Mathias Hartmann: Servant Leadership in diakonischen Unternehmen
Rezensiert von Sophie Zintl, 26.03.2014
Mathias Hartmann: Servant Leadership in diakonischen Unternehmen.
Kohlhammer Verlag
(Stuttgart) 2013.
221 Seiten.
ISBN 978-3-17-022959-4.
29,90 EUR.
Reihe: Dynamisch Leben gestalten - Band 5.
Thema
„Was will ich? – Dienen will ich […]“ Schon Wilhelm Löhe – Begründer der Diakonie Neuendettelsau – hat zu seiner Zeit die Idee des Servant Leadership propagiert. Doch erst in den 1970er Jahren wurde dieses Prinzip in Nordamerika von Robert Greenleaf entwickelt und praktiziert. Nun findet es auch in Europa immer mehr Beachtung. Die Führungskraft wird dabei in erster Linie als Diener an den Mitarbeitern in einem Konzern gesehen. In seiner Dissertation aus dem Jahr 2013 beschäftigt sich Mathias Hartmann mit eben diesem Modell und der Frage, wie es sich in einen Zusammenhang mit der diakonischen Idee bringen lässt.
Autor
Dr. Mathias Hartmann ist evangelischer Pfarrer, der einige Jahre als Leiter der Internationalen Akademie DiaLog der Diakonie Neuendettelsau tätig war. Dort war er an der Entwicklung und Durchführung von Fortbildungsprogrammen für Führungskräfte der mittleren Ebene beteiligt.
Seit 2009 ist er als Abteilungsdirektor für den Bereich Bildung in der Diakonie verantwortlich.
Inhalt und Aufbau
Nach den Vorworten des Reihenherausgebers sowie des Verfassers selbst beginnt das Buch mit einer kurzer Darstellung der Führungsidee in diakonischen Unternehmen und ihrer Veränderung seit den 1950er Jahren bis heute.
In einem zweiten Schritt werden die Ursprünge und Entwicklung des Modells des „Servant Leadership“ genauer erläutert. Robert K. Greenleaf, der als Begründer dieser Idee gilt, wird dabei ein ganzes Unterkapitel gewidmet. Unterschiedlichste Managementberater nahmen in den Folgejahren nach der Entwicklung des Konzepts die Idee auf und entfalteten sie weiter. Anhand der Beispiele von Larry C. Spears, Kenneth Blanchard/Phil Hodges, Ken Jennings / John Stal-Wert und James W. Sipe / Don M. Frick zeigt Hartmann verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten in säkularen und vor evagelikalen Modellen auf. Zudem werden Unternehmen wie Starbucks, Southwest Airlines und „The Container Store“ durch dieses gemeinsam von ihnen angewandte Führungsprinzip miteinander in Verbindung gebracht. Die Frage, wie das praktizierte „Servant Leadership“ in den Unternehmen wahrgenommen wird, beantwortet der Autor durchwegs positiv und mit aktuellen Beispielen.
Der Begriff des Dienens wird in den Mittelpunkt der folgenden Seiten des Buches gestellt. Hier stellt der Autor grundsätzlich die besondere Affinität dieses Selbstverständnisses zum diakonischen Kontext her.
Im dritten Abschnitt werden Dienen und Führungshandeln in einen engen Zusammenhang gestellt. Nach einer anfänglichen Begriffsdefinition wird das Verständnis für den Begriff des Dienens in unterschiedlichen Kontexten geklärt. Was ist das religiös-spirituelle oder das philosophische Verständnis von Dienen? Aber auch die unternehmerische Seite wird ausführlich beleuchtet.
Im weiteren Verlauf werden praktische Impulse für „Servant Leadership“ in der Diakonie gegeben. Der Verfasser vertritt dabei die Meinung, dass „es Zeit für einen Paradigmenwechsel zum „Dienen“ in der Diakonie“ (S.79) sei. Neben diesen Anstößen zum diakonischen Umdenken wird das an die Idee des Servant Leadership anschlussfähige Neue St. Galler Managmentmodell vorgestellt, das auf das unternehmensethische Diskursmodell von Peter Ullrich aufbaut.
