Cornelia Krenz: Ein Beweis des Lebens (Soziale Arbeit im Hospiz)
Rezensiert von Dr. rer. medic. Kerstin Kremeike, 17.12.2013
Cornelia Krenz: Ein Beweis des Lebens. Grundlagen sozialer Arbeit im stationären Hospiz.
Centaurus Verlag & Media KG
(Freiburg) 2013.
136 Seiten.
ISBN 978-3-86226-221-2.
D: 24,80 EUR,
A: 24,80 EUR,
CH: 28,00 sFr.
Reihe: Soziologische Studien - Band 44.
Thema
Vorliegender Band thematisiert die Bedeutung qualifizierter psychosozialer Begleitung im Hospiz.
Autorin
Die Autorin ist als Sozialarbeiterin in einem stationären Hospiz in Berlin beschäftigt, in dem sie mit der Beratung und Begleitung der Gäste und ihre Angehörigen in organisatorischen und psychosozialen Belangen betraut ist.
Entstehungshintergrund
Das Buch basiert auf der Masterarbeit der Autorin, die in 2012 den Abschluss ihres berufsbegleitenden Studiums der Klinischen Sozialarbeit bildete.
Aufbau
Im Anschluss an die Einleitung und Begriffserklärungen gliedert sich das Buch in drei Abschnitte.
- Im ersten Teil wird ein Überblick über die Aufgaben Sozialer Arbeit im stationären Hospiz gegeben, während
- im zweiten Kapitel die Ergebnisse einer deutschlandweiten qualitativen Untersuchung zu Wünschen und Bedürfnissen von Hospizgästen vorgestellt werden.
- Im dritten Abschnitt findet eine Diskussion dieser Ergebnisse anhand der einschlägigen Literatur statt, woraus im Ausblick Implikationen für die Soziale Arbeit – insbesondere die Klinische Sozialarbeit – abgeleitet werden.
Zu 1. Soziale Arbeit im stationären Hospiz
Neben den Grundlagen und den Rahmenbedingungen von Hospizen wie Aufnahmevoraussetzungen, Ausstattung und Angebot sowie Finanzierung wird in diesem Teil des Buches auch auf die Aufgaben und das Selbstverständnis Sozialer Arbeit im Hospiz sowie ihre Hauptaufgabenfelder in diesem Kontext eingegangen. Näher Betrachtung finden dabei die Kernaufgaben Information und Beratung, Case Management und Care Management sowie Verlust- und Krisenbewältigung, aber auch Trauerbegleitung und die Koordination von Ehrenamtlichkeit und Freizeitgestaltung. Ein gesondertes Unterkapitel ist dem Thema Familien im Hospiz gewidmet, in dem Verlust und Trauer aus der Perspektive von Eltern, Geschwister und minderjährigen oder heranwachsenden Kindern beleuchtet werden. Die Unterstützung der Angehörigen bei der Bewältigung der besonderen Herausforderungen im Bereich von Hospiz und Palliative Care wird als eine Kernaufgabe der Sozialen Arbeit herausgestellt.
Das Kapitel schließt mit Überlegungen zu der – aus Sicht der Autorin – bisher geringen Bedeutung Sozialer Arbeit in der Teamzusammensetzung stationärer Hospize in Deutschland. Als mögliche Ursachen dafür werden gesehen:
- Die Wurzeln der Hospizbewegung, die maßgeblich aus ehrenamtlichen Engagement entstand
- Die bis 1997 rechtlich nicht gesicherte Finanzierung von stationären Hospizen, die eine Flexibilität bei der personellen Ausstattung eher erschwert
- Die streng hierarchische Struktur im deutschen Gesundheitswesen, in der Medizin und Pflege dominieren und Soziale Arbeit eher als systemfremd wahrgenommen wird
- Die Wahrnehmung der Sozialen Arbeit durch andere Berufsgruppen als eher struktureller bzw. politischer Natur
- Die Selbstdarstellung der Sozialen Arbeit, die in Organisationen im Bereich Hospiz und Palliative Care bisher nur wenig in Erscheinung tritt
- Eine geringe Präsenz des Themas Hospiz an den Hochschulen für Soziale Arbeit
Zu 2. Befragung zur Gästezufriedenheit in stationären Hospizen
Die Forschungsfragen der empirischen Untersuchung, die in diesem Abschnitt des Buches dargestellt werden, zielen auf die Beschreibung der Ausstattung und Angebote von Hospizen durch die Gäste, die Zufriedenheit der Befragten mit der stationären Hospizbetreuung sowie weitergehende persönliche Wünsche und Bedürfnisse der Hospizgäste. Dazu wurde im Herbst 2011 ein Kurz-Fragebogen in dreifacher Ausführung an alle Hospize in Deutschland versandt, die von Gästen der jeweiligen Häuser ausgefüllt werden sollten. Diese Bögen enthielten zwei offen formulierte Fragen danach, was den Hospizgästen – ganz allgemein – in ihrem Hospiz besonders wichtig ist und was sie sich über die aktuelle Betreuung hinaus noch wünschen.
Von den 185 stationären Hospizen, die so kontaktiert wurden, beteiligten sich 49 (27%) an der Befragung, 126 Fragebögen konnten ausgewertet werden. Dies geschah anhand der Qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring). Inhaltlich ließen sich dabei sieben Hauptthemen identifizieren: Strukturelle Merkmale (z.B. politische und finanzielle Rahmenbedingungen), Ausstattung des Hospizes (z.B. Räume und Verpflegung), Atmosphäre (z.B. Ruhe und familiärer Charakter), Angehörige (z.B. Besuche), körperliche Aspekte der Betreuung (z.B. medizinische und pflegerische Versorgung), psychosoziale Aspekte der Betreuung (ehrenamtliche Begleitung, Beschäftigung und Freizeitgestaltung, Gespräche und Zeit haben, Konfliktbewältigung, Biografiearbeit, seelsorgerische Aspekte der Betreuung), Zufriedenheit, Sonstiges.
