss über die Schulleitung organisiert und zur Verfügung gestellt werden;
- Die Analyse aller Schulteams muss vorsichtig angegangen werden;
- Die Einbindung des Forscherteams in das praktische Training und die Aktivitäten, ist von großer Bedeutung;
- Es benötigt die Orientierung der Trainingsmethoden an der Situation der entsprechenden Gruppen/Schulen, so z.B. bei der peer-learning-Methode, um erfolgreich zu sein;
- Die Resultate zwischen Lehrenden und SchülerInnen sind besser, wenn es gelingt, den Fokus auf lösungsorientiertes Arbeiten zu lenken, mit Blick auf Resilienz-Faktoren und die positiven Effekte bei SchülerInnen. Auch hier zeigte sich, dass Verhaltensänderungen auf Seiten der Lehrenden viel Zeit benötigen und an realen Situationen und Interaktionen geübt werden müssen.
Fazit
Ich würde den wissenschaftlich wie praktisch Interessierten auf alle Fälle empfehlen, den durchaus spannenden Report zu lesen, auch wenn ich eine weitergehende Länderdarstellung zu Vorgehensweisen und Schwierigkeiten und dem Disput zwischen den Forscherteams über Gemeinsamkeiten und Unterschiede interessant gefunden hätte. Hierzu kommt mir der inhaltliche Teil der Auswertung etwas zu kurz. Alles in allem aber ein durchaus sinnvolles, hochkarätig besetztes Forschungsprojekt.
Für die Praktiker sind die Informationen über die unterschiedlichen Herangehensweisen bei einem solchen internationalen Projekt sehr wichtig, die wissenschaftlichen Ergebnisse und die Art der Beantragung und Finanzierung nach dem Pilot, um solche Projekte überhaupt anzugehen. Zudem ist es wohl hier wie mit vielen guten Projekten: Nach der Pilotlaufzeit läuft mit dem Förderzeitraum auch die Projektfinanzierung und Projektvervielfältigung für weitere Schulen in den beteiligten Ländern aus. So wurde scheinbar auch nicht an eine Multiplikatoren-Schulung gedacht. Am Ende des Reports wird daher nur auf weitere Publikationen und eine durchgeführte Konferenz zum Projekt in 2013 verwiesen. Damit stellt sich abschließend die Frage, ob die hohe wissenschaftliche Kompetenz und der Aufwand die Projektidee umzusetzen, noch im rechten Verhältnis zum outcome für die Praxis stehen.
Rezension von
Dipl. Sozialpädagogin Monika Hirsch-Sprätz
Supervisorin, Mediatorin und Leiterin der Mobbingberatung Berlin-Brandenburg. Arbeitsschwerpunkte: Information, Beratung, Training, Moderation, Konfliktmanagement, Mediation, Kooperation mit interdisziplinärem Experten-Netzwerk. Face-to-Face- und Online-Beratung. Bereiche: Schule, Ausbildung und Arbeitswelt.
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