In einem weiteren Kapitel wird erläutert, wie eine Etablierung von „Servant Leadership“ in der Diakonie gelingen kann. Angesichts der Vielfalt der verschiedenen sozialen Einrichtungen könne es kein umfassendes Leitbild der Leitbilder geben. Vielmehr soll eine gewisse Systematik die Implementierung des Modells erleichtern. Und genau diese Systematisierung macht sich der Verfasser zur Aufgabe. Am konkreten Beispiel der Diakonie Neuendettelsau erarbeitet er deshalb Führungsgrundsätze und stellt deren praktische Umsetzung anschaulich dar. „Servant Leadership“ ist hier als zentrale Komponente des Leitbilds vorausgesetzt. Eine ausschließliche Konzentration auf diese eine Idee erfolgt jedoch nicht. Was sich aus dem Modell für das Verhalten gegenüber Mitarbeitern beispielsweise ableitet, erläutert Hartmann anhand von Fallbeispielen. In einer Kapitelzusammenfassung weist er daraufhin, dass man sich bei der Implementierung darauf einstellen muss, „von der Vorstellung Abschied zu nehmen, es irgendwann abschließend geschafft zu haben“ (S.191).
Im abschließenden Resümee wird nochmals Bezug zu den Anfangsfragen genommen. Der letzte Abschnitt befasst sich schließlich mit der Einordnung dieser Systematik und Umsetzung in den größeren Zusammenhang – der Herausforderungen eines diakonischen Unternehmens bei wachsender Konkurrenz auf dem Gesundheits- und Sozialmarkt.
Diskussion
Das besprochene Buch befasst sich inhaltlich mit dem Modell des „Servant Leadership“ und der Umsetzung des Systems in diakonischen Kontexten. Es richtet sich somit an alle, die sich mit den verschiedenen Führungsmodellen beschäftigen wollen. Dabei gibt es verschiedene Anknüpfungspunkte für eine praktische Umsetzung, wodurch sich schnell von der Theorie auf die tägliche Arbeit schließen lässt. Durch den verständlichen Sprachstil, der sich aber meist im wirtschaftlichen Bereich bewegt, ist es selbst für einen fachfremden Leser nicht allzu schwer die Inhalte zu durchdringen.
Mithilfe von übersichtlichen Graphiken gelingt es dem Autor auch kompliziertere Modelle verständlich zu erläutern. Zur Stringenz des Buches lässt sich sagen, dass es Hartmann vermag, zielgerichtet auf sein eigentliches Thema – der Umsetzung in der Diakonie – hinzuführen. Während der erste Teil rein deskriptiv ist, wird in der zweiten Hälfte eine Handlungsweise exemplarisch erläutert und die vorher formulierte Theorie begreiflicher gemacht.
Führungsfragen werden angesichts der stets wachsenden Konkurrenzsituation im Gesundheits- und Sozialmarkt eine wichtige Entscheidungskomponente sein. Von daher kann dieses Buch für die Umsetzung einer stringenten (nicht allein diakonischen) Führungskultur hilfreich sein und den Unternehmen bei erfolgreicher Umsetzung eine bessere Ausgangsposition auf dem Markt verschaffen.
Aus diesem Grund ist die besprochene Thematik sehr aktuell und gibt sinnhafte Anstöße für eine weitere Vertiefung in diesem Themenfeld.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Buch für alle, die offen für alternative Führungsweisen sind und sich auch für die praktische Umsetzung des „Servant Leadership“ in Unternehmen interessieren, unbedingt lesenswert ist.
Rezension von
Sophie Zintl
Pädagogin
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Es gibt 1 Rezension von Sophie Zintl.
Zitiervorschlag
Sophie Zintl. Rezension vom 26.03.2014 zu:
Mathias Hartmann: Servant Leadership in diakonischen Unternehmen. Kohlhammer Verlag
(Stuttgart) 2013.
ISBN 978-3-17-022959-4.
Reihe: Dynamisch Leben gestalten - Band 5.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/16008.php, Datum des Zugriffs 16.01.2025.
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