Bei Betrachtung der Antwortverteilung nach Häufigkeit erschien das Thema „Atmosphäre“ den Hospizgästen besonders wichtig, gefolgt von den Themen „Psychosoziale Aspekte der Betreuung“, „Körperliche Aspekte der Betreuung“ und „Ausstattung des Hospizes“.
Zu 3. Diskussion der Befragungsergebnisse
Mittels der Forschungsfragen werden in diesem Kapitel die Angaben der befragten Hospizgäste mit Beispielen dargestellt und anhand aktueller Literatur zum Thema diskutiert. Dabei wird gesondert auf den familiären Charakter eingegangen, ebenso wie auf die palliativ-medizinische und palliativ-pflegerische Versorgung und die psychosoziale Betreuung, aber auch Sterbe- und Trauerbegleitung sowie Unterkunft und Verpflegung werden angesprochen.
Aus den Studienergebnissen wird eine hohe subjektive Zufriedenheit der Hospizgäste abgeleitet. Dabei wird basierend auf dem grundlegenden Ziel der höchstmöglichen Lebensqualität davon ausgegangen, dass das Eingehen auf persönliche Wünsche und Bedürfnisse maßgeblich für die Beurteilung der Versorgungsqualität gelten kann. Große Unterschiede in den Aussagen werden in Bezug auf Einzelaspekte festgestellt, die mit unterschiedlichen finanziellen und personellen Mitteln begründet werden, aber auch mit divergierenden Regelungen auf Haus- oder Bundesländerebene.
Bei den Antworten auf die in Fragebogen gestellte Wunschfrage machen Aussagen zum Themenbereich der psychosozialen Betreuung den größten Anteil aus. Daraus wird abgeleitet, dass in diesem Bereich der höchste Bedarf an weitergehenden Angeboten zu vermuten ist. Ein möglicher Bezug dieser Wünsche zu den im ersten Hauptkapitel beschriebenen Aufgaben Sozialer Arbeit im Stationären Hospiz wird in den Themenbereichen Beratung, Verlust- und Krisenbewältigung sowie Trauerbegleitung attestiert, aber auch für die Koordination der Ehrenamtlichkeit sowie die Organisation von Angeboten zur Freizeitgestaltung.
Zusammenfassend formuliert die Autorin im Ausblick einen deutlichen und umfangreichen Bedarf an spezialisierter psychosozialer Begleitung, wie sie durch soziale Arbeit geboten werden kann. Auf Basis der verschiedenen zuvor genannten Ursachen für die bisher eher marginale Rolle Sozialer Arbeit im stationären Hospiz wird folgender Handlungsbedarf abgeleitet:
- Bessere Organisation der Sozialen Arbeit auf den verschiedenen Ebenen der Berufsverbände und der Strukturen in Hospiz und Palliative Care sowie bessere Vernetzung dieser Verbände
- Eine transparentere Darstellung der eigenen Profession und ihrer Qualifizierung gegenüber anderen Berufsgruppen
- Die Notwendigkeit eines verstärkten Engagements Sozialer Arbeit in den Teams der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV)
- Eine Bearbeitung der Themen Sterben, Tod und Trauer in den Curricula der Hochschulen für Soziale Arbeit
- Anerkennung des Bereichs von Hospiz und Palliative Care als relevantes Tätigkeitsfeld in der Klinischen Sozialarbeit
Diskussion
Vorliegender Band zielt auf eine Standortbestimmung der Sozialen Arbeit in stationären Hospizen, worauf Implikationen für die Entwicklung dieses im Hospiz recht jungen Arbeitsfeldes abgeleitet werden. Dazu wird ein guter Überblick über die Aufgaben Sozialer Arbeit in stationären Hospizen gegeben und diesbezügliche Bedarfe und Wünsche von Hospizgästen anschaulich dargestellt. So erhält der Leser einen umfangreichen Einblick in dieses Arbeitsfeld – sowohl aus der professionellen Perspektive der Sozialen Arbeit als auch aus der Gäste-Sichtweise. Der abgeleitete Handlungsbedarf formuliert ebenfalls ganz praxisnah Ansatzpunkte für eine mögliche Weiterentwicklung der Sozialen Arbeit in stationären Hospizen und den Ausbau ihrer Bedeutung in der Hospiz- und Palliativversorgung.
Fazit
Das Buch thematisiert die Soziale Arbeit in stationären Hospizen vor dem beruflichen Erfahrungshintergrund der Autorin auf diesem Gebiet sowie anhand der Angaben von Hospizgästen im Rahmen einer deutschlandweiten Zufriedenheitsbefragung. Damit ist vorliegender Band eine praktisch ausgerichtete Darstellung der aktuellen Situation auf diesem Gebiet, aus dem konkreter Handlungsbedarf abgeleitet wird.
Rezension von
Dr. rer. medic. Kerstin Kremeike
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Zentrum für Palliativmedizin
Universitätsklinikum Köln (AöR)
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Es gibt 24 Rezensionen von Kerstin Kremeike.
Zitiervorschlag
Kerstin Kremeike. Rezension vom 17.12.2013 zu:
Cornelia Krenz: Ein Beweis des Lebens. Grundlagen sozialer Arbeit im stationären Hospiz. Centaurus Verlag & Media KG
(Freiburg) 2013.
ISBN 978-3-86226-221-2.
Reihe: Soziologische Studien - Band 44.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/15975.php, Datum des Zugriffs 26.01.2025.
Urheberrecht
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