Susanne Jung: Besser leben mit dem Tod oder [...]
Rezensiert von Mag. Dagmar Bojdunyk-Rack, 12.05.2014
Susanne Jung: Besser leben mit dem Tod oder wie ich lernte Abschied zu nehmen. Klett-Cotta Verlag (Stuttgart) 2013. 216 Seiten. ISBN 978-3-608-94745-8. D: 19,95 EUR, A: 20,50 EUR, CH: 27,90 sFr.
Thema
In früheren Zeiten war der Tod ein Teil des Lebens, heute wird er in der westlichen Gesellschaft zunehmend tabuisiert. Doch der Tod gehört zum Leben und nur wenn wir ihn in unser Leben integrieren, kommen wir mit dem Verlust geliebter Menschen zurecht. Susanne Jung zeigt Möglichkeiten eines anderen, offenen Umgangs mit dem Tod auf und unterstreicht, wie wichtig es ist, bewusst Abschied nehmen zu können.
Autor
Susanne Jung war Vergoldemeisterin. Nach vielen Reisen und der Tätigkeit als ehrenamtliche Sterbebegleiterin ist sie Bestatterin geworden.
Entstehungshintergrund
Susanne Jung ist deshalb Bestatterin geworden, weil sie vor dem Tod nicht mehr davonlaufen wollte. Ihr eigenes Leben wird mit 19 Jahren durch den Tod ihrer Mutter erschüttert.
Aufbau
Das Buch beinhaltet drei große Kapitel:
- Im ersten Teil setzt sich die Autorin mit ihren eigenen Erfahrungen mit dem Tod auseinander.
- Im zweiten steht der Tod jener Menschen im Mittelpunkt, die Susanne Jung bestattet hat und die Begleitung der Angehörigen dieser Verstorbenen.
- Und im letzten Teil stellt sie ihren persönlichen Zugang zum Leben und Tod in den Fokus.
Zum 1. Abschnitt: Der Tod in meinem Leben
Susanne Jung erzählt zu Beginn über das Sterben und den Tod ihrer Mutter, der sie zutiefst erschüttert hat. Wenige Jahre zuvor starb auch ihr Großvater, zu dem sie eine innige Beziehung hatte. Auch der Tod weiterer nahestehender Menschen machte sie tief betroffen. Trauer über diese Verluste konnte sie zum damaligen Zeitpunkt nicht ausdrücken und durchgehen.
Doch die Trauer ist geblieben, weil sie diese nicht spüren und erfahren konnte. Sie zieht daraus den Schluss, dass der Mensch „Zeugenschaft“ angesichts des Todes braucht – das Sehen, Erleben und Spüren, dass ein Mensch tot ist. Möglich wird das durch ein bewusstes, individuelles, schrittweises Abschied nehmen.
Susanne Jung hat sich dann „ins Leben gestürzt hat, um dem Tod zu entkommen“. Nach einer schweren Krise und der Auseinandersetzung mit dem Leben, dem Sterben und dem Tod, findet sie ihren Weg: sie wird Bestatterin.
Zum 2. Abschnitt: Der Tod im Leben der Anderen
Der zweite Teil des Buches handelt vom Tod im Leben der Anderen und welche Bedeutung es für Menschen hat, plötzlich mit dem Tod konfrontiert zu sein. Susanne Jung erzählt viele Beispiele aus ihrem Berufsalltag – vom Tod eines ungeborenen Kindes, von einem jungen Mann, der an den Folgen eines Motorradunfalls verstirbt, von dem Buben, der sich das Leben nahm und einer alten Frau, deren Mann nach 30 Jähriger Ehe starb.
Besonders berührend beschreibt sie den Tod einer jungen Mutter, die weiß, dass sie nur noch kurze Zeit zu leben hat. Gemeinsam mit ihrem Mann bereitet sie sich auf das Sterben vor. Sie hat nur noch einen Wunsch: Nach ihrem Tod möchte sie noch einmal eine Nacht zuhause in ihrem Bett liegen. Susanne Jung sorgt dafür, dass dieser Wunsch erfüllt werden kann.
Susanne Jung begleitete die Angehörigen dieser Verstorbenen – sie nimmt diese an die Hand, zeigt ihnen Wege des Abschied Nehmens auf und hilft bei der Überwindung von Ängsten.
Informationen erhält man auch darüber, wie lange in Deutschland ein Toter aufgebahrt werden kann, was mit den Toten in der Zeit bis zum Begräbnis passiert und welche gesetzlichen Auflagen bei Bestattungen, Bestattungsunternehmen und Krematorien einzuhalten sind. Einfühlsam geht sie auf den Unterschied zwischen Verstorbenen und Toten ein.
Zum 3. Abschnitt: Besser mit dem Tod leben
Im letzten Abschnitt plädiert sie dafür, immer wieder Bilanz über das eigenen Leben (und hier erzählt sie auch noch einmal ihren eigenen, mitunter sehr schmerzhaften Lebensweg) zu ziehen, sich mit den großen Lebensthemen und damit auch den Tod zu beschäftigen. Denn erst dann wissen und spüren wir, was tatsächlich wichtig im Leben ist. Sie ist der Überzeugung, dass der bewusste Umgang mit dem Tod heilsam ist und dass Mut, Offenheit und Bereitschaft zu trauern, Chancen für die Menschheit bedeuten.
Fazit
Susanne Jungs Buch rüttelt auf, berührt und tröstet, es geht sachlich und sensibel auf den Tod, auf die Verstorbenen und auf die Hinterbliebenen ein. Die Autorin vermittelt die Wichtigkeit des bewussten Abschied Nehmens – sowohl im Leben als auch im Tod. Es ist ein Buch, das nicht nur für diejenigen geschrieben ist, die gerade selbst einen Todesfall erleben, sondern auch für jene, die sich mit der eigenen Endlichkeit auseinandersetzen.
Rezension von
Mag. Dagmar Bojdunyk-Rack
Geschäftsführerin RAINBOWS-Österreich
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Es gibt 17 Rezensionen von Dagmar Bojdunyk-Rack.
Zitiervorschlag
Dagmar Bojdunyk-Rack. Rezension vom 12.05.2014 zu:
Susanne Jung: Besser leben mit dem Tod oder wie ich lernte Abschied zu nehmen. Klett-Cotta Verlag
(Stuttgart) 2013.
ISBN 978-3-608-94745-8.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/15833.php, Datum des Zugriffs 08.09.2024.